Abstract:
Die Fragen nach dem Ursprung, der Beschleunigung und der Propagation kosmischer Strahlung bei extrem hohen Energien sind noch immer nicht beantwortet. Um verschiedene astrophysikalische Szenarien zu unterscheiden, ist eine präzise Messung der Massenzusammensetzung der kosmischen Strahlung in der Übergangsregion zwischen galaktischer und extragalaktischer kosmischer Strahlung bis zu den höchsten Energien von größter Bedeutung.
Die Anzahl von Myonen in ausgedehnten Luftschauern ist eine wichtige Observable um verschiedene Massengruppen der kosmischen Strahlung zu unterscheiden. ... mehrAus diesem Grund wird das Pierre-Auger-Observatorium derzeit mit neuen Detektoren erweitert, die es erlauben werden, die myonische Schauerkomponente auf einer Ereignis-zu-Ereignis-Basis zu messen. Als Teil dieses Upgrades wird die AMIGA-Erweiterung, bestehend aus vergrabenen segmentierten Szintillationszählern, direkte Myondichtemessungen ermöglichen. Außerdem wird sie dazu dienen, die indirekten Myonmessungen der Upgradedetektoren zu validieren.
Um die Spezifikationen der mittlerweile installierten Upgradedetektoren zu definieren, untersuchen wir den Einfluss des Myonenergiedetektionsschwellwerts auf die Unterscheidbarkeit der Massen von Primärteilchen der kosmischen Strahlung mit detektorunabhängigen Simulationen. Wir stellen fest, dass die Massenunterscheidbarkeit für Detektionsschwellwerte von einigen GeV wächst, obwohl die Anzahl der detektierten Myonen abnimmt. Eine gute Kompositionssensitivität wird jedoch nur für große Detektionsflächen erreicht oder wenn die Tiefe des Schauermaximums zusätzlich aus den Messungen abgeleitet werden kann. Diese Ergebnisse berücksichtigend hat Auger entschieden, Szintillatoren mit einer Fläche von 3.8 m² auf den bereits existierenden Wasser-Cherenkov-Detektoren anzubringen.
Um eine auf den Messungen der AMIGA Myonzählern basierende unverzerrte Schätzung der Myondichte zu gewährleisten, optimieren und erweitern wir die bestehende Rekonstruktionsmethode. In diesem Zusammenhang entwickeln wir ein geometrisches Korrekturverfahren für Myonen, die aufgrund ihres schrägen Einfalls ein Signal in mehreren Detektorstreifen hinterlassen. Außerdem schlagen wir eine neue unverzerrte Parametrisierung der lateralen Dichtefunktion der Myonen vor und stellen sicher, dass der optimale Abstand für ihre Auswertung unverändert bleibt.
Das Prototyparray für AMIGA, bestehend aus einem Hexagon aus sieben Myondetektoren, ist seit Februar 2015 in Betrieb. Wir wählen die kalibrierten Daten eines Jahres aus und entwickeln eine Methode um Perioden auszuschließen, während derer bestimmte AMIGA-Module nicht funktionsfähig waren, um eine hohe Qualität der Daten zu gewährleisten. Zudem schließen wir fehlerhafte Module aus und korrigieren für die flächenabhängigen Effizienzen der Detektormodule. Weiterhin definieren wir einen zenithwinkelunabhängigen Schätzer ρ₃₅ der Myondichte, indem wir die Abschwächung des Myonsignals durch die Atmosphäre und die Erdschicht oberhalb der vergrabenen Myondetektoren parametrisieren.
Die grössten systematischen Unsicherheiten für AMIGA entstehen durch die modulflächenspezifische Effizienzkorrektur, das Setzen des Diskriminatorschwellwerts der einzelnen Szintillatorkanäle, die Dichte des Bodens, die Parametrisierung der lateralen Dichtefunktion der Myonen und die Abschwächungskorrektur. Wir schätzen die einzelnen Beiträge ab und erhalten eine systematische Gesamtunsicherheit von ungefähr 14% von ρ₃₅.
Mehrere Experimente haben einen “Myonüberschuss” in ihren Daten beobachtet. Unsere Analyse von AMIGA-Daten bestätigt diesen Unterschied im Myonanteil zwischen Simulationen und Daten bei etwas anderen Energien. Indem wir Xmax-Messungen von Auger als Schätzer der mittleren logarithmischen Masse in Daten verwenden finden wir, dass der Myonanteil in Simulationen um 38% bis 53%, abhängig vom hadronischen Wechselwirkungsmodell, erhöht werden müsste um mit den AMIGA-Ergebnissen übereinzustimmen.
Basierend auf den Myondichtemessungen des AMIGA Prototyparrays analysieren wir die Entwicklung der Massenkomposition indem wir die korrigierten Myondichten ρ₃₅ mit einer Potenzgesetzparametrisierung als Funktion der Energie fitten. Zusätzlich berechnen wir die energieabhägige mittlere logarithmische Masse. In Übereinstimmung mit vorherigen Xmax-Messungen des Pierre-Auger-Observatoriums weisen die Ergebnisse auf ein Leichterwerden der Massenkomposition im Energiebereich von 10¹⁷⋅⁴ eV bis ¹⁸⋅³ eV hin.
AMIGA wird Ende 2019 vervollständigt sein und bis 2025 Daten nehmen. Obwohl das endgültige Detektordesign im Vergleich zum Prototyparray leicht verändert sein wird, da die Photomultiplier durch Silicon-Photomultiplier ersetzt werden, sind die meisten der in dieser Arbeit entwickelten Verbesserungen der Rekonstruktion anwendbar. Die vorgestellte erste systematische Analyse von Daten des AMIGA Prototyparrays zeigt, dass AMIGA auf dem Weg ist Kompositionsmessungen durchzuführen, die dabei helfen werden astrophysikalische Modelle des Ursprungs und der Propagation ultra-hochenergetischer kosmischer Strahlung einzuschränken.
Abstract (englisch):
The questions of the origin, acceleration, and propagation of ultra-high energy cosmic rays have still not been settled. To discriminate between astrophysical scenarios, a precise measurement of the mass composition in the transition region of galactic to extragalactic cosmic rays up to the highest energies is of key importance.
A crucial observable for the differentiation of mass groups of cosmic rays is the number of muons in extensive air showers. The Pierre Auger Observatory is therefore currently being upgraded with new detectors which will allow to measure the muonic shower component on an event-by-event basis. ... mehrAs part of the upgrade, the AMIGA extension, consisting of buried segmented scintillation counters, will provide the possibility of direct muon density measurements. Additionally, it will be used to validate the indirect muon measurements of the main upgrade detectors.
To define the specifics of the now deployed upgrade detectors, we study the impact of the energy detection threshold of muons on the mass separability of primary cosmic rays with detector-independent simulations. We find that, although the number of detected muons decreases, the mass separability increases for detection thresholds of few GeV. A good composition-sensitivity is, however, only achieved for large muon detection areas, or if the depth of shower maximum can be additionally inferred from the measurements. Considering these results, Auger has decided to deploy scintillators with an area of 3.8 m² on top of the existing water-Cherenkov detectors.
In order to guarantee an unbiased estimate of the muon density based on the measurements of the AMIGA muon counters, we optimize and extend the existing reconstruction procedure. In this context, we develop a geometrical correction for muons leaving a signal in multiple detector strips due to their inclined momentum. Furthermore, we derive a new unbiased parametrization of the muon lateral distribution function and ascertain that the optimum distance for its evaluation remains unchanged.
The engineering array for AMIGA, consisting of a hexagon of seven muon detectors of 30 m² area each, has been operational since February 2015. We select a sample of one year of calibrated data taken with the engineering array, and, to ensure a high quality of the data set, develop a bad period rejection for AMIGA, exclude faulty detector modules, and correct for the area-dependent module efficiencies. Parametrizing the attenuation of the muonic signal due to the atmosphere and soil layer above the buried muon detectors for both simulations and data, we derive a zenith-independent estimator ρ₃₅ of the muon density.
The main systematic uncertainties for AMIGA arise from the module area-dependent efficiency correction, the setting of the discriminator thresholds of the individual scintillator channels, the soil density, the parametrization of the muon lateral distribution function, and the attenuation correction. We estimate the individual contributions and obtain a total systematic uncertainty of about 14% of ρ₃₅.
A “muon excess” in data has been observed by multiple experiments. Our results for AMIGA confirm this disagreement of the muon content between simulations and data at somewhat different energies. Using Auger measurements of the depth of shower maximum as proxy for the mean logarithmic mass in data, we find that, depending on the hadronic interaction model, the muon content in simulations would need to be increased by 38% to 53% to match the AMIGA results.
We analyze the evolution of the mass composition based on the muon density measurements of the AMIGA engineering array by fitting the corrected muon densities ρ₃₅ with a power law parametrization as a function of energy. Additionally, we compute the energy-dependent mean logarithmic mass. In agreement with previous Auger measurements of the depth of shower maximum, the results indicate a lightening of the mass composition in the energy range from 10¹⁷⋅⁴ eV to ¹⁸⋅³ eV.
AMIGA will be fully completed at the end of 2019 and record data until 2025. Although the final detector design will be slightly changed compared to the engineering array by replacing photomultiplier tubes by silicon photomultipliers, most of the reconstruction improvements developed in this thesis are applicable. The presented first systematic analysis of data from the engineering array shows that AMIGA is on its way to perform composition measurements that will help to constrain astrophysical models of the origin and propagation of ultra-high energy cosmic rays.