Abstract:
Tenside sind eine vielfältige Gruppe von amphiphilen Molekülen, die die Oberflächenspannung redu-zieren und als Waschmittel, Emulgator oder Netzmittel wirken können. Aufgrund dieser Eigenschaf-ten sind sie ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und werden im Millionen Tonnen Maßstab produziert.
Tenside sind ein gutes Beispiel für das derzeitige Umdenken in unserer Wirtschaft. Früher wurden Tenside ausschließlich chemisch auf Rohölbasis produziert. Heute jedoch werden dazu häufig erneu-erbare Rohstoffe eingesetzt und umweltfreundliche enzymatische Syntheseverfahren zu ihrer Herstel-lung angewandt oder etabliert.
... mehr
Diese Arbeit ist eingebettet in das BBW ForWerts Graduiertenprogramm des Landes Baden-Württemberg (Bioökonomie Baden-Württemberg: Exploring Innovative Value Chains). Deren Ziel ist die enzymatische Synthese neuartiger und nachhaltiger Tenside, vor allem von Glykolipiden aus er-neuerbaren Substrate in umweltfreundlichen Medien.
Glykolipide sind Tenside mit einem polaren Zuckermolekül als Kopfgruppe und einem hydrophoben Schwanz. Sie zeigen verschiedene nützliche Eigenschaften wie eine geringe Toxizität, sie sind gut biologisch abbaubar und weisen eine hohe Oberflächenaktivität auf, meist in Kombination mit einem niedrigen CMC-Wert. Sie können chemisch oder durch eine umweltfreundliche enzymatische Reak-tion hergestellt werden. Dazu wird ein nahezu wasserfreies Lösungsmittel benötigt, um das Reakti-onsgleichgewicht in Richtung Acylierung zu verschieben. Als Substrate kommen verschiedene Koh-lenhydrate in Frage, die in den benötigten wasserfreien unpolaren organischen Lösungsmitteln jedoch schwer löslich sind. Daher wurde in dieser Arbeit (Kapitel 2) ein umweltfreundliches, tiefes eutekti-sches Lösungsmittelsystem (DES) für die enzymatische Glykolipidsynthese etabliert. Durch Mischen und Erhitzen des Ammoniumsalzes Cholinchlorid und eines Zuckers im geeigneten Molverhältnis wurden mehrere DES gebildet. Das so gebildete DES wirkt simultan als umweltfreundliches Reakti-onsmedium und Substrat für eine lipasekatalysierte Synthese von Glykolipiden. Insgesamt wurden fünf Zucker, drei Zuckeralkohole und ein Anhydrozucker in Kombination mit bis zu neun Fettsäuren verwendet. Die erfolgreiche Bildung von Tensiden wurde durch Dünnschichtchromatographie, Mas-senspektrometrie und NMR-Analysen nachgewiesen. Zudem wurde erstmals ein DES aus einem Anhydrozucker hergestellt und darin eine erfolgreiche enzymatische Synthese durchgeführt.
In Kapitel 3 wurden die zeitabhängigen Produktbildung und Reaktionsausbeuten von Arabinoselaurat und –dilaurat bestimmt, welches als Referenzglycolipid dient. Zuerst wurde das am besten geeignete Verhältnis von Cholinchlorid und Arabinose und als zweites der optimale Wassergehalt bzw. die Wasseraktivität für die DES-Reaktionsmedien bestimmt, um die enzymatische Arabinoselauratsyn-these zu optimieren. Als dritter Parameter wurde die Synthesedauer untersucht. Um die zeitabhängige Bildung von Arabinoselaurat und -dilaurat zu bestimmen, wurden mehrere Reaktionen durchgeführt und mittels Hochleistungsdünnschichtchromatographie analysiert. Weiterhin wurden die kritische Micellbildungskonzentration sowie das Potenzial zur Reduzierung der Wasseroberflächenspannung mittels Arabinoselaurat bestimmt. Es wurde gezeigt, dass die Zugabe von Wassermengen von bis zu ca. 8 % die Ausbeute von Arabinoselaurat nach 48 h verdoppeln kann (bis zu 49,6 %); Arabino-sedilaurat entsteht hingegen nur, wenn kein zusätzliches Wasser zugegeben wird. Bei höheren Was-serkonzentrationen nimmt die Ausbeute durch die Hydrolyse der Produkte leicht ab. Die meisten Produkte wurden innerhalb von 24 Stunden synthetisiert, längere Reaktionszeiten haben nur einen geringen Einfluss auf die Ausbeute. Darüber hinaus hatte das Verhältnis der DES-Komponenten ebenfalls nur einen geringen Einfluss auf die Ausbeute. Arabinoselaurat weist vielversprechende Eigenschaften auf. Es senkt die Oberflächenspannung von Wasser deutlich auf 23 mN/m senken, wobei der CMC-Wert mit 530 mg/L viel höher als bei anderen bekannten Glykolipiden liegt.
Kapitel 4 behandelt die Verwendung von Zucker aus Buchenholz als nachhaltige Quelle für den Zu-ckeranteil von Glykolipiden. Die entsprechenden Kohlenhydrate wurden durch einen säurekatalysier-ten Organosolv-Prozess gewonnen, bei dem Buchenholz in eine Faserfraktion umgewandelt wurde, die anschließend enzymatisch hydrolysiert wurde, um Monosaccharide zu erhalten. Nach der Reini-gung und Trocknung wurde diese stark Glukose- und Xylose haltige Fraktion verwendet, um damit ein DES herzustellen. Durch die Verwendung in diesem bereits etablierten Reaktionssystem dient der Zucker gleichzeitig als Lösungsmittel und Substrat für die lipasekatalysierte Reaktion. Schließlich wurde die erfolgreiche Synthese von Glykolipiden durch ESI-Q-ToF Massenspektrometrie und mul-tidimensionale NMR-Experimente bestätigt. Darüber hinaus wurde mittels LC-MS/MS eine Ausbeute von 4,8 % bestimmt.
Um Zuckerester vollständig auf Basis von nachhaltigen Rohstoffen herzustellen, ist eine geeignete Quelle für die Fettsäuren notwendig. Um die Verwendung von Pflanzenölen zu vermeiden, wurde in Kapitel 5 die ungereinigte Monosaccharidlösung aus Buchenholz als Kohlenstoffquelle für die Her-stellung von „Single Cell Oil“ (SCO) mit der Hefe Cryptococcus curvatus verwendet. Im Gegensatz zu Pflanzenölen können mikrobielle Lipide unabhängig von Jahreszeit, Klima und Standort produziert werden; sie benötigen keine Anbaufläche und eine Vielzahl von Kohlenstoffquellen, z.B. Abfallströ-me aus der Lebensmittelindustrie, können für ihre Herstellung genutzt werden. Außerdem haben sie oft eine ähnliche Fettsäurezusammensetzung wie Pflanzenöle. Durch die Kombination des so herge-stellten SCO mit den Ergebnissen aus Kapitel 4 konnte enzymatisch ein Glykolipid-Gemisch herge-stellt werden, das vollständig auf nachhaltigen Ressourcen basiert. Diese Glykolipide wurden über Dünnschichtchromatographie, verschiedene Massenanalysemethoden und NMR identifiziert.
Neben Lignocellulose gibt es viele andere potenzielle natürliche Substrate für die Glykolipidproduk-tion. Alternativen könnten Honig oder Agavensirup sein, die zu mehr als 80 % aus verschiedenen Zuckern bestehen. Sie werden als Süßstoffe verwendet und sind Bestandteile von Kosmetika oder medizinischen Salben. Darüber hinaus haben beide einen geringen Wassergehalt, sind oft bei Raum-temperatur flüssig und ähneln somit einigen bekannten zuckerbasierten DES. Um ihre Eignung als Glykolipidsubstrat zu testen, wurde in Kapitel 6 wichtige Merkmale des verwendeten Honig- und Agavensirups bestimmt und mit anderen verglichen. Anschließend wurde eine enzymatische Umeste-rung von vier Fettsäurevinylestern in normalem Honig und Agavensirup durchgeführt. Ungeachtet des hohen Wassergehalts des Lösungsmittels wurde die erfolgreiche Glykolipidbildung durch Dünn-schichtchromatographie nachgewiesen und mit einem Zuckerester verglichen, die in einem herkömm-lichen DES synthetisiert wurde. Für einen eindeutigen Nachweis der synthetisierten Glykolipide wur-den deren Massen bestimmt und eine NMR-Analyse durchgeführt. Diese umweltfreundlich herge-stellten Zuckerester haben das Potenzial, in Kosmetika oder Arzneimitteln eingesetzt zu werden und ihre Wirksamkeit zu erhöhen.
Abstract (englisch):
Surfactants are a diverse group of amphiphilic molecules which can reduce the surface tension and act as detergents, emulsifiers or wetting agents. Therefore, they are an important economic factor and are produced in million tons per year.
Surfactants are a suitable example for an incipient mindset change in our economy. Whereas surfac-tants used to be produced chemically from crude oil, today renewable components are often used and an ever increasing number of environmentally friendly enzymatic processes are being established for their production.
This thesis is embedded in the BBW ForWerts Graduate Program of the State of Baden-Württemberg (Bioeconomy Baden-Württemberg: Exploring Innovative Value Chains) and the main goal is the enzymatic synthesis of novel and sustainable surfactants, mainly glycolipids, from renewable sub-strates in environmental friendly media.
... mehr
Glycolipids are surfactants with a polar sugar-head and a hydrophobic tail. They show various bene-ficial characteristics like low toxicity, a good biodegradability and a high surface activity, mostly combined with a low CMC value. They can be produced either chemically, or by means of an eco-friendly enzymatic reaction. For this, a nearly water-free solvent is needed to shift the equilibrium towards acylation. Various sugars are possible as substrates, but they are poorly soluble in the need-ed water-free nonpolar organic solvents. Therefore, an ecologically-friendly deep eutectic solvent (DES) system for the enzymatic biosurfactants synthesis was established in this thesis (chapter 2). Several DES were formed by mixing and heating the ammonium salt choline chloride and a sugar in a suitable molar ratio. The so formed DES acts simultaneously as an environmentally-friendly reac-tion media and substrate for a lipase catalyzed synthesis of glycolipids. In total, five sugars, three sugar alcohols and one anhydrosugar were used in combination with up to nine fatty acids. The suc-cessful formation of surfactants was proven by thin-layer chromatography, mass- and NMR analysis. Besides that, for the first time an anhydrosugar-based DES was formed and a successful enzymatic synthesis was performed in it.
In chapter 3, the time-depending formation and reaction yields of arabinose laurate and di-laurate, which acts here as a reference glycolipid, were determined. First, the best suitable ratio of choline chloride and arabinose and secondly, the optimal water content, along with the water activity for the DES reaction media were determined in order to optimize the (future) enzymatic arabinose laurate synthesis. The third parameter investigated was the synthesis duration. To determine the time-dependent formation of arabinose laurate and di-laurate, several reactions were performed and ana-lyzed via high performance thin-layer chromatography. Furthermore, the critical micelle concentra-tion of arabinose laurate as well as its potential to reduce the surface tension of water were deter-mined. It was observed that the addition of small amounts of water (approx. 8 %) can more than dou-ble the yield of arabinose laurate (up to 49.6 % after 48 h); arabinose di-laurate was only formed if no additional water is added. With higher water concentrations, the yield slightly decreases due hydroly-sis of the products. The majority of the products were synthesized within 24 h, longer reaction times have only a small influence on the yields. Besides, the ratio of the DES components had only minor impact on the yields. Arabinose laurate show promising properties: it can lower the surface tension of water drastically to 23 mN/m, but the CMC value of 530 mg/L is much higher than for other known glycolipids.
Chapter 4 deals with the usage of sugars from beech wood as a sustainable source for the glycolipids sugar moiety. The carbohydrates were obtained by an acid-catalyzed organosolv pretreatment pro-cess, in which beech wood was converted in a fiber fraction that was subsequently hydrolyzed to obtain the monosaccharides. After purification and drying, this glucose- and xylose-rich fraction was used to create a deep eutectic solvent. By using this already established reaction system, the sugars act both as solvent and substrate for the lipase-catalyzed reaction at the same time. Finally, the suc-cessful synthesis of glycolipids with a polar head made of a sustainable glucose or xylose molecule were confirmed by ESI Q ToF mass spectrometry and multidimensional NMR experiments. Moreo-ver, conversion yields of 4.8 % were determined by LC-MS/MS.
To produce sugar esters completely based on sustainable resources, a source for the fatty acids was needed. To avoid the usage of plant oils, the unpurified monosaccharide solution was used as carbon source for the production of single cell oil (SCO) with the yeast Cryptococcus curvatus in chapter 5. In contrast to plant oils, microbial lipids can be produced independently from season, climate and location; they do not require arable land and a wide range of carbon sources, e.g. waste streams from food industry or renewable carbon sources, can be used for their production. As well, they often have a fatty acid composition similar to plant oils. By combining the produced SCO with the results from chapter 4, it was possible to produce enzymatically a glycolipid-mixture, completely based on sus-tainable resources. These glycolipids were identified via TLC, various mass analysis methods and NMR.
Next to lignocellulose, there are many other potential natural substrates for glycolipid production. Alternatives could be honey or agave syrups, which consist of more than 80 % various sugars. They are used as sweeteners, and are ingredients of cosmetics or medical ointments. Furthermore, both have low water content, are often liquid at room temperature and resemble some known sugar-based deep eutectic solvents. For this purpose, important characteristics of the herein used honey and agave syrup were determined and compared with other available types in chapter 6. Subsequently, an en-zymatic transesterification of four fatty acid vinyl esters was accomplished in ordinary honey and agave syrup. Notwithstanding of the high water content for transesterification reactions of the sol-vent, a successful sugar ester formation was proved by thin-layer chromatography and compared to a sugar ester which was synthesized in a conventional deep eutectic solvent. For a clear verification of the sugar esters, mass determinations by ESI-Q-ToF experiments and a NMR analysis were done. These environmentally friendly produced sugar esters have the potential to be used in cosmetics or pharmaceuticals, or to enhance their effectiveness.