Abstract:
Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung eines hybriden Simulationsmodells zur Optimierung des Betriebsverhaltens von Dekantierzentrifugen. Konkret umfasst dies die Erweiterung eines dynamischen Prozessmodells, die Modellierung eines Algorithmus zur Berechnung von Degritting und die Entwicklung eines Grey-Box-Modells als hybriden Modellierungsansatz. Dekantierzentrifugen (kurz Dekanter genannt) sind spezielle Zentrifugen, welche einige Vorteile bei der großtechnischen Anwendung bieten. Sie sind unter anderem häufig in der Bergbauindustrie beispielsweise bei der Verarbeitung von Mineralien wie Calciumcarbonat (Fest-Flüssig Trennung, Klassierung, Degritting) im Einsatz, da sie kontinuierlich und in kurzer Zeit hohe Durchsätze verarbeiten können. ... mehrAllerdings ist der Betrieb von Dekantierzentrifugen mit einem erhöhten Energieaufwand und dadurch Kosten verbunden. Deswegen sind Methoden und Modelle zur mathematischen Beschreibung von Dekantierzentrifugen wichtig, um den optimalen Betriebspunkt zu bestimmen und dadurch sowohl den Energieaufwand als auch die Prozesskosten zu senken. Des Weiteren bilden Berechnungsmethoden eine wichtige Grundlage bei der Dimensionierung neuer Dekantierzentrifugen, um den experimentellen Aufwand zu reduzieren oder sogar zu ersetzen. Bestehende Methoden waren bisher nicht ausreichend, um das dynamische Verhalten von feindispersen Suspensionen im gesamten Apparat zu beschreiben.
Basierend auf einem dynamischen Modell für die Klassierung und den Sedimentaufbau im zylindrischen Teil von Dekantierzentrifugen erfolgt in der hier vorliegenden Arbeit die Erweiterung des Modells um den konischen Teil der Zentrifuge zur ganzheitlichen Betrachtung des Dekanters. Insbesondere bei der mechanischen Entfeuchtung ist das Materialverhalten im konischen Teil von entscheidender Bedeutung für den effizienten Betrieb von Dekantierzentrifugen. Weiterhin wird im Rahmen dieser Arbeit die Kompressionsfunktion zur Sedimentkonsolidierungsfunktion erweitert. Damit lässt sich zusätzlich der Effekt der Scherverdichtung charakterisieren und in der Simulation berücksichtigen. Der Vergleich von experimentellen Ergebnissen der Validierungsversuche im Labor-, Pilot- und Industriemaßstab mit Simulationen bestätigen sowohl die Scale-up Fähigkeit als auch die Übertragbarkeit des Simulationsmodells auf andere Produkte.
Darüber hinaus erfolgt die Entwicklung eines Ansatzes zur Modellierung von Degritting (Abtrennung von Überkorn wie Mahlperlen aus dem eigentlichen Wertprodukt). Mehrphasensimulationen mittels Computational Fluid Dynamics dienen zur Ableitung einer Trennbedingung der unerwünschten Überkornpartikel aus der Suspensionen. Die Ergebnisse von Experimenten aus der industriellen Praxis stimmen sehr gut mit den Ergebnissen des Degritting Algorithmus überein. Diese Studien bestätigen, dass die hier entwickelte Simulationsmethode detaillierte Einblicke in das Abscheideverhalten liefert.
In einigen praxisrelevanten Anwendungen, wie beispielsweise bei der Einstellung einer großen Teichtiefe innerhalb der Dekantierzentrifuge, können lokale Turbulenzen und Strömungen in einigen Bereichen der Zentrifuge das Abscheideverhalten der Partikel beeinflussen. Das Prozessmodell allein kann lokale Strömungseffekte auf das Abscheideverhalten bei solchen Teichtiefen nicht abbilden, da dies eine detaillierte Strömungssimulation erfordert und für diese Abhängigkeiten allgemein keine analytischen oder empirischen Gleichungen zur Verfügung stehen. Deswegen erfolgt im Rahmen dieser Arbeit die Entwicklung eines sogenannten hybriden Simulationsmodells, um zukünftig die beschriebenen Abhängigkeiten trotzdem abzubilden. Die Grey-Box-Modellierung stellt einen hybriden Modellierungsansatz dar, der aus einem parametrischen und einem nicht-parametrischen Modell besteht. Das parametrische Modell ist das zuvor entwickelte dynamische Prozessmodell, welches die physikalische Basis darstellt und als idealer Schätzer für den zu simulierenden Prozess dient. Darüber hinaus ist das nicht-parametrische Modell ein neuronales Netzwerk, das lernt die Simulationsdaten entsprechend zu korrigieren, falls im trainierten Bereich die Abweichungen zwischen Simulationsergebnissen und Trainingsdaten zu groß sind. Die Modellierung eines solchen statischen, parallelen Grey-Box-Modells für Dekantierzentrifugen ist in dieser Arbeit dargestellt. Die Ergebnisse bestätigen, dass es durch Training des neuronalen Netzwerkes möglich ist den Einfluss von lokalen Strömungseffekten auf das Abscheideverhalten von Partikeln innerhalb der Zentrifuge abzubilden. Generell ergeben sich dadurch neue Möglichkeiten das hybride Simulationsmodell zu erweitern. Zusätzliche Effekte lassen sich entweder über weitere Gleichungen in das parametrische Modell integrieren oder das neuronale Netz lernt durch gezielte Experimente die Zusammenhänge zu beschreiben.
Mit der hier entwickelten und validierten Simulationsmethode ist es zukünftig möglich, das dynamische Verhalten von feindispersen Suspensionen unter Berücksichtigung der Scherverdichtung in der gesamten Dekantierzentrifuge zu beschreiben. Darüber hinaus liefert der neu entwickelte Degritting Algorithmus ein dynamisches Modell zur Berechnung für diese Anwendung. Insgesamt demonstrieren die Ergebnisse dieser Arbeit die Vorteile der Entwicklung von hybriden Simulationsmodellen bei der Optimierung des Betriebsverhaltens von Dekantierzentrifugen. Durch die gewonnenen Erkenntnisse ist es möglich, das Prozessverhalten von Dekantierzentrifugen effizienter und akkurater vorherzusagen. Dies erlaubt die Optimierung von Prozessketten und eröffnet neue Methoden in der Auslegung von Zentrifugen und deren Einsatz in der Prozesskette. Weiterhin bildet die Anwendung von hybriden Modellierungsansätzen wie hier am Beispiel der Dekantierzentrifuge eine wichtige Grundlage für die anwendungsorientierte Forschung angesichts der zunehmenden Digitalisierung.
Abstract (englisch):
This dissertation deals with the development of a hybrid simulation model for the optimisation of the process behaviour of decanter centrifuges. More specifically, this includes the extension of a dynamic process model, the modelling of an algorithm for the computation of degritting and the development of a grey-box model as a hybrid modelling approach. Decanter centrifuges (so-called decanters) are special centrifuges that offer several advantages in industrial-scale applications. Besides other things, they are often used in the mining industry, for example in the processing of minerals such as calcium carbonate slurries (solid-liquid separation, classification, degritting), as they can process high throughputs continuously. ... mehrHowever, the use of decanter centrifuges is combined with increased energy consumption and thus costs. Therefore, methods and models for the mathematical description of decanter centrifuges are important in order to determine the optimal operating conditions and thus reduce both the energy consumption and the operating costs. Furthermore, calculation methods provide an important basis for the dimensioning of new decanter centrifuges in order to reduce or even replace the experimental effort. Existing methods have so far been insufficient to describe the dynamic behaviour of finely dispersed suspensions in the entire apparatus.
Based on the approach according to a dynamic model for the classification and sediment build-up in the cylindrical part of decanter centrifuges, the present work extends the model to include the conical part of the centrifuge for a comprehensive view of the decanter. Particularly in mechanical dewatering, the material behaviour in the conical part is decisive for operating decanter centrifuges efficiently. Furthermore, the compression function is enhanced to a sediment consolidation function as part of this work. This allows to characterise and consider additionally the effect of shear compaction. The comparison of experimental results of validation trials in laboratory, pilot and industrial scale with simulations confirm the scale-up capability as well as the transferability of the simulation model to other products.
Additionally, an approach for modelling degritting (separation of oversized particles such as grinding beads from the actual valuable product) is developed. Multiphase simulations using computational fluid dynamics are used to determine a separation condition for the unwanted oversized particles from the slurry. The results of experiments from industrial applications agree very well with the observations of the degritting algorithm. These studies validate that the novel simulation method provides detailed insights into the separation behaviour.
In some practical applications, such as using a large pool depth within the decanter centrifuge, local turbulences and flow phenomena in some areas of the centrifuge can influence the separation behaviour of the particles. The process model alone cannot map local flow effects on the separation behaviour at such pool depths, as this requires a detailed flow simulation and generally no analytical or empirical equations are available for these dependencies. For this reason, a so-called hybrid simulation model is being developed within the scope of this work in order to represent the described dependencies in the future. Grey-box modelling represents a hybrid modelling approach consisting of a parametric and a non-parametric model. The parametric model is the previously developed dynamic process model, which represents the physical basis and serves as an ideal estimator for the process to be simulated. Furthermore, the non-parametric model is a neural network that learns to correct the simulation data accordingly if the deviations between simulation results and training data are too large in the trained domain. The modelling of such a static, parallel grey-box model for decanter centrifuges is presented in this work. The results confirm that it is possible to model the influence of local flow effects on the separation behaviour of particles within the centrifuge by training the neural network. In general, this opens up new possibilities for extending the hybrid simulation model. Additional effects can either be integrated into the parametric model via further equations, or the neural network learns to describe the correlations through systematic experiments.
By using the simulation method developed and validated here, it is possible to describe the dynamic behaviour of finely dispersed slurries, considering the entire decanter centrifuge and shear compaction. Furthermore, the new developed degritting algorithm provides a dynamic model for the simulation of this application. In summary, the results of this work demonstrate the advantages of developing hybrid simulation models in optimising the process behaviour of decanter centrifuges. The gained understanding allows to predict the process behaviour of decanter centrifuges more efficiently and accurately. This leads to the optimisation of process chains and opens up new methods for the design of centrifuges and their use in the process chain. Furthermore, the application of hybrid modelling approaches, as here in the example of the decanter centrifuge, is an important basis for application-oriented research in the context of increasing digitalisation.