Abstract:
Die Maximierung des Verhältnisses zwischen Elektrodenoberfläche und Lösungsvolumen ermöglicht hohe Umsatzraten in elektrochemischen Prozessen. Der Einsatz von Festbettelektroden und Wirbelbettelektroden aus feinen leitfähigen Partikeln bietet hohe spezifische Oberflächen und vergrößert die verfügbare Elektrodenoberfläche des Reaktionssystems. Für den Fall, dass in elektrochemischen Prozessen Feststoffsuspensionen verwendet werden, neigen Festbettelektroden jedoch zur Verblockung. Wirbelbettelektroden können dagegen in Anwesenheit von Feststoffsuspensionen eine Verblockung des Systems vermeiden, da die Feststoffpartikel das Wirbelbett frei passieren können. ... mehrDes Weiteren zeigen Wirbelbettelektroden Vorteile in elektrochemischen Prozessen durch niedrige Druckverluste, eine verbesserte Wärmetransporteffizienz und die dadurch resultierende gleichmäßige Temperaturverteilung innerhalb des Reaktionssystems. Allerdings haben Wirbelbettelektroden Schwierigkeiten mit der Kontaktierung der Elektrodenpartikel untereinander sowie zwischen der Stromquelle und der Partikelelektrode. Ziel der vorliegenden Dissertation war es, erstmals ein Reaktorsystem zu entwickeln, welches ein magnetisch stabilisiertes Wirbelbett mit einer elektrochemischen Wirbelbettelektrode kombiniert, um die Bewegungen der Elektrodenpartikel zu kontrollieren und die Kontaktierung der Partikel zu verbessern. Das Reaktorsystem wurde für den Labormaßstab konzipiert und konnte an ein Pump- und online Detektionssystem angeschlossen werden, dass eine unabhängige Kontrolle der Volumenströme in zwei getrennten Elektrodenräumen ermöglichte. Das Magnetfeld zur Überlagerung der Wirbelbettelektrode sollte mit einer externen Elektrospule generiert werden. Die Charakterisierung des Reaktorsystems sollte eine umfassende Grundlagenuntersuchung sowie die Untersuchung der Toleranz gegenüber Feststoffsuspensionen innerhalb von Reaktionslösungen beinhalten.
Die Konzeptionierung des elektrochemischen Reaktorsystems wurde anhand der hydrodynamischen, elektrochemischen und magnetischen Eigenschaften der Elektrodenpartikel durchgeführt und fortlaufend optimiert. Dies führte schließlich zu einem elektrochemischen Reaktoraufbau, welcher aus zwei Elektrodenkammern bestand und die Elektrodenoberflächenvergrößerung für den elektrochemischen Reaktionsprozess in der Arbeitselektrodenkammer zuließ. Zur Untersuchung der elektrischen Leitfähigkeit der Wirbelbettelektrode wurde ein zweites Reaktorsystem auf Grundlage des ersten Systems konzipiert. Die elektrochemischen Reaktorsysteme wurden umfassend charakterisiert. Die Stärke der erzeugten Magnetfelder wurden mittels Simulation und Feldstärkemessungen bestimmt. Je nach Betriebsmodus konnte mit der Elektrospule eine magnetische Flussdichte von bis zu 30 mT innerhalb der Arbeitselektrodenkammer erzeugt werden, um die magnetischen Elektrodenpartikel zu beeinflussen. Die Elektrodenpartikel bestanden aus Magnetit, Aktivkohle sowie Carbon Black und hatten eine mittlere volumetrische Partikelgröße von 175 µm.
Die umfangreiche Charakterisierung ergab, dass die magnetische Stabilisierung der Wirbelbettelektrode die Kontaktierung der Elektrodenpartikel stark verbessert und die Raum-Zeit Ausbeute des elektrochemischen Reaktionsprozesses optimiert. Der Grad der Verbesserung ist dabei von verschiedenen Parametern abhängig, wie der Stärke des Magnetfeldes, der Expansion des Wirbelbettes und den Elektrodenpartikeleigenschaften. In den experimentellen Versuchsreihen konnte gezeigt werden, dass durch die Anwendung eines Magnetfeldes mit einer moderaten Stärke von 20 mT die wirksame Elektrodenoberfläche des Reaktors um bis zu 400% vergrößert wurde. Hierdurch konnte bei einer Flussrate von 1 mL/min und einer Konzentration der Reaktionslösung von 3 mM eine nahezu vollständige Umsetzung des kontinuierlich zugeführte Reaktanten erreicht werden. Im Flussratenbereich von 2 bis 4 mL/min konnte durch die Erhöhung des Magnetfeldes von 20 auf 30 mT eine zusätzliche Erhöhung der elektrochemischen Umsetzung ermöglicht werden. Jedoch verdeutlichten die Ergebnisse auch, dass nur maximal 10% der geometrischen Gesamtelektrodenoberfläche an der elektrochemischen Umsetzung teilnimmt. Der aktive Bereich der Elektrodenoberfläche befand sich bei allen Versuchsdurchführungen in der Nähe der Kontaktierung durch die Stromquelle.
Einen weiteren Einblick in das Verhalten des Ladungstransportes bzw. des elektrischen Widerstandes der Wirbelbettelektrode ergaben die Leitfähigkeitsuntersuchungen. Hier zeigte sich, dass der magnetische Einfluss auf den elektrischen Gesamtwiderstand der Wirbelbettelektrode einen geringen Effekt hat und den Widerstand um nur einen Wert von bis zu 15% reduzieren kann. In der Nähe der Stromquelle konnte dagegen die magnetische Überlagerung der Wirbelbettelektrode den leitfähigen Partikel-Partikel Kontakt, welcher auf die Kettung der Elektrodenpartikel entlang der Magnetfeldlinien zurückzuführen ist, um 49% verbessern. Eine noch ausgeprägtere Wirkung zeigte der magnetische Einfluss auf die scheinbare elektrische Kapazität der Elektrodenpartikel in der Nähe der Stromquelle. Die elektrische Kapazität korreliert mit der Anzahl der Partikel, welche effektiv mit der Stromquelle kontaktiert sind und zeigt unter dem Einfluss eines Magnetfeldes eine Erhöhung von bis zu 400%.
Des Weiteren wurde in dieser Dissertation erstmals die Toleranz einer Wirbelbettelektrode gegenüber suspendierten, nichtleitenden Feststoffpartikeln untersucht. Ein möglicher Anwendungsfall kann sich in elektrobiotechnologischen Prozessen finden, da hier elektrochemische Reaktionen im Beisein hoher Zellkonzentrationen durchgeführt werden. Die Untersuchungen zeigten, dass die suspendierten Feststoffpartikel mit einer mittleren volumetrischen Partikelgröße von 8,5 µm frei durch das Wirbelbett passieren konnten, ohne eine Verblockung des Systems zu verursachen. Auf die elektrochemische Umsetzung zeigten die nichtleitenden Feststoffpartikel jedoch einen negativen Effekt. Auch die magnetische Überlagerung konnte den Grad der ursprünglichen elektrochemischen Umsetzung nicht wiederherstellen. So wurde bei einer Magnetfeldstärke von 20 mT, einer Flussrate von 1 mL/min und einer Konzentration der Reaktionslösung von 3 mM die elektrochemische Umsetzung in Anwesenheit einer Feststoffkonzentration von 1 g/L von 92% auf 56% reduziert. Bei höheren Feststoffkonzentrationen nahm der negative Effekt jedoch nur mäßig zu. Trotz des reduzierten Wirkungsgrades der Wirbelbettelektrode in Anwesenheit von nichtleitenden, suspendierten Feststoffen, konnte somit die elektrochemische Modellreaktion erfolgreich durchgeführt werden.
Das in dieser Arbeit entwickelte und charakterisierte Reaktorsystem besitzt gegenüber dem Stand der Technik einer konventionellen Wirbelbettelektrode verschiedene Vorteile. Durch die Kombination der Technik eines magnetisch stabilisierten Wirbelbettes mit einer elektrochemischen Wirbelbettelektrode kann die Fluidisierung der Wirbelbettelektrode kontrolliert und eine Verbesserung der Elektrodenpartikelkontaktierung ermöglicht werden. Letztendlich kann die magnetische Überlagerung der Wirbelbettelektrode zu einer Verbesserung der Raum-Zeit Ausbeute eines elektrochemischen Prozesses führen. Ferner konnte anhand der Ergebnisse gezeigt werden, dass magnetisch stabilisierte Wirbelbettelektroden eine vielversprechende Prozesstechnik für elektrochemische Reaktionen in Anwesenheit höherer Konzentrationen nichtleitender Feststoffe darstellen.
Abstract (englisch):
Maximizing the ratio of the electrode surface to solution volume enables high conversion rates in electrochemical processes. The application of fixed bed electrodes and fluidized bed electrodes consisting of fine conductive particles provides high specific surface areas and increases the effective electrode surface of the reaction system. However, if the reaction system is passed through with a solids-containing solution, fixed bed electrodes have a tendency to get blocked. In contrast, fluidized bed electrodes are able to avoid the blockage of the system in the presence of solid suspensions, since the solid particles can pass freely through the fluidized bed. ... mehrFurthermore, fluidized bed electrodes show advantages in electrochemical processes due to low pressure drops, improved heat transport efficiency and the resulting uniform temperature distribution within the reaction system. However, fluidized bed electrodes have difficulties in the electrical contacting between the electrode particles as well as between the current source and the electrode particle. The aim of this work was to develop, for the first time, a reactor system combining a magnetically stabilized fluidized bed with an electrochemical fluidized bed electrode to control the movements of the electrode particles and to improve the contacting of the particles. The reactor system was designed for laboratory scale and could be connected to a pumping and online detection system, that allowed independent control of the volume flows in two separate electrode compartments. To generate the magnetic field, an external electric coil was used, which superimposed the fluidized bed electrode. The characterization of the reactor system was to provide a fundamental investigation as well as an investigation of the tolerance of fluidized bed electrodes to solid suspensions within reaction solutions.
The conceptual design of the electrochemical reactor system was based on the hydrodynamic, electrochemical and magnetic properties of the electrode particles and was continuously optimized. This finally resulted in an electrochemical reactor design, which consisted of two electrode chambers and allowed the electrode surface enlargement for the electrochemical reaction process in the working electrode chamber. A second reactor system was designed based on the first system to investigate the electrical conductivity of the fluidized bed electrode. The electrochemical reactor systems were thoroughly characterized. The strength of the magnetic fields generated were determined by simulation and field strength measurements. Depending on the operating mode, a magnetic flux density of up to 30 mT could be generated within the working electrode chamber by the electric coil. The electrode particles consisted of magnetite, activated carbon as well as conductive carbon black and had a mean volumetric particle size of 175 µm.
The characterization showed, that the magnetic stabilization of the fluidized bed electrode significantly improves the contacting of the electrode particles and optimizes the space-time yield of the electrochemical reaction process. The degree of improvement depends on various parameters, such as the strength of the magnetic field, the expansion of the fluidized bed and the electrode particle properties. In the experimental studies, it was shown that the application of a magnetic field with a moderate strength of 20 mT increased the effective electrode surface of the reaction system by up to 400%. This allowed an almost complete conversion of the continuously supplied reactant at a flow rate of 1 mL/min and a reaction solution concentration of 3 mM. In the flow rate range of 2 to 4 mL/min, an additional increase in the electrochemical conversion was made possible by increasing the magnetic field from 20 to 30 mT. However, the results also demonstrated that only a maximum of 10% of the total geometric electrode surface participated in the electrochemical conversion. In all experiments, the active area of the electrode surface was located in the proximity of the contacting by the current source.
A further insight in the behavior of the charge transport or the electrical resistance of the fluidized bed electrode was provided by the conductivity studies. Here, it was found, that the magnetic influence on the total electrical resistance of the fluidized bed electrode has a small effect and can reduce the resistance by only up to 15%. In contrast, in the proximity of the current source, the magnetic superposition of the fluidized bed electrode could improve the conductive particle-particle contact by 49%, which is caused by the chaining of the electrode particles along the magnetic field lines. An even more pronounced effect was demonstrated by the magnetic influence on the apparent electrical capacitance of the electrode particles near the current source. The electrical capacitance correlates with the number of particles effectively in contact with the current source and shows under the influence of a magnetic field an increase of up to 400%.
Furthermore, the tolerance of a fluidized bed electrode to suspended, non-conducting solid particles was investigated for the first time in this work. A possible application can be found in electrobiotechnological processes, where electrochemical reactions are carried out in the presence of high cell concentrations. The studies demonstrated, that the suspended solid particles with an average volumetric particle size of 8.5 µm were able to pass freely through the fluidized bed without causing a blockage of the system. However, on the electrochemical conversion, the non-conductive solid particles showed a negative effect. Even the magnetic superposition could not restore the initial degree of the electrochemical conversion. Thus, at a magnetic field strength of 20 mT, a flow rate of 1 mL/min, a reaction solution concentration of 3 mM and in the presence of a solid concentration of 1 g/L, the electrochemical conversion was reduced from 92% to 56%. However, at higher solid concentrations, the negative effect increased only moderately. Thus, despite the reduced efficiency of the fluidized bed electrode in the presence of non-conductive suspended solids, the electrochemical model reaction was successfully carried out.
The reactor system developed and characterized in this work has several advantages over the state of the art of a conventional fluidized bed electrode. By combining the technique of a magnetically stabilized fluidized bed with an electrochemical fluidized bed electrode, the fluidization of the fluidized bed electrode can be controlled and an improvement in electrode particle contacting can be achieved. Finally, the magnetic superposition of the fluidized bed electrode can improve the space-time yield of an electrochemical process. Furthermore, the results demonstrated that the magnetically stablized fluidized bed electrodes are a promising process technique for electrochemical reactions in the presence of higher concentrations of non-conducting solids.