Abstract:
Die Wechselwirkung von Wassermolekülen mit Festkörperoberflächen ist eine der bedeutendsten Reaktionen in Natur und Technik. Im Fokus dieser Arbeit stehen dabei Tonmineraloberflächen. Tonminerale sind ubiquitär und werden in einer Vielzahl von geotechnischen und technischen Anwendungen eingesetzt.
Tonminerale sind natürliche Nanopartikel mit einer großen spezifischen Oberfläche, die es ermöglicht, große Wassermengen zu binden. Bei den quellfähigen Tonmineralen findet die Wasseranlagerung zusätzlich durch Hydratation der Zwischenschichtkationen statt. Diese ermöglichen eine Wasseraufnahme von bis zu 700% des Eigengewichtes des quellfähigen Tonminerals. ... mehrDies wird durch eine Reihe an Eigenschaften, wie der Schichtladung, Ladungsverteilung, Hydratationseigenschaften des Zwischenschichtkations, Partikelgrößenverteilung und den Oberflächeneigenschaften der 2:1 Schichtsilicate bestimmt.
Das Ziel dieser Arbeit war es, die Wasserbindungsmechanismen in 2:1 Schichtsilicaten zu untersuchen und wie deren strukturellen Eigenschaften das Hydratationsverhalten beeinflussen. Dies erfolgte mit Hilfe unterschiedlicher Messmethoden. Um dieses Ziel zu erreichen, verfolgt das Projekt eine Reihe von miteinander verbundenen Aktivitäten.
Im ersten Teil dieser Arbeit wurden mehrere 2:1 Schichtsilicate hinsichtlich ihrer Schichtladung, Ladungsverteilung (oktaedrische vs. tetraedrische Ladung) und der Morphologie ausgewählt. Vier Bentonite, ein Vermiculit und ein feinkörniger Illit wurden ausgewählt, um den Einfluss der strukturellen intrinsischen Eigenschaften auf die Hydratationseigenschaften von 2:1 Schichtsilicaten zu untersuchen. Die ausgewählten Materialien wurden aufgereinigt und in der Tonfraktion (< 2 µm) angereichert. Nach homoionischer Na+-Sättigung wurden die mineralogische und chemische Zusammensetzung der 2:1 Schichtsilicate mittels Röntgenbeugung, Röntgenfloureszenzanalyse, optische Emissionsspektrometrie mittels induktiv gekoppelten Plasmas (ICP-OES) und der simultane thermische Analyse (STA) untersucht. Die Partikelgrößen und -verteilung wurde unter Verwendung mikroskopischer Verfahren, der Gasadsorptionsanalyse und der Röntgenbeugung bestimmt, wodurch die Unterschiede der Kantenanteile der ausgewählten 2:1 Schichtsilicate verdeutlicht wurden.
Ein besonderes Augenmerk lag auf der Untersuchung von Wasserdampf De- und Adsorptionsisothermen. Dabei wurde die Wasseraufnahme durch gravimetrische und volumetrische Methoden bestimmt. Um die basalen Abstände in den jeweiligen Hydratationszuständen zu bestimmen, wurden Röntgendiffraktogramme in Abhängigkeit der relativen Luftfeuchte aufgenommen. Die Proben wurden bei unterschiedlichen relativen Luftfeuchten gelagert und deren Anzahl an H2O Molekülen pro austauschbaren Na+ wurde auf dem Desorptionszweig der Wasserdampf-Sorptionsisothermen bestimmt. Für die Smectitproben, die bei 53% r.h. vorgesättigt wurden, war immer ein 1W-Hydratationszustand zu beobachten. Der entsprechende Wassergehalt lag zwischen 5,9 und 10 H2O / Na+ und deutete an, dass der mono-hydratisierte Zustand auch bei Wassergehalten über 6 H2O / Na+ vorliegt. Auf den Desorptionszweigen aller quellfähigen 2:1 Schichtsilicate konnten im Gradienten klare Änderungen zwischen 6 und 4 H2O / Na+ zugeordnet werden. Auf den Adsorptionsästen der Smectit Isothermen konnten diese Übergänge jedoch nicht eindeutig gezeigt werden. Da jedoch die gravimetrische Wasserdampfsorption kinetisch gesteuert ist, ermöglichte die Betrachtung der Äquilibrierungszeiten und den entsprechenden Änderungen in der Steigung auch eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Hydratationszuständen in der Wasserdampfadsorption von 2:1 Schichtsilicaten. Weiterhin wurden Bereiche in den Wasserdampfadsorptions-isothermen der Smectitproben festgestellt, die nicht mit den bekannten Isothermentypen beschrieben werden konnten. Diese Bereiche wurden durch eine heterogene Ladungsverteilung erklärt, die die Koexistenz verschiedener Hydratationszustände auch unter kontrollierten Bedingungen ermöglicht.
Es stellte sich weiterhin die Frage, ob eine vollständige Dehydratation auch unter Verwendung von trockenem Stickstoff bei Umgebungsbedingungen beobachtet werden kann. Zu diesem Zweck wurden isotherme Langzeitmessungen bei 35 ° C (nominal) durchgeführt. Diese Ergebnisse zeigten, dass für eine vollständige Dehydratation der ausgewählten 2:1 Schichtsilicate mittels N2 eine Temperatur über 40 ° C erforderlich ist. Ein fest gebundenes Wasser nach isothermer Behandlung wurde für alle Proben beobachtet. Für dioktaedrische Smectite wurde ein Trend mit zunehmender Schichtladung beobachtet. Eine Erhöhung der Schichtladung führte zu einer höheren Restfeuchte. Zusätzlich wurde ein fest gebundenes Wasser auch für den Na+-ausgetauschten Illit beobachtet. Dies deutete darauf hin, dass die austauschbaren Kationen des Illits in der gleichen Weise wie in den Smectitproben hydratisieren.
Besonderes Interesse galt der Unterscheidung von leicht gebundenen Wasser und Wasser, das in der Hydratationshülle des Zwischenschichtkations gebunden ist. Dabei wurden infrarotspektroskopische Messungen durchgeführt, um ein Modell auf molekularer Ebene zu erhalten und die Mechanismen von Wasserde- und -adsorption zu untersuchen.
Ziel der ersten IR-Studie war es, gekoppelte Prozesse der (De-) Hydratation und Veränderungen der 2:1 Schicht eines Na+-ausgetauschten dioktaedrischen Smectits mittels in-situ IR-Spektroskopie zu untersuchen. Dabei wurde ein dünner Film von 200 nm einer reinen trans-vacante, dioktaedrische Smectitprobe mittels ‘tethering by aggregation and growth’ (T-BAG) auf einen Siliziumwafer aufgebracht. Dabei wurde ein heizbarer Probenhalter verwendet, auf den der beschichtete Siliziumwafer befestigt wurde und in einer Handschuhbox in reiner Stickstoffatmosphäre mittels IR-Spektroskopie untersucht wurde. Im Zuge des Dehydrationsversuches wurde eine Verschiebung der Deformationsbande von Wasser δ(H-O-H) zu niedrigen Wellenzahlen beobachtet. Diese Verschiebung wurde mit einer Erhöhung der Anziehung von basaler Silicatoberfläche korreliert. Diese Zunahme der Silicatoberflächen-Wasser-Anziehung mit zunehmender Temperatur und schließlich abnehmenden Wassergehalt wurde durch die gekoppelte Verschiebung des optischen (longitudinalen) Phononen Mode von SiO (Si-O)LO zu niedrigen Wellenzahl bestätigt. Die Interaction von Wassermolekül und basaler Silicatoberfläche hat zur Folge, dass im monohydratisierten Zustand Wassermoleküle in der Zwischenschicht stark polarisiert sind. Dementsprechend wurde eine niedrigere Wellenzahl von δ(H-O-H) bei 1628 cm-1 im Vergleich zu flüssigem Wasser mit 1644 cm-1 beobachtet. Weiterhin wurde ein dioktaedrischer Montmorillonit mit unterschiedlichen Wassergehalten mittels Dichtefunktionaltheorie berechnet. Die Modelle zeigten, dass die Kristallgitterabstände a0 und b0 mit Abnahme des Wassergehaltes kleiner werden. Dies zeigte, dass neben dem bekannten kristallinen Quellverhalten entlang [001] es ebenfalls zu geringen Änderungen in [100] und [010] im Zuge der Dehydration kommt. Die Änderung der Gitterabstände erklärten den damit verbundenen Shift von (SiO)LO zu kleineren Wellenzahlen. Die Berechnungen der Modelle wurden von Dr. Peter Thissen durchgeführt.
In der ersten IR-Studie wurde der Mechanismus im Übergang von 1W zu 0W beobachtet. In einer weiteren IR-Studie wurde der Übergang von 2W zu 1W, sowie der Einfluss der Schichtladung und der oktaedrischen Zusammensetzung betrachtet. Dabei wurden die ausgewählten Materialien mittels einer in-situ-Messeinrichtung untersucht, die gleichzeitig FTIR-Spektren und die Aufnahme von Wasserdampf-Sorptionsisothermen ermöglichte. Weiterhin war das Ziel dieser Studie, Einflussfaktoren zur Größe der Hysterese in 2:1 Schichtsilicaten während der Desorption und Adsorption von Wasserdampf zu beschreiben. Während eine Hysterese über den gesamten isothermen Bereich der Smectite beobachtet wurde, zeigte die Isotherme der Vermiculitprobe nur eine Hysterese im Übergang von 0W zu 1W und 1W zu 2W. Es zeigte sich, dass die Hysterese eine Funktion der Schichtladungsverteilung, des erreichten Wassergehaltes und der Partikelgröße ist. Eine Erhöhung der Kantenanteile führte zu einer größeren Hysterese. Die Ergebnisse der FTIR Studie zeigten auch, dass der Übergang von 2W nach 1W mittels IR-Spektroskopie sichtbar ist. Die Verschiebung von δ(H-O-H) zu kleineren Wellenzahlen wurde durch die Schichtladung, Ladungsverteilung, oktaedrische Substitutionen und der Partikelgröße beeinflusst. Die experimentellen Ergebnisse wurden ebenfalls von DFT Simulationen (durchgeführt von Dr. Peter Thissen) unterstützt, mit denen die unterschiedlichen Wellenzahlen von δ(H-O-H) in Bezug auf die Oberflächenladungsdichte und der oktaedrischen Zusammensetzungen erklärt werden konnte.
Abstract (englisch):
The interaction of solid surfaces with water is one of the most important reactions in nature and in industry. This work focuses on clay mineral surfaces. Clay minerals are ubiquity on earth and used in a broad range of applications thus desiring highest interest in research.
Clay minerals are characterized by a very small particle size and are regarded as natural nanoparticles. Small particle size results in a large specific surface area, which makes it possible to bind large amounts of water. In the case of the swellable 2:1 layer silicates, water is bind additionally by hydration of the interlayer cations. ... mehrThis hydratration enables 2:1 layer silicates to adsorb water up to 700% of their dry weight, but this is strongly influenced by factors such as layer charge, charge density, hydration properties of interlayer cations, particle size distribution and surface properties.
The aim of this thesis was to discriminate water binding mechanisms in 2:1 layer silicates and to study how their structural intrinsic properties affect their hydration behavior using different methods in dependence of the smectite and vermiculite structure. To achieve this goal, the project pursued a series of interrelated activities.
In the first part of this thesis, several 2:1 layer silicates were selected with respect to their layer charge, charge location (octahedral vs. tetrahedral charge) and morphology. Four bentonites, a vermiculite and a fine grained illite sample were chosen to study the influence of structural intrinsic properties on the hydration characteristics of 2:1 layer silicates. Prior to homoionic saturation all materials were Na+-exchanged. For characterization of the structure X-ray diffraction (XRD) analysis, chemical analysis and simultaneous thermal analysis (STA) were applied. The layer dimension and stacking was determined using microscopical methods, gas adsorption analysis and XRD, which clarified the differences in edge site proportions of the selected 2:1 layer silicates.
After a fundamental understanding of smectites, vermiculite and illite properties, a particular emphasis was placed on the study of water vapor de- and adsortions isotherms. Thereby, the water uptake was determined by gravimetrical and volumetrical techniques. XRD patterns were used to determine differences in hydration states for adsorption-desorption isotherms. In order to detect the respective number of H2O molecules per Na+ of each sample equilibrated at different r.h. the values were collected on the desorption branch of the water vapor sorption isotherms. For the samples stored at 53 % r.h. a 1W hydration state was observed for all smectite samples. The corresponding water contents ranged between 5.9 and 10 H2O / Na+ and implied that a mono-hydrated (1W) state can even exist at water contents above 6 H2O / Na+. On the desorption branches of all swellable 2:1 layer silicates, clear changes between 6 and 4 H2O / Na+ in the gradient could be assigned. These transitions could not be clearly identified on the adsorption branches of the smectite isotherms. However, since the gravimetrical water vapor sorption isotherms are kinetically controlled, the equilibration times and their corresponding change in gradient enable a discrimination between different hydration states in 2:1 layer silicates. Domains in the de- and adsorption of water vapor of the smectite samples with a slightly increasing slope were explained by a heterogeneous layer charge distribution, which enables the coexistence of different hydration states even under controlled conditions.
Additionally, the question has been raised of whether a full dehydration can be observed using only dry nitrogen at ambient conditions. For this purpose, isothermal long-time measurements were carried out at 35 °C (nominal). These results showed that for a complete dehydration of the selected 2:1 layer silicates a temperature above 40 °C is required. A tightly bound water after isothermal treatment was observed for all samples. For dioctahedral smectites a trend with increasing layer charge was observed. Increasing the layer charge resulted in a higher amount of residual moisture. In addition, a tightly bound water was also observed for the Na+-exchanged illite sample indicating that the exchangeable cations hydrate in the same manner as in the smectites samples.
Particular interest was focused on the differentiation of bulk water and water bound in the hydration shell of the interlayer cation. Thereby, infrared spectroscopic measurements were carried out to get a model on molecular scale and to investigate the microscopic structure of water de- and adsorption.
The purpose of the first IR study was to investigate coupled processes of (de-)hydration and changes in the 2:1 layer of a Na+-exchanged dioctahedral smectite using in situ IR transmission spectroscopy. The key to this work was the sample preparation technique tethering by aggregation and growth (T-BAG) applied on clays for the first time. Thin films of 200 nm of a pure smectite sample were prepared on the silicon wafers and scanning electron microscopy confirmed that T-BAG is perfectly reproducible for the use of clay minerals in future. The observed shift of δ(H-O-H) and (Si-O)LO to lower wavenumbers was correlated to an increase of water-surface attraction, which means that the water molecules are highly polarized in the mono-hydrated state (1W layer) and have a lower O-H bending mode (1628 cm-1) compare to liquid water (1643 cm-1). The increase of surface-water attractions with increasing temperature was displayed in a coupled shift of the longitudinal optical Si-O phonon mode to lower wavenumber. As a result, the montmorillonite lattice constants decrease along the a- and b-axis as a function of dehydration. The total-energy and ground-state structure calculations in the present work were performed using DFT as implemented in the Vienna ab initio simulation program (VASP) and done by Dr. Peter Thissen.
In the first IR study, the mechanism was observed at the transition from 1W to 0W state. In a further IR study the focus was on the transition from the 2W to 1W hydration state (and backwards) and the influence of layer charge and octahedral composition. Thereby, the selected materials were studied by an in-situ method that allowed FTIR spectra and water vapor sorption isotherms to be obtained simultaneously. The aim of this study was to elucidate the hysteresis mechanism in 2:1 layer silicates during desorption and adsorption of water vapor. Whereas hysteresis was observed over the entire isothermal range of the smectites, the isotherm of the vermiculite sample only showed hysteresis in the transition from 0W to 1W and 1W to 2W state. It was also shown that hysteresis is a function of the layer charge distribution, the achieved water content and the particle size with resulting edge site contribution. Increasing the edge site proportions resulted in an increased hysteresis. The findings from the experimental FTIR/gravimetric analysis showed that the transition from 2W to 1W and backwards is visible using IR spectroscopy. The shifting of δ(H-O-H) was influenced by the layer charge, charge distribution, octahedral substitutions and the layer dimension. Finally, the experimental results were supported by ab initio thermodynamic simulations that revealed the different shifting behavior of δ(H-O-H) related to the differences in surface charge density and octahedral compositions.