Abstract:
Die immer knapper werdenden Erdölressourcen und der gleichzeitig steigende Bedarf der Weltbevölkerung an Energie und chemischen Produkten führen zu der Nachfrage an neuen, alternativen Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen. Lignin ist eines der häufigsten Biopolymere auf der Erde und dadurch ein hochverfügbares erneuerbares Ausgangsmaterial für die chemische Nutzung. Die komplexe makromolekulare Struktur ist aus phenylpropanoiden Einheiten aufgebaut, die es zu der größten nachwachsenden Quelle für aromatische Zielmoleküle machen. Außerdem besitzt Lignin einen hohen Gehalt an aliphatischen und aromatischen Hydroxylgruppen, die als Ausgangspunkt von chemischen Modifizierungen dienen können. ... mehrIn dieser Arbeit wurden Dialkylcarbonate verwendet, um die Struktur des Lignins zu verändern und neue funktionelle Gruppen einzuführen. Diese Methode kann als "grüne" Alternative zu der konventionellen Williamsonschen Ethersynthese angesehen werden, in der toxische Alkylhalogenide oder -sulfate zum Einsatz kommen.
Zuerst wurde die Reaktion mit Diallyl- und Dibenzylcarbonat an verschiedenen Phenolen getestet, wobei gezeigt werden konnte, dass aliphatische und Methoxyl-Reste die Reaktion im Vergleich zum unsubstituierten Phenol deutlich beschleunigen. In einem Kooperationsprojekt mit der Gruppe von Prof. L. J. Gooßen wurden aus Cashewnussschalenextrakt oder Eugenol gewonnene Bisphenole mit Diallylcarbonat allyliert und anschließenden zu Thiol-En-Polymeren umgesetzt, sowie in Polycarbonaten eingesetzt. Die Polymere aus beiden Studien wurden mit Bisphenol-A-basierten Polymeren verglichen und es konnte gezeigt werden, dass die Eigenschaften der Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen vielversprechend für einen möglichen Ersatz von Bisphenol A sind.
Schließlich wurde die Allylierung von einem Organosolvlignin untersucht, welches durch einen Ethanol/Wasser-Holzaufschluss aus Buchenholz extrahiert wurde. In vergleichenden Studien mit verschiedenen Lösungsmitteln, Basen und bei unterschiedlichen Temperaturen konnten bis zu 90% derHydroxylgruppen zu Allylethern oder Allylcarbonaten umgesetzt werden, wenn Tetrabutylammoniumbromid als recyclebare Base verwendet wurde. Der verwendete Überschuss an Diallylcarbonat konnte ebenfalls nach der Reaktion zurückgewonnen werden. Es erfolgte eine detaillierte strukturelle Charakterisierung des allylierten Lignins mittels 31P-NMR, 1H-NMR, 13C-NMR, FT-IR-Spektroskopie und Elementaranalyse. Durch GPC-MS-Messungen wurde die erfolgte Modifizierung nachgewiesen und es wurden neue Einblicke in Strukturmotive des Lignins gewonnen. DesWeiteren konnte gezeigt werden, dass allyliertes Lignin bei erhöhten Temperaturen (>150 °C) Claisen-Umlagerungen eingeht und auf diese Weise der Modifizierungsgrad im Produkt um bis zu 28% erhöht werden kann. Neben der Allylierung wurde auch die Crotylierung mit Dicrotylcarbonat erfolgreich an Lignin durchgeführt und so konnte gezeigt werden, dass die Methode auf weitere Carbonate übertragbar ist. Daneben konnte die Selbstmetathese von allyliertem Lignin die hohe Reaktivität bezüglich Quervernetzung beweisen. Durch die Kreuzmetathese von Pflanzenölen – weitere hochverfügbare nachwachsende Rohstoffe – mit allyliertem Lignin konnten duroplastische Filme erhalten werden. So wurde zum ersten Mal ein Ligninderivat direkt mit unmodifizierten Pflanzenölen umgesetzt. Es stellte sich heraus, dass ein hoher Ligninanteil sowie ein hoher Gehalt ungesättigter Fettsäuren im Pflanzenöl zu einem höheren Elastizitätsmodul und Vernetzungsgrad führte. Die meisten Filme verhielten sich während des Zugversuchs dehnbar. Nur Filme mit einem Ligningehalt über 70% führten zu spröden Materialen. Durch das Ersetzen des konventionellen Lösungsmittels Dichlormethan mit dem "grünen" Lösungsmittel Dimethylcarbonat konnte die Nachhaltigkeit der Methode erhöht werden. Allerdings wurde dadurch der Quervernetzungsgrad der Filme herabgesetzt.
Als weitere Anwendung von alkyliertem Lignin wurden duroplastische Epoxidharze untersucht. Dafür wurde Organosolvlignin mit Epichlorhydrin unter Anwendung der Williamsonschen Ethersynthese zu einem epoxidiertem Lignin mit einen Epoxidgehalt von 3.2 mmol/g umgesetzt. Bis zu 42 Gewichtsprozent des glycidylierted Lignins konnten in einem konventionellen Epoxidharz mit Bisphenol-Adiglycidylether und Isophorondiamin eingesetzt werden. Durch Aushärtung bei gleichzeitiger dynamischer Differenzkalorimetrie konnte die Reaktionsenthalpie bestimmt werden. Außerdem wurden knochenförmige Proben ausgehärtet, die hinsichtlich ihrer strukturellen Eigenschaften mittels FT-IR, ihrer thermischen Eigenschaften mittels dynamischer Differenzkalorimetrie und thermogravimetrischer Analyse, sowie ihrer mechanischen Eigenschaften mittels Zugversuch und dynamischmechanischer Analyse untersucht wurden. Dabei zeigte sich, dass ein Ligningehalt zwischen 8 und 33% zu einer höheren Quervernetzung und damit höherer Glasübergangstemperatur, niedriger Quellungsrate in Tetrahydrofuran und erhöhter Steifheit (Elastizitätsmodul) im Vergleich zu Lignin-freiem Duroplast führt. Für einen nachhaltigeren Ansatz wurden verschiedene Epoxidierungsmethoden als Alternativen zu Epichlorhydrin untersucht. Obwohl die Methoden mit den Persäuren meta-Chlorperbenzoesäure und Peressigsäure oder die Enzym- und Übergangsmetall-katalysierten Methoden erfolgreich für die Modellverbindungen Diallyl-, Dicrotyl- und Di-10-undecenylcarbonat angewendet werden konnten, war die Übertragung auf alkyliertes Lignin mit nicht vollständig geklärten Nebenreaktionen verbunden. Eine detaillierte Analyse mittels 1H NMR, 31P NMR, FT-IR und GPC wies auf Oxidation und teilweiser Zersetzung des Lignins unter den angewendeten Bedingungen hin.
Abstract (englisch):
Depleting fossil resources and a simultaneously increasing demand for energy and chemical products causes the demand for new, alternative products from renewable resources. Lignin is one of the most abundant biopolymers on earth, and thus a highly available natural feedstock for chemical use. Its complex macromolecular structure consists of phenylpropanoic units, making it the largest renewable resource for aromatic compounds. In addition, the high hydroxyl group content of both aliphatic and aromatic hydroxyl groups allows chemical modifications. In this work, dialkyl carbonates were used to modify the structure of lignin and to introduce new functional groups. ... mehrThis method is a "green" alternative to conventionally used Williamson Ether Synthesis with alkyl halides or alkyl sulfates.
First, the allylation with diallyl and dibenzyl carbonate was applied to various phenols, revealing an increased reactivity if aliphatic or methoxy groups are present as substituents. In a cooperation project with the group of Prof. L. J. Gooßen, renewable bisphenols derived from cashew nut shell liquid or eugenol were allylated with diallyl carbonate. The products reacted in thiol-ene polymerizations and the bisphenols were applied as polycarbonate monomers. The polymers from both pathways were compared with bisphenol A-derived polymers, indicating promising properties for its replacement.
The allylation procedure was then applied to organosolv lignin, which was extracted from beech wood chips via an ethanol/water pulping. Comparative studies of different solvents, bases and temperatures were performed. In the solvent-free approach, the reaction of organosolv lignin with diallyl carbonate led to a conversion of 90% of all hydroxyl groups to allyl ethers or allyl carbonates with tetrabutylammonium bromide (TBAB) as recyclable base. Also the used excess of diallyl carbonate was recovered after the reaction. Detailed structural analysis of the allylated lignin was performed via 31P NMR, 1H NMR, 13C NMR, FT-IR spectroscopy and elemental analysis. SEC-MS was used to verify the functionalization and gave further insight into structural motifs in lignin. Furthermore, it was shown that allylated lignin undergoes Claisen Rearrangements at higher temperature (>150 °C), which led an increase of up to 28% allyl functions in the final product. In addition to allylation, also the crotylation of organosolv lignin with dicrotyl carbonate was successful, proving the transferability of the method. Moreover, self-metathesis of allylated organosolv lignin proved its reactivity towards cross-linking. In addition, plant oils – highly available renewable resources as well – were reacted with allylated lignin via cross-metathesis to form thermosetting films. Here, unmodified plant oil was reacted with a lignin derivative for the first time. It was found that an increasing lignin content as well as an increasing content of polyunsaturated fatty acid led to higher Young’s moduli and higher cross-linking. Most films showed ductile behavior in stress/strain measurements. Only lignin contents over 70% led to brittle materials. The replacement of the conventional solvent dichloromethane by the "green" solvent dimethyl carbonate improved the sustainability of the procedure. However, the cross-linking density of the materials was decreased. Epoxy thermosetting polymers were investigated as an additional application for the modified lignin.
Here, lignin was alkylated with epichlorohydrin in a conventional Williamson Ether Synthesis to obtain a lignin with an epoxy content of 3.2 mmol/g. Up to 42 wt% glycidylated lignin in a conventional epoxy thermoset with bisphenol A diglycidyl ether and isophorone diamine were cured in differential scanning calorimetry (DSC), analyzing the residual reaction heat. Furthermore, dog bone shaped specimen were analyzed for their structural properties via FT-IR spectroscopy, their thermal properties by DSC and thermogravimetric analysis (TGA) and mechanical properties from stress/strain measurements and dynamic mechanical analysis (DMA). A lignin content between 8 and 33% led to higher cross-linking, and thus a higher glass transition, lower swelling percentage in tetrahydrofuran, and increased stiffness (Young’s modulus), compared to the lignin-free thermoset.
For a more sustainable approach, the epoxidation of allylated and crotylated lignin with various epoxidation techniques was studied to demonstrate alternatives for the use of epichlorohydrin. Although the methods involving the peracids meta-chloroperbenzoic acid and peracetic acid or enzyme- and transition metal-catalyzed methods were successfully applied to the model compounds diallyl, dicrotyl and di-10-undecenyl carbonate as well as allylated and crotylated guaiacol, the transfer to alkylated lignin was accompanied by undefined side reactions. The detailed analysis of the modified lignin via 1H NMR, 31P NMR, FT-IR and SEC indicated partial oxidation and degradation of the organosolv lignin under the applied conditions.