Abstract:
Ziel des Projekts CheckExtrema ist, Anzeichen auf Überflutungsereignisse in der Region Franken anhand von historischen und geologischen Informationen zu erkennen, und vergangene Überschwemmungsereignisse mithilfe geeigneter historischer und geologischer Archive in einem gemeinsamen Überschneidungszeitraum zu identifizieren.
Als geologisches Archiv wurde Stalagmit KTH-2 (Kleine Teufelshöhle, Fränkische Schweiz) mittels 14C- und 230Th/U-Methode datiert und hochaufgelöst auf die stabilen Isotopenverhältnisse von Sauerstoff (δ18O) und Kohlenstoff (δ13C) sowie die spezifischen Spurenelementmuster von Mg, P etc. ... mehranalysiert. Parallel dazu wurde das Staats- und Stadtarchiv Nürnberg im Zeitraum 1400 bis 1800 n. Chr. auf Informationen über Überschwemmungsereignisse durchsucht.
Um die Datenauflösung der δ18O-Verhältnisse im Überschneidungszeitraum zu erhöhen, wurde zusätzlich zu der konventionellen δ18O-Messmethode (Micromill + IR-MS; 90 µm) eine mit 7 und 15 µm höchstaufgelöste Isotopenanalyse mittels Sekundärionen-Massenspektrometrie (SIMS) durchgeführt.
Für eine zuverlässigere Interpretation der Klimaproxies wurde in der Kleinen Teufelshöhle (KTH) und der benachbarten Zoolithenhöhle (ZooH) im Zeitraum 2016-2019 ein Monitoring-Programm durchgeführt, bei dem die Parameter der Höhlenatmosphären und die Tropfraten an fünf Tropfstellen hochaufgelöst aufgezeichnet, Tropf- und Niederschlagswässer mit ein- bis vierwöchiger Auflösung hochaufgelöst beprobt und frische Calcit-Präzipitate entnommen wurden.
Die Temperaturen innerhalb der Höhlen spiegeln die Oberflächentemperaturen mit Abweichungen < 1 °C sehr gut wider. Bei hohen rel. Feuchtigkeiten von ≈ 100 % können evaporative Prozesse weitestgehend ausgeschlossen werden. Geringere (höhere) CO2-Gehalte über die Wintermonate (Sommermonate) deuten auf gut bewetterte Höhlen hin. Die fünf Tropfstellen zeigen eine breite Tropfratencharakteristik mit schnellen (langsamen) Tropfraten und schneller (fehlender) Reaktion auf Infiltrationsereignisse.
Die Auflösung des Frankendolomits läuft weitestgehend kongruent ab. Die Mg/Ca- und Sr/Ca-Verhältnisse im Tropfwasser werden über variierende PCP-Raten und variierende Karstwasserverfügbarkeiten gesteuert. Temporär erhöhte Gehalte von Na, K, Al, Fe, Zn und P werden mit einer erhöhten Silikatverwitterungsrate und der Anwesenheit von Kolloiden im Tropfwasser begründet. HCO3- ist das dominierende Anion im Tropfwasser. Ein SICalcit > 0 zeigt eine konstante Übersättigung der Karstwässer an. An fast allen Tropfstellen findet ganzjährig Calcitpräzipitation statt.
Das δ18O-Inputsignal des Niederschlags zeigt eine Temperaturabhängigkeit von 0,22 ‰/°C. Aufgrund der geringeren Infiltration im Sommer spiegeln die δ18O-Werte im Tropfwasser vor allem das leichtere δ18O-Inputsignal des Winterniederschlags wider. Im Hinblick auf die δ18O-Werte fällt das Calcitmaterial zum Großteil im isotopischen Gleichgewicht mit dem Tropfwasser aus. Die Temperaturabhängigkeit der Fraktionierung beläuft sich auf -0,39 ‰/°C. Die δ13C-Werte des Calcitmaterials fallen vereinzelt im isotopischen Gleichgewicht mit dem DIC des Tropfwassers aus. Schwerere δ13C-Werte deuten auf eine erhöhte CO2-Entgasung oder Ungleichgewichts- und/oder kinetische Fraktionierungsprozesse hin.
Stalagmit KTH-2 ist bis 2004 n. Chr. gewachsen. Rezentes Wachstum wurde dabei über die Identifikation des 14C-Bombenpeaks festgestellt. Im Zeitraum 1000-2004 n. Chr. weist Stal-KTH-2 Wachstumsraten von 21 und 7 µm/a auf, was einer jährlichen Auflösung der δ18O-SIMS-Analyse entspricht. Zwei direkt nebeneinander gelegte δ18O-SIMS-Messlinien zeigen untereinander eine hohe Übereinstimmung von rp = 0,59 (p < 0,001, n = 963, rsp = 0,60). Im Vergleich zu dem IR-MS-Datensatz zeigen die beiden SIMS-Datensätze einen gleichmäßigen Offset von ca. 1,2 ‰, der mit dem Matrixeffekt zwischen dem kristallinen Marmor-Standard und dem Calcitmaterial begründet wird. Die normalisierten gemittelten δ18O-SIMS-Daten stimmen bei einer Angleichung der SIMS- an die IR-MS-Auflösung mit einem rp von 0,62 (p < 0,001, n = 84, rsp = 0,60) gut mit dem IR-MS-Datensatz überein.
Kalte und trockene Winterverhältnisse zur Zeit der Kleinen Eiszeit (LIA, 1450-1800 n. Chr.) resultierten aufgrund eines verringerten Einflusses des leichteren δ18O-Winterniederschlags in schwereren δ18O-Werten in Stal-KTH-2. Ein Rückgang der Vegetation und der mikrobiellen Aktivität hatten schwerere δ13C-Werte und höhere P-Gehalte und das Auftreten von PCP erhöhte Mg/Ca-Verhältnisse zur Folge.
Über den 30-jährigen gleitenden Häufigkeitsverlauf in einer Hochwasser-Chronologie für Nürnberg aus dem historischen Archiv werden im Zeitraum 1300-2000 n. Chr. sechs Hochwasser-/Kälteperioden identifiziert. Dass diese auch im Verlauf der δ18O-Verhältnisse in Stal-KTH-2 erkannt werden, lässt darauf schließen, dass in diesen Zeiträumen aufgrund kalter (und trockener) Winterverhältnisse Hochwässer durch Eisstau häufig auftreten konnten und dadurch gleichzeitig schwerere δ18O-Werte in Stal-KTH-2 gespeichert wurden. Zeitgleich zu den Hochwasser-/Kälteperioden werden NAO--Bedingungen und eine verringerte Sonneneinstrahlung beobachtet. Kurzzeitig schwerere δ18O-Verhältnisse konnten mit bekannten Vulkanausbrüchen in Verbindung gebracht werden.
Ein Anstieg der δ18O- und δ13C-Verhältnisse hin zu schwereren Werten im jüngsten Wachstumsbereich von Stal-KTH-2 kann mit der Erschließung der Großen Teufelshöhle und der dadurch verursachten stärkeren Höhlenventilation begründet werden. Die Ablagerung von Detritusmaterial auf der Tropfsteinoberfläche resultierte in einem Anstieg der Spurenelementkonzentrationen.
Abstract (englisch):
The aim of the CheckExtrema project is to understand signs of flooding events in the Franconian region using historical and geological information, and to identify past flooding events with the help of suitable historical and geological archives in an overlap period.
As a geological archive, stalagmite KTH-2 (Kleine Teufels Cave, Franconian Switzerland) was dated using the 14C- and 230Th/U-method and was analyzed with high resolution for stable isotopes of oxygen (δ18O) and carbon (δ13C) as well as specific trace element patterns of Mg, P etc. At the same time, Nuremberg State and City archives were analysed for information on flooding events in the period from about 1400 to 1800 AD.
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To improve the data resolution of the δ18O ratios in the overlap period, an isotope analysis of 7 and 15 µm was carried out in addition to the conventional δ18O method (Micromill + IR-MS; 90 µm) using secondary ion mass spectrometry (SIMS).
For a reliable interpretation of the climate proxies, a monitoring program was carried out in the Kleine Teufels Cave (KTC) and the neighboring Zoolithen Cave (ZooC) in 2016-2019, in which the parameters of the cave atmosphere and the drip rate at five drip sites were recorded with high resolution. Drip and precipitation waters were sampled with high resolution in intervals of one to four weeks and fresh calcite precipitates were collected.
With deviations of < 1 °C, temperatures inside the caves match the surface temperatures very well. At a high rel. humidity of ≈ 100 %, evaporative processes can be mostly ruled out. Lower (higher) CO2 levels over the winter months (summer months) indicate well-ventilated caves. The five drip sites show broad drip characteristics with fast (slow) drip rates and fast (missing) reactions to infiltration events.
Dissolution of the Frankendolomit ist largely congruent. Mg/Ca and Sr/Ca ratios in the drip water are controlled by varying PCP rates and varying karst water availability. Temporary increased concentrations of Na, K, Al, Fe, Zn and P are caused by an increased silicate weathering rate and the presence of colloids in the drip water. A SICalcite > 0 indicates constant oversaturation of the karst waters. Calcite precipitation takes place all year round at almost all drip sites.
The δ18O precipitation input signal shows a temperature dependence of 0.22 ‰/°C. Due to low infiltration rates in summer, the δ18O values of the drip water mainly reflect the lighter δ18O input signal of the winter precipitation. For δ18O, most of the calcite material precipitates in isotopic equilibrium with the drip water. The temperature dependence of the fractionation is -0.39 ‰/°C. For δ13C, the calcite material occasionally precipitates in isotopic equilibrium with the DIC of the drip water. Heavier δ13C values indicate enhanced CO2 degassing or disequilibrium or kinetic fractionation processes.
Stal-KTH-2 grew until 2004 AD. Recent growth was detected by identifying the 14C bomb peak. In the period 1000-2004 AD, Stal-KTH-2 shows a growth rate of 21 and 7 µm/a, which corresponds to annual resolution of the δ18O SIMS analysis. Two δ18O SIMS measurement lines show a high level of agreement with an rp of 0.59 (p < 0.001, n = 963, rsp = 0.60). Compared to the IR-MS data set, the two SIMS data sets show a consistent offset of about 1.2 ‰, which is due to the matrix effect between the crystalline marble standard and the calcite material. The normalized, averaged δ18O SIMS data (matched to the IR-MS resolution) correspond with the IR-MS data with a rp of 0.62 (p < 0.001, n = 84, rsp = 0.60).
Due to the reduced influence of the lighter δ18O winter precipitation, cold and dry winter conditions during the Little Ice Age (LIA, 1450-1800 AD) resulted in heavier δ18O values in Stal-KTH-2. A decline in vegetation and a reduced microbial acitivity resulted in heavier δ13C values and higher P concentrations and the occurence of PCP resulted in increased Mg/Ca ratios.
With a 30-year sliding frequency profile in a flood chronology for Nuremberg from the historical archive, six flood/cold periods were identified in the period 1300-2000 AD. The fact that these periods can also be recognized in the δ18O ratios in Stal-KTH-2 suggests that during these periods cold (and dry) winter conditions resulted in many floods due to ice jam as well as in heavier δ18O ratios in the speleothem. At the same time, periods with NAO--conditions and reduced solar radiation are observed. Short-term heavier δ18O ratios can be associated with known volcanic eruptions.
An increase of the δ18O and δ13C ratios towards heavier values in the most recent growth zone of Stal-KTH-2 can be explained by the opening of the Große Teufels Cave and the resulting increased cave ventilation. The deposit of debris on the stalagmite surface resulted in increased trace element concentrations.