Abstract:
Immobilisierte mikrofluidische Enzymreaktoren (IMER) haben einen großen Anwendungsbereich, zu dem die Biomedizin und Pharmazie zählen. In diesen Bereichen ist die Synthese von Glykanen und Glykokonjugaten von besonderem Interesse. Dabei ist die chemische Synthese der Glykokonjugate aufgrund ihrer strukturellen Diversität schwierig. Der Einsatz von Enzymen bietet dagegen attraktive Vorteile wie Regio- und Stereoselektivität. Entsprechende Enzymkaskaden haben bisher jedoch wenig Flexibilität zugelassen und deren Entwicklung und Optimierung war mit einem hohen Zeitaufwand verbunden. ... mehrDaher ist die Nachfrage nach Reaktionssystemen hoch, in denen Enzymkaskadenreaktionen automatisiert ablaufen können. Ziel der vorliegenden Dissertation war es, ein automatisiertes, kompartimentiertes Mikroreaktorsystem (KMS) zu entwickeln, in welchem immobilisierte Enzyme in Reaktionskaskaden die Synthese von Nukleotidzuckern und Glykanen durchführen können. Das KMS wurde aus einem bereits bestehenden Mikroreaktorsystem entwickelt und für die Anwendungen angepasst und erweitert. Die sechs verwendeten rekombinanten Enzyme mit His6-Tag wurden von Projektpartnern bereitgestellt. Sie wurden mittels Komplexbildung auf magnetischen Trägerpartikeln immobilisiert. Die durch die immobilisierten Enzyme katalysierten Reaktionen sollten charakterisiert und optimiert werden.
Das KMS ist aus modularen, kommerziellen Ventil-, Spritzenpumpen- und I/O-Modulen aufgebaut und wird mit der dazugehörigen Software gesteuert. Ein Helmholtz-Spulenpaar und ein Permanentmagnetarray, eingebaut in 3D-gedruckte Komponenten, bilden das Herz des Systems. Als Reaktionskammer werden wässrige Kompartimente in einem Fluorpolymer-Schlauch gebildet, der zwischen den Helmholtz-Spulen durchgeführt wird. Um Synthesen im präparativen Maßstab zu ermöglichen, wurden im fluidischen Peripheriesystem des KMS entsprechende Ventile und Schläuche verbaut, sodass wässrige Kompartimente mit bis zu 3 mL generiert werden können. Für enzymatische Reaktionen unter optimalen Bedingungen wurde ein Temperaturkontrollmodul (TKM) in das KMS implementiert. Dieses besteht aus einer mit Wasser gefüllten zylindrischen Polymerkammer, die zwei parallel verlaufende Schläuche ummantelt und mit einem Thermostat verbunden ist. Das reproduzierbare Erstellen von stabilen Kompartimenten wurde eingehend untersucht. Dafür wurden verschiedene Separationsfluide für unterschiedliche Schlauchgrößen getestet. Zudem wurde die Verteilung von Magnetpartikeln in diesen Kompartimenten durch verschiedene, zeitlich veränderliche, elektromagnetische Felder erprobt. Die Verbindung des KMS mit einem analytischen Massenspektrometrie-System ermöglichten es, die Produkte der Enzymsynthesen online zu analysieren.
Für jedes immobilisierte Enzym wurde die Beladungsausbeute ermittelt, um die optimalen Bedingungen für die Immobilisierung zu bestimmen. Auf diese Weise konnten bis zu 96% der eingesetzten Enzyme gebunden werden. Ausgehend von Angaben der Literatur wurde für alle immobilisierten Enzyme Aktivitätsassays und Analysemethoden entwickelt. Um die optimalen Reaktionsbedingungen jedes immobilisierten Enzyms zu bestimmen, wurden die Einflüsse der Parameter Enzymbeladung, pH-Wert, Temperatur und Substratkonzentration auf die spezifische Enzymaktivität halb automatisiert im KMS untersucht. So konnte mit den immobilisierten Enzymen teilweise die spezifische Aktivität freier Enzyme übertroffen werden. Dieses Phänomen trat bei Tests mit Temperaturen auf, welche deutlich über denen lagen, die für freie Enzyme als optimal angegeben wurden. Mit der, durch die Immobilisierung erhaltenen, erhöhten Stabilität gegenüber Reaktionseinflüssen konnten optimierte Reaktionsbedingungen ermittelt und genutzt werden. Durch wiederholten Einsatz der gleichen magnetischen Enzymimmobilisate (MEI) in Aktivitätsassays, konnte die Wiederverwendbarkeit der immobilisierten Enzyme untersucht werden. Dabei erreichten die meisten immobilisierten Enzyme in 6 Zyklen eine durchschnittliche Restaktivität von mehr als 50%. Durch die Wiederverwendbarkeit konnten die immobilisierten Enzyme mehr Produkt umsetzen als die gleiche Menge an freien Enzymen.
Mit den optimierten Reaktionsbedingungen konnten Synthesereaktionen für 5 – 6 h im KMS automatisiert durchgeführt werden. Dazu wurden die enzymatisch katalysierten Reaktionen in einer komplexen Reaktionskaskade verknüpft. Die Nukleotidzucker-Substrate wurden durch parallelisierte Enzymreaktionen umgewandelt und die Zwischenprodukte zur Umwandlung durch nachfolgende immobilisierte Enzyme weiter transportiert. Die MEI wurden dabei durch das Magnetfeld des Permanentmagnetarrays abgetrennt und mittels eines alternierenden, elektromagnetischen Feldes der Helmholtz-Spulen resuspendiert. Da der Substratumsatz in den räumlich getrennten Enzymreaktionen optimiert wurde, verkürzte sich die Prozesszeit und die Raum-Zeit-Ausbeute wurde erhöht. Das schrittweise Anpassen der Reaktionsbedingungen und MEI-Verhältnisse ermöglichte eine Steigerung der, Gesamtausbeute des nicht-sulfatierten Human Natural Killer-1 (HNK-1) Glykan Epitops mit der Enzymkaskade auf 96%. Die Produkte konnten mit dem integrierten MS-System nachgewiesen werden. Eine Simulation der Enzymkaskade konnte das Ergebnis der Gesamtausbeute bestätigen. Wurde die Reaktionskaskade mit freien Enzymen unter den gleichen Bedingungen durchgeführt, belief sich die Ausbeute nur auf 44%. Durch den Vergleich konnten somit die Vorteile eines Prozesses mit den MEI in dem KMS demonstriert werden.
Abstract (englisch):
Immobilized microfluidic enzyme reactors (IMER) have a wide range of applications, including biomedicine and pharmaceuticals. In these areas the synthesis of glycans and glycoconjugates is of particular interest. The chemical synthesis of glycoconjugates is difficult due to their structural diversity. On the other hand, the use of enzymes offers attractive advantages such as regioselectivity and stereoselectivity. However, corresponding enzyme cascades have so far not allowed much flexibility and their development and optimization has been time-consuming. Therefore, there is a great demand for reaction systems in which enzyme cascade reactions can be automated. ... mehrThe aim of this dissertation was to develop an automated, compartmentalized microreactor system (CMS) in which immobilized enzymes can synthesize nucleotide sugars and glycans in reaction cascades. The CMS was developed from an existing microreactor system, adapted and extended for the applications. The six recombinant enzymes with His6 tag were provided by project partners. They were immobilised on magnetic carrier particles by complex formation. The reactions catalyzed by the immobilized enzymes were to be characterized and optimized.
The CMS is composed of modular, commercial valve, syringe pump and I/O modules and is controlled by the corresponding software. A pair of Helmholtz coils and a permanent magnet array built into 3D-printed components form the heart of the system. Aqueous compartments are formed as reaction chambers in a fluoropolymer tube that is passed between the Helmholtz coils. In order to enable syntheses on a preparative scale in aqueous compartments of up to 3 mL, appropriate valves and tubes were installed in the fluidic peripheral system of the CMS. For enzymatic reactions under optimal conditions a temperature control module was implemented in the CMS. This module consists of a cylindrical polymer chamber filled with water, which sheathes two parallel tubes and which is connected to a thermostat. The reproducible creation of stable compartments was thoroughly investigated. Different separation fluids for different tube sizes were tested. In addition, the distribution of magnetic particles in these compartments was tested by various, time-varying, electromagnetic fields. The connection of the CMS with an analytical mass spectrometry system made it possible to analyze the products of the enzyme syntheses online.
For each immobilized enzyme, the loading yield was determined to ascertain the optimal conditions for immobilization. In this way, up to 96% of the enzymes used could be bound. Based on literature data, activity assays and analytical methods were developed for all immobilized enzymes. In order to determine the optimal reaction conditions of each immobilized enzyme, the influences of the parameters enzyme loading, pH value, temperature and substrate concentration on the specific enzyme activity were examined semi-automatically in the KMS. Thus, the immobilized enzymes could partially exceed the specific activity of free enzymes. This phenomenon occurred in tests with temperatures significantly higher than those indicated as optimal for soluble enzymes. With the increased stability against reaction influences obtained by immobilization, optimized reaction conditions could be determined and used. By conductinh multiple cycles of activity assays with the same magnetic enzyme immobilisates (MEI), the reusability of the immobilised enzymes could be investigated. Most immobilized enzymes reached an average residual activity of more than 50% in 6 cycles. Due to their reusability, the immobilized enzymes were able to convert more product than the same amount soluble enzymes.
With the optimized reaction conditions, synthesis reactions could be carried out automatically for 5 - 6 h in the CMS. The enzymatically catalyzed reactions were linked in a complex reaction cascade. The nucleotide sugar substrates were converted by parallel enzyme reactions and the intermediate products were transported further for conversion by subsequent immobilized enzymes. The MEI were separated by the magnetic field of the permanent magnet array and resuspended by an alternating electromagnetic field of the Helmholtz coils. Since the substrate turnover was optimized in the spatially separated enzyme reactions, the process time was shortened and the space-time yield was increased. The stepwise adaptation of the reaction conditions and MEI ratios enabled an increase of the total yield of the non-sulfated Human Natural Killer-1 (HNK-1) glycan epitope to 96%, using the enzyme cascade. The products could be detected with the integrated MS system. A simulation of the enzyme cascade confirmed the results of the total yield. When the reaction cascade was carried out with solbule enzymes under the same conditions, the yield was only 44%. The comparison thus demonstrated the advantages of a process with the MEI in the KMS.