Abstract:
Für eine wissensbasierte Verbesserung von Katalysatoren in der heterogenen Katalyse ist ein detailliertes Verständnis der verwendeten Materialien nötig. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Katalysatoraktivität oder -stabilität. Die katalytische Methanisierung von CO2 ist eine Reaktion im Rahmen der Power-to-X Konzepte. Diese umfassen die chemische Energiespeicherung überschüssiger fluktuierender erneuerbarer Energien in Form chemischer Moleküle, in diesem Fall Methan. Durch die volatile Stromerzeugung bedürfen diese Konzepte allerdings der Möglichkeit einer dynamischen Prozessführung. ... mehrDabei treten Herausforderungen bezüglich der Stabilität der verwendeten Katalysatoren auf, welche auf die exotherme Reaktion selbst, aber auch die dynamische Prozessführung zurückzuführen sind. Insbesondere die Ausbildung von "Hot-Spots" im Katalysatorbett oder das thermische Durchgehen des Reaktors sind hier eine Herausforderung, die durch die volatile Betriebsweise noch verstärkt werden kann. Aus diesem Grund sind neuartige Katalysatorkonzepte oder stabilerer Materialien notwendig, welche idealerweise basierend auf grundlegendem Wissen entwickelt werden. Die heterogene Katalyse ist von Grund auf, sowohl in zeitlicher als auch räumlicher Hinsicht, ein Multiskalen-Phänomen. Um Struktur-Eigenschafts-Beziehungen ableiten zu können bedarf es deshalb orts- und zeitaufgelöster Charakterisierungsmethoden, idealerweise unter in situ und operando Bedingungen. Dabei sind verschiedene bildgebende harte Röntgenmethoden wertvolle Werkzeuge um diverse strukturelle und texturelle Eigenschaften von Katalysatoren abzuleiten. In dieser Arbeit werden Ni-Katalysatoren mit möglicher Anwendung in der Methanisierung von CO2 mittels diverser harter Röntgenmethoden detailliert untersucht. Der Fokus liegt dabei in einer Charakterisierung der Materialien über die Möglichkeiten konventioneller Methoden hinaus. Die untersuchten Systeme sind hierbei ein industrieller Ni/Al2O3-Referenzkatalysator (SPP2080-IMRC), ein hierarchisch poröser Ni/Al2O3-Katalysator (Ni/Al2O3-h) sowie eine konstruierte Serie von Ni/ZrO2-Katalysatoren.
Im ersten Teil der Dissertation werden verschiedene 3D-bildgebende Verfahren zur Untersuchung der Struktur von Methanisierungskatalysatoren vorgestellt. Hierbei wird zunächst anhand des SPP2080-IMRC die Multiskalen-Charakterisierung mittels Röntgenmikrotomographie (μ-XCT), Röntgennanotomographie und Elektronentomographie (ET) präsentiert. Diese Kombination ermöglichte es Längenskalen vom Katalysatorpellet (mm) bis zu den Mesoporen (nm) zu überbrücken, was für die Analyse der Porenstruktur sowie der texturellen Eigenschaften notwendig ist.
Durch die Multiskalen-Tomographieanalyse wurde dabei die signifikante Anwesenheit von Makroporen im SPP2080-IMRC festgestellt. Im Vergleich dazu versagten konventionelle Methoden zur Porencharakterisierung (Gas-Sorption oder Hg-Intrusion) in der Analyse dieser Makroporen. Dies zeigt den Vorteil und die Notwendigkeit in der Anwendung fortgeschrittener räumlich-aufgelöster Analysetechniken für die Porositätsuntersuchung von Katalysatoren. In diesem Zusammenhang wird die Verwendung der ptychographischen Röntgen-Computertomographie (PXCT) zur Bestimmung
der Mesoporosität des Katalysators vorgestellt. Durch die Auswertung der durch PXCT erhaltenen quantitativen Elektronendichteinformation war es möglich Informationen zur Mesoporösität unterhalb der erreichbaren räumlichen Auflösung zu erlangen.
Anschließend werden auf dem SPP2080-IMRC basierende Kern-Schalen-Katalysatoren vorgestellt. Diese bestehen aus einem aktiven Kern (SPP2080-IMRC) und einer inerten stofftransportlimitierenden Schale. Das Katalysatordesign besitzt eine geringere thermische Sensitivität in Hinblick einer dynamischen Betriebsweise der CO2-Methanisierung, da der Stofftransport der limitierende Schritt der Reaktion ist. Dieses optimierte Verhalten wurde in Simulationsstudien in der Literatur gezeigt und "Hot-Spots" oder thermisches Durchgehen können somit vermieden werden. Die Dicke und das Vorliegen einer homogen geschlossenen inerten Schale sind hierbei entscheidende Parameter. Mittels μ-XCT wurden beide Eigenschaften abhängig von der Beschichtungszeit während der Herstellung der Schale in einem Wirbelschichtreaktor untersucht. Dabei zeigte sich, dass eine gewisse Beschichtungsdauer nötig ist um eine geschlossene Schale und somit die gewünschten stofftransportlimitierenden Eigenschaften zu erhalten. Im Gegensatz zur Schale sollen im Kern dieses Katalysatordesigns möglichst keine Stofftransportlimitierungen vorliegen. Aus diesem Grund ist die Entwicklung von Katalysatoren mit optimierten Porensystemen notwendig. In Anbetracht dessen wird in dieser Dissertation ein vielversprechender hierarchisch meso-/makroporöser Ni/Al2O3-Katalysator (Ni/Al2O3-h) vorgestellt. Der Ni/Al2O3-h Katalysator wurde mittels Sol-Gel-Synthese hergestellt. Dabei zeigten konventionelle Charakterisierungsmethoden den Einbau von Ni in die γ−Al2O3-artige Struktur. Dies hat eine hohe Aktivierungstemperatur zur Reduzierung der Ni-Spezies zur Folge, was nachteilig für eine praktische Anwendung des Katalysators ist. Die hierarchische Porenstruktur konnte durch kombinierte PXCT und ET Experimente bestätigt werden. Zusätzlich abgeleitete Informationen aus den Tomographiedaten zur Porosität und den durchschnittlichen Porendurchmessern wurden folgend in Simulationsstudien des Katalysatorwirkungsgrades verwendet. Letztere zeigten verbesserte Stofftransporteigenschaften des hierarchischen Porensystems im Vergleich zu einem rein mesoporösen
Material.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde der Einfluss der Kalzinierung als finaler Syntheseschritt des hierarchisch porösen Ni/Al2O3-h mit Hilfe von harten Röntgenmethoden untersucht. Die Kombination von in situ 2D-Röntgenptychographie und ex situ PXCT ermöglichte es die Evolution der Porenstruktur vom getrockneten Gel zur kalzinierten Probe zu verfolgen. Die in situ 2DRöntgenptychographie erlaubte morphologische Änderungen nahezu in Echtzeit zu verfolgen.
Das Makroporennetzwerk konnte dabei schon im getrockneten Gel beobachtet werden und blieb während der Kalzinierung intakt. Komplementär zu den 2D-Untersuchungen wurden 3D-PXCT Studien an identischen Partikeln im getrockneten und kalzinierten Zustand durchgeführt. Dabei konnten die Abnahme der Makroporendurchmesser sowie der Mesoporösität quantifiziert werden, während die Makroporösität nahezu unverändert blieb.
Der durch generelle Charakterisierung vorhergesagte Einbau von Ni in die γ−Al2O3-artige Struktur wurde mittels in situ Röntgentotalstreuungs-Experimente näher untersucht. Die Röntgenpulverbeugungs- und der Paarverteilungsfunktionsanalyse zeigten zwei Phasenübergänge während der Kalzinierung. Beginnend von einer γ−AlO(OH)-ähnlichen Struktur bildete sich unter Temperaturerhöhung zunächst eine nahgeordnete amorphe Struktur aus, die sich wiederum zur finalen γ−Al2O3-artigen Struktur umwandelte. Rietveld-Verfeinerung der Beugungsdaten
bestätigte zusätzlich die Indikation des Einbaus von Ni in die γ−Al2O3-artige Struktur.
Die ersten beiden Teile der Dissertation fokussierten sich auf das Verständnis der multiskaligen Katalysatorstruktur sowie der Katalysatorsynthese. Im finalen Abschnitt der Arbeit wurden verschiedene Desaktivierungsphänomene untersucht. Für die CO2-Methanisierung wurden dabei die Verkokung und thermische Alterung als wahrscheinliche Desaktivierungsmechanismen von Ni-basierten Katalysatoren ausgewählt. Die Möglichkeiten und das Potential von PXCT zur Aufklärung der Koksbildung in 3D mit sub-100nm Auflösung wurden für aktivierte und künstlich verkokte Katalysatoren mit hierarchisch poröser (Ni/Al2O3-h) und rein mesoporöser Porenstruktur beleuchtet. Der quantitative Elektronendichtekontrast der PXCT-Analyse ermöglichte die Identifizierung des gebildeten Koks und erlaubte eine anfängliche Abschätzung der Lokalisierung innerhalb der Katalysatorpartikel. Die Koksspezies waren vorwiegend in den Mesoporen lokalisiert, wobei eine dominante Verteilung hin zur Außenseite des Partikels gefunden wurde.
Zusätzlich zur Verkokung wurde die thermische Desaktivierung einer konstruierten Ni/ZrO2-Katalysatorserie systematisch untersucht. Die Katalysatoren unterschieden sich vorwiegend durch die texturellen Eigenschaften der Trägermaterialien. Während ähnliche Ni-Nanopartikel durch konventionelle Charakterisierungsmethoden und Labortestung in der CO2-Methanisierung bestätigt wurden. Operando Synchrotron-Röntgenpulverbeugung ermöglichte es texturelle und strukturelle Änderungen der Katalysatoren während künstlicher thermischer Desaktivierungszyklen zu verfolgen. Dabei gelang es zwischen der Desaktivierung durch dominantes Sintern des Trägers oder der Ni-Partikel abhängig der anfänglichen Trägereigenschaften zu unterscheiden. Dies erlaubte die Ableitung von Struktur-Desaktivierungs-Beziehungen für die Katalysatorserie.
Zusammenfassend zeigt die vorliegende Arbeit das enorme Potential harter Röntgenmethoden zum Verständnis der texturellen und strukturellen Eigenschaften von Katalysatoren auf. Insbesondere wird die Röntgenptychographie als leistungsstarke bildgebende Röntgenmethode für den nm-Bereich vorgestellt. Durch diese sind detaillierte Untersuchungen von Porenstrukturen und deren Änderung möglich. Außerdem kann die Kombination verschiedener harter Röntgenmethoden Längenskalen von atomaren Strukturen (sub-nm) bis hin zu Katalysatorpellets (mm) abdecken.
Deren Anwendung erlaubt es, die Katalysatorstruktur sowie die Katalysatorsynthese und -desaktivierung im Detail zu verstehen. Dies öffnet den Weg zu einem ganzheitlichen Verständnis von Katalysatoren, was eine eminente Grundlage für eine wissensbasierte Katalysatorentwicklung darstellt.
Abstract (englisch):
A holistic understanding of materials applied in heterogeneous catalysis is a requirement for a knowledge-based catalyst design leading to materials with enhanced performance or stability. The heterogeneously catalyzed CO2 methanation is a reaction in the scope of Power-to-X concepts to store excess energy from fluctuating renewable sources, which can lead to dynamic catalyst/reactor operation. The reaction itself and especially dynamic process operation thereof as a result of fluctuating energy supply, poses challenges regarding the catalyst stability due to hot-spot formation or thermal runaway behavior of the reactor. ... mehrTherefore, new catalyst designs with improved stability are required, which are ideally based on a fundamental understanding. As heterogeneous catalysis by its nature is a multiscale time and space phenomena, spatially- and time-resolved characterization, ideally under in situ or operando conditions, is important to retrieve structure-function relationships. In this respect, different hard X-ray imaging techniques are valuable tools, which can provide various textural and structural information. In this thesis, Ni-based catalysts applied in CO2 methanation were thoroughly investigated by a variety of hard X-ray techniques, focusing on expanding the current understanding of such materials by advanced characterization. This included an industrial Ni/Al2O3 reference catalyst (SPP2080-IMRC), a hierarchically porous Ni/Al2O3 catalyst (Ni/Al2O3-h) and a systematically designed series of Ni/ZrO2 catalysts.
In the first part of this thesis, different imaging methods are presented to reveal the structure of methanation catalysts in 3D. As part of that, the SPP2080-IMRC was thoroughly characterized by X-ray microtomography (µ-XCT), X-ray nanotomography and electron tomography (ET) to cover length scales ranging from whole catalyst pellets (mm) down to mesopores (nm). The porosity characterization with these advanced imaging methods revealed significant presence of macropores in the catalyst. Those could not be identified by conventionally applied pore characterization methods, thus highlighting the advantage and requirement in performing advanced spatially-resolved catalyst characterization. Furthermore, it is shown how quantitative electron density information from ptychographic X-ray computed tomography (PXCT) can be used to retrieve sub-resolution information on the mesoporosity of the catalyst.
This is followed by the textural characterization of designed core-shell particles based on the Ni/Al2O3 reference catalyst as active core using µ-XCT. The designed core-shell catalysts exhibit an inert shell introducing mass transport limitations, which allow less temperature sensitivity of the catalyst particles. In this way, a more stable dynamic process operation is possible as suggested by literature simulation studies by avoiding excessive hot-spot formation or thermal runaway. µ-XCT was applied to analyze the shell thickness depending on synthesis coating duration as an important design parameter for the mass transport properties of the shell and can unveil whether the shell is homogeneously closed. Contrary to the desired mass transport limitations in the shell, the active core should ideally exhibit no mass transport limitations. Therefore, the first part is complemented by introducing a hierarchically meso-/macroporous Ni/Al2O3 catalyst with potentially enhanced mass transport properties. The synthesis together with its general characterization suggested incorporation of Ni into the γ−Al2O3-like structure requiring high reduction temperatures for Ni activation. Further, the combination of PXCT and electron tomography allowed to confirm the true presence of a hierarchical pore structure and to derive mass transport descriptors, i.e., porosity and average pore sizes. The latter were applied in initial simulations of the catalyst effectiveness factor indicating improved performance of the catalyst compared to a purely mesoporous sample.
In the second part, hard X-ray methods were applied for a detailed understanding of the synthesis of the hierarchically porous Ni/Al2O3-h catalyst focusing on the calcination as final synthesis step. The combination of in situ 2D X-ray ptychography and ex situ PXCT is presented to unravel the evolution of the pore structure from the dried gel to the calcined state of the catalysts. The in situ 2D experiments allowed to follow the morphological changes almost in real time highlighting that the macropore network was present already in the dried gel state and did not collapse during calcination. Complementary, PXCT on identical particles in the dried gel and calcined states of the catalyst could quantify a decrease of the macropore diameter and apparent mesoporosity, while the macroporosity was almost unchanged.
As general characterization suggested the incorporation of Ni into the γ−Al2O3-like structure of the Ni/Al2O3-h, the calcination step was additionally investigated by in situ X-ray total scattering experiments. The powder X-ray diffraction (PXRD) and pair distribution function (PDF) analysis revealed two phase transformations during calcination: Starting from a γ−AlO(OH)-like structure in the dried gel, upon heating formation of an amorphous intermediate phase with only short-range order and a final γ−Al2O3 -like structure were identified. Furthermore, additional indication of the Ni incorporation into the γ−Al2O3 -like structure was found by Rietveld analysis. In the first two parts of the thesis, the focus was on understanding the structure and texture as well as the synthesis of the catalysts. The final part highlights the application of hard X-ray methods to unravel catalyst deactivation phenomena. Coking and thermal deactivation were investigated as potential deactivation pathways for CO2 methanation over Ni-based catalysts. For activated and artificially coked catalysts with a hierarchical (Ni/Al2O3-h) and a purely mesoporous pore structure, PXCT was examined to reveal coke formation in 3D with sub-100 nm resolution. The quantitative electron density contrast of PXCT allowed to identify the formation of coke and estimation of its location in the catalyst particles. The formed coke was found in mesopores of the catalysts with a dominant location at the particle exterior.
In addition to coking, thermal deactivation was systematically investigated using a designed Ni/ZrO2 catalyst series of tailored thermal stability. The catalysts differed mainly by the textural properties of the support material, while exhibiting similar Ni nanoparticles as confirmed by laboratory characterization and testing in CO2 methanation. Operando synchrotron PXRD experiments during artificial thermal aging cycles enabled to follow the structural and textural evolution of the catalysts. Thereby, it was possible to deconvolute different deactivation mechanisms, i.e., dominant support or Ni particle sintering depending on the initial support properties of the catalysts. This allowed to derive clear structure-deactivation relationships.
In summary, the present thesis showcases the great potential in applying various hard X-ray methods to understand the structure and texture of catalysts. Especially X-ray ptychography is presented as a powerful X-ray nanoimaging method to unravel catalyst pore structures and changes thereof. Furthermore, combining different hard X-ray methods allows to cover length scale from the atomic (sub-nm) to the catalyst pellet (mm) scale. Their application enables a detailed understanding of the catalyst structure as well as synthesis and deactivation mechanisms.
This opens the path towards a more holistic understanding of catalysts as a requirement for a future knowledge-based design of catalyst materials.