Abstract:
Der globale Klimawandel und der Wärmeeintrag in den Untergrund durch anthropogene Aktivitäten beeinflussen und erhöhen Grundwassertemperaturen (GWT) weltweit. Lokation, Häufigkeit und Ursachen von GWT Anomalien sind jedoch nur unzureichend bekannt. Zwar haben erhöhte GWT negative Auswirkungen auf den chemischen und physikalischen Zustand des Grundwassers sowie die Grundwasser Fauna, jedoch bergen sie auch ein enormes Energiepotenzial für die nachhaltige Wärmeversorgung von Quartieren oder ganzen Städten. Wenn erhöhte GWT effizient genutzt werden kann zudem auch CO\ti{2} eingespart werden. ... mehrEine Möglichkeit das volle Potenzial dieser unterirdischen Energiequelle zu gewinnen und auszuschöpfen ist die oberflächennahe Geothermie.
Bisher wurde jedoch noch keine detaillierte Analyse des räumlichen Zusammenhangs von geothermischem Potenzial und Wärmeeintrag zum Wärmebedarf durchgeführt. \\
In der ersten Studie werden die GWT Daten von 44.205 Brunnen in zehn mitteleuropäischen Ländern analysiert, um die extremsten, positiven Temperaturanomalien zu identifizieren. Die anthropogene Wärmeintensität (AHI), die Differenz der durchschnittlichen, unbeeinflussten GWT und einer lokal gemessenen GWT wird verwendet, um GWT Anomalien aufzuspüren. Anschließend werden diese AHIs kategorisiert und separat für die drei Landbedeckungsklassen "natürlich", "landwirtschaftlich" und "künstlich" untersucht. Da menschliche Einflüsse auf das Grundwasser hauptsächlich in Städten relevant sind und auch hier am häufigsten lokalisiert wurden, liegt das Augenmerk der Studie auf der Analyse von Temperaturanomalien im Zusammenhang mit künstlichen Oberflächen. Signifikante AHIs von 3~- 10~K in natürlichen und landwirtschaftlichen Gebieten resultieren von anthropogenen Quellen wie Deponien, Kläranlagen oder Bergbauaktivitäten. Brunnen, die von künstlichen Oberflächen umgeben sind, weisen AHIs von über 6~K auf. Diese hohen AHIs sind meist auf Wärmeeinträge aus Tiefgaragen, beheizten Kellern und Fernwärmeleitungen zurückzuführen. Diese GWT Anomalien überschreiten sogar die gesetzlichen Temperaturgrenzwerte, die zur Regulierung offener geothermischer Systeme angewendet werden.
In der zweiten Studie wird die Menge an thermischer Energie, die von verschiedenen oberflächennahen geothermischen Systemen gewonnen werden kann, mit dem Energiebedarf für Raumheizung und Warmwasserbereitung eines Stadtviertels in Karlsruhe (Deutschland) verglichen. Die Verwendung mehrerer Szenarien mit unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen, unterschiedlichem Raumangebot und hydro-/geologischen Randbedingungen, ermöglicht es den Einfluss einschränkender Parameter, wie z.B. einer lokalen Einschränkung der Bohrtiefe, zu bestimmen. Der Prozentsatz, zu dem der Wärmebedarf vor und nach einer Sanierung des Gebäudebestands gedeckt werden kann, wird als Wärmedeckungsgrad definiert. Der Wärmedeckungsgrad vor und nach der Sanierung erreicht jeweils bis zu 59\%, 152\% und 25\% für horizontale oder vertikale Erdwärmepumpen- bzw. Grundwasser-Wärmepumpenanlagen. Nach der Sanierung beträgt der Wärmedeckungsgrad dieser drei Systeme 125\%, 322\% und 54\%.
Basierend auf dem Ansatz für die Berechnung des technischen geothermischen Potenzials aus der zweiten Studie wird in der finalen Studie das auf Python Programm GeoEnPy entwickelt. GeoEnPy berechnet, kombiniert und löst die räumliche Verteilung des Wärmedeckungsgrads und des theoretischen, nachhaltigen Potenzials auf, um Standorte für die oberflächennahe geothermische Nutzung in Wien, Österreich, zu identifizieren. Zu diesem Zweck wird die Menge an thermischer Energie, die durch verschiedene oberflächennahe geothermische Systeme gewonnen werden kann, sowie der jährliche anthropogene Wärmeeintrag in den Untergrund mit dem Energiebedarf für den derzeitigen Raumwärmebedarf Wiens verglichen, und auch für den Fall, dass alle Gebäude saniert werden. Aufgrund des geringeren Raumbedarfs erreichen Erdwärmesondenanlagen (BHE) einen höheren Versorgungsgrad als GWHP-Anlagen. Auf Stadtebene kann das technische geothermische Potenzial von BHEs den Wärmebedarf der unsanierten Gebäude Wiens für 63\% der Fläche decken. Auf Bezirksebene sind die östlichen und südlichen Bezirke Wiens die idealsten Standorte für geothermische Anwendungen. Hier könnte das durchschnittliche technische geothermische Potenzial der BHE-Anwendungen den aktuellen Wärmebedarf problemlos decken. Darüber hinaus könnten bis zu 58\% des Bedarfs nachhaltig durch den jährlichen anthropogenen Wärmeeintrag gedeckt werden.
Abstract (englisch):
Climate change and heat input into the subsurface by anthropogenic activities affect and raise groundwater temperatures (GWT) worldwide. However, location, frequency of occurrence and drivers of GWT anomalies are poorly understood. Beside potential negative impacts of increased GWT on the chemical and physical state of groundwater and its fauna, they hold a huge energy potential for sustainable heat supply of city districts or whole cities, and if extracted efficiently they can help to save CO\ti{2}. One option to extract and exploit the full potential of this subsurface energy source is shallow geothermal energy. ... mehr
Yet, so far no detailed analysis of the spatial relationship between geothermal potential, heat input and heat demand was conducted. \\
In the first study, GWT data of 44,205 wells in ten central European countries are analysed to identify the most extreme, positive temperature anomalies. The anthropogenic heat intensity (AHI), which relates average rural background temperatures to local temperature measurements, is applied to detect GWT anomalies. Subsequently, these AHIs are categorised and separately studied for the three land cover classes: ‘natural’, ‘agricultural’ and ‘artificial’. Since human impacts on groundwater are most relevant and localised in urban areas, special attention is paid to temperature anomalies related to artificial surfaces. Significant AHIs of 3~– 10~K in natural and agricultural areas result from anthropogenic sources such as landfills, wastewater treatment plants or mining activities. Beneath artificial surfaces, AHIs above 6~K are mostly related to heat inputs from underground carparks, heated basements and district heating pipes. These GWT anomalies even exceed the legal temperature thresholds that are applied to regulate open geothermal systems.
In the second study, the amount of thermal energy extractable by different shallow geothermal systems is compared to the energy demand for space heating and domestic hot water for an urban quarter in Karlsruhe, Germany.
By investigating several scenarios with different legal regulations, varying space availability and hydro-/geological boundary conditions, the impact of certain constraining parameters, such as a local restriction in drilling depth is identified. The percentage to which the heat demand can be met, before and after a refurbishment of the building stock, is defined as heat supply rate. The heat supply before and after refurbishment achieves up to 59\%, 152\% and 25\% for horizontal or vertical ground source heat pump or groundwater heat pump systems, respectively. After refurbishment, the heat supply rate of theses three systems are 125\%, 322\% and 54\%.
Based on the approach for the evaluation of the technical geothermal potential in the second study, the python-based tool GeoEnpy is developed in the final study. GeoEnPy computes, combines and spatially resolves the heat supply rate and theoretical sustainable potential, in order to identify key locations for shallow geothermal use in Vienna, Austria. For this purpose, the amount of thermal energy extractable by different shallow geothermal systems as well as the annual anthropogenic heat input into the subsurface is compared to the energy demand for Vienna's present space heating demand and for the case all buildings are refurbished. Due to the smaller space demand, borehole heat exchanger (BHE) systems reach a higher supply rate than GWHP systems. On city-scale, the technical geothermal potential of BHEs can satisfy the heating demand of Vienna’s unrefurbished buildings for 63\% of the area. On district-scale, the eastern and southern districts of Vienna are the key locations for geothermal applications. Here, the average technical geothermal potential of BHE applications could easily meet the current heating demand. In addition, up to 58\% of the demand could be sustainably supplied by the annual anthropogenic heat input.