Abstract:
In der Partikeltechnik wurden aufgrund erheblicher Forschungsanstrengungen in den letzten Jahren große Fortschritte mit immer breiteren Anwendungsmöglichkeiten erzielt. Diese Anwendungen stellen hohe Anforderungen an die eingesetzten Partikelsysteme hinsichtlich diverser Qualitätskriterien, was wiederum Trennschritte bezüglich verschiedenster Eigenschaften, wie z. B. Partikelgröße, Oberflächeneigenschaften und Partikelform während der Herstellung erforderlich macht. Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit besteht in der Weiterentwicklung der wenig bekannten magnetic seeded filtration (MSF) zu einem selektiven und mehrdimensionalen Fest-Flüssig-Trennverfahren. ... mehrBei diesem Verfahren werden der aufzutrennenden Suspension in einem ersten Schritt magnetische Hilfspartikel zugegeben. Anschließend erfolgt eine selektive Agglomeration zwischen den magnetischen und nichtmagnetischen Partikeln und die gebildeten Hetero-Agglomerate werden anschließend über eine Magnetseparation abgetrennt.
Im ersten Teil stehen die Oberflächeneigenschaften als Trennmerkmal im Fokus. Das Zusammenspiel der verschiedenen Partikel-Partikel Wechselwirkungen legt fest, ob eine Agglomeration stattfindet oder nicht. Im Fall einer ladungsbasierten Trennung entscheiden besonders $pH$-Wert und Ionenstärke über den Abscheidegrad: Der $pH$-Wert beeinflusst maßgeblich die Ladung der Partikel und folglich die Stärke der repulsiven elektrostatischen Wechselwirkung, während die Ionenstärke deren Reichweite bestimmt. Liegen hydrophobe Oberflächen vor, so bestimmen besonders deren hydrophobe Wechselwirkungen das Agglomerationsverhalten. Diese Arbeit zeigt experimentell, dass hohe bzw. nahezu vollständige Abscheidegrade mittels MSF auch in verdünnten Suspensionen umsetzbar sind und identifiziert die wesentlichen Prozessparameter. Für die angestrebte mehrdimensionale Trennung ist die Abhängigkeit bezüglich eines zweiten Trennkriteriums erforderlich. Grundlegende Experimente zeigen, dass der Trenngrad mit steigender Partikelgröße zunimmt, was sich anhand der Abhängigkeiten von Kollisionsfrequenz und Agglomerationswahrscheinlichkeit erklären lässt.
Der Übergang in die Mehrstoffsuspension stellt insbesondere die Selektivität, d. h. das Verhältnis der Abscheidegrade der nichtmagnetischen Stoffsysteme in den Vordergrund. Eine selektive Trennung auf Basis der Oberflächenladung ist zwar möglich, jedoch führt die unerwünschte Hetero-Agglomeration zwischen nichtmagnetischen Partikeln zu einer reduzierten Selektivität. Dieser Effekt ist bei einer Trennung auf Basis der Hydrophobizität nicht zu beobachten, was in hoch selektiven Trennprozessen resultiert. Die Kombination aller gewonnenen Erkenntnisse resultiert in der erstmaligen Umsetzung einer mehrdimensionale Trennung, d. h. Partikel einer Mischsuspension werden in einem einzelnen Trennschritt bezüglich Oberflächenladung sowie Partikelgröße klassiert.
Die experimentellen Untersuchungen basieren auf Analysen vor und nach dem Trennschritt und erlauben keine Einblicke in die ablaufenden Mikroprozesse. Aus diesem Grund etabliert die vorliegende Arbeit die parallele, modellhafte Berechnung der Agglomerationsvorgänge mittels Populationsbilanzen. Nach einer allgemeinen Validierung des Modells erfolgt die Anwendung auf experimentelle Parameterstudien. Hierbei wird deutlich, dass die prädiktive Berechnung der Agglomerationsraten bzw. die Genauigkeit der zugrunde liegenden Stoffdaten limitierend ist. Die Integration von Korrekturfaktoren erlaubt zwar die experimentellen Abscheidegrade zufriedenstellend wiederzugeben, jedoch resultiert hieraus eine undurchsichtige Modellstruktur und ein komplexes Optimierungsproblem. Als Alternative wird ein hybrider Ansatz vorgestellt, bei dem ein datengetriebenes Modell aus dem Bereich des maschinellen Lernens die Berechnung der Agglomerationsraten ersetzt. Auch dieser Ansatz bildet, trotz deutlich reduzierter Modellkomplexität, die experimentellen Daten zufriedenstellend ab. Das Modell gewährt Einblicke in nicht messbare Größen, wie z. B. die zeitlich aufgelöste Agglomerat-Zusammensetzungsverteilung und liefert anschauliche Darstellungen der ablaufenden Agglomerationsprozesse.
Abschließend widmet sich die vorliegende Arbeit Fragestellungen hinsichtlich der Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit des Verfahrens. Hierzu werden drei Strategien zum Wiederaufschluss der abgetrennten Agglomerate sowie der Rückgewinnung der eingesetzten magnetischen Hilfspartikel experimentell untersucht: Beim thermischen Aufschluss wird die nichtmagnetische Fraktion unter erhöhten Temperaturen zersetzt, beim chemischen Aufschluss erfolgt ein Auflösen der nichtmagnetischen Fraktion in einem geeigneten Lösungsmittel und beim mechanischen Aufschluss werden die Agglomerate unter Energieeintrag aufgebrochen. Die rückgewonnenen magnetischen Partikel werden über mehrere Zyklen ohne Zugabe neuen Materials eingesetzt, um eventuelle Langzeiteffekte zu identifizieren. Alle Strategien zeigen hohe Recyclingraten der magnetischen Komponente und folglich auch hohe Abscheidegrade über den Verlauf der Versuchsreihen. Auch die Rückgewinnung der separierten, nichtmagnetischen Fraktion ist zu einem hohen Anteil möglich. Dargelegte Optimierungsansätze geben Anhaltspunkte zur zukünftigen Verbesserung von Abscheidegrad und Rückgewinnungsrate und die durchgeführte Studie trägt somit dazu bei, die MSF wettbewerbsfähig und anwendungsorientiert umzusetzen.
Abstract (englisch):
In particle technology, great progress with ever broader application possibilities has been achieved in recent years due to considerable research efforts. These applications place high demands on the particle systems used with respect to various quality criteria. This necessitates separation steps concerning a wide range of properties, such as particle size, surface properties and particle shape during production. The objective of this work is to further develop the lesser-known magnetic seeded filtration (MSF) into a selective and multidimensional solid-liquid separation process. ... mehrAt first, magnetic seed particles are added to the suspension. This is followed by selective agglomeration between the magnetic and non-magnetic particles and subsequent magnetic separation of the formed hetero-agglomerates.
Initially, the focus is on the surface properties as separation criterion. The interplay of the various particle-particle interactions determines whether agglomeration occurs or not. In the case of charge-based separation, the $pH$ value and ionic strength in particular, determine the separation efficiency: The $pH$ value has a significant influence on the charge of the particles and consequently on the strength of the repulsive electrostatic interaction, while the ionic strength determines its range. If hydrophobic surfaces are present, their hydrophobic interactions determine the agglomeration behavior. This work shows experimentally that high, or nearly complete, degrees of separation by MSF can be realized even in dilute suspensions and identifies the essential process parameters. For the desired multidimensional separation, dependence on a second separation criterion is required. Experiments show that the separation efficiency increases with increasing particle size, which can be explained based on the dependencies of collision frequency and collision efficiency.
The subsequent transition to multi-component suspensions places particular emphasis on selectivity, i.e. the ratio of the separation efficiencies of the non-magnetic systems. Selective separation based on surface charge is possible, but an undesirable hetero-agglomeration between the non-magnetic particles leads to reduced selectivity. This effect is not observed with separation based on hydrophobicity, resulting in highly selective separation processes. Subsequently, all gained knowledge is combined in the realization of a multidimensional separation, i.e. particles of a mixed suspension are classified in a single separation step with respect to surface charge as well as particle size.
The experimental investigations are based on analyses before and after the separation step and do not allow any insight into occuring micro-processes. For this reason, the present work establishes the parallel, model-based calculation of the agglomeration processes utilizing population balances. After a general validation of the model, the application to experimental parameter studies is carried out. Here, the predictive calculation of the agglomeration rates or the accuracy of the underlying material data is limiting. By integrating correction factors, the experimental separation efficiencies can be reproduced satisfactorily, but this results in a non-transparent model structure and a complex optimization problem. As an alternative, a hybrid approach is presented in which a data-driven model from the field of machine learning replaces the calculation of agglomeration rates. This approach also satisfactorily reproduces the experimental data, despite significantly reduced model complexity. The model allows insights into non-measurable quantities, such as the time-resolved agglomerate composition distributions and provides vivid representations of the agglomeration processes taking place.
Finally, the present work is devoted to questions concerning the feasibility and economic efficiency of the process. For this purpose, three strategies for processing the separated agglomerates and recovery of the magnetic seed particles are investigated experimentally: In thermal treatment, the non-magnetic fraction is decomposed under elevated temperatures. In chemical treatment, the non-magnetic fraction is dissolved in a suitable solvent and in mechanical treatment, the agglomerates are broken up under energy input. The recovered magnetic particles are used for several cycles without adding new material to identify any long-term effects. All strategies show high recycling rates of the magnetic component and consequently high separation efficiencies over the course of the experimental series. The recovery of the separated non-magnetic fraction is also possible to a high extent. The optimization approaches outlined provide indications for future improvement of the separation efficiency and recovery rate and the study carried out thus contributes to the competitive and application-oriented implementation of MSF.