Abstract:
Das menschliche Herz ist ein komplexes Organ, in dem verschiedene Phänomene zusammenwirken.
Einerseits fließt das Blut durch die Herzkammern und übt Druck auf die Innenflächen aus. Andererseits ist das Herz von einem Herzbeutel umgeben, der die Bewegung der Kammern beeinflusst. Darüber hinaus breiten sich elektrische Wellen durch das Herzgewebe aus und initiieren die Kontraktion des Herzmuskels, welche, addiert zu der passiven Kraft, dem Kammerdruck entgegenwirkt und zur Deformation des Myokards führt.
In den letzten Jahren wurden fortschrittliche Computermodelle des Herzens entwickelt und in Simulationsumgebungen integriert, um den menschlichen Herzschlag zu untersuchen.
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Zusätzlich ermöglicht die rasante Weiterentwicklung der bildgebenden Verfahren in den letzten Jahren die Gewinnung patientenspezifischer Informationen, die auf ein valides Herzmodell übertragen werden können, um Rückschlüsse auf Eigenschaften des Gewebes zu ermöglichen.
Informationen über Gewebeeigenschaften können neue Erkenntnisse über die Physiologie und Pathophysiologie des Herzens liefern. Sie können neue Wege zur Diagnose von Krankheiten eröffnen und detaillierte Informationen über Mechanismen des Herzschlages liefern, die auf andere Weise nicht zu erhalten sind.
Insbesondere können Computermodelle eingesetzt werden, um elastomechanische Eigenschaften des Herzgewebes zu bestimmen: die passive Kraft, die sich aus den intrinsischen elastischen Materialeigenschaften des Gewebes ergibt und die aktive Kraft (Spannung), die zur Kontraktion des Herzgewebes führt. In dieser Arbeit werden Schritte zur Abschätzung der elastomechanischen Eigenschaften des Herzgewebes vorgestellt und diskutiert.
Ein menschliches Ganzherzmodell wurde basierend auf in vivo MRT-Bildern erstellt. Die Deformation des Gewebes wurde mit der Simulationsumgebung \textit{CardioMechanics} simuliert und mit Hilfe von Volumenkurven, regionalen Wanddicken und Deformationsgeschwindigkeiten aus klinischen Daten validiert.
Weitere Deformationsmessungen (regionale Dehnungen, Dehnungsraten und Geschwindigkeiten) wurden mit Literaturwerten verglichen, um die Validität des entwickelten gesunden Herzmodells zu demonstrieren.
Nachdem ein gültiges Modell erstellt wurde, ist eine Sensitivitätsstudie durchgeführt worden, um den Einfluss der elastomechanischen Eigenschaften auf die Deformationsmessungen zu quantifizieren. Dies war eine Voraussetzung für die modellbasierte Schätzung der elastomechanischen Eigenschaften.
In einer weiteren Studie wurde das geometrische Herzmodell modifiziert, um Pathologien zu simulieren, die bei der hypertrophen Kardiomyopathie auftreten.
Es wurde gezeigt, welche pathologischen Mechanismen die ventrikuläre Verformung beeinflussen.
Nachdem gezeigt wurde, dass die passiven elastomechanischen Eigenschaften des Herzgewebes die Deformationsmessungen des linken Ventrikels beeinflussen, wurden diese Eigenschaften mit Hilfe eines Optimierungsverfahrens geschätzt.
Die Parameter des Modells, das die passive Kraft beschreibt, wurden basierend auf einer Druck-Volumen-Relation aus der Literatur unter Anwendung einfacher und robuster Optimierungsmethoden ermittelt.
In dieser Arbeit wird gezeigt, dass eine Zielfunktion, die nur auf dieser Relation basiert, keinen eindeutigen Parametersatz liefern konnte und daher wurde sie um einen zusätzlichen Term erweitert, der ein absolutes Volumenverhältnis beinhaltet.
Weiterhin wurde ein dynamisches aktives Kraftfeld aus Bewegungsdaten des linken Ventrikels mit Hilfe eines inversen Lösers rekonstruiert, um eine Sensitivitätsanalyse mit synthetischen Daten durchzuführen. Mit Hilfe einer zusätzlichen räumlichen Regularisierung stimmte die Morphologie der rekonstruierten aktiven Kraftkurve mit der Grundwahrheit überein, während die Amplitude der rekonstruierten Kraft unterschiedlich war.
Trotz der Rekonstruktionsfehler in der aktiven Kraft konnten unterschiedlich große Infarktgebiete in der inversen Lösung genau identifiziert werden.
Unter Verwendung von endokardialen Bewegungsdaten, die aus klinisch gemessenen Bildern abgeleitet wurden, rekonstruierte die Methode einen aktiven Kraftverlauf. Allerdings sind weitere Untersuchungen erforderlich, um die Methode direkt auf klinische Daten anzuwenden.
Insgesamt wurde die Konstruktion eines Herzmodells und die Validierung eines simulierten Herzschlags vorgestellt und Schritte zur Abschätzung der elastomechanischen Eigenschaften des Herzgewebes geliefert. Die beschriebenen Ergebnisse weisen Richtungen für zukünftige Verbesserungen auf und zeigen insbesondere, dass mehr Eingabedaten benötigt werden, um realistische Ergebnisse zu erzielen.
Abstract (englisch):
The human heart is a complex organ involving the interaction of different phenomena.
On the one hand, blood is flowing through the heart chambers and applies pressure on the inner surfaces. On the other hand, the heart is surrounded by a pericardial sac, which influences the chamber motion. Furthermore, electrical waves propagate through the heart tissue to activate a contraction force, which, added to the passive force, works against the chamber pressure and results in the deformation of the myocardium.
In the last decades, advanced computational models of the heart phenomena have been created and included in simulation frameworks to study the human heart beat.
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Furthermore, the rapid advancement of in vivo imaging modalities in the last years allows gaining patient-specific information, which can be transferred from individual patients to a valid cardiac model to allow conclusions about properties of the tissue.
Tissue property information can reveal new insights into the physiology and pathophysiology of the heart. They can provide novel ways to diagnose medical conditions and deliver detailed information about phenomena involved in the heartbeat, which cannot be obtained otherwise.
In particular, computational models can be employed to estimate elastomechanical properties of the heart tissue: the passive force, which arises from the intrinsic elastic material properties of the tissue and the active force (tension), which leads to the contraction of the heart tissue. In this work, steps towards the estimation of the elastomechanical properties of the cardiac tissue are presented and discussed.
A whole heart model was generated based on in vivo human MRI images. The deformation of the tissue was simulated with the framework \textit{CardioMechanics} and validated against volume curves, regional wall thickness and deformation velocity derived from motion clinical images.
Further deformation measurements (regional strains, strain rates and velocities) were compared with literature values to demonstrate the validity of the developed healthy heart model.
After a valid model was created, a sensitivity study was performed to quantify the influence of the elastomechanical properties on deformation measurements. This was a prerequisite for the model based estimation of the elastomechanical properties.
In a further study, the geometrical heart model was modified to simulate pathologies present in hypertrophic cardiomyopathy.
It was shown which pathological mechanisms affect the ventricular deformation.
After it was shown that the elastomechanical properties of the cardiac tissue influence the deformation measurements of the left ventricle, these properties were estimated.
The parameters of the model describing the passive force were obtained based on a pressure-volume relation from the literature applying simple and robust optimization methods.
In this work, it is shown that an objective function based solely on this relation could not deliver a unique parameter set and therefore, it was extended to include an additional term involving an absolute volume ratio.
Furthermore, a dynamic active force field was reconstructed from motion data of the left ventricle using an inverse solver to perform a sensitivity analysis with synthetic data. By imposing spatial regularization, the morphology of the reconstructed active force curve matched the ground truth, whereas the amplitude of the reconstructed force differed.
Despite the reconstruction errors in the active force, different sized infarct areas could be identified accurately in the inverse solution.
Using endocardial motion data derived from clinically measured imaging data, the method reconstructed an active force course, which is promising, but further effort is needed to apply the method directly on clinical data.
Altogether, the construction of a heart model and the validation of a simulated heart beat was presented and steps towards the estimation of the elastomechanical properties of the cardiac tissue were provided. The described results indicated directions for future improvement and in particular, showed that more input data might be needed to achieve reasonable results.