Abstract:
Geothermie hat ein großes Potenzial, um in einem zukünftigen Energiemix eine bedeutende Rolle zu spielen. Sie vereint die Vorteile einer sehr guten Regelbarkeit, bietet alle Voraussetzungen für eine dezentrale Versorgung und ist überdies vollständig grundlastfähig. Dies ist besonders in der Übergangszeit hin zu einer erdölfreien Energiegewinnung wichtig. Hier kann Geothermie sofort Anteile von Kohle und Gas ersetzen. Da sich die Technologie jedoch immernoch in einer frühen Entwicklungsstufe befindet, ist noch eine Vielzahl an Herausforderungen zu bewältigen. Eines der größten Hemnisse ist die Chemie der Fluide. ... mehrAufgrund ihrer oft hochmineraliserten Zusammensetzung zusammen mit den sehr hohen Temperaturen, stellen sie ein harsches chemisches Milieu für Rohrstränge und Übertage-Installationen von Kraftwerken darstellen. Die mit der Förderung der Fluide einhergehende Scalingbildung und Korrosion können den Kraftwerksbetrieb stark beeinträchtigen. Darüber hinaus beeinflusst die Komplexität der chemischen Syteme auch die Exploration potentieller Geothermiefelder und trägt maßgeblich zum vergleichsweise hohen Fündigkeitsrisiko bei. Besonders die Geothermometrie, eigentlich eine Standardmethode zur Abschätzung der Reservoirtemperatur aus der chemische Zusammensezung von natürlich austretenden geothermalen Quellen, ist immernoch mit enormen Unsicherheiten behaftet. So führt die Anwendung unterschiedlicher Geothermometer auf eine einzelne Probe nicht selten zu Abweichungen der berechneten Temperaturen in einer Größenordnung von >>100 K.
Mit der Bildung von Scalings und geothermometrischen Explorationsmethoden werden zwei eigenständige Themenbereiche untersucht, die jedoch auf denselben chemischen Grundlagen und Prozessen basieren. Ein gemeinsames Problem beider Themenfelder ist, dass Fluidproben, die typischerweise an der Oberfläche genommen werden, nicht mehr die Bedingungen des Reservoirs widerspiegeln. Um eine belastbare Bewertung des Scalingpotenzials zu erheben und eine Bestimmung der insitu-Temperaturen vorzunehmen, ist es von besonderer Bedeutung, die ursprüngliche Zusammensetzung in der Tiefe zu kennen. In dieser Arbeit werden numerische Verfahren und Laborversuche angewendet, um das Prozessverständnis zu verbessern und die relevanten Prozesse zu quantifizieren. Diese Analysen werden im Hauptteil der Arbeit in drei eigenständigen Untersuchungen dargestellt. Die erste Studie untersucht numerisch die thermo-hydraulisch-chemischen (THC) Prozesse, die in einem Förderstrang eines Einbohrloch-Projekts unter Produktionsbedingungen zu massiver Halit-Scalingbildung führten. Es wird gezeigt, dass das numerische Modell das thermische Verhalten der Bohrung sehr gut abbildet. Aufgrund des hohen Salzgehalts des geförderten Fluids (>400 g/kgW), war die Anwendung des Pitzer Ionen Interaktionsmodells erforderlich. Die Parametrierung des Modells und die Überprüfung ihrer Gültigkeit für das betrachtete chemische System wurden mittels Vergleich der modellierten Löslichkeitsdaten mit Literaturdaten und mit Resultaten eigener Löslichkeitsexperimente nachgewiesen. Es wird dargestellt, dass ein vollständig gekoppeltes THC Modell benötigt wird, um die komplexe Interaktion von Temperatur, Fluss, Durchlässigkeit und der Präzipitation zu quantifizieren. Dabei ist es möglich, die chemische Zusammensetzung des tiefen Fluids im Hinblick auf die für die Scalings relevanten Bestandteile zu rekonstruieren und die Bildung von Scalings hinsichtlich der Bildungstiefe und der ausgefällten Mengen zu quantifizieren. Darüber hinaus wird gezeigt, dass das kostengünstige, risikoarme Konzept der Verwendung von bestehenden Bohrungen mittels Einbohrloch-Konzept auch deutliche Nachteile hat. Das Modell bildet den unmittelbaren Anstieg des Temperaturgradienten im Produktionsstrang direkt auf der Höhe des beginnenden Gegenstromabschnitts ab. Für eine kühlungsinduzierte Bildung von Scalings ist das Potenzial für ihre Akkumulation in diesem Bereich am größten.
Da ein dringender Bedarf an verlässlichen Tools für die Exploration besteht, wird in der zweiten Studie das Potenzial der Multikomponenten-Geothermometrie bewertet und in einem zweiten Schritt die Methode verfeinert. Das Vorgehen wird in einer Fallstudie gezeigt. Dazu werden natürliche Fluide von heißen Quellen aus dem geothermalen System des Villarrica Vulkans in Südchile und Fluide, aus Laborexperimenten, bei den zwei Reservoirgesteins-Analoge aus dem untersuchnugsgebiet unter insitu-Bedingungen mit Wasser äquilibriert wurden, untersucht. Dabei zeigt sich, dass die Methode vergleichsweise robust gegenüber sekundären Störeinflüssen ist und auch schon ohne Korrekturen Ergebnisse mit nur geringen Schwankungen liefert (ΔT <50 K). Der Einfluss der Faktoren, die zu einer schematischen Unterschätzung der Reservoirtemperaturen führen, wie die Verdünnung durch oberflächennahes Wasser, der pH-Wert im Reservoir und Schwankungen der Aluminiumkonzentration, werden in einer Sensitivitätsanalyse evaluiert und quantifiziert. Anhand dieser Ergebnisse werden die berechneten Temperaturen korrigiert, um realistische insitu-Bedingungen zu erhalten. So lassen sich für das geothermale System im Untersuchungsgebiet Reservoirtemperaturen errechnen, die zum einen nur eine geringe Schwankungsbreite (≤25 K) zeigen und andererseits sehr gut zu den verfeinerten SiO2 und Na-K Temperaturen der dritten Studie passen.
In der dritten Untersuchung werden die störenden Parameter für klassische SiO2 und Na-K Lösungsgeothermometer identifiziert und quantifiziert. Wie im Falle der Arbeit zur Multikomonenten-Methode, wird das Konzept anhand der Quellfluide aus dem chilenischen Untersuchungsgebiet und den Fluiden aus Laborversuchen demonstriert. Dabei wird deutlich, dass beide Geothermometer offensichtlich durch die chemische Zusammensetzung des Reservoirgesteins beeinflusst sind. So hängt das Polymorph, das die SiO2 Konzentration kontrolliert, offenbar genauso vom Reservoirgestein ab, wie das Na+/K+-Gleichgewicht der Fluide. Des Weiteren werden die großen Auswirkungen der Verdünnung und des pH-Werts der Fluide auf die SiO2 Temperaturen nachgewiesen. Es wird dargestellt, wie mittels geochemischer Modellierung, Chlorfluorkohlenwasserstoff-Konzentrations-messungen und der stabilen Wasserisotope eine Korrektur der Daten auf die insitu-Bedingungen möglich ist und wie sich so die SiO2-Temperaturen korrigieren lassen.
Für die Auswahl der geeigneten Na-K Geothermometer, wird ein Ansatz vorgeschlagen, welcher mittels Betrachtung der Gleichgewichtszustände von Albit und K-Feldspat, die Auswahl des passende Na-K Geothermometers für das jeweils betrachtete Fluids unterstützt. Die Abweichung zwischen den so erhaltenen SiO2 und Na-K Temperaturen konvergieren von zunächst >>100 K zu deutlich niedrigen Abweichungen von ≤10 K. Die Temperaturen passen außerdem sehr gut zu den Ergebnissen der Mehrkomponenten-Geothermometrie. Maximale Abweichungen liegen im Bereich von <20 K.
Abstract (englisch):
Geothermal energy has the potential to play a substantial role in the future energy mix. It combines full controllability, the capability to serve baseload demands and suitability for decentralized usage. Particularly important in the transition time towards fossil fuel free energy generation, the quasi-inexhaustible energy source can therefore replace proportions of coal and gas. However, being in an early stage of development the technology still faces rather large challenges. One major challenge on the way of a fast progression is the fluid chemistry. The hot and often highly mineralized geothermal fluids are a harsh chemical environment for pipe strings and surface installations. ... mehrResulting in corrosion and scaling formation, both phenomena can severely impair operations. Furthermore, the complex chemical systems also effect exploration, leading to large prospecting risk. The determination of reservoir temperature, which is a key parameter in exploration, from the composition of springs discharge at the surface is still afflicted to large uncertainties. The application of different geothermometers to one sample not uncommonly leads to deviations >>100 K.
The aim of this work is to contribute to a better understanding and quantification of the complex chemical processes associated with hot and highly mineralized geothermal fluids. With scaling formation and geothermometric methods, two autonomous thematic fields, which however base on the same chemical fundamentals, are investigated. One common problem is that fluids sampled at the surface do not reflect the conditions in the reservoir. For a reliable evaluation of scaling potentials as well as for the determination of in-situ temperatures, the knowledge of the original composition in depth is particularly important. In this study, numerical methods and laboratory equilibration experiments were used to improve process understanding and to quantify involved processes. These analysis are presented in the main part of this work in three individual manuscripts.
The first study numerically investigates the thermo-hydraulic-chemical (THC) processes of geothermal single well operations, which led to massive halite scaling formation in a production string. It is shown that the model enables the reproduction of the thermal behavior of the well under production conditions. Due to high salinities (>400 g/kgW), the application of the Pitzer ion interaction model was required. The parametrization of the model and its verification for the considered chemical system is demonstrated by comparison to solubility data from literature and to results from laboratory experiments. It is demonstrated, that a fully coupled THC model is required to quantify the complex interaction of temperature, flow, permeability and precipitation/dissolution. Doing so, it is possible to reconstruct the chemical composition of the deep brine in terms of scaling relevant constituents and to quantify scaling formation regarding the depth and the precipitated amounts. Furthermore, it is shown that the cost-effective low-risk concept of using existing single wells for geothermal exploitation, has its disadvantages. The model depicts the immediate increase of the temperature gradient in the production string right at the depth of the beginning counterflow section. For cooling-induced scaling formation, the potential of solid accumulation is largest at this point.
Against the back ground of the urgent need of reliable exploration tools, the second study assesses and improves the performance of multicomponent geothermometry. This is demonstrated in a case study investigating natural fluids from geothermal springs from the geothermal system of the Villarrica area in Southern Chile and fluids derived from laboratory equilibration experiments. Being obviously relative robust against interferences from secondary processes, already initial calculations without corrections lead to comparable well constraint results, with equilibration temperatures for the considered mineral assemblage in the order of <50 K. The anticipated factors most likely causing underestimations of reservoir temperatures, such as dilution of geothermal fluid with surficial water, the pH value and the aluminum concentration, are evaluated and quantified in a sensitivity analysis. According to these results, the calculated temperatures were corrected to obtain realistic in-situ conditions. Doing so, it is shown that well-constraint equilibration temperatures within a range of ≤25 K for the geothermal springs in the Villarrica area and the experimental fluids are obtained.
In the third study, the interfering parameters for SiO2 and Na-K solute geothermometers are identified and quantified. As for the previously investigated multicomponent method, the geothermometers are applied to the Chilean hot springs and to the same experimental fluids which are derived by equilibrating two reservoir rock analogues from the study area. It is shown, that both applications are obviously effected by reservoir rock composition. Thus, the SiO2 concentration is controlled by different polymorphs (quartz and chalcedony). Equally, the rock composition is obviously effecting the Na+/K+ equilibrium of the fluids. Furthermore, the large effects of dilution and pH value of the fluids on SiO2 temperatures are demonstrated. Geochemical modeling, chlorofluorocarbon concentration and stable water isotopes measurements of the spring fluids facilitate a correction of data on in-situ conditions and therefore of deduced SiO2 temperatures. For the selection of the Na-K geothermometers appropriate for the considered fluid, an approach is suggested, to model the stability of Na-K geothermometer governing feldspars (albite and k-feldspar) under in-situ conditions. This supports the allocation of the appropriate geothermometer formulation, which reflects the considered Na+/K+ equilibrium best. The obtained SiO2 and Na-K temperatures fit very well to results from multicomponent geothermometry. The variation between both SiO2 and Na-K temperatures converge from initially >>100 K to significantly low deviations of ≤10 K.