Abstract:
Lithium-Ionen-Zellen stellen eine vielversprechende Möglichkeit dar, um beispielsweise die Speicherung regenerativer Energien sowie die Elektrifizierung von Fahrzeugen deutlich zu verbessern. Zu diesem Zweck werden moderne Materialien benötigt, welche die Energiedichte, die Speicherfähigkeit und ebenso die Sicherheit erhöhen. Zur Entwicklung solcher Materialien ist die Kenntnis grundlegender thermodynamischer Eigenschaften unabdingbar, mit denen beispielsweise Zellspannungen, die Kapazität oder auch die Wärmeentwicklung während des Betriebs berechnet werden können. Um diese thermodynamischen Daten erfassen und das Materialverhalten verstehen zu können, wird zunächst ein Labor für elektrochemische und thermische Analysen aufgebaut. ... mehrDes Weiteren wird die Coulometrische Titration überarbeitet und weiterentwickelt. Die Neuentwicklung umfasst hierbei hauptsächlich die Miniaturisierung der Zellen, wodurch Temperatur- und Konzentrationsgradienten verringert werden sollen. Außerdem können durch einen speziellen Aufbau drei Zellen simultan betrieben werden. Da diese elektrochemischen Messungen lange Laufzeiten aufweisen, ist damit eine Erhöhung der Datenausbeute möglich. Zur Handhabung werden verschiedene Hilfskonstruktionen entwickelt, die kommerzielle Lösungen ersetzen. Dies ist dem begrenzten Platzangebot des neuen Labors geschuldet. Neben diesem elektrochemischen Experiment werden sowohl ein neuartiges Knopfzellenkalorimeter als auch die klassische Dynamische Differenz Kalorimetrie eingesetzt, womit komplette Zellen und ihre einzelnen Werkstoffe untersucht werden.
Eine Materialgruppe, die eine deutliche Vergrößerung der Zellkapazität verspricht, sind die sogenannten intermetallischen Verbindungen. Derartige Systeme sollen besonders als Anodenwerkstoffe eingesetzt werden, um den aktuell genutzten Graphit zu ersetzen. So können Lithium-Zinn-Verbindungen beispielsweise bis zu 960 mAhg\(^{-1}\) speichern, Graphit verfügt hingegen über eine maximale spezifische Kapazität von ca. 372 mAhg\(^{-1}\). Im Rahmen dieser Arbeit wird zunächst das weitgehend bekannte Li-Sn-System genutzt, um den überarbeiteten Aufbau der Coulometrischen Titration zu validieren. Zusätzlich wird eine detaillierte Untersuchung der Li\(_8\)Sn\(_3\)-Phase durchgeführt. Bisher existieren zu dieser Phase keine systematischen experimentellen Untersuchungen in der Literatur und daher bleibt sie in den meisten Phasendiagrammen und thermodynamischen Assessments unberücksichtigt. Neben der elektrochemischen Analyse des Zusammensetzungsbereiches, welche mit systematischem Lithiumeinbau und -ausbau im entsprechenden Konzentrationsbereich erfolgt, werden erstmals Bildungs-Gibbs-Energien, Enthalpien und Entropien im Temperaturbereich von 380-470 °C bestimmt. Die Bestimmung der Bildungsgrößen erfolgt mit einer Messung der Leerlaufspannung in Abhängigkeit von der Zelltemperatur.
In einem weiteren Teil wird ein neuartiges DSC-Knopfzellenkalorimeter zur genauen Analyse der Wärmeentwicklung einer kommerziellen LiCoO\(_2\)-Graphit-Zelle verwendet. Zu diesem Zweck wird die Zelle bei unterschiedlichen isothermen Temperaturstufen zwischen 30 °C und 50 °C mit Strömen von 10-40 mA zykliert. Hierdurch ist es möglich, die Wärmeentwicklung in Abhängigkeit von der Zelltemperatur und dem Strom zu bestimmen. Weiterhin kann, durch einen Vergleich mit den jeweiligen Phasendiagrammen sowie verschiedenen Literaturquellen, eine Verbindung zwischen den Phasenumwandlungen der Elektrodenwerkstoffe und dem Wärmestromprofil der Zelle hergestellt werden. Damit ist es möglich, ein detailliertes Bild der Wärmeentwicklung der Zelle während des Betriebs zu erhalten. Auch die Eignung des Knopfzellenkalorimeters zur Messung von spezifischen Wärmekapazitäten von kompletten Zellen und einzelnen Batteriekomponenten wird untersucht. Hinzu kommt eine Überarbeitung der Gerätekalibrierung mit einer eigens gefertigten Heiz-Knopfzelle.
Abschließend wird mit einer Anlage zur Simultanen Thermischen Analyse die spezifische Wärmekapazität von NMC111, einem modernen Kathodenmaterial, untersucht. Die Ergebnisse dieser Arbeit fügen sich mit den Analysen von Partnerinstitutionen im Rahmen eines Ringversuches zusammen. Es kann damit ein Beitrag zur ersten umfassenden Untersuchung der spezifischen Wärmekapazität zwischen 40 °C und 775 °C geleistet werden. Aufbauend auf diesen Messungen wird zusätzlich noch die Abhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität vom Ladezustand, d.h. dem Lithiierungsgrad der Elektroden, ermittelt. Zu diesem Zweck werden kommerzielle Elektroden in einer speziellen Testzelle formiert und anschließend auf einen definierten Ladezustand eingestellt. Nach der Demontage und dem Entfernen der Elektrodenbeschichtung von den Stromsammelfolien werden die Proben zwischen 50 °C und 350 °C untersucht.
Mit den Ergebnissen kann zukünftig die Modellierung und Simulation von Batteriesystemen unterstützt werden. Hierdurch ist es möglich, Batterie-Management-Systeme zu verbessern und die Effizienz der Speichersysteme sowie ihre Sicherheit zu erhöhen.
Abstract (englisch):
Lithium-ion cells are a promising opportunity of significantly improving, for example, the storage of renewable energies and the electrification of vehicles. For this purpose, modern materials are needed which improve energy density and storage capacity as well as safety. For the development of such materials, the knowledge of fundamental thermodynamic properties is essential, with which for example, cell voltages, cell capacities or heat generation rates can be calculated. In order to collect thermodynamic data and to understand the material behaviour, a laboratory for electrochemical and thermal analyses is initially set up. ... mehrThe Coulometric Titration is also revised and developed further. This new development mainly comprises of the miniaturization of the cells, whereby temperature and concentration gradients may be reduced. In addition, the special design allows the simultaneous operation of three cells. Since these electrochemical measurements have long operating times, it is possible to increase the data output by using several cells. Various auxiliary constructions are also developed which replace commercial solutions. This is due to the limited space available in the new laboratory. In addition to this electrochemical experiment, both a novel coin cell calorimeter and a classical differential scanning calorimeter are used to investigate complete cells and their individual materials.
One group of materials that promises a significant increase in cell capacity are the so-called intermetallic compounds. Such material systems may be used especially as anode materials to replace the currently used graphite. For example, lithium tin compounds can store up to 960 mAhg\(^{-1}\), whereas graphite has a maximum specific capacity of approximately 372 mAhg\(^{-1}\). Within the scope of this work, the widely known Li-Sn system is initially used to validate the revised setup of the Coulometric Titration. In addition, a detailed investigation of the Li\(_8\)Sn\(_3\) phase is conducted. So far there are no systematic experimental investigations on this phase in the literature and therefore it remains disregarded in most phase diagrams and thermodynamic assessments. For the first time Gibbs energies, enthalpies and entropies of formation in the temperature range from 380 °C to 470 °C are determined, in addition to the electrochemical analysis of the composition range of this phase. The determination of the formation properties is carried out by measuring the open circuit voltage as a function of cell temperature, whereas the composition analysis is performed with systematic lithium insertion and removal.
In a further part, a novel DSC coin cell calorimeter is used for the precise analysis of heat development of a commercial LiCoO\(_2\)-graphite-cell. For this purpose, the cell is cycled at different isothermal temperature levels between 30 °C and 50 °C with currents from 10 °C to 40 °C. This makes it possible to determine heat generation as a function of cell temperature and current. Furthermore, a connection between the phase transformations of the electrode materials and the heat flow profile of the cell is established by comparison with the respective phase diagrams and various literature sources. This allows for a more detailed understanding of the heat development of the cell during operation. The applicability of the coin cell calorimeter for measuring the specific heat capacities of complete cells and individual components of batteries is also investigated. In addition, the device calibration is revised with a specially manufactured heating coin cell.
Finally, the specific heat capacity of NMC111, a modern cathode material, is investigated with a STA device. The results of this work are combined with the analyses of partner institutions within the framework of an interlaboratory study. Thus a contribution is made to the first comprehensive investigation of the specific heat capacity between 40 °C and 775 °C. Based on these measurements, the dependence of the specific heat capacity on the state of charge, i.e. the degree of lithiation of the electrodes, is also determined. For this purpose, commercial electrodes are cycled in a special test cell and then set to a defined state of charge. After disassembly and removal of the electrode coatings from the current collector foils, the samples are investigated between 50 °C and 350 °C.
The described results can be used to support the modeling and simulation of battery systems in the future. This makes it possible to improve battery management systems and to improve the efficiency of the storage systems as well as their safety.