Abstract:
Stress- und Erholungsdynamiken in der Waldkiefer: Die Auswirkungen von Hitze und Trockenheit auf den Kohlenstoff- und Wasserkreislauf
Wälder spielen eine zentrale Rolle im Wasser- und Kohlenstoffkreislauf der Erde und erbringen zahlreiche Ökosystemleistungen. Ihre Funktionen werden jedoch zunehmend durch den Klimawandel beeinträchtigt, der im 21. Jahrhundert durch oft gleichzeitig auftretende Dürreperioden und Hitzewellen gekennzeichnet sein wird, die an Dauer, Intensität und Frequenz bereits zunehmen. Diese Entwicklungen haben große Auswirkungen auf baumphysiologische Prozesse und erfordern ein schnelles Erholungspotenzial nach einem Stressereignis, vorausgesetzt die Bäume sind nicht den Stressschäden erlegen. ... mehrDie Waldkiefer (Pinus sylvestris L.) ist eine der weltweit am häufigsten vorkommenden Nadelbaumarten. In den vergangenen Jahren wurde jedoch festgestellt, dass ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber sich ändernden Umweltbedingungen begrenzt ist. Trotz der enormen Bedeutung der Resilienz gegenüber Stress sind die physiologischen Mechanismen, die die Erholungsgeschwindigkeit und Leistungsfähigkeit beeinflussen, noch unklar. Falls sich hydraulische und metabolische Prozesse nicht vollständig erholen sollten und die Bäume unfähig sind, geschädigtes Gewebe nachwachsen zu lassen, könnten Funktions-beeinträchtigungen fortbestehen. Daher ist ein verbessertes Verständnis der Erholung der hydraulischen Funktionen von Bäumen und des Kohlenstoff- (C) und Stickstoff- (N) Kreislaufs unerlässlich.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das Verständnis über die Auswirkungen von Hitze und Trockenheit auf hydraulische Prozesse sowie die ober- und unterirdischen C-Allokationsmuster in Kiefern während und nach dem Stress zu verbessern. Die folgenden Forschungsfragen wurden davon abgeleitet: (1) Sind Kiefern fähig, trockenheitsbedingte Stammembolien wieder aufzufüllen, und ist die Erholung des Blattgasaustausches mit der hydraulischen Funktion verbunden? (2) Welche Auswirkungen haben Hitze und heiße Trockenheit auf die C-Allokation nach dem Stress und wie ist diese mit dem pflanzlichen N-Stoffwechsel verbunden? und (3) Welche Einflüsse haben Hitze und heiße Trockenheit auf die Zusammenhänge des C- und Wasserkreislaufs und die damit verbundene Veränderung des Stammdurchmessers während und nach dem Stressereignis?
Um diese Fragen zu beantworten, wurden zwei separat angelegte Gewächshausexperimente durchgeführt. Die Umweltbedingungen wurden entsprechend extremer klimatischer Ereignisse in Franken, Deutschland, angepasst, wo in letzter Zeit vermehrt Kiefernsterben beobachtet wurde. Im ersten Experiment (1. Forschungsfrage) wurden Kiefernsämlinge ca. 1 Monat unter Trockenstress gesetzt, bis ein Verlust der hydraulischen Leitfähigkeit des Stammes von ca. 50% zu verzeichnen war. Daraufhin wurden die Sämlinge wiederbewässert und eine 4-wöchige Erholungsphase gewährt. Dabei wurden die Dynamiken des Blattgasaustausches, der Nicht-Strukturkohlenhydrate und hydraulischer Eigenschaften analysiert. Um den Grad der Xylem-Embolien und das Wiederauffüllungspotential innerhalb einer kurzfristigen (2 Tage) und langfristigen (4 Wochen) Erholungsphase zu bestimmen, wurden in vivo Röntgenmikro-tomographie und konventionelle Techniken, einschließlich hydraulischer Leitfähigkeits-messungen und Färbetechniken angewandt.
Im zweiten Experiment (Forschungsfrage 2 und 3) wurden speziell angefertigte individuelle Gasaustauschkammern (n=18) verwendet, die in Spross- und Wurzelkompartimente unterteilt waren. Diese dienten dazu, den kontinuierlichen Gasaustausch, δ13CO2 der Atmung, und die Veränderung des Stammdurchmessers in gut bewässerten und trockenbehandelten P. sylvestris Sämlingen während einer 20-tägigen Hitzewelle (max. 42°C) und einer 2,5-wöchigen Erholungsphase zu bestimmen. Des Weiteren untersuchte ich hydraulische Eigenschaften, die Blatttemperatur, den Elektrolytaustritt aus den Blättern und die maximale Quantenausbeute des Photosystems II nach Lichtadaption (F'v/F'm) als Indikatoren für die Stressintensität und Erholungsfähigkeit. Mit der Wiederbewässerung wurde 15N in den Boden eingebracht und 2 Tage darauf erfolgte eine 13CO2-Pulsmarkierung, um die Marker durch die Pflanzen-kompartimente (strukturell und nicht-strukturell), die Atmung und die mikrobielle Bodenbiomasse zu verfolgen.
Experiment 1 zeigte, dass ein trockenheitsinduziertes Stammwasserpotential von -3.2 MPa und ca. 50% Verlust der hydraulischen Leitfähigkeit des Stammes die hydraulischen und metabolischen Funktionen von Kiefernsämlingen signifikant beeinträchtigen. Sowohl Röntgenmikrotomographie als auch konventionelle Messungen zeigten, dass die luftgefüllten Tracheiden nicht wieder aufgefüllt wurden und sich die hydraulische Leitfähigkeit des Stammes innerhalb von 4 Wochen nicht erholte. Diese trockenheitsbedingten Schäden verursachten eine reduzierte Wassertransportkapazität, die sich in der unvollständigen Erholung des Blattgasaustausches auf ca. 50-60% der Kontrollwerte widerspiegelte. Außerdem fand ich keine Hinweise darauf, dass Nicht-Strukturkohlehydratreserven die hydraulische Erholung begrenzen könnten, da eine starke Speicherbildung nach dem Stress beobachtet wurde. Experiment 2 zeigte, dass trockenbehandelte Sämlinge eine reduzierte Kühlkapazität der Blätter im Vergleich zu gut bewässerten Sämlingen während einer Hitzewelle aufwiesen, was auf die reduzierten Transpirationsraten zurückzuführen ist. Die Auswirkungen auf den Elektrolytaustritt in Blattgeweben waren vernachlässigbar, jedoch nahm F'v/F'm unter Hitzestress mäßig und unter heißer Trockenheit stark ab, was auf einen lichtschützenden Prozess hinweist. Alleiniger Hitzestress führte zu einer geringen funktionellen Beeinträchtigung und ermöglichte eine schnelle Erholung metabolischer und hydraulischer Parameter. Im Gegensatz dazu verursachte die Kombination von Hitze und Trockenheit einen Abfall des Wasserpotenzials auf -2,7 MPa, was zu einer metabolischen Dysfunktion aufgrund unterdrückter Photosynthese und teilweiser hydraulischer Beeinträchtigung führte. Diese Dynamik spiegelte sich auch in einer Reduzierung des Stammdurchmessers wider, was auf eine starke Ausbildung eines Wasserdefizits im Baum hinweist. Nach kombiniertem Hitze- und Trockenstress wurde eine verzögerte oder unvollständige Erholung der hydraulischen Leitfähigkeit von Blättern und Stämmen sowie des Spross- und Wurzelgasaustausches beobachtet. Bezüglich der C-Allokationsdynamiken kurz nach dem Stressereignis stellte ich fest, dass hitzegestresste Sämlinge den kürzlich aufgenommenen C rasch entlang des Langstreckentransportweges zur Wurzelatmung (7,1 h) und der mikrobiellen Bodenbiomasse (3 Tage) transportierten. Weiterhin investierten diese Sämlinge 13C verstärkt in die Astzellulose, was auf eine Kompensationsmaßnahme durch verbessertes sekundäres Dickenwachstum hinweist. Im Gegensatz dazu akkumulierte bei trockenheits- und hitzebehandelten Sämlingen 13C in den Nadeln, was sich im verzögerten C-Transport in die Wurzelatmung (13,8 h) widerspiegelte. Die kurzfristige Hemmung des Wachstums in diesen Sämlingen, unterstützt durch eine reduzierte N-Aufnahme und oberirdische Verteilung, könnte durch eine stressinduzierte Meristeminaktivierung hervorgerufen worden sein. Weiterhin wurde C nach der Trockenheit verstärkt in Stärke (d.h. in die Speicherung) investiert. Dabei nehme ich an, dass die Speicherbildung kurz nach dem Stress passiv stattfand, da der C-Transport zu anderen Organen reduziert war, währenddessen später in der Erholungsphase (ca. 7 Tage nach dem Stress) Stärke möglicherweise aktiv gebildet wurde als auch das Wachstum eine bedeutende C-Senke darstellte.
Mithilfe meiner Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Kiefer in der Lage ist, extremen Klimaereignissen zu widerstehen und sich teilweise davon zu erholen, wobei das verfügbare Bodenwasser für die Verringerung der Auswirkungen von Hitzestress eine wichtige Rolle spielt. Der Blattgasaustauch erholte sich nach der Wasserlimitierung unvollständig, was auf hydraulische Einschränkungen zurückzuführen ist, wie z.B. verbleibende Embolien in Stämmen. Das - wenn auch verzögert - stark zunehmende Stammwachstum nach heißer Trockenheit könnte daher auf die enorme Bedeutung der Wiederherstellung der vollen hydraulischen Leitfähigkeit hinweisen, um eine verbesserte C-Aufnahme zu ermöglichen. Weiterhin zeige ich, dass die Dynamiken der C- und N- Verteilung kurz nach dem Stress von der Stressintensität abhängen. Das anfangs reduzierte Zusammenwirken der ober- und unterirdischen C-Verteilung nach kombiniertem Hitze- und Trockenstress deutet auf erhebliche funktionelle Beeinträchtigungen hin, v.a. bei der Phloembeladung und dem transport sowie der Inaktivierung von Meristemen. Die Bildung von großen Speicherreserven in sich erholenden Kiefern könnte als Sicherheitsmaßnahme für nachfolgende Stressperioden gelten. Zusammenfassend zeigt diese Arbeit, dass stressbedingte Beeinträchtigungen wichtiger physiologischer Prozesse in Kiefernsämlingen langfristig den Kohlenstoff- und Wasserhaushalt beeinflussen können. Solche Folgewirkungen könnten wichtig für die Vorhersage der Widerstandsfähigkeit von Wäldern gegenüber dem Klimawandel sein.
Abstract (englisch):
Stress and recovery dynamics in Scots pine: The impacts of heat and drought on carbon and water cycling
Forests play a key role in the Earth's water and carbon (C) cycles and provide numerous ecosystem services. However, forest functioning is increasingly affected by climate extremes. Often co-occurring drought spells and heat waves are projected to increase further in their intensity, frequency and duration within the 21st century. These circumstances have large implications for tree physiological processes and require a fast post-stress recovery potential if trees are not to suffer from stress damage. ... mehrScots pine (Pinus sylvestris L.) is one of the most abundant conifers globally, while its resilience to changing environmental conditions has been questioned in past years. Despite the important role of stress survival and resilience, we lack knowledge on associated physiological mechanisms affecting recovery pace and performance. Stress-induced functional impairment might persist if hydraulic and metabolic processes recovered only partially. Therefore, an improved understanding of the recovery of tree hydraulic functioning and C and nitrogen allocation is indispensable.
The present thesis aims to improve the understanding of the impacts of heat and drought on hydraulic processes and above- and belowground C allocation patterns in Scots pine during and post stress. The following research questions were addressed: (1) Is Scots pine able to refill drought-induced xylem embolism, and is leaf gas exchange recovery linked to hydraulic functioning? (2) What are the legacy effects of heat and hot drought on C allocation and how is it coupled with the plant N metabolism?, and (3) What are the impacts of heat and hot drought stress on C and water relations and associated stem diameter change during and post-stress?
To answer these questions, two separately designed greenhouse experiments were conducted. Environmental conditions were adjusted according to extreme climatic events in Franconia, Germany, where stress-induced Scots pine mortality has been observed. In the first experiment (first research question), P. sylvestris seedlings were drought-stressed for c. 1 month until a percent loss of stem hydraulic conductivity (PLC) of c. 50% was recorded, then re-watered and allowed a 4-week recovery period. Thereby, the dynamics of leaf gas exchange, nonstructural carbohydrates (NSC), and hydraulic properties were analyzed. To determine the degree of xylem embolism and refilling potential within a short-term (2 days) and long-term (4 weeks) recovery period, in vivo x-ray microtomography combined with intrusive techniques were applied, including measurements of hydraulic conductivity and dye staining. In the second experiment (research questions 2 and 3), a custom-built individual gas exchange chamber (n=18) system was used. This served to continuously measure shoot and root gas exchange, δ13CO2 of respiration and stem diameter change in well-watered and drought-treated P. sylvestris seedlings during a daytime 20-day heatwave (max. 42°C) and a 3-week recovery period. Hydraulic properties, leaf temperature, electrolyte leakage and maximum light adapted quantum yield of photosystem II (F'v/F'm) as indicators of stress severity and recovery capacity were assessed. Following stress release, a 15N tracer was applied to the soil, followed by 13CO2 canopy pulse-labeling (2 days post-stress) to trace the labels through plant compartments, respiration and the soil microbial biomass (SMB).
Results from the first experiment showed that drought causing a stem xylem water potential (ΨStem) of -3.2 MPa and c. 50% PLC severely impaired hydraulic and metabolic functioning of Scots pine seedlings. Both x-ray microtomography and intrusive measurements demonstrated that embolized tracheids were not refilled and stem hydraulic conductivity did not recover within 4 weeks. These drought-induced damages caused a reduced water transport capacity, which was reflected in the incomplete recovery of leaf gas exchange to c. 50-60% of control values. Moreover, I could not find evidence for NSC reserves limiting hydraulic recovery as strong storage formation was observed post-drought. In the second experiment, the limited capacity of leaf cooling in drought-treated compared to well-watered seedlings under a heat wave due to reduced transpiration rates was highlighted. However, impacts on electrolyte leakage in leaf tissues were negligible, but F'v/F'm declined moderately under heat and strongly under drought-heat stress, indicating a photoprotective process. The heat treatment alone resulted in little functional impairment, enabling fast recovery of metabolic and hydraulic parameters. In contrast, the combination of heat and drought caused a decline of needle water potential (ΨNeedle) to -2.7 MPa, resulting in metabolic dysfunction by suppressed photosynthesis and partial hydraulic impairment. These dynamics were also reflected in stem diameter shrinkage, indicating a large formation of tree water deficit. Legacy effects of drought-heat stress were observed in a delayed or incomplete recovery of leaf and stem hydraulic conductance, and shoot and root gas exchange. Considering C allocation dynamics shortly post-stress, I found seedlings recovering from heat stress to rapidly translocate recent C along the long-distance transport path, to root respiration (Rroot; 7.1 h) and the SMB (3 days). Further, these seedlings strongly allocated 13C to branch cellulose, indicating a compensatory response by secondary growth enhancement. Contrary, in previously drought-heat treated seedlings, 13C accumulated in needles, while C translocation to Rroot was delayed (13.8 h). Stress-induced meristem inactivation might have inhibited short-term growth, supported by reduced N uptake and aboveground allocation. Further, C was strongly allocated to starch (i.e. storage) post drought-heat, which might have occurred passively shortly post-stress due to reduced C transport to other organs, but actively later during the recovery period (7 days after stress release), when also growth appeared to be a strong C sink.
The findings of this thesis demonstrate that Scots pine is capable of surviving and partially recovering from extreme climatic events, while soil water availability was shown to be of high importance in lowering heat stress impacts. The large limitations to leaf gas exchange recovery following water limitation result from hydraulic constraints such as persisting stem xylem embolism. Albeit delayed, the upregulation of stem growth during recovery from drought-heat stress might therefore suggest the importance of restoring hydraulic conductivity to enable improved C uptake. Further, I could demonstrate that C and N allocation dynamics early during recovery depend on stress impacts. The initially reduced above-belowground coupling following combined drought and heat stress indicates considerable functional impairment, particularly in phloem loading and transport, as well as meristem inactivation. Large investments into storage formation post-stress might serve as safety measure for upcoming stress periods. In summary, this thesis highlights that stress-induced impairment of important physiological processes in Scots pine seedlings can affect C and water cycling in the long-term. Such legacy effects could be important when addressing forest responses to increasing extreme events under climate change.