Abstract:
Die Sportart Triathlon kombiniert die drei Ausdauersportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen, die nacheinander ohne Pause ausgeführt werden und in eine Gesamtwettkampfzeit münden. Die Olympische Distanz über 1.5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen stellt die am meisten verbreitete Wettkampfdistanz dar, sowohl im Amateur- als auch im Profi-Bereich. Als Ausdauer determinierte Sportart erfordert Triathlon, wie auch die drei Einzeldisziplinen, spezifische physiologische Anforderungen. Zahlreiche weitere Bereiche wie die Anthropometrie der Athletinnen und Athleten, psychologische Voraussetzungen und vieles mehr können ebenfalls leistungsdeterminierend sein. ... mehrEs ist davon auszugehen, dass selbst die einzelnen Streckenlängen im Triathlon – neben der Olympischen Distanz existieren noch die kürzere Sprint- sowie die längere Halb- und Langdistanz – jeweils spezifische Charakteristika mit sich bringen, die durch eine angepasste Vorbereitung und Trainingsgestaltung vorbereitet werden können.
Die Bestimmung solch leistungsrelevanter Parameter einer Sportart oder einer sportlichen Leistung werden im Bereich der Trainingswissenschaft als Struktur der sportlichen Leistung zusammengefasst und bilden die Grundlage für wissenschaftlich fundierte Aussagen zur Trainingsgestaltung, Talentauswahl und vielem mehr. Eng damit verbunden ist die Prognose sportlicher Leistung, die auf Basis der identifizierten Parameter und deren Quantifizierung mittels einer aktuellen leistungsdiagnostischen Untersuchung eine Prognose der tatsächlichen Wettkampfleistung bspw. in Form einer Gesamtwettkampfzeit ermöglichen kann. Die Verknüpfung dieser beiden Aspekte – die Prognose und die Struktur der sportlichen Leistung in der Sportart Triathlon – bilden den Kern der vorliegenden Dissertation, wobei sowohl Amateur- als auch Profi-Sportler in den Fokus genommen wurden.
Die Dissertation umfasst acht Kapitel. Nach einem kurzen Vorwort und einer allgemeinen Einführung in die Thematik (Kapitel 1) liefert Kapitel 2 den theoretischen und methodischen Hintergrund. Insbesondere werden die Besonderheiten, Rahmenbedingungen und Voraussetzungen der Sportart Triathlon, der aktuelle Forschungsstand in den Bereichen der Prognose und Struktur sportlicher Leistung sowie die in dieser Thesis verwendeten methodischen Ansätze näher beleuchtet. Da der Einsatz unterschiedlicher Methoden ein wichtiger Bestandteil dieser Arbeit darstellt wird deren Einsatz in den drei Studien (Kapitel 4 bis 6) ausführlicher vorbereitet: die explorative Faktorenanalyse und der Dominanz-Paar-Vergleich als Verfahren zur Vorselektion leistungsrelevanter Parameter, die multiple lineare Regression und künstliche neuronale Netze zur Prognose der individuellen Gesamtwettkampfzeit sowie die Strukturgleichungsanalyse als Verfahren zur Berechnung eines Strukturgleichungsmodells der sportlichen Leistung im Triathlon.
Nach der Ableitung der Fragestellungen und der Darstellung der Ziele der vorliegenden Thesis (Kapitel 3), liefern die Forschungsarbeiten in den drei darauffolgenden Kapiteln Erklärungsansätze hierzu. Die Studie in Kapitel 4 liefert erste Erkenntnisse und weist Leistungsparameter nach, die zur Prognose der individuellen Wettkampfleistung von Amateur-Triathleten über die Sprintdistanz dienen. Hierbei wurden anthropometrische, physiologische und trainingsbezogene Parameter im Rahmen einer Leistungsdiagnostik unter Laborbedingungen unmittelbar vor einem Triathlon Wettkampf erfasst und statistische Zusammenhänge zur erbrachten Wettkampfleistung hergestellt. Drei Modelle zur Prognose der Wettkampfleistung konnten mittels linearer Regression berechnet und dabei leistungsrelevante Parameter identifiziert werden. Das auf dem physiologischen Parameter Blutlaktatkonzentration nach 18 min bei 200 W auf einem Fahrradergometer aufbauende Prognosemodel liefert die höchste Varianzaufklärung (R² = 0.71), gefolgt von den Modellen basierend auf den anthropometrischen Parametern Beinlänge und Armspannweite (R² = 0.67) und dem trainingsbezogenen Parameter Trainingsumfang im Schwimmen (R² = 0.41). Nachgewiesen werden konnte, dass dies selbst bei kleinen Stichproben möglich ist und Hinweise zur Trainingsgestaltung und zur Wettkampfeinteilung liefern kann, insbesondere im Amateur-Bereich jedoch mit einer stark eingeschränkten Generalisierbarkeit verbunden sein dürfte. Eine Herausforderung bei größeren Studien dürfte daher die vergleichbare Erfassung der Gesamtwettkampfzeit als abhängige Variable darstellen.
Die Studie in Kapitel 5 untersucht auf Basis der vorangegangenen Erfahrungen die Prognose der Gesamtwettkampfzeit von Profi-Triathleten über die olympische Distanz. Hierbei wurden die routinemäßig durchgeführten leistungsdiagnostischen Untersuchungen von Triathleten, die in der Vorbereitung auf die olympischen Sommerspiele im Jahr 2012 durch das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig getestet wurden, analysiert und für die Berechnungen der Prognosemodelle verwendet. Dem hohen Maß an Standardisierung der Testungen mit einer großen Anzahl an erfassten Parametern stand die Notwendigkeit der Normalisierung der Gesamtwettkampfzeiten gegenüber. Dies war notwendig, da die Profi-Triathleten an unterschiedlichen Wettkämpfen teilgenommen hatten, zwar überwiegend über dieselbe Streckenlänge jedoch mit unterschiedlichsten Streckenprofilen, Teilnehmerfeldern, klimatischen Bedingungen, etc. Im Vergleich zur bisherigen Literatur konnten mit zwei unterschiedlichen Ansätzen – multiple Regressionen für lineare und künstliche neuronale Netze für nichtlineare Zusammenhänge zwischen Parametern und Gesamtwettkampfzeit – gute Ergebnisse für Prognosemodelle auf Basis anthropometrischer und physiologischer Parameter erzielt werden. Beide Ansätze lieferten je zwei Prognosemodelle. Die lineare Regression führt zu R² = 0.41 auf Basis anthropometrischer Parameter (prädiktiv: Beckenbreite und Schulterbreite) und zu R² = 0.67 auf Basis physiologischer Parameter (prädiktiv: maximale Atemfrequenz, Laufgeschwindigkeit bei 3-mmol·L-1 Blutlaktatkonzentration und maximale Blutlaktatkonzentration). Basierend auf den jeweils fünf relevantesten Parametern einer Vorselektion führen künstliche neuronale Netze zu R² = 0.43 auf Basis anthropometrischer Parameter und R² = 0.86 auf Basis physiologischer Parameter. Der Vorteil neuronaler Netze gegenüber der linearen Regression liegt dabei in der Möglichkeit nichtlineare Zusammenhänge abzubilden. Im Gegensatz zur durchgeführten Studie mit Amateur-Triathleten stellen die Profi-Triathleten eine sehr homogene Stichprobe dar, die der Grundgesamtheit des deutschen Nationalkaders sehr nahekommt, weshalb die Ergebnisse und insbesondere die identifizierten Leistungsparameter eine höhere Generalisierbarkeit aufweisen, wenn auch für einen sehr kleinen Kreis an Athleten. Insbesondere zur Ableitung von wichtigen Merkmalen für Athletinnen und Athleten in Nachwuchskadern liefern die Ergebnisse wertvolle Hinweise auf potentiell relevante anthropometrische Voraussetzungen sowie auf leistungsrelevante und durch Training beeinflussbare physiologische Parameter.
Die dritte Studie (Kapitel 6) nutzt die Ergebnisse der erstellten Prognosemodelle aus Kapitel 5, um trotz des Vorhandenseins einer kleinen Stichprobe ein Strukturmodell der sportlichen Leistung im Triathlon über die olympische Distanz zu entwickeln. Hierbei konnten schlussendlich drei gültige Modelle erstellt werden, die einen ersten wichtigen Schritt zur wissenschaftlich fundierten Aufklärung der Leistungsstruktur im olympischen Triathlon liefern. Insbesondere das Modell, das die Erfahrung von professionellen Trainern in der Vorauswahl an Parametern nutzt, liefert als gut einzustufende Modellparameter, die im Einklang zu den Erkenntnissen der zuvor erstellten Prognosemodelle und des Strukturmodels basierend auf theoretischen Überlegungen und einschlägiger Literatur stehen. Als relevant einzustufende Parameter sind hier sowohl anthropometrische (Körpergewicht, BMI, fettfreie Körpermasse) als auch physiologische (relative maximale Sauerstoffaufnahme, Laufgeschwindigkeit bei 3-mmol/l Blutlaktatkonzentration, maximale Laufgeschwindigkeit in einem spezifischen Mobilisationstest) Kenngrößen zu nennen. Als Limitation ist der Einsatz einer kleinen Stichprobe zu nennen, da dies bei der Berechnung von Strukturmodellen von Nachteil sein kann, bei der Verwendung von Daten von Profi-Athleten jedoch unvermeidbar ist. Die entwickelten Modelle sind aus mathematisch-statistischer Sicht eindeutig bestimmt, müssen jedoch durch weitere Datensätze ergänzt werden, um umfassendere Modelle zu ermöglichen.
Kapitel 7 liefert schließlich eine allgemeine Diskussion der Forschungsergebnisse und einen Ausblick auf zukünftige Studien. Die Befunde der drei durchgeführten Studien werden zusammengeführt und mit dem bisherigen Wissensstand abgeglichen, um eine umfassendere Betrachtung leistungsrelevanter Parameter der Sportart Triathlon sowie der eingesetzten methodischen Ansätze der multiplen Regression, künstlicher neuronaler Netze sowie der Strukturanalyse vorzunehmen. Die vorliegende Dissertation liefert im Wesentlichen sowohl in der Fachliteratur bereits als leistungsrelevant identifizierte Parameter aber auch bisher weniger betrachtete jedoch als potentiell relevant einzustufende Leistungsparameter. Als wesentliches Ergebnis der Dissertation muss der Einsatz der angewendeten Methoden im Kontext der trainingswissenschaftlichen Leistungsdiagnostik gesehen werden, da dies bisher wenig verbreitet ist. Wissend um die Einschränkung kleiner Stichproben, welche im Profi-Bereich unvermeidbar sind, werden die möglichen Potentiale für zukünftige Studien deutlich und zeigen somit ein spannendes und bedeutsames zukünftiges Forschungsfeld und Implikationen für sich anschließende Studien auf.
Die Dissertation schließt mit einer allgemeinen Zusammenfassung (Kapitel 8) der vorliegenden Arbeit.
Abstract (englisch):
The sport of triathlon comprises the three classic endurance sports swimming, cycling and running, which are performed consecutively without a break and lead to an overall race time. The Olympic distance of 1.5 km swimming, 40 km cycling and 10 km running is the most common race distance, in both the amateur and professional fields. As a highly endurance-determined sport, triathlon, as with the three constituent disciplines, requires specific physiological requirements. Other fields also determine performance, such as the anthropometry of an athlete, psychological requirements and much more. ... mehrIn addition to the Olympic distance, there are also a shorter sprint distance and the longer half and long distance – each involving specific characteristics that can be practiced through adapted training programs.
The determination of such performance-relevant parameters of a sport or athletic performance are summarized in the field of training science as the performance structure of a sport and build up the basis for scientifically-founded statements on training programs, talent selection and more. Closely related is the prediction of performance, based on the identified parameters and their quantification by means of a current performance diagnostic. This allows prediction of the actual race performance, for example in terms of the overall race time. The combination of these two aspects – the prediction and the structure of performance in triathlon – form the core of the present thesis, whereby both amateur and professional athletes were analyzed.
The present thesis consists of eight chapters. After a short preface and a general introduction to the topic in Chapter 1, Chapter 2 provides the theoretical and methodological background. In particular, the peculiarities, boundary conditions and prerequisites of triathlon, the current state of research in the areas of prediction and structure of performance as well as the methodological approaches used in this thesis are examined in detail. Since the use of different computational methods is an important part of the thesis, their application within the three studies (Chapters 4 to 6) is discussed in more detail. Exploratory factor analysis and dominance paired comparison are applied as procedures for the preselection of performance-relevant parameters, multiple linear regression and artificial neural networks for the prediction of individual overall race time as well as structural equation analysis as a method for building up structural models of the performance in triathlon.
After the derivation of the research questions and the description of the objectives of the present thesis (Chapter 3), the studies described in the three following chapters provide explanatory approaches.
The study in Chapter 4 provides initial explanations and demonstrates performance-relevant parameters that are used to predict the individual race performance of recreational triathletes over the sprint distance. Anthropometric, physiological and training-related parameters were recorded as part of performance diagnoses under laboratory conditions immediately before a triathlon competition, and statistical relationships were established with regard to overall race performance. Three performance prediction models were computed using linear regression and performance-relevant parameters could be identified thereby. The model based on physiological parameter blood lactate concentration after 18 min at 200 W on cycling ergometer delivers the highest explanation of variance (R² = 0.71), followed by the model based on anthropometric parameters leg length and arm span (R² = 0.67) and the model based on training-related parameter training volume in swimming (R² = 0.41). Overall, it has been shown that performance prediction is possible even with small samples and that it can provide information on the design of training programs and the individual race strategy, associated with a very limited generalizability, especially in the amateur field. A challenge in larger studies is likely to be the comparable investigation of overall race time as the dependent variable.
On this basis, the study in Chapter 5 examines the prediction of overall race times of elite triathletes over the Olympic distance. The routine performance diagnoses of triathletes, which were tested by the Institute for Applied Training Science in Leipzig in preparation for the Summer Olympics in 2012, were analyzed and used to calculate performance prediction models. The high degree of standardization of tests with a large number of recorded parameters conflicted with the need to normalize the overall race times. This was necessary because the elite triathletes participated in different triathlon races, mostly over the same race distance, but with different route profiles, starting grids, climate conditions, etc. In comparison to previous research literature, two different approaches were used for the prediction models based on anthropometric and physiological parameters: multiple regressions for linear relationships and artificial neural networks for non-linear relationships between parameters and overall race time. Both approaches yielded two prediction models. Linear regression provided R² = 0.41 in case of anthropometric variables (predictive: pelvis width and shoulder width) and R² = 0.67 in case of physiological variables (predictive: maximum respiratory rate, running pace at 3-mmol·L-1 blood lactate and maximum blood lactate). The Artificial neural networks using the five most important variables after preselection yielded R² = 0.43 in case of anthropometric variables and R² = 0.86 in case of physiological variables. The advantage of neural networks over linear regressions was the possibility to take non-linear relationships into account. In contrast to the study carried out with recreational triathletes, the elite triathletes represent a very homogeneous sample that comes very close to the population of German elite national squad athletes. This is why the results and in particular the identified performance-relevant parameters are more generalizable, albeit for a very small group of athletes. In particular, to deduce important characteristics for athletes in junior squads, the results provide valuable information on potentially relevant anthropometric requirements as well as for performance-relevant physiological parameters that can be influenced by training.
The third study (Chapter 6) uses the results of the prediction models created in Chapter 5 to develop a structural model of the performance in triathlon over the Olympic distance, despite the small sample. Finally, three valid models were computed, which provide an important first step towards a scientifically-founded clarification of the performance structure in Olympic-distance triathlon. In particular, one model (that uses the experience of professional triathlon coaches in the preselection of parameters) delivers parameters that can be classified as good, and which are in accordance with the findings of the prediction models and the structural model based on theoretical considerations. Parameters classified as relevant are both anthropometric (body weight, BMI, lean body mass) and physiological (relative maximum oxygen uptake, running speed at 3 mmol/l blood lactate, maximum running speed in a specific mobilization test). While working with data from elite athletes, the use of a small sample must be mentioned as a limitation, as this can be a disadvantage when calculating structural models. The developed models are clearly defined from a mathematical and statistical point of view, but must be supplemented by further data to create more comprehensive models.
Finally, Chapter 7 provides a general discussion of the research results and an outlook for future studies. The findings of the three studies carried out are merged and compared with the current state of research for a comprehensive consideration of performance-relevant parameters of triathlon as well as of the methodological approaches used (multiple regression, artificial neural networks and structural analysis). The present thesis essentially analyzes parameters that have already been identified as performance-relevant in research literature, but also performance parameters that have to be classified as relevant. A further major finding of the thesis is the application of the applied methods in the context of training-based performance diagnoses, as this has not yet been widely done. Due to the limitation of the small samples and thus data sets, which is unavoidable while working with elite athletes, there is clear potential for future studies and therefore an exciting and significant future research field.
The thesis concludes with a general summary (Chapter 8) of the present work.