Abstract:
Die Kernenergie ist eine der grundlegenden Technologien zur Deckung des weltweiten Stromversorgungsbedarfs. Aufgrund des geringen CO2-Ausstoßes, welcher durch Kernenergie verursacht wird, stellt die Kernenergie in den Augen der Befürworter eine der bedeutendsten Optionen im neuen Jahrhundert dar. Die nukleare Sicherheit ist das entscheidende Thema beim Betrieb von Kernreaktoren und bei der (Weiter-) Entwicklung von Reaktorkonzepten, da die Zerfallsprodukte der Kernspaltungsreaktion eine hohe Radiotoxizität aufweisen. Unter allen Fragestellungen der nuklearen Sicherheitsforschung bleibt die Vorhersagegenauigkeit von nuklearen Sicherheitsanalysen eines der wichtigsten Themen.
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In den letzten 60 Jahren ereigneten sich drei schwere nukleare Unfälle, die enormen Schaden verursacht haben. Betroffen war nicht nur das Leben einzelner, sondern der Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft. Bei der jüngsten nuklearen Katastrophe von Fukushima Daiichi wird fest davon ausgegangen, dass die im Sicherheitsbehälter aufgetretene Wasserstoffexplosion der ursächliche Auslöser für die schlussendliche Freisetzung von Radioaktivität an die Umgebung war. Im Falle schwerer Störfälle stellt das nukleare Containment die letzte Schutzbarriere des Kernkraftwerks gegenüber der Umgebung dar. Dieses Containment ist einer lang anhaltenden Erwärmung und hohen Drücken ausgesetzt. Um zu verhindern, dass der Sicherheitsbehälter während eines nuklearen Unfalls versagt, werden Sprühsysteme eingesetzt, welche die Atmosphäre im Sicherheitsbehälter kühlen. Aus diesem Grund betrachtet diese vorgelegte Dissertationsschrift den Themenkomplex der Sprühkühlungsmodellierung zur Eindämmung der Folgen schwerer nuklearer Störfälle.
Bei der Analyse der Vorgänge während eines Störfalls stellt schon alleine die ausgedehnte räumliche Dimension eines Kernkraftwerks und dessen Containments den Wissenschaftler vor Herausforderungen. Traditionell wird auf einen experimentellen Ansatz zurückgegriffen, wenn Sprühprozesse im Containment untersucht werden. Allerdings treiben die hohen Kosten, für den Bau geeigneter Versuchsanlagen und die Durchführung von Messkampagnen, die Projektkosten von Kernkraftwerksneubauprojekten erheblich in die Höhe. Andererseits, mit der stetig wachsenden Leistungsfähigkeit von Computern, wird die numerische Berechnung mittels der Computational Fluid Dynamics (CFD) im Konstruktionsprozess immer beliebter. Das Fehlen hinreichend zuverlässiger physikalischer Sprühstrahlmodelle und die nach wie vor unbefriedigende Effizienz bei der Vorhersage von großräumigen Problemen, schränken jedoch die Anwendung von CFD in Sprühkühlungsstudien zur Begrenzung der Unfallfolgen bei schweren nuklearen Störfällen ein.
In dieser Arbeit wird die Analyse von Spühstrahlen im Containment eines Kernreaktors unter besonderer Berücksichtigung zweier Aspekte betrachtet: Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit. Für die Mission „Zuverlässigkeit“ wird ein geeigneter Modellierungsansatz für Sprühnebel, welcher auch auf bei räumlich ausgedehnten Problemen anwendbar ist, abgeleitet. Darüber hinaus wird diskutiert wie die Turbulenz-Tröpfchen-Wechselwirkungen beschrieben werden kann. Der Lagrange-Ansatz, der Mischungsansatz und der Euler-Ansatz zur Modellierung der diskreten Flüssigkeitströpfchen werden auf drei verschiedene Arten diskutiert und verglichen, um eine geeignete Modellwahl zu treffen. Die Modellierung von Austauschtermen für Masse-, Impuls- und Energie wird vorgestellt und diskutiert. Eine geeignete thermophysikalische Modellierung, einschließlich eines neuen Gasfilm-basierten Verdampfungsmodells, wird vorgestellt. Nachdem der geeignetste Modellierungsansatz für den Sprühprozess abgeleitet wurde, wird der Umgang mit den nichtlinearen Eigenschaften des turbulenten Transports von Sprühtröpfchen weiter diskutiert. Die PDF-Methode wird detailliert vorgestellt. Für großskalige Sprühkühlungsprobleme wird die Anwendung einer Euler‘schen Realisierung, der stochastischen Feldmethode, ausführlich diskutiert. Dabei gilt der Handhabung von Stoff- und Wärmeübertragung ein besonderes Augenmerk.
Für die Geschwindigkeitsmission wird eine kürzlich entwickelte Coarse Grid CFD-Methode vorgestellt und diskutiert. Mit dieser lassen sich Probleme effizient vorhersagen, indem vorausgehende detaillierte Simulationsdaten gut genutzt werden, um insbesondere Grobstrukturmodelle für die Flussterme in den Gleichungen abzuleiten. Eine neue physikalisch basierte Flusskorrektur wird eingeführt und mit dem ursprünglichen geometrischen Flusskorrekturansatz verglichen. Einige Techniken zur Behandlung singulärer Probleme in der Coarse Grid CFD-Simulation werden ebenfalls diskutiert.
Im Fallstudienteil wird zunächst der THAI-Benchmark zur Validierung des Sprühmodellierungsansatzes verwendet. Zusätzlich wird ein Trocknergehäuse mit ähnlichen geometrischen und physikalischen Eigenschaften betrachtet. Bewertet wird die stochastische Feldmethode zur Berücksichtigung turbulenter Wechselwirkungen mit Sprühtröpfchen. Zuletzt wird die Coarse Grid CFD mit einem physikalisch basierten Flusskorrekturansatz validiert. Betrachtet wird als kerntechnische Anwendung ein prototypisches Brennelementbündel mit Drahtwendelabstandshalter. Im Ausblick wird der Trocknerfall erneut untersucht, um die Kombination aller oben diskutierter Ansätze für die Sprühstrahlsimulation bei typischen Betriebsparametern zu testen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Arbeit einerseits die Praktikabilität eines Euler‘schen Ansatzes in Form der Stochastischen Feldmethode zur Bereitstellung zuverlässiger Simulationsergebnisse demonstriert und andererseits die Eignung der Coarse Grid CFD für schnelle Vorhersagen bei großen Problemen zeigt.
Abstract (englisch):
Nuclear energy is one of the basic technologies to satisfy the world's electricity needs. Due to the low CO2 emissions, nuclear energy represents one of the most important options in the eyes of the advocates in the new century. Nuclear safety is the crucial issue in the operation of nuclear reactors and in the development of the future reactor design, since the decay products of the nuclear fission reaction have a high level of radiotoxicity. The prediction accuracy of nuclear safety analysis remains as one of the most important issues among all topics of nuclear safety research.
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There have been three major nuclear accidents, which have caused enormous damage in the past 60 years. It affected not only the lives of individuals but also the cohesion of the whole society. The recent Fukushima Daiichi nuclear disaster has firmly shown the evidence that the hydrogen explosion occurred in the containment was the cause of the eventual radioactivity release into the environment. During serious accidents, the nuclear containment represents the last protective barrier of the nuclear power plant from the environment. This containment is subject to long-term heating and high pressures. To prevent the containment from failing during a nuclear accident, spray systems are used to cool the atmosphere in the containment. For this reason, this doctoral thesis presents the topic of spray cooling modeling to contain the consequences of serious nuclear accidents.
When analyzing the processes during an accident, the extensive spatial dimension of a nuclear power plant and its containment alone presents the scientists with challenges. Traditionally, an experimental approach is used when spray processes in containment are examined. However, the high costs of building suitable test on facilities and carrying out the following measurements considerably drive up the total project costs of new nuclear power plants. On the other hand, with the increasing performance of computers, numerical simulation using Computational Fluid Dynamics (CFD) is becoming increasingly popular in the design process. However, the lack of sufficiently reliable physical spray models and the efficiency in predicting large-scale problems limit the use of CFD in spray cooling studies, which used to mitigate the consequences of accidents in severe nuclear accidents.
In this work, the analysis of spray cooling in the nuclear reactor containment is considered with special consideration of two aspects: reliability and speed. For the "Reliability" mission, a suitable modeling approach for spray cooling is derived, which can also be applied to spatially extensive problems. In addition, it is discussed how the turbulence-droplet interactions can be described. The Lagrangian approach, the mixing approach and the Euler approach on modeling the discrete liquid droplets are discussed and compared, in order to make a suitable model choice. The modeling of exchange terms for mass, momentum and energy is presented and discussed. Appropriate thermophysical modeling, including a new gas film-based evaporation model, is presented. After the most suitable modeling approach for the spraying process has been derived, the handling of the nonlinear properties of the turbulent transport of spray droplets is discussed further. The PDF method is presented in detail. For large-scale spray cooling problems, the application of its Eulerian implementation, the Stochastic Field Method, is discussed in detail. Particular attention is paid to the handling of mass and heat transfer.
A recently developed Coarse Grid CFD method is presented and discussed for the speed mission. This can be used to efficiently predict problems by making good use of previous detailed simulation data, in particular to derive coarse grid models for the flow terms in the equations. A new physically-based flow correction method is introduced and compared to the original geometric-based flow correction approach. Some techniques for dealing with singular problems in Coarse Grid CFD simulation are also discussed.
In the case study section, the THAI benchmark is first used to validate the spray modeling approach. In addition, a dryer case is considered, with similar geometric and physical properties compared with nuclear reactor containment. In this case, the Stochastic Field Method for the consideration of turbulent interactions with spray droplets is evaluated. Finally, the Coarse Grid CFD is validated using a physically-based flow correction approach. A nuclear prototype fuel bundle with a wire spiral spacer is considered as a nuclear application. In the outlook, the dryer case is examined again in order to test the combination of all the approaches for spray cooling simulation discussed above, with typical operating parameters. In summary, it can be stated that the work demonstrates, on the one hand, the practicability of an Eulerian approach in the form of the stochastic field method for providing reliable simulation results, and on the other hand shows the suitability of the Coarse Grid CFD for fast predictions in the case of large-scale problems.