Entwicklung eines instrumentierten Prüfstandsrotors zur Messung von Wärmeeinträgen

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung eines schnelllaufenden Rotors zur Messung von Reibwärmeeinträgen durch Bürstendichtungen und mit Ansätzen zur Einbringung von Thermoelementen in rotierende Strukturen.
Die Optimierung von Gas- und Dampfturbinen fokussiert sich seit geraumer Zeit auf die Sekundärluftsysteme. Großes Verbesserungspotenzial zur Minimierung der Leckageluft versprechen dabei adaptive Systeme wie beispielsweise Bürstendichtungen. Deren Betriebsverhalten ist jedoch in weiten Bereichen nur ungenügend erforscht, insbesondere, was Reibwärmeeinträge in die Rotorstruktur im Falle eines Anstreifens betrifft. Um diese Lücke zu schließen, existiert am Institut für Thermische Strömungsmaschinen des Karlsruher Instituts für Technologie ein Prüfstand, welcher die Bestimmung dieser Wärmeeinträge ermöglicht. Anhand gemessener transienter Temperaturen erfolgt durch eine inverse Rückrechnung mit der Finite-Elemente-Methode die Bestimmung der Wärmeeinträge.
Für Messungen unter realistischen Bedingungen sollte in dieser Arbeit ein Rotor entwickelt werden, mit dem Umfangsgeschwindigkeiten von 300 m/s erreicht werden können. ... mehrDabei sollte die Temperatur möglichst nah an der Stelle des Anstreifens bestimmt werden, ohne die strukturelle Integrität des Rotors zu gefährden.
Die Entwicklung des Rotors erfolgte basierend auf der VDI-Richtlinie 2221 anhand verschiedener Teilsysteme. Diese umfassen die Anbindung an die vorhandene Infrastruktur, die Berechnung einer geeigneten Rotorgeometrie, die Erstellung eines Konzepts zur Temperaturmessung und die Integration eines Telemetriesystems. Die Teilsysteme wurden im Lauf der Arbeit ständig auf wechselseitige Kompatibilität überprüft.
Zunächst wurde mit Hilfe der Differentialgleichung rotierender Scheiben eine geeignete Rotorgeometrie als Ausgangspunkt für die Entwicklung bestimmt und eine geeignete Welle-Nabe-Verbindung ausgewählt. Die Optimierung der Geometrie erfolgte anschließend mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode. Ein geeignetes Konzept zur Temperaturmessung wurde durch FE-Berechnungen sowie durch Experimente an Probekörpern strukturell und messtechnisch abgesichert.
Als Ergebnis der Arbeit konnte ein Rotor entwickelt werden, der die geforderte Umfangsgeschwindigkeit von 300 m/s bei einem Sicherheitsfaktor gegen plastische Verformung größer als 2 erreichen kann. Gleichzeitig erlaubt das ausgearbeitete Design die Messung der Strukturtemperaturen in einem Abstand von nur etwa 0,5 mm unter der Stelle des Anstreifens. Es konnte gezeigt werden, dass die Schwächung der Rotorstruktur durch die eingebrachten Instrumentierungsbohrungen auch im Falle hoher Wärmeeinträge nicht zu einer maßgeblichen Senkung der Sicherheit führt. Der entwickelte Rotor soll so in der nächsten Ausbaustufe des Prüfstands zum Einsatz kommen.