Abstract:
Geologische Funde deuten auf Gletscher hin, die im Kryogenium (vor 720 - 635 Millionen Jahren) in den tropischen Ozean flossen. Diese Funde werden klassischerweise durch die Schneeball-Erde Hypothese erklärt, in welcher ein vollständig mit Eis bedeckter Ozean angenommen wird. Es ist jedoch schwierig, diese Bedingungen mit fossilen Funden in Einklang zu bringen, welche auf das Überdauern komplexer mariner Lebewesen während der Eiszeiten im Kryogenium hindeuten. Daher wurden alternative Szenarien vorgeschlagen, die ein großflächiges Refugium in Form eines eisfreien Wassergürtels im tropischen Ozean beinhalten. ... mehrEin besonders attraktives Szenario mit einem Wassergürtel-Klimazustand ist die sogenannte Jormungand-Hypothese, da sie einen umfassenden Lebenszyklus für den Ablauf der Eiszeiten vorschlägt und auf gut verstandenen atmosphärischen Prozessen beruht. Der Jormungand-Hypothese zufolge wird das Klima im Wassergürtel-Zustand durch eine Abschwächung des Eis-Albedo-Feedbacks in den Subtropen stabilisiert. In den Subtropen sind die Niederschlagsraten an der Erdoberfläche aufgrund der Hadley-Zirkulation geringer als die Verdunstungsraten. In Summe führt das zur Verdunstung von Schnee, der sich zuvor auf Meereis abgelagert hat. Daher ist das Meereis in den Subtropen schneefrei. Im Gegensatz zu Schnee, der eine hohe Albedo aufweist, ist schneefreies, blankes Meereis relativ dunkel. In dieser Arbeit untersuchen wir, ob ein auf der Jormungand-Hypothese basierendes Wassergürtel-Szenario sich als mögliche Erklärung für die Eiszeiten des Kryogeniums eignet.
Wir untersuchen zunächst, ob auf der Jormungand-Hypothese basierende Wassergürtel-Zustände eine robuste Eigenschaft des Klimas der Erde sind. Hierzu führen wir idealisierte Simulationen mit zwei Klimamodellen durch, die einen Wasserplaneten repräsentieren. Zusätzlich führen wir Simulationen mit modifizierten Eigenschaften der simulierten Wolken durch. Wir interpretieren die Ergebnisse aus den Klimamodellen mit einem eindimensionalen Energiebilanzmodell. Unsere Simulationen zeigen, dass geologisch relevante Wassergürtel-Zustände keine robuste Eigenschaft des Klimas sind. Damit Wassergürtel-Zustände geologisch relevant sind, ist es notwendig, dass in den Subtropen neben schneefreiem Meereis mit einer niedrigen Albedo Mischphasen-Wolken existieren, die viel solare Einstrahlung reflektieren. Weiterhin zeigen unsere Ergebnisse, dass die hohe Unsicherheit, die mit der Abbildung von Mischphasen-Wolken in Klimamodellen verbunden ist, eine Beurteilung verhindert, ob die Mischphasen-Wolken tatsächlich viel solare Einstrahlung reflektiert haben und damit auch, ob die Erde während des Kryogeniums in einem Wassergürtel-Zustand war.
Es ist weithin bekannt, dass die Unsicherheit, die mit der Abbildung von Wolken in Klimamodellen verbunden ist, hauptsächlich aus den Parametrisierungen für Konvektion und Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen resultiert.
Daher untersuchen wir in einem zweiten Schritt, ob die Reduktion der erforderlichen Modellannahmen für die Abbildung von Konvektion in atmosphärischen Modellen uns hilft, die Plausibilität eines Wassergürtel-Szenarios zu beurteilen. Wir gehen hierbei in drei Schritten vor.
1) Wir zeigen, dass in Klimamodellen nicht explizit aufgelöste Prozesse einen erheblichen Einfluss darauf haben, wie viel solare Einstrahlung durch Mischphasen-Wolken in Wassergürtel-Zustand reflektiert wird.
2) Wir führen eine Reihe von Simulationen mit dem Atmosphärenmodell ICOsahedral Nonhydrostatic (ICON) durch, die von Simulationen mit grobskaligen Klimamodellen bis hin zu Large-Eddy-Simulatio\-nen reichen, welche die atmosphärische Konvektion explizit auflösen. Wir verwenden für diese Simulationen moderate Konzentrationen von Aerosolpartikeln, die als Eiskeime fungieren können. Diese Simulationen deuten darauf hin, dass stark reflektierende Wolken in den Subtropen während des Kryogeniums existiert haben können.
3) Wir testen, wie stark sich die Reflektivität der Wolken ändert, wenn wir die Konzentration an Aerosolpartikeln, die Eiskeime bilden können, erhöhen. Bei hohen, aber vertretbaren Konzentrationen von Aerosolpartikeln ist die Reflektivität der Wolken stark reduziert. Daraus schließen wir, dass die Existenz stabiler Wassergürtel-Zustände durch die Konzentration dieser Partikel bestimmt werden kann. Aus dem zweiten Teil dieser Arbeit schlussfolgern wir, dass das explizite Auflösen von konvektiven atmosphärischen Prozessen helfen kann, die Reflektivität von Mischphasen-Wolken während des Kryogeniums genauer zu bestimmen. Allerdings ist eine Eingrenzung der Reflektivität von Mischphasen-Wolken dennoch nur bedingt möglich, da unser begrenztes Wissen über die damalige Konzentration und Zusammensetzung von Aerosol stark begrenzt ist.
Insgesamt schlussfolgern wir, dass Wassergürtel-Zustände angesichts der großen Unsicherheit, die mit der Abbildung von Mischphasen-Wolken und ihrer Wechselwirkung mit Strahlung in atmosphärischen Modellen einhergeht, weiterhin eine unsichere Eigenschaft des Klimas der Erde bleiben. Die Idee, dass Szenarien mit einem Wassergürtel-Zustand die geologischen Befunde des Kryogeniums erklären können, wird durch unsere Ergebnisse stark in Frage gestellt. Die damaligen Lebewesen waren daher mit hoher Wahrscheinlichkeit den harschen Bedingungen eines vollständig mit Eis bedeckten Ozeans ausgesetzt.
Abstract (englisch):
Geological evidence of active tropical glaciers reaching sea level during the Cryogenian (720 - 635 Million years ago), suggesting a global ocean completely covered in ice, was the key observation in the development of the hard Snowball Earth hypothesis. These conditions are hard to reconcile with the survival of complex marine life through Snowball Earth glaciations, which led to alternative waterbelt scenarios where a large-scale refugium was present in the form of a narrow ice-free strip in the tropical ocean. Among the proposed waterbelt scenarios, the so-called Jormungand hypothesis is particularly attractive as it proposes an entire life cycle of the glaciations and rests on well-established atmospheric dynamics and physics. ... mehrAccording to the Jormungand hypothesis, the waterbelt climate is stabilized by a weakening of the ice-albedo feedback in the subtropical region. In the subtropics, subsidence associated with the Hadley circulation suppresses precipitation and promotes evaporation of high-albedo snow deposited on sea ice. Hence, subtropical sea ice is snow-free and relatively dark. We here investigate whether a Jormungand-waterbelt scenario is a viable explanation for the Cryogenian glaciations.
In a first step we investigate whether Jormungand-waterbelt states are a robust feature of Earth's past climate using idealized aquaplanet simulations from two climate models run with a variety of cloud treatments in combination with an energy balance model. Our simulations show that geologically relevant waterbelt states are not a robust and naturally emerging feature of climate. Intense shortwave reflectivity by mixed-phase clouds, in addition to a low albedo of bare sea ice, is needed for geologically-relevant waterbelt states. However, the high uncertainty associated with representing mixed-phase clouds in general circulation models prohibits us to assess whether shortwave cloud reflectivity was high and thus whether a waterbelt climate prevailed during the Cryogenian period.
The uncertainty associated with representing clouds in general circulation models was shown to primarily arise from convection parameterizations and aerosol-cloud interactions. Therefore, in a second step, we investigate whether reducing the required model assumptions associated with the treatment of convection in atmospheric models helps us to assess the plausibility of a waterbelt scenario. First, we show that unresolved sub-grid scale processes generate substantial differences in Cryogenian subtropical cloud reflectivity among general circulation models. Second, we conduct a hierarchy of simulations using the ICOsahedral Nonhydrostatic (ICON) modeling framework, ranging from coarse-scale general circulation model simulations to large-eddy simulations that explicitly resolve atmospheric convective-scale motions. Our hierarchy of simulations supports the existence of highly reflective subtropical clouds if we apply moderate ice nucleating particle concentrations. Third, we test the sensitivity of cloud reflectivity to the abundance of ice nucleating particles.
In the presence of high but justifiable ice nucleating particle concentrations, cloud reflectivity is strongly reduced.
Hence, the existence of stable waterbelt states does critically depend on the abundance of ice nucleating particles.
We conclude that explicitly resolving convection can help to constrain Cryogenian cloud reflectivity, but limited knowledge concerning Cryogenian aerosol conditions hampers strong constraints.
Overall, given the large uncertainty in mixed-phase clouds and their interaction with radiation, waterbelt states remain an uncertain feature of Earth's climate. Our results strongly question the idea that waterbelt scenarios can explain the Cryogenian geology. Thus, we conclude that Cryogenian life likely faced the harsh conditions of a hard Snowball Earth.