Abstract:
Fortbewegung zu Fuß ist nachweislich der körperlichen und geistigen Gesundheit der Menschen zuträglich und gilt als Schlüssel zu nachhaltigem und lebenswertem städtischem Leben. Der Anteil der Fußgänger am Verkehrsaufkommen ist allerdings mit der rasanten Motorisierung und Verstädterung auf der ganzen Welt rückläufig. Darüber hinaus halten fußgängerunfreundliche Umgebungen Menschen davon ab, zu Fuß zu gehen. Die Angst vor Kriminalität wurde als wichtigstes Hindernis genannt. Sie macht das Zufußgehen zu kritischen Tageszeiten unattraktiv, selbst wenn es nach allen anderen Maßstäben bequem wäre. ... mehrDie Furcht vor Kriminalität beeinflusst die Wahl des Weges und der Verkehrsmittel. Sie motiviert die Menschen dazu, kostspieligere Alternativen zu nutzen, zum Beispiel sinnvolle Umwege zu gehen oder ganz auf das Gehen zu verzichten und auf andere, meist motorisierte Verkehrsmittel umzusteigen. Die Angst vor Kriminalität verringert die allgemeine Begehbarkeit eines Stadtgebiets, reduziert die Zeit, die zu Fuß verbracht wird, und verhindert damit die Vorteile, die das Zufußgehen geboten hätte.
Herkömmliche Ansätze zur Verringerung der Furcht vor Kriminalität in Außenbereichen umfassen städtebauliche Verbesserungen und Infrastrukturüberholungen. Sie sind teuer, lokal begrenzt und erfordern einen erheblichen Zeit- und Personalaufwand. Andere, neuere, ortsgestützte IT-Ansätze, die zum Beispiel sichere Routenempfehlungssysteme beinhalten, leiden unter einer starken Abhängigkeit von Kriminalitäts- und anderen Daten und sind dafür bekannt, dass sie Gesellschaften durch die Erstellung von Profilen sozioökonomischer Gruppen segregieren.
Um die Herausforderungen der bestehenden Methoden zu überwinden, wird in dieser Arbeit das Walk-Sharing (wörtlich: gemeinsames Gehen) eingeführt. Walk-Sharing ist ein neuartiger Service in der Kategorie der geteilten Mobilität, die darauf abzielt, Menschen dazu zu ermutigen, zu Fuß zu gehen, anstatt andere Verkehrsmittel zu nutzen, wenn dies möglich ist. Da sich Menschen sicherer fühlen, wenn sie in Begleitung gehen, bringt Walk-Sharing Menschen mit ähnlichen räumlichen und zeitlichen Mobilitätsbedürfnissen zusammen, die bereit sind, zu Fuß zu ihren jeweiligen Zielen zu gehen. Durch das gemeinsame Gehen für einen Teil oder die gesamte Strecke verbessert das Walk-Sharing die aktive natürliche Wachsamkeit und verringert so die Angst vor Kriminalität. Durch die Verringerung der Angst vor Kriminalität während des Gehens hat Walk-Sharing das Potenzial, das Gehen attraktiver zu machen und damit den Anteil des Fußverkehrs auf kurzen Strecken zu erhöhen und folglich den motorisierten Verkehr zu reduzieren, was wiederum zu einer Verringerung der Emissionen und der Verkehrsbelastung führt.
In dieser Arbeit werden die Grundlagen des Walk-Sharing erörtert, seine Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu bestehenden geteilten Mobilitätsformen herausgearbeitet und ein konzeptionelles Modell vorgeschlagen, das eine abstrakte Darstellung eines möglichen Walk-Sharing-Systems darstellt. Basierend auf der Logik dieses konzeptionellen Modells wird in dieser Arbeit ein agentenbasiertes Simulationsmodell vorgestellt, um die Leistung von Walk-Sharing unter plausiblen Szenarien objektiv zu messen. Anhand theoretischer Simulationen wird das Sensitivitätsverhalten des Walk-Sharing-Modells dargestellt, was auch die logische Funktion des Modells selbst zeigt. Danach werden begründeter Annahmen über menschliche Präferenzen herangezogen, um eine Simulation des Walk-Sharing auf einem Universitätscampus vorzustellen. Diese Simulation zeigt bis zu 80% Effektivität in Bezug auf die Verbesserung der Sicherheit.
Schließlich werden in dieser Arbeit eine Umfrage und deren Ergebnisse vorgestellt, die die tatsächlichen räumlich-zeitlichen Präferenzen, die sozialen Präferenzen und die allgemeine Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an Walk-Sharing aufzeigen. Mit diesen Erkenntnissen wird eine kalibrierte, ausgefeiltere und fundiertere Simulation des Walk-Sharing vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass gemeinsames Gehen bis zu 60% zur Verbesserung der Sicherheit beiträgt und gleichzeitig räumlich-zeitliche Kosten verursacht, die im Rahmen der von der befragten Gruppe bevorzugten Standards liegen.
Walk-Sharing überwindet die Nachteile der bestehenden Ansätze zur Verringerung der Kriminalitätsfurcht, indem es proaktiv (unabhängig von Kriminalitäts- und stellvertretenden soziodemographischen Daten) und kostengünstig ist (keine größeren infrastrukturellen Veränderungen oder erheblicher menschlicher Aufwand erforderlich). Es ist skalierbar und übertragbar (kann überall angewendet werden und ist für die Gesellschaft angesichts der gegenwärtigen Verbreitung von Smartphones leicht zugänglich). Im Zeitalter des ubiquitären Computings, des Internets der Dinge, effizienter standortbezogener Dienste, und Smartphones könnte Walk-Sharing die intelligentere Lösung sein, die das Zufußgehen als sicherere Mobilitätsform für räumlich und zeitlich günstige Wege fördert und somit Fortschritte in Richtung eines nachhaltigeren städtischen Lebens macht, indem sie die aktive Mobilität erhöht und den motorisierten Verkehr reduziert.
Abstract (englisch):
Although walking has been proven to be beneficial for the physical and mental health of human beings, and has been shown to be a key to sustainable and liveable communities, its modal share has been gradually diminishing with rapid motorisation and urbanisation across the globe. Moreover, challenging walking environments discourage people from walking, especially in the case of walking for transport. Fear of crime has been cited as the most important barrier for which walking becomes unattractive at critical times of the day, even though walking might be convenient otherwise. ... mehrFear of crime influences people's choice of route and travel mode. It forces them to avail costlier alternatives, such as taking viable detours, or abandoning walking altogether and switching to alternative, usually motorised, modes of transport. Fear of crime reduces the overall walkability of an urban area, reduces the time spent on walking, and thereby disrupts the benefits that are offered by walking.
Traditional approaches aimed at reducing fear of crime in outdoor spaces, comprising of urban design improvements and infrastructural overhauls, are expensive, localised, involve significant time and human effort.
Other, more recent, location and IT based approaches, involving safe route recommendation systems, suffer from heavy dependency on crime and other proxy data sources, and have been known to segregate communities by profiling socio-economic groups.
To overcome the challenges of the existing methods, this thesis introduces walk-sharing. Walk-sharing is a novel form of shared mobility, which is aims to encourage people to choose walking over alternative modes, when it is viable.
As people feel safer walking with a companion as compared to walking alone, walk-sharing matches people with similar spatio-temporal interests who are willing to walk to their respective destinations. By ensuring companionship for pedestrians for a part or the entirety of their journey, walk-sharing improves active natural vigilance, thereby reducing their fear of crime. By reducing fear of crime while walking, walk-sharing has the potential to make walking more attractive, thereby improving its modal share for short-distance trips, and consequently, reduce motorised traffic, thereby reducing emissions and congestion.
This thesis discusses the fundamentals of walk-sharing, delineates its similarities and distinctions with existing shared forms of mobility, and proposes a conceptual model that is an abstract representation of a possible walk-sharing system. Based on the logic of the conceptual model, this thesis presents an agent-based simulation model to objectively measure the performance of walk-sharing under plausible scenarios. Using theoretical simulations, this thesis presents the sensitivity behaviour of the walk-sharing model, which also shows the logical efficacy of the model itself. Based on justified assumptions on human preferences, this thesis presents a simulation of walk-sharing on a university campus scenario, achieving up to 80% effectiveness in terms of safety improvement.
To gain knowledge about the actual preferences of the community about walk-sharing, this thesis presents a survey and its findings, which depict the spatio-temporal preferences, social preferences, and the overall likelihood of people towards participating in walk-sharing. This thesis finally presents a more sophisticated and grounded simulation of walk-sharing, calibrated using information about actual human preferences on walk-sharing from the survey.
Results show that walk-sharing is up to 60% effective in terms of safety improvement, while exhibiting spatio-temporal costs that are within the preferable standards of the community.
Walk-sharing overcomes the drawbacks of the existing fear of crime reduction approaches by being proactive (independent of crime and proxy crime data), inexpensive (no requirement of major infrastructural modification or significant human effort), and is scaleable and transferable (can be applied anywhere, and can be easily accessed by the community given the abundance of smartphones). In an age of ubiquitous computing, internet of things, efficient location-based services and smartphones, walk-sharing could be the `smart' solution that promotes walking as a safer mobility choice for spatio-temporally convenient trips, and consequently progress towards more sustainable urban living, by increasing active mobility and reducing motorised traffic.