Abstract:
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Flotation sowie deren Anwendungspotenzial als Fest-Flüssig-Trennschritt im biotechnologischen Downstream. Das Funktionsprinzip der Flotation ist vereinfacht beschrieben: Zur Biomasseabtrennung werden Luftblasen in eine Flotationszelle eingeleitet. Dort steigen sie auf Grund ihrer, im Vergleich zum Fermentationsmedium, geringeren Dichte auf. Eine Biomasseabtrennung findet statt, wenn einzelne, in der Fermentationsbrühe suspendiert vorliegende, Zellen oder Biomasseflocken an eine Blasenoberfläche adsorbieren und flotieren. An der Flüssigkeitsoberfläche der Flotationszelle bildet sich ein (stabiler) Schaum aus, in welchem die Biomasse aufkonzentriert vorliegt. ... mehrZur Abtrennung des Schaumes kann ein Räumer eingesetzt werden.
Die Flotation ist ein Separationsprozess mit geringen Investitions- und Betriebskosten. Als etablierter großtechnischer Prozessschritt kommt sie in der Mineralien-, Abwasser- und Altpapieraufbereitung zum Einsatz. Die dort gewonnenen Erkenntnisse können teils auf Anwendungen in der Biotechnologie übertragen werden. In dieser werden jedoch auch neue Herausforderungen an die Flotationstechnik gestellt. Diese bestehen im Wesentlichen in der Analyse sowie in der Optimierung verfahrenstechnischer und physico-chemischer Prozessparameter. Weitere Aspekte sind die höheren Hygieneanforderungen sowie die Notwendigkeit eines Containment-Konzeptes beim Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO).
Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wurde die Flotation mit den etablierten Zellernteverfahren der Zentrifugation und der Querstromfiltration verglichen. Dabei zeigte sich, dass die Flotation eine sowohl energetisch als auch finanziell konkurrenzfähige und somit interessante Separationstechnik sein kann.
Ein detailliertes Prozessverständnis ist Voraussetzung, um das Einsatzpotenzial der Flotation zur Abtrennung von Mikroorganismen aus Fermentationsbrühen abschätzen zu können. Zu diesem Zweck wurde eine Laborflotationsanlage in Kooperation mit der Firma Enviplan Ingenieurs-GmbH entwickelt und gebaut, deren Blasenerzeugung auf dem Prinzip der Druckentspannungsflotation (DAF) beruht. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Erzeugung von Mikroblasen mit Durchmessern unterhalb von 100 µm.
In Prozessmodellen wird die Kinetik der Flotation durch eine exponentielle Flotationsratenkonstante ausgedrückt. Diese beschreibt die Reduktion der Partikelkonzentration im Medium über der Flotationszeit. Die Flotationsratenkonstante steht in linearer Abhängigkeit zum spezifischen Grenzflächeneintrag sowie zur Flotationswahrscheinlichkeit, die beide durch die Blasengröße beeinflusst werden. Je kleiner die generierten Blasen sind, desto größer ist das Verhältnis von Blasenoberfläche zu Blasenvolumen jeder einzelnen Blase. Bei konstantem Blasenvolumen steigt die Flotationsratenkonstante mit der Blasenanzahl, was auf der positiven Erhöhung der verfügbaren Blasengrenzfläche beruht. Die Größe einer Blase beeinflusst deren Aufstiegsgeschwindigkeit im Medium, die Wahrscheinlichkeit der Koaleszenz mit anderen Blasen sowie die Interaktion mit weiter vorhandenen Partikeln und dem Medium selbst. Somit stellt die Blasengröße im Flotationsprozess einen Schlüsselparameter dar. Deshalb nehmen Blasengrößenmessungen für die Prozessoptimierung der Flotation eine fundamentale Rolle ein.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine online-Blasengrößenanalysetechnik mit automatisierter Software für die Bildauswertung entwickelt, der „Bubble Size Analyzer“ (BSA). Die Kalibrierung und Evaluation des BSA erfolgte mit zertifizierten monodispersen Referenzpartikeln. Eine inline Blasenanalyse direkt in der Flotationszelle war wegen zu hoher Blasenanzahlkonzentration und mangelnder Bildausleuchtung nicht möglich. Deshalb erfolgte die Messung online, indem ein Probenstrom aus der Flotationszelle abgezogen und in einem Messspalt analysiert wurde. Der durch die Probenentnahme verursachte Messfehler basierend auf Klassierung und Koaleszenz von Blasen wurde für verschiedene Stoffsysteme abgeschätzt. Die Klassierung beschreibt eine Verfälschung der Stichprobe durch ungleichmäßige Anpassung an Strömungsveränderungen. Sie konnte durch isokinetische Probenentnahme weitgehend ausgeschlossen werden. In Koaleszenz fördernden Medien (z.B. Wasser) ist eine Abweichung der gemessenen gegenüber der realen Blasengröße im Prozess zu berücksichtigen. In Koaleszenz hemmenden Stoffsystemen (z.B. Fermentationsbrühe, konzentrierte Saline) kann diese jedoch vernachlässigt werden. Somit zeigte sich der BSA als geeignet, die Blasengröße als Schlüsselparameter für die Flotationskinetik in der Laborflotationszelle zu bestimmen und ermöglichte eine prozessnahe Optimierung der Blasengröße.
Durch operative Prozessparameter konnte Einfluss auf die Blasengröße im Flotationsprozess genommen werden. Da die Blasenerzeugung in der Laborflotationszelle auf dem Prinzip der Druckentspannungsflotation basierte, waren Gas- und Recyclevolumenstrom sowie der Sättigungsdruck relevante zu untersuchende operative Prozessparameter. Blasengrößenanalysen wurden in einem Modellstoffsystem, dem Fermentationsmedium Yeast-Malt-Broth (YMB, Hefe-Malz-Brühe) durchgeführt und es wurden die Blasengrößenverteilung sowie der spezifische Grenzflächeneintrag ermittelt. Zusätzlich wurden Flotationskinetiken des Modellmikroorganismus Hefe (Saccharomyces cerevisiae) in YMB aufgenommen und in Form ihrer Flotationsratenkonstanten verglichen. Das Ausmaß des Einflusses der Blasengröße sowie der spezifischen Grenzflächeneinträge auf die Flotationsratenkonstante wurde ermittelt und die Energieeffizienz des Prozesses berechnet. Dabei wurde beobachtet, dass die Blasengeneration in der Laborflotationsanlage im Betrieb mit YMB, einem Koaleszenz hemmendem Medium, medienbedingt nicht ausschließlich durch Druckentspannungsflotation (DAF) stattfand, sondern durch Induced Air Flotation (IAF) ergänzt wurde. Dadurch war der Gaseintrag nicht, wie bei der reinen DAF, thermodynamisch durch die druckabhängige Gaslöslichkeit limitiert. Messergebnisse des BSA zeigten, dass mit zunehmendem Gas- und Recyclevolumenstrom, wie auch bei höherem Sättigungsdruck steigende spezifische Grenzflächeneinträge erzielt wurden. Die Flotationsratenkonstante stieg stets proportional zum spezifischen Grenzflächeneintrag. Die Energieeffizienz konnte jedoch nur durch den zunehmenden Gasvolumenstrom signifikant verbessert werden, ein steigender Recyclevolumenstrom und Sättigungsdruck hatten nur einen geringen Effekt. Somit konnte die Anhebung des Gasvolumenstroms als der energetisch interessanteste operative Prozesseinfluss zur Steigerung der Flotationsratenkonstante herausgearbeitet werden.
Zuletzt lag der Fokus auf der Entwicklung und Kombination geeigneter Analysemethoden für die Schlüsselparameter Partikelgröße, Partikelhydrophobizität und Blasengröße und die Partikel-Blase-Wechselwirkungen. Die Flotationsratenkonstante des Mikroorganismus Hefe wurde in zwei Modellstoffsystemen, komplexer Fermentationsbrühe YMB und isotonischer Saline (NaCl), untersucht. Mit variierenden pH-Werten und Flockungsmittelkonzentrationen wurde gezielt Einfluss auf diese Schlüsselparameter und damit auf das Flotationsergebnis genommen. Dies erfolgte mit dem Ziel, den physico-chemischen Effekt eines Additivs auf die Flotation durch eine Kombination der Analysemethoden begründen zu können. Durch eine zielgerichtete Kombination der einzelnen Analysemethoden für Schlüsselparameter im Labormaßstab konnte ein besseres Prozessverständnis erreicht werden. Mit Hilfe der kombinierten Methoden war es möglich, die Einflüsse auf die Flotierbarkeit von Hefe in verschiedenen Stoffsystemen in kleinstem Maßstab zu charakterisieren. Anhand der Ergebnisse konnte ein Flotationsmodell entwickelt werden, welches auf den Parametern Partikel- und Blasengröße und Partikelhydrophobizität basiert. Dieses Flotationsmodell wurde mit einem verbreiteten Modell nach Yoon et al. verglichen und dessen Validität wurde diskutiert. Die Schlüsselparameteranalysen in Kombination mit dem erarbeiteten Flotationsmodell erwiesen sich als geeignet für eine Flotationsprognose. Sie können zukünftig dafür genutzt werden, um das Potenzial der Flotation im Downstream für verschiedene biotechnologische Prozesse zu eruieren. Des Weiteren ermöglichen sie eine gezielte und effiziente Prozessoptimierung durch die Untersuchung des Einflusses verfahrenstechnischer und physico-chemischer Parameter auf die Schlüsselparameter.
Abstract (englisch):
This dissertation deals with flotation and its application potential as a solid-liquid separation step in the biotechnological downstream process (DSP). The functional principle of flotation is described in simplified form: For biomass separation, air bubbles are introduced into a flotation cell. There they rise due to their lower density compared to the fermentation medium. Biomass separation takes place when in the fermentation broth suspended individual cells or biomass flocs adsorb to a bubble surface and float. A (stable) foam forms on the liquid surface of the flotation cell in which the biomass is concentrated. ... mehrA scraper can be used to separate the foam.
Flotation is a separation process with low investment and operating costs. As an established large-scale process step, it is used in the treatment of minerals, waste water and waste paper. The knowledge gained there can partly be transferred to applications in biotechnology. However, the application in biotechnology also poses new challenges for flotation technology. These mainly consist of the analysis and optimization of engineering and physico-chemical process parameters. Further aspects are the higher hygiene requirements and the necessity of a containment concept for the use of genetically modified organisms (GMOs).
In the context of an economic feasibility study, flotation was compared with the established DSP cell harvesting methods like centrifugation and cross-flow filtration. The results showed that flotation can not only be a competitive, but also a more interesting separation technique both financially and energetically.
A detailed understanding of the process is a requirement for estimating the application potential of flotation for the separation of microorganisms from fermentation broths. For this purpose, a laboratory flotation plant was developed and built in cooperation with Enviplan Ingenieurs-GmbH, whose bubble generation is based on the principle of dissolved air flotation (DAF). It enables the continuous generation of microbubbles with diameters below 100 µm.
In process models, the kinetics of flotation are expressed by an exponential flotation rate constant. It describes the reduction of the particle concentration in the medium over the flotation time. The flotation rate constant is linearly dependent on the bubble surface area flow rate and the flotation probability, both of which are influenced by the bubble size. The smaller the bubbles generated, the larger the ratio of bubble surface to bubble volume of each individual bubble. At constant bubble volume, the flotation rate constant increases with the number of bubbles, due to the positive increase in the available bubble interface. The size of a bubble influences the rate at which it rises in the medium as well as the probability of coalescence with other bubbles and the interaction with other particles or the medium itself. Thus, bubble size is a key parameter in the flotation process. Therefore, bubble size measurements play a fundamental role in the optimization of the flotation process.
Within the scope of this work, an online bubble size analysis technique with automated software for image analysis was developed, the „Bubble Size Analyzer“ (BSA). The BSA was calibrated and evaluated using certified monodisperse reference particles. Inline bubble analysis within the flotation cell was not possible due to the number concentration of bubbles being too high and due to insufficient image illumination. Therefore, the measurement was performed online by withdrawing a sample from the flotation cell, which was analysed in a sample gap. The measurement error caused by the sampling based on classification and coalescence of bubbles was estimated in different media. In this context classification could be excluded by isokinetic sampling. In coalescence-promoting media (e.g. water), a deviation of the measured bubble size from the real bubble size in the flotation cell must be considered. However, in coalescence-inhibiting media (e.g. fermentation broth, concentrated saline) coalescence can be neglected. The BSA thus proved to be suitable for determining the bubble size as a key parameter for flotation kinetics in the laboratory flotation cell and therewith enabled a process-oriented optimization of the bubble size.
The bubble size in the flotation process could be influenced by operative process parameters. Since bubble generation in the laboratory flotation cell was based on the principle of dissolved air flotation, gas and recycling volume flow as well as saturation pressure were the relevant operative process parameters to be investigated. Bubble size analyses were performed in a model medium, the fermentation medium Yeast-Malt-Broth (YMB). Bubble size distributions as well as the bubble surface area flow rates were determined. In addition, flotation kinetics of the model microorganism yeast (Saccharomyces cerevisiae) were recorded in YMB and compared in terms of their flotation rate constants. The extent of the influence of the bubble size and the bubble surface area flow rate on the flotation rate constant was determined and the energy efficiency of the process was calculated. It was observed that the bubble generation in the laboratory flotation cell in operation with YMB, a coalescence-inhibiting medium, did not occur exclusively by dissolved air flotation (DAF), but was supplemented by induced air flotation (IAF).
As a result, the gas input was not thermodynamically limited by the pressure-dependent gas solubility, which is the case with pure DAF. Measurement results of the BSA showed that with increasing gas and recycling volume flow, as well as with higher saturation pressure, increasing specific interfacial inputs were achieved. The flotation rate constant always increased proportionally to the bubble surface area flow rate. However, the energy efficiency could only be significantly improved by increasing the gas volume flow, meanwhile an increasing recycle volume flow or saturation pressure only had a minor effect. Thus, the increase of the gas volume flow could be worked out as the most energetically interesting operative process influence for the increase of the flotation rate constant.
Finally, the focus has been on the development and combination of suitable analysis methods for the key process parameters particle size, particle hydrophobicity and bubble size and the particle-bubble interaction force. The flotation rate constant of the microorganism yeast was investigated in two model material systems, complex fermentation broth YMB and isotonic saline (NaCl). With varying pH values and flocculant concentrations, an influence was exerted on these key parameters and thus on the flotation result. This was done with the aim of being able to justify the physico-chemical effect of an additive on flotation by combining the analytical methods. By a combination of the individual analysis methods for the key parameters a better understanding of the process could be achieved. Using the combined methods, it was possible to characterize the influences on the floatability of yeast in different media on a very small scale. Based on the results a flotation model could be developed which is based on the parameters particle and bubble size and particle hydrophobicity. This flotation model was compared with a common model by Yoon et al. and its validity was discussed. The key parameter analysis values in combination with the developed flotation model proved to be suitable for a flotation prognosis. In the future, they can be used to determine the potential of flotation to be applied in various biotechnological downstream processes. Furthermore, they allow a targeted and efficient process optimization by investigating the influence of process engineering and physico-chemical parameters on the key parameters.