Chancen und Herausforderungen neuer Energiepflanzen - Endbericht zum TA-Projekt
Meyer, Rolf; Rösch, Christine; Sauter, Arnold
Abstract:
In der EU sollen bis zum Jahr 2020 20 % des Primärenergiebedarfs durch erneuerbare Energieträger gedeckt werden, um den Ausstoß klimarelevanter Gase und die Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger zu verringern. Biomasse ist sowohl in der Europäischen Union als auch in Deutschland der wichtigste erneuerbare Energieträger mit einem Anteil von rund zwei Dritteln. In den Ausbaustrategien für erneuerbare Energien haben Bioenergieträger eine große Bedeutung. Die Biokraftstoff- und Biogaserzeugung sind in Deutschland in den letzten Jahren aufgrund der staatlichen Förderung stark angestiegen. Dieser Teil der Bioenergie beruht im Wesentlichen auf Energiepflanzenanbau (v.a. Raps und Mais).
Mit den insbesondere in den Jahren 2007/2008 weltweit stark ansteigenden Nahrungsmittelpreisen wurden allerdings die Ausbauziele für Biokraftstoffe teilweise infrage gestellt. Kontrovers wurde diskutiert, inwieweit die zunehmende Produktion von Biokraftstoffen zu diesem Preisanstieg beigetragen hatte. Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise sind dann die Agrarpreise deutlich gefallen, und die Landwirtschaft befindet sich inmitten einer Erlös- und Einkommenskrise, in der Energiepflanzen als Einkommensoption erneut Bedeutung erlangen können. ... mehr
Ein weiterer Diskussionspunkt ist, in welchem Umfang ambitionierte Ausbauziele zum Import von Bioenergieträgern führen und dadurch in den tropischen Exportländern eine Ausweitung der Anbauflächen auf Kosten von Regenwald auslösen werden. Im Fall einer Regenwaldrodung in großem Umfang würde dies sogar erhöhte Treibhausgasemissionen anstelle ihrer Reduktion bedeuten. Diese schnellen Wechsel in der öffentlichen Diskussion stellen die wissenschaftliche Politikberatung in diesem Themenfeld vor besondere Herausforderungen.
Gegenstand und Ziel der Untersuchung
Das TA-Projekt »Chancen und Herausforderungen neuer Energiepflanzen« (Kurztitel »Energiepflanzen«) ist vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am 27. September 2006 beschlossen worden. Aufgrund der Bedeutung der sehr komplexen Thematik und der vielfältigen Anforderungen an das Projekt wurde eine gestufte Vorgehensweise gewählt. In der ersten Projektphase stand die Sichtung und vergleichende Auswertung vorliegender Studien im Mittelpunkt. Einen Überblick über das Themenfeld geben die Basisanalysen (TAB-Arbeitsbericht Nr. 121). Die Untersuchungen in der zweiten Projektphase konzentrierten sich auf die vertiefende Analyse von drei Themenbereichen: Ausbau der Energiepflanzennutzung und (Flächen-)Konkurrenzen national und international, Dimensionen einer umweltverträglichen Energiepflanzenproduktion sowie Zertifizierung biogener Energieträger.
INHALT
ZUSAMMENFASSUNG 5
I. EINLEITUNG 27
1. Problemstellung und Zielsetzung 29
2. Vorgehensweise 30
3. Aufbau des Berichts 32
II. GRUNDLAGEN DER ENERGIEPFLANZENNUTZUNG 35
1. Bioenergie und Energiepflanzen 35
2. Produktlinien im Technikfeld Bioenergie 39
2.1 Konversion zu Sekundärenergieträgern 40
2.2 Konversion zu Nutzenergie 43
2.3 Nutzung 47
3. Ökologische Bewertungen 49
4. Ökonomische Bewertungen 52
III. AUSBAU DER ENERGIEPFLANZENNUTZUNG UND (FLÄCHEN-)KONKURRENZEN 55
1. Entwicklungspfade auf globaler Ebene 57
1.1 Ausgangslage 57
1.2 Ausbauziele für die Energiepflanzennutzung 62
1.3 Szenarien des Millennium Ecosystem Assessment 65
1.4 Landwirtschaft und Energiepflanzennutzung in den MEA-Szenarien 68
1.5 Ergebnisse anderer Szenarienstudien 72
1.6 Konkurrenzen und ihre Wirkungen 75
2. Entwicklungspfade auf nationaler Ebene 83
2.1 Ausgangslage und Vorgehensweise 84
2.2 Ableitung von Rahmendaten aus den MEA-Szenarien 86
2.3 Landwirtschaftlicher Flächenbedarf in den
MEA-D-Szenarien 93
2.4 Vergleich mit Business-as-usual-Szenarien 98
2.5 Konkurrenzen und ihre Wirkungen 102
3. Entwicklungspfade auf regionaler Ebene 105
3.1 Vorgehensweise 106
3.2 Ableitung von Rahmendaten aus den MEA-Szenarien 107
3.3 Regionale Ressourcennutzung in den Szenarien 109
3.4 Konkurrenzen und ihre Wirkungen 117
4. Fazit 123
IV. UMWELTVERTRÄGLICHE ENERGIEPFLANZENPRODUKTION 129
1. Energiepflanzen und Anbauverfahren 129
2. Kritische Punkte des landwirtschaftlichen Anbaus von Energiepflanzen 131
2.1 Boden 131
2.2 Wasser 135
2.3 Luft und Klima 137
2.4 Lebensräume für Flora und Fauna 138
2.5 Landschaftsbild und Erholung 141
2.6 Fazit 141
3. Ansatzpunkte eines umweltverträglichen
Energiepflanzenanbaus 143
3.1 Standortangepasste Maßnahmen 144
3.2 Wahl der Kulturpflanzen 145
3.3 Fruchtfolge 146
3.4 Bodenbearbeitung und Saat 147
3.5 Düngung und Pflanzenschutz 148
3.6 Ernte 150
3.7 Reststoffverwertung 150
3.8 Kurzumtriebsplantagen 151
4. Exkurs: Klimawandel und Energiepflanzenanbau 153
5. Fazit 159
V. ZERTIFIZIERUNG BIOGENER ENERGIETRÄGER 161
1. Kernelemente und Gestaltungsoptionen für
Zertifizierungssysteme 162
2. EU-Richtlinie und nationale Vorläufersysteme 167
2.1 EU-Richtlinie 168
2.2 Deutschland 171
2.3 Großbritannien 177
3. Bestehende Zertifizierungssysteme und internationale Initiativen 179
3.1 Freiwillige Zertifizierungssysteme 179
3.2 Internationale Initiativen 184
4. Problemfelder: Grenzen, Folgen, offene Fragen 186
4.1 Kompatibilität mit Regeln der WTO 186
4.2 Begrenzte Reichweite von Zertifizierungssystemen 188
4.3 Umsetzung der Zertifizierungssysteme 190
4.4 Vermeidung von Verdrängungseffekten 191
5. Vorschläge zur Fortentwicklung und Ausdehnung
der Zertifizierung 193
6. Fazit 197
VI. HANDLUNGSOPTIONEN 201
1. Ausbauziele und strategische Ausrichtung der Förderpolitik 202
1.1 Stoffliche oder energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe: kurzfristige gegen langfristige Perspektiven abwägen 203
1.2 Biogene Rest- und Abfallstoffe: unausgeschöpfte Potenziale besser nutzen 206
1.3 Stationäre oder mobile Nutzung: Klimaschutzeffizienz der Energiepflanzenfläche gegen Klimaschutzbeitrag des Verkehrssektors abwägen 208
1.4 Landwirtschaft als Rohstofflieferant oder Bioenergieproduzent 211
1.5 Verhältnis von inländischer Bioenergieerzeugung und Import von Bioenergieträgern gezielt gestalten 214
1.6 Nachhaltige Intensivierung der Agrarproduktion 217
1.7 Biokraftstoffe der nächsten Generation: offene Fragen klären 219
1.8 Ausbauziele und Förderpolitik als Gesamtkonzept gestalten 221
2. Umweltverträgliche Energiepflanzenproduktion 225
2.1 Dreigliedrige Fruchtfolge 228
2.2 Ausgeglichenere Humusbilanz 229
2.3 Weiter gehender Schutz des Dauergrünlands 231
2.4 Bodenschutz durch ganzjährige Bodenbedeckung 233
2.5 Umweltgerechter Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln 235
2.6 Sicherung des Grundwasserstandes 237
2.7 Sicherung der Schutzziele in Schutzgebieten 239
2.8 Stärkung der regionalen Kompetenzen 240
2.9 Anbau von Kurzumtriebsplantagen 241
2.10 Berücksichtigung der Klimawirksamkeit 242
3. Zertifizierung 243
3.1 Implementierung des beschlossenen Zertifizierungssystems 245
3.2 Ausdehnung auf andere Bioenergieträger und die stoffliche Nutzung 247
3.3 Erweiterung der Zertifizierungskriterien 249
3.4 Berücksichtigung von indirekten Landnutzungsänderungen 252
3.5 Erfassung der weltweiten Biomasseproduktion? 254
4. Handlungsperspektiven der Energiepflanzennutzung 257
LITERATUR 263
1. In Auftrag gegebene Gutachten 263
2. Weitere Literatur 263