Abstract:
Aufgrund der Weiterentwicklung in der Nanotechnologie wird ein immer breiter werdendes Spektrum an unterschiedlichen Nanomaterialien produziert. Metall-basierte Nanomaterialien sind dabei von großem Interesse, vor allem wegen ihrer antimikrobiellen Eigenschaften, der hohen Leitfähigkeit und ihrer katalytischen Funktion. Aufgrund ihrer Größe besitzen Nanomaterialien ein vergrößertes Oberflächen-zu-Volumen-Verhältnis, weshalb von ihnen eine erhöhte Reaktivität und damit Toxizität ausgeht. Neben partikulären Materialien werden auch zunehmend faserförmige Materialien, sog. Nanowire, verwendet, die zusätzlich eine faserspezifische Wirkung aufweisen können. ... mehrDurch die Vielfalt an Nanomaterialien lässt sich häufig kein einzelner Wirkmechanismus eines Materials auf andere Materialien übertragen. Das Ziel des Projekts MetalSafety, in das sich diese Arbeit eingliedert, war daher die Entwicklung von Bewertungskonzepten für Metall-basierte Nanomaterialien unterschiedlicher Morphologien.
Hierzu wurden in der vorliegenden Arbeit zehn partikuläre bzw. faserförmige Metall-basierte Nanomaterialien im Hinblick auf ihre physikochemischen Eigenschaften und ihr toxikologisches Wirkprofil untersucht und verglichen. Als Zellmodelle wurde zum einen eine Monokultur aus der Bronchialepithelzelllinie Beas-2B verwendet, außerdem fand eine Kokultur aus Beas-2B-Zellen und makrophagenähnlichen differenzierten THP-1-Zellen Anwendung. Alle Materialien wurden zunächst umfassend charakterisiert, wobei der Fokus auf der Löslichkeit der Materialien in künstlichen physiologischen Medien lag. Die intrazelluläre Freisetzung von Metallionen wurde weiterhin in beiden Zelllinien bestimmt. Dabei zeigte sich eine hohe Verfügbarkeit aller Kupfer-basierter Materialien, unabhängig von Morphologie und Zellsystem. Silber- und Nickel-basierte Materialien wiesen hingegen nur eine moderate Freisetzung von Metallionen auf, wobei sowohl eine Morphologie-Abhängigkeit als auch eine Abhängigkeit von der Zelllinie beobachtet wurde. Hierbei wurde eine vermehrte Aufnahme in makrophagenähnliche Zellen gefunden, wodurch auf einen phagozytotischen Aufnahmemechanismus geschlossen werden kann. Unlösliche Partikel wie TiO2 NP und CeO2 NP zeigten wie erwartet eine vernachlässigbar geringe Freisetzung von Metallionen. Studien zur intrazellulären Ionenverteilung zeigten starke Akkumulationen von Kupfer- und Silberionen im Zellkern der Zellen, wohingegen freigesetzte Nickelionen eher im Zytoplasma verblieben.
Zur Erfassung des toxikologischen Wirkprofils wurden die Zytotoxizität und die Potenz der Materialien zur Induktion von DNA-Strangbrüchen bestimmt. Genexpressionsanalysen mittels einer Hochdurchsatz RT-qPCR-Methode dienten der Erfassung einer Aktivierung oder Hemmung von Genclustern wie Metallhomöostase, Inflammation, oxidative Stressantwort, DNA-Schadensantwort und Zellzyklusregulation.
Kupfer-basierte Materialien zeigten Morphologie-unabhängige, jedoch dosisabhängige zytotoxische und genotoxische Wirkungen sowie Änderungen im Genexpressionsprofil. Letztere deuteten auf einen Mechanismus durch Ionenfreisetzung und dadurch induzierte Inflammation und oxidativen Stress hin, der in der Literatur als trojan horse type Mechanismus beschrieben ist. Für Silber-basierte Materialien wurden Morphologie-spezifische Unterschiede beobachtet. Während Ag NP eine starke zytotoxische Wirkung aufwiesen, konnte für Ag NW keine Zytotoxizität festgestellt werden. Beide Materialien verursachten dagegen dosisabhängig DNA-Strangbrüche. Das Genexpressionsprofil gab für beide Materialien Hinweise auf ein Vorhandensein von freien Silberionen, jedoch wurde ebenfalls eine inflammatorische Wirkung beobachtet. Sowohl für Kupfer- als auch für Silber-basierte Materialien wurde eine schwächere Toxizität in der Kokultur beobachtet, wodurch hier auf einen protektiven Effekt durch Makrophagen geschlossen werden kann. Neben submersen Untersuchungen wurden für Kupfer- und Silber-basierte Materialien zusätzliche Untersuchungen nach Exposition über ein air-liquid interface (ALI) durchgeführt. Hierbei wurden die Zellen an einer Grenzfläche zwischen Luft und Flüssigkeit kultiviert. Dieses Szenario soll den Bronchioalveolarbereich simulieren, außerdem ist während der ALI-Exposition eine simultane Erfassung der absolut deponierten Dosis mittels einer Quarzkristall-Mikrowaage (QCM) möglich. Während das Toxizitätsprofil nach ALI-Exposition die Beobachtungen nach submerser Inkubation qualitativ widerspiegelte, wurden toxikologisch relevante Effekte bereits bei geringeren Dosen verursacht. Dies unterstreicht die Bedeutsamkeit der ALI-Exposition zur genaueren Abschätzung einer Toxizität von Nanomaterialien.
Nickel-basierte Materialien wiesen unabhängig von dem verwendeten Kultivierungssystem und der Morphologie lediglich geringe zytotoxische und keine genotoxischen Effekte auf. Bezüglich der Änderungen im Genexpressionsprofil ergaben sich dagegen signifikante Unterschiede zwischen Mono- und Kokultur. Während durch beide Materialien in beiden Kultivierungssystemen inflammatorische Effekte verursacht wurden, wurden vor allem die Gene der oxidativen Stressantwort deutlich vermehrt in der Kokultur exprimiert. Dies deutet auf einen „oxidativen Burst“ durch in der Kokultur befindliche Makrophagen und eine sekundäre Toxizität hin.
TiO2 NP und CeO2 NP, die keine lysosomale Löslichkeit aufwiesen, zeigten unabhängig vom Kultivierungssystem in keinem der untersuchten Endpunkte toxikologisch relevante Effekte. Um einen möglichen Fasereffekt durch unlösliche Materialien zu untersuchen, wurden als faserförmiges Referenzmaterial carbon nanotubes (CNT) ausgewählt. Diese zeigten in Mono- und Kokultur eine Abnahme der Viabilität und vor allem in der Kokultur inflammatorische Effekte in der Genexpression, was auf eine sog. „frustrierte Phagozytose“ durch Makrophagen hindeutet.
Zusammengefasst stellt diese Arbeit erstmals eine systematische Untersuchung der Toxizität unterschiedlicher Metall-basierter Nanomaterialien in Abhängigkeit ihrer physikochemischen Eigenschaften vor. Es konnte gezeigt werden, dass die intrazelluläre Löslichkeit sowohl für partikuläre als auch für faserförmige Materialien ausschlaggebend für deren toxische Wirkung ist. Die Verwendung von Kokulturen veränderte die Intensität des Toxizitätsprofils ebenfalls in Abhängigkeit von der intrazellulären Löslichkeit. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass eine ALI-Exposition gegenüber einer herkömmlichen submersen Exposition zu ausgeprägteren Ergebnissen führt, wodurch die Relevanz von weiterentwickelten in vitro-Testsystemen in der Partikel- und Fasertoxikologie unterstrichen wird.
Die in dieser Arbeit erhaltenen Ergebnisse legen gemeinsam mit den von Ronja Neuberger erhobenen Daten einen Grundstein für die Zielsetzung des Gesamtprojekts MetalSafety. Auf dieser Basis können im Projekt aufbauende ex vivo- und in vivo-Untersuchungen stattfinden, welche in ihrer Gesamtheit eine Prädiktion auf die Wirkung im Menschen möglich machen sollen.
Abstract (englisch):
Nanomaterials are increasingly being used in manifold applications. Metal-based nanomaterials are of great interest, mainly due to their antimicrobial properties, high conductivity, and catalytic function. Their small size results in an increased surface-to-volume-ratio. Therefore, nanomaterials have an increased reactivity and thus toxicity. In addition to particulate materials, fibrous materials, so-called nanowires, are increasingly being used. Due to their structure these nanowires can also have a fiber-specific effect. The variety of nanomaterials makes it difficult to transfer the mode of action from one material to other materials. ... mehrThe aim of the MetalSafety project was therefore to develop concepts of risk assessment for metal-based nanomaterials of different morphologies.
For this purpose, in this work, ten different metal-based nanomaterials were compared with respect to their physicochemical properties and their toxicological profile. As cell models a monoculture of the bronchial epithelial cell Beas-2B and a coculture consisting of Beas-2B cells and macrophage-like differentiated THP-1 cells were used. In a first step, all materials were characterized with respect to their solubility in artificial physiological media. The release of metal ions was further determined intracellularly in both, Beas-2B and dTHP-1 cells. All copper-based materials showed a high release of copper ions, independent of morphology and cell system. In contrast, Silver and nickel-based materials showed only a moderate release of metal ions. For both a morphology dependence and a cell line dependence were observed, with dTHP-1 cells showing increased uptake, indicating a phagocytic uptake mechanism. As expected, insoluble particles such as TiO2 NP and CeO2 NP showed no intracellular release of metal ions. Studies on intracellular ion distribution showed strong accumulations of copper and silver ions in the nucleus of the cells, whereas released nickel ions tended to remain in the cytoplasm.
To assess the toxicological profile, cytotoxicity and the potency of the materials to induce DNA strand breaks were determined. Furthermore, gene expression analyses using a high-throughput RT qPCR method were used to detect the activation or inhibition of gene clusters such as metal homeostasis, inflammation, oxidative stress response, DNA damage response and cell cycle regulation. For copper-based materials morphology-independent but dose-dependent cytotoxic and genotoxic effects as well as changes in the gene expression profile were seen. The changes in the gene expression profile indicated a mechanism through ion release followed by inflammation and oxidative stress, which is described in the literature as a trojan horse type mechanism. For silver based materials, morphology specific differences were seen. While Ag NP showed a strong cytotoxic effect, no cytotoxicity was observed for Ag NW. However, both materials caused DNA strand breaks in a dose-dependent manner. The gene expression profile indicated the presence of free silver ions for both materials, but an inflammatory effect was also observed. Comparing monoculture and coculture, a weaker toxicity in coculture was observed for both copper and silver-based materials. This suggests a protective effect by macrophages. In addition to a submerged approach, investigations of copper and silver based materials were carried out after exposure via an air liquid interface (ALI) via the Vitrocell® Cloud. This scenario is intended to simulate the bronchioalveolar region. In addition, during ALI exposure, simultaneous recording of the absolute deposited dose is possible using a quartz crystal microbalance (QCM). While no changes in the toxicity profile were observed, toxicologically relevant effects were already caused at lower doses after ALI exposure. This underlines the importance of ALI exposure for a more accurate assessment of the toxicity of nanomaterials.
Nickel-based materials showed only minor cytotoxic and no genotoxic effects, regardless of the cultivation system and morphology used. However, there were significant differences between monoculture and coculture concerning the gene expression profile. While inflammatory effects were observed by both materials in both cultivation systems, genes of the oxidative stress response in particular were expressed significantly more in the coculture. This indicates an oxidative burst by macrophages in the coculture and a secondary toxicity.
Both insoluble materials TiO2 NP and CeO2 NP showed no toxic effects at any of the endpoints investigated, regardless of the cultivation system. In order to investigate a possible fibre effect by insoluble materials, carbon nanotubes (CNT) were selected as a fibrous reference material. CNT showed a decrease in viability in monoculture and coculture and, especially in coculture, inflammatory effects in gene expression, indicating so-called frustrated phagocytosis by macrophages.
In summary, a systematic investigation of the toxicity of different metal-based nanomaterials depending on their physicochemical properties was presented for the first time by this work. Intracellular solubility was shown to be crucial for both particulate and fibrous materials in determining their mode of action. The use of cocultures altered the intensity of the toxicity profile. Furthermore, ALI exposure was shown to give more sensitive results compared to conventional submerged exposure, thus underlining the relevance of more advanced in vitro test systems in particle and fibre toxicology.
Together with the data collected by Ronja Neuberger, the results obtained in this work lay the foundation for further ex vivo and in vivo studies within the project, which in their entirety should give a predicition of the effect of the nanomaterials in humans.