Abstract:
Monoklonale Antikörperpräparate dominieren heutzutage den biopharmazeutischen Markt. Um mit dem stetig wachsenden Bedarf Schritt halten zu können wurden über die Jahre standardisierte Aufreinigungsverfahren entwickelt und verfeinert. Etablierte Konzerne haben durch immense Investitionen große, unflexible Produktionseinrichtungen geschaffen. Das Aufkommen von flexibleren und weniger kostenintensiven Einmalprodukten und Techniken ermöglichte es auch kleineren Unternehmen und einer steigenden Zahl von Auftragsproduzenten in den Markt einzusteigen. Die dadurch steigende Konkurrenz führt zu einem enormen Kostendruck und somit zu einer stetigen Optimierung von Prozesszeiten, Kosten und Ausbeuten. ... mehrZusätzlich führt der wachsende Markt für personalisierte Arzneimittel zu einem verstärkten Bedarf an flexiblen und schnellen Aufreinigungstechniken. Ein Ansatz um die Prozesskosten zu senken und die Produktivität zu steigern ist die Kombination bzw. Zusammenfassung einzelner Prozessschritte zu integrierten Prozessen. Den größten Nutzen hat diese Kombination von Prozessschritten zu Beginn des Aufreinigungsprozesses. Aufgrund dessen sind Verfahren von Interesse, welche die Zellernte mit der Isolation beziehungsweise der ersten Aufreinigung des Zielproduktes vereinen. Typische Beispiele für die Kombination von Fest-Flüssigtrennung, eingesetzt zur Zellernte, und der Isolation des Zielproduktes sind wässrige Zwei-Phasen-Systeme (ATPS) oder Expanded-Bed-Adsorption (EBA). Der Nachteil von ATPS-Systemen besteht in der aufwendigen Entwicklung geeigneter Systeme und der Einbringung prozessbedingter Verunreinigungen, die zur Ausbildung der Phasen von Nöten sind und anschließend durch zusätzliche Prozessschritte entfernt werden müssen. EBA hingegen ist anfällig für Alterungsprozesse des Mediums. Außerdem wird der Durchsatz des Prozesses stark durch die maximale Flussrate limitiert um ein Austragen des Mediums zu vermeiden. Als weiterer Vertreter integrierter Aufreinigungsmethoden hat die Magnetseparation das Potential die industrielle Nachfrage nach einem flexiblen, kostensparenden und schnellen Prozess zu befriedigen. Die Kombination aus funktionalisierten Magnetpartikeln mit hoch-gradienten Magnetseparation ermöglicht eine spezifische Aufreinigung des Zielproduktes direkt aus der Fermentationsbrühe. Der nötige Entwicklungsaufwand ist verglichen mit ATPS und EBA gering, da eine Vielzahl an funktionelle Gruppen bzw. Molekülen aus der Säulenchromatographie bekannt und umfassend beschrieben sind. Magnetische Partikel und Prozesse sind zusätzlich als analytische Technik weit verbreitet und somit ist eine große Auswahl von Partikeln kommerziell erhältlich. Die Vorteile der Magnetseparation liegen neben dem geringeren Entwicklungsaufwand in den schnellen Prozesszeiten aufgrund der erwarteten kurzen Bindezeiten. Zusätzlich besteht nahezu keine Limitierung in den Flussraten. Die Auswahl an Magnetpartikeln und funktionellen Gruppen macht dieses Verfahren flexibel einsetzbar und ermöglicht eine schnelle und kostengünstige Prozessentwicklung. Des Weiteren können während der Produktion Zeit und somit auch Kosten eingespart werden, bei gleichzeitiger Steigerung der Produktivität durch Verringerung der Anzahl von Prozessschritten. Trotz all dieser Vorteile konnte sich die Magnetseparation bisher nicht als Aufreinigungsmethode im industriellen Umfeld durchsetzen. Dies ist vor allem auf das Fehlen geeigneter GMP-konformer Magnetseparatoren zurückzuführen. Herkömmliche Konstruktionen der Trennmatrix sowie unzureichende Dichtungskonzepte entsprachen nicht den strengen Anforderungen der Zulassungsbehörden für die pharmazeutische Arzneimittelherstellung. Wesentlich für die Einführung eines neuen Geräts in einer GMP geregelten Umgebung ist neben der Funktionalität auch der Nachweis der Reinigungsfähigkeit die für Magnetseparatoren meist nicht gegeben war. Der Nachweis der Reinigbarkeit und die Validierung dieses Prozesses ist erforderlich um die Sicherheit und Gesundheit der Patienten zu gewährleisten. Im Rahmen des Kooperationsprojektes der Andritz GmbH und des Karlsruher Instituts für Technologie sollte der Mangel an einem industriell einsetzbaren Magnetseparator behoben werden. Basierend auf einer ‚Rotor-Stator‘ Separationsmatrix, welche von Franzreb et al. bereits vor mehr als zehn Jahren entwickelt und patentiert wurde, konnte der erste GMP-konforme Magnetseparator entwickelt werden, welcher seit Anfang 2017 kommerziell erhältlich ist. Der entwickelte Separator wird in Abschnitt 4.3.1 vorgestellt. Die wichtigste Neuerung ist das komplett überarbeitete Dichtungskonzept, welches eine effektive Reinigung und Sterilisation ohne Zerlegen des Apparates ermöglicht. PEEK-Elemente dienen sowohl als Abdichtung als auch als Abstandhalter zwischen den Matrixelementen und bieten so einen leicht zu reinigenden, geschlossenen Verfahrensraum ohne Toträume. Die Kammer sowie die Ventilblöcke sind so ausgelegt, dass eine Selbstentleerung des Gerätes möglich ist. Darüber hinaus verhindern hohe Oberflächengüten das Anlagern von Verunreinigungen und vereinfachen die Reinigung des Gerätes. Zur Bestimmung der Systemeigenschaften wurden zwei unterschiedliche kommerziell erhältliche Magnetpartikel verwendet. Zum einen Mag Prep Partikel, welche einen mittleren Durchmesser von 100 nm bis 200 nm aufweisen. Zum anderen wurden M-PVA Partikel verwendet. Diese besitzen laut Hersteller einen mittleren Durchmesser von 1 µm bis 3 µm. Es konnten maximale Filterkapazitäten von 270 g Mag Prep Partikeln bis zu einem 1 %igen Durchbruch erreicht werden. Die Filterkapazität für M-PVA Partikel lag mit 430 g pro Liter Kammervolumen sogar deutlich höher. Die Verwendung viskoser Flüssigphasen führte zu etwas geringeren Filterkapazitäten, wobei der Haupt Einflussparameter auf die Separationseffizienz auf die Eigenschaften der Partikel zurückzuführen ist und nicht bei der Flüssigphase liegt. Hohe Partikelrückgewinnungsraten von über 99 % in Kombination mit prozessrelevanten Daten zu den Partikelbindkapazitäten ermöglichte es die Produktivität des Systems rechnerisch zu ermittelt und zu optimieren. Es zeigte sich, dass mehr als 200 L Fermentationsbrühe pro Tag prozessiert und dabei mehr als 1,6 kg Zielprodukt aufgereinigt werden können.
Diese Produktivität sollte durch die Implementierung eines industriell relevanten Proteinreinigungsprozesses validiert werden. Zu diesem Zweck wurde ein Aufreinigungsprozess eines monoklonalen Antikörpers aus einer Zellkultur von Chinesischen Hamster Ovarien für den Magnetseparator entwickelt, um das neue Gerät mit einem Benchmark-Prozess aus der Industrie vergleichen zu können. Es konnten fünf Aufreinigungszyklen mit konstanten Ausbeuten von über 85 %, Reinheiten von über 95 % und einer Reduktion des Wirtszellproteins von mehr als 2,5 log-Stufen hintereinander durchgeführt werden. Die erreichten Prozessausbeuten von über 85 % können mit den intensiv optimierten Plattformprozessen mithalten, während die Reinheiten von 95 % bei säulenbasierten Prozessen etwas höher liegen dürften. Zur Verbesserung der Reinheit kann eine weitere Optimierung des Waschprotokolls und die Wahl optimierter Waschlösungen erwogen werden. Der Hauptvorteil des Magnetseparationsprozesses liegt allerdings in der enormen Zeit- und Materialersparnis durch die Kombination aus Produkternte und chromatographischen Prozessschritten. Durch die Kombination von Zellernte und Reinigung des Zielproduktes können bis zu 25 % der Gesamtprozesskosten eingespart werden, die durch Operationen in der Fest-Flüssig Trennung verursacht werden. Der Vergleich mit säulenbasierten Verfahren ergab zudem eine dreimal höhere Produktivität für den Magnetseparationsprozess. Darüber hinaus kann dieser Prozess aufgrund stabiler Lebendzellzahlen während des gesamten magnetischen Trennprozesses auch als in-situ Trennmethode eingesetzt werden.
Der Hauptnachteil magnetischer Trennverfahren liegt in der Batchcharakteristik des Bindeschrittes des Zielmoleküls an die magnetischen Partikel. Bei diesem Prozess wird nur eine Gleichgewichtseinstellung erreicht, was zu einer geringen Beladung der Partikel mit Zielmolekül, insbesondere bei suboptimaler Bindungsaffinität, führt. Allerdings sind hohe Beladungen erwünscht. Zum einen können große so Volumina verarbeiten werden und zum anderen ist eine wirtschaftliche Nutzung der Partikel nur bei hohen Beladungen gegeben. Auf Grund dessen wurde ein Gegenstrom-Bindeprozess entwickelt, der in Abschnitt 2.6.2 vorgestellt wird. Bei diesem Verfahren werden magnetische Partikel und Fermentationsbrühe in einem zweistufigen Batch-Bindungsprozess im Gegenstrom bewegt. So war es möglich die Ausbeute von 74 % für einen einstufigen Prozess auf fast 100 % für den Gegenstromprozess zu steigern.
Wie bereits angesprochen ist neben der Prozessentwicklung und Optimierung die Entwicklung von Reinigungsstrategien und dessen Validierung essentiell für eine Produktion unter GMP Richtlinien. Daher wurde für zwei Modellverunreinigungen ein CIP-Verfahren (Cleaning in Place) entwickelt. Für diesen Modellprozess wurden Hämoglobinlösung und Pferdeserum als Kontaminanten verwendet. Als Reiniger kamen COSA CIP 92, ein industrielles Reinigungsmittel auf der Basis von Natriumhydroxid und reine 0,5 M Natronlauge zum Einsatz. Das Reinigungsverfahren lieferte vielversprechende Ergebnisse, da insgesamt weniger als 2 mg Verunreinigungen im gesamten System verblieben. Zur Validierung des Prozesses wurde ein Oberflächenwischtest mit nachgeschalteter Analyse des gesamten organischen Kohlenstoffes (TOC) validiert und verwendet. Die Korrelation zwischen dem TOC-Gehalt und der Konzentration der Kontaminanten zeigte lineare Zusammenhänge über einen weiten Konzentrationsbereich, zudem konnten hohe Rücklöseraten der Kontaminanten aus den verwendeten Tupfern erzielt werden, was die Validierung des Reinigungsprozesses ermöglichte.
Die Kombination aus Charakterisierung, Prozessentwicklung und Optimierung sowie einer erfolgreichen Reinigungsvalidierung des ersten GMP konformen hochgradienten Magnetseparators ist ein umfassender Ansatz zur Charakterisierung und Inbetriebnahme des neuen Systems und legt den Grundstein für eine erfolgreiche Implementierung von Magnetseparationsprozessen in industriellen biopharmazeutischen Proteinaufreinigungsprozessen.
Abstract (englisch):
The current biopharmaceutical market is dominated by monoclonal antibody drugs. To keep up with the steadily growing market demand for this kind of biopharmaceuticals platform purification processes have been developed and intensively optimized. Established biopharmaceutical companies made large investments in large but quite inflexible stainless steel production sides. The emergence of more flexible and less capital binding single-use techniques allowed also smaller companies and a growing number of contract manufacturers to gain market shares. An increasing competition on the market leads to a constant search for cost, time and process optimization opportunities. ... mehrIn addition, the growing market of individualized medicine created a demand for more flexible and faster purification processes. One approach to save cost and rise the productivity of a process is to combine unit operations and create integrated process operations. The biggest impact of such a process is in early stages of the purification procedure. Against this background, process operations combining the harvest and capturing/purification of the molecule of interest (MOI) are of great interest. Typical examples for the combination of solid-liquid separation - during harvest - and an isolation of the MOI - during capturing and purification - are aqueous two phase systems (ATPS) or expanded bed adsorption (EBA) processes. Whereas ATPS requires immense development efforts and demands further purification processes to disparage introduced process contaminates, EBA is prone to fouling processes and is strongly limited in the maximum flow velocity which leads to limited process turnovers. Magnetic separation, as another representative of integrated purification tools, has the potential to satisfy the needs of the industry for a cost saving, fast, and flexible purification method. The combination of functionalized magnetic particles with high-gradient magnetic separation (HGMS) devices allows a capturing of the MOI direct from the cultivation broth in combination with an isolation and purification. The development effort of magnetic separation processes is low compared to ATPS and EBA operations. Ligands for the adsorption of MOIs can be used from common column chromatography processes and the variety of magnetic particles on the market is enormous. Furthermore, magnetic separation processes are well described for small-scale analytical methods. Besides the small development efforts, the process itself offers fast binding kinetics, due to batch adsorption processes, and nearly no limitations in flow velocity. The wide choice of particles and ligands make magnetic separation processes flexible and fast to develop which saves costs. Maybe even more important are time and cost savings during production as well as a rise in productivity due to the reduction of process unit operations. However, the lack of suitable GMP-compliant HGMS devices prevented the application of magnetic separation processes in industrial-scale protein purification processes until now. Traditional designs of the separation matrix as well as insufficient sealing concepts could not meet the rigorous requirements of regulatory authorities for the pharmaceutical drug production. Essential for the introduction of a new device in a GMP regulated environment is besides the functionality also the proof of the cleanability. A complete cleaning and cleaning validation is required to prevent contaminations of the product and ensure the patients safety. The lack of GMP-compliant HGMS equipment has been tackled within a cooperation project of the company Andritz GmbH and the Karlsruhe Institute of Technology in the course of this doctoral thesis. Based on the idea of a ‘rotor-stator’ matrix design, which was developed and patented by Franzreb et al. over ten years ago, the first GMP-compliant high-gradient magnetic separator was developed and commercially launched at the beginning of 2017. The developed separation device is presented in section 4.3.1. The main novelty is the completely reengineered sealing concept which allows effective cleaning and sterilization in place. Polyetheretherketone (PEEK) elements serve as sealing as well as spacers between the matrix elements providing a closed procedural space without any dead spaces. Furthermore, the chamber as well as valve blocks are designed to enable a self-draining of the device. In addition, high surface finishes prevent deposits and simplify the cleaning of the device. Two kinds of commercially available magnetic particles, Mag Prep magnetic particles with a mean diameter of 100 nm to 200 nm and M-PVA magnetic particles with a mean diameter of 1 µm to 3 µm, were used to access key performance data. Filter capacities of more than 270 g of Mag Prep magnetic particles until a 1 % breakthrough and even 430 g of M-PVA magnetic particles per liter of separation chamber volume could be observed. The separation capacity decreased only slightly when more viscous feedstock was used, leaving the main parameter influencing the separation capacity with the particle properties and not with the fluid phase. In addition, high particle recovery rates of over 99 % and process related performance figures for the process optimization could be determined. Based on this we conclude that the system is able to process more than 200 L crude feedstock per day and capture more than 1.6 kg target compounds.
This process performance data had to be validated by the implementation of an industrial relevant protein purification process. The purification of a monoclonal antibody from Chinese Hamster Ovary cell culture was chosen to compare the magnetic separation process and the new device with a bench mark process from industry. Five consecutive purification cycles were performed with constant yields of over 85 %, purities over 95 % and host cell protein reduction levels of more than 2.5 log. Process yields over 85 % can easily compete with the highly optimized platform processes whereas purities are expected to be slightly higher than 95 % in column based processes. The purity issue can be tackled with the further optimization of the wash protocol and choice of wash solutions. The main advantages were the enormous saving of time and process equipment for clarification procedures and column chromatography. By combining harvest and purification operations 25 % of the overall process cost which are attributable with harvest operations can be saved. The comparison with column based processes showed a three times higher productivity for the magnetic separation process. In addition, the separation device could be used as an in situ product removal tool due to stable cell viabilities during the magnetic separation process.
The main disadvantage of conventional magnetic separation processes is based in the batch mode binding process of the MOI to the magnetic particles. Only one equilibrium stage is used which results in low MOI loadings on the magnetic particles especially if the binding affinity is only moderate. High loadings are desired to process large batch volumes and use the magnetic particles as economically as possible. In order to approach these conditions, a cross-flow binding process is presented in section 4. Here, process magnetic particles and feedstock are moved counter currently in a two-stage batch binding process. It was possible to rise the yields from 74 % for a single stage batch adsorption process to nearly 100 % for the cross-flow process.
Aside from the process development and optimization, the development of cleaning strategies and the validation of the cleaning process is essential for the production under GMP guidelines. Therefore, a cleaning in place procedure was developed for two model contaminants. For this model process hemoglobin solution and horse serum were used as contaminants and COSA CIP 92, an industrial cleaning agent based on sodium hydroxide and pure sodium hydroxide solution, were used for the cleaning of the system. The cleaning procedure delivered promising results leaving only a total of less than 2 mg of contaminants in the whole system. For the validation of the process a surface swabbing test with a connected total organic carbon (TOC) analytics were established and validated. The correlation between TOC content and the mass of the contaminants showed linear relationships over a wide range of concentrations. Furthermore, high recovery rates of the contaminants from the swabs could be achieved which enabled in combination the validation of the cleaning process.
The combination of characterization, process development and optimization as well as a successful cleaning validation of the first GMP-compliant HGMS device is a comprehensive approach to describe the new system and lays the foundation for a successful integration of magnetic separation processes in industrial biopharmaceutical purification processes.