Abstract:
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden umfassende metallographische Untersuchungen (Lichtmikroskopie, Kerr-Mikroskopie und EBSD) der Mikrostruktur weichmagnetischer Verbundwerkstoffe (SMC, engl. Soft Magnetic Composites) unter Korrelation mit der damit verbundenen magnetischen Performance durchgeführt. Neben der Größe, Form und Verteilung von Partikeln und inneren Kornstrukturen, der Porosität, Domänenstruktur und des Verformungs- und Rekristallisationszustands von industriellen SMC-Werkstoffen verschiedener Hersteller sind auch eigene Synthesevariationen enthalten. Letztere beinhalten ausgehend von der Veränderung des Ausgangspulvers (Partikelgrößenverteilung von 15 - 500 µm und innere Kornstruktur mit einer flächengewichteten mittleren Korngröße d50,f von 40 - 58 µm) Variationen der Prozessparameter in der Kompaktierung (Pressdruck 200, 400 und 800 MPa, mit / ohne Schmiermittel) und der Wärmebehandlung (Grünzustand, 400 °C, 500 °C, 600 °C, 700 °C und 800 °C in Zeitintervallen von wenigen Minuten bis 20 h). ... mehrZiel war es, weitere Ansätze zur Verbesserung des Eigenschaftsspektrums dieser noch relativ neuen Materialklasse zu erarbeiten. Im ersten Schritt wurden hierzu bestehende industrielle SMC-Werkstoffe verschiedener Hersteller hinsichtlich des Eigenschaftsprofils analysiert, um mögliche Stellgrößen zur Eigenschaftsverbesserung abzuleiten. Es zeigten sich folgende strukturelle Auffälligkeiten:
• Innere Korngrößenverteilung zeigt signifikante Unterschiede.
• Form der inneren Körner ist unterschiedlich.
• Durch Pressvorgang resultiert eine Partikelformanisotropie.
• Gröbere Partikel zeigen auffällig hohe innere Porosität.
• Anteil und Verteilung von eingebrachten Verformungen variiert.
• Rekristallisation der Kornstruktur ist nicht vollständig abgeschlossen.
Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde der SMC-Herstellungsprozess beginnend mit dem Zustand des Ausgangspulvers über Parametervariationen am industriellen SMC-Werkstoff AncorLam® (Hoeganaes Corp.) tiefergehend untersucht. Die Einflüsse der Kompaktierung auf die mikrostrukturellen Gegebenheiten wie Verformungsanteil (Missorientierungen, EBSD), Korngrößenverteilung, Kornform, Partikelformanisotropie und den Anteil an Porosität (intra- und intergranular) wurde mit den magnetischen Eigenschaften korreliert. Die Resultate zeigten, dass bereits im Ausgangspulver geringe Anteile an missorientierten Bereichen (~ 25 %, > 4°) vorliegen. Auch können diese mittels Pressdruckvariation gezielt beeinflusst werden (200 MPa: 41 %, 400 MPa: 56 % und 800 MPa: 67 %). Zusätzlich kommt es in Folge des Kompaktierungsvorgangs zur Beeinflussung der Kornform. So nimmt die Elliptizität von Körnern > 60 µm von 0.87 auf 0.9 zu. Durch Versuche mit unterschiedlichen Partikelgrößenverteilungen (50 µm Schritte) konnte nachgewiesen werden, dass das Verformungsverhalten ausgehend von feinen Partikeln (< 100 µm) bis hin zu den gröbsten Partikeln (> 300 µm) sehr unterschiedlich erfolgt. Hierzu werden unter anderem Messdaten des Kraft-Weg-Verlaufs zur Interpretation genutzt und der Kompaktierungsvorgang in weitere Phasen unterteilt. Während feine Partikelfraktionen vorwiegend an der Partikeloberfläche verformte Bereiche aufweisen, kommt es bei den gröbsten Partikeln zu bandartigen Verformungen der inneren Kornstruktur. Es zeigte sich, dass die Morphologie und Größe der inneren Kornstruktur mit der Partikelgröße variiert (< 100 µm: 40 µm, 100 - 200 µm: 58 µm, 200 - 300 µm: 55 µm, 300 - 400 µm: 49 µm und > 400 µm: 46 µm.) und ein für die Magneteigenschaften (hier Hystereseverluste, Koerzitivfeld und Permeabilität) günstigstes Verhältnis aus Partikelgröße und innerer Kornstruktur definiert werden kann. So erreichten in dieser Arbeit Fraktionen mit einer Partikelgröße von 100 - 200 µm und der gröbsten inneren Kornstruktur von 58 µm die besten Verformungseigenschaften, ausgeprägteste Rekristallisationsanteile (80 %) und geringste Hystereseverluste (4 W/kg) nach der Wärmebehandlung. Die Wärmebehandlung zeigte sich dabei trotz der Limitierung durch die Temperaturbeständigkeit der Partikelbeschichtung (< 600 °C) als vielseitige Stellgröße, die innere Kornstruktur gezielt einzustellen und damit weitere Verbesserungen des Eigenschaftsspektrums zu erreichen. Hierzu werden neben konventionellen Temperaturen und Zeitintervallen auch Versuche bei 700 - 800 °C unter langen Prozesszeiten vorgestellt und der Beginn und das Voranschreiten der Rekristallisation und der Kornwachstums veranschaulicht. Dadurch war es möglich, die Kornstruktur vom industriell wärmebehandelten Zustand (500 °C) mit einer flächengewichteten mittleren Korngröße d50,f ausgehend von 48 µm auf einen Wert von 57 µm (800 °C) zu vergröbern. Ausgehend von diesen Gefüge-Eigenschaftskorrelationen ist es möglich, neue Impulse für weitere Eigenschaftsverbesserungen aufzuzeigen. Beispielsweise könnten maßgeschneiderte Partikel- und Korngrößenverteilungen, effizientere Verformungsprozesse und Rekristallisationen erlauben. Vor allem grobe Partikelgrößenverteilungen > 300 µm zeigen große Potenziale, sofern auch hier eine grobe Kornstruktur mit Körnern im Bereich 50 - 100 µm erreicht und die bandartige Verformung der großen Partikel zur gezielten Rekristallisation ausgenutzt werden kann. Bei Einsatz grober Partikelverteilungen bietet außerdem die prozessbedingte Anisotropie der magnetischen Eigenschaften weitere Potenziale.
Abstract (englisch):
Within the scope of the current work comprehensive metallographic investigations (optical microscopy, Kerr microscopy and EBSD) of the microstructure of soft magnetic composites are presented and correlated to the corresponding magnetic performance. Beside the size, shape and distribution of particles and inner grains, the porosity, domain structure and deformation and recrystallization state of industrial SMC materials are analyzed for different suppliers. Also, several own synthesis variations are included. The synthesis variation includes the modification of the initial powder (particle size distribution of 15 - 500 µm and inner grain structure of an average area-weighted grain size d50,f of 40 - 58 µm), variations of the process parameters in the compaction step (pressure 200, 400 und 800 MPa, with/without lubricant) and the annealing step (green condition, 400 °C, 500 °C, 600 °C, 700 °C und 800 °C and time intervals of a few minutes to 20 h). ... mehr
The purpose of the work was the development of new approaches for the improvement of the property spectrum of this relative new material class. In the first step industrial SMC materials of different suppliers are analyzed with respect to the property profile to find new control variables for improvement. The following structural details were found:
• Inner grain size distribution is significantly different.
• Shape of the inner grain structure is different.
• As a consequence of compaction a particle shape anisotropy results.
• Coarse particles show significantly higher porosity content.
• Amount and distribution of induced deformations vary.
• Recrystallization partly appears only in local grain areas.
Based on this knowledge the SMC synthesis was investigated in more detail for the industrial SMC material AncorLam® (Hoeganaes Corp.) in the initial condition applying several parameter variations. The influence of compaction on microstructural details like amount of deformation (misorientation maps, EBSD), grain size distribution, grain shape, particle shape anisotropy and the content of porosity (intra- and intergranular) on the magnetic properties was investigated. The results show that even in the initial powder condition, some small amounts of misoriented areas (~ 25 %, > 4°) exist. In addition, the amount can be influenced by compaction pressure variations (200 MPa: 41 %, 400 MPa: 56 % and 800 MPa: 67 %). Furthermore, as a result of the compaction step the grain shape is affected and the ellipticity of grains > 60 µm changes from 0.87 to 0.9. The deformation behavior is different for fine particles (< 100 µm) and coarse particles (> 300 µm). This was experimentally verified using different fractions (50 µm steps) of powder particles. From measuring data of the force-distance relation during the compaction process and by defining interim stages deeper insight was possible. While the fine particle powder fractions are mainly deformed at surface contact areas, the coarsest powder fractions show ribbon-type deformation areas of the inner grain structure. Because of the fact, that morphology and size of the inner grain structure depends of the particle size (< 100 µm: 40 µm, 100 - 200 µm: 58 µm, 200 - 300 µm: 55 µm, 300 - 400 µm: 49 µm und > 400 µm: 46 µm.), an optimal ratio between particle size and inner grain size for the magnetic performance (here hysteresis losses, coercivity and permeability) can be defined. As a result, the powder particle fractions of a size of 100 - 200 µm and the coarsest inner grain structure of 58 µm showed the best deformation behavior, the most effective recrystallization (80 %) and the lowest hysteresis losses (4 W/kg) after annealing. Although the annealing process is limited by the thermal stability (< 600 °C) of the particle coating it´s a versatile control variable to tailor the inner grain structure and to further improve the property spectrum of SMC materials. To investigate the initial start and the progress of recrystallization and grain growth in addition to conventional temperature and time intervals, experiments with 700 - 800 °C and longer process time intervals were presented. With this experiments it was possible to coarsen the conventional industrial annealed condition (500 °C) of average area-weighted grain size d50,f from 48 µm to 57 µm (800 °C). Based on these structure-property correlations it´s possible to get new impulses for SMC materials improvement. One example is, that tailored ratios of particle and grain size may allow more efficient deformation and recrystallization processes. Especially coarse particle size distributions > 300 µm show a large potential when a grain structure with grain sizes in the range of 50 - 100 µm are realized and the ribbon-type deformation of large particles is utilized for a tailored recrystallization mechanism. For coarse particle size distributions, the process-related anisotropy of magnetic properties would also offer new potentials for improvement.