Abstract:
Blutplättchen, auch Thrombozyten genannt, sind ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Blutgerinnungssystems. Die Hauptaufgabe der Thrombozyten innerhalb des Körpers besteht in der Blutstillung. Außerhalb des Körpers neigen Thrombozyten jedoch dazu, nach kurzem Kontakt mit synthetischen, nicht physiologischen Oberflächen zu aktivieren, was für viele Anwendungen unerwünscht sein kann, einschließlich der Lagerung von Thrombozyten und der Erforschung der Wechselwirkungen zwischen Thrombozyten und Arzneimitteln. Normalerweise werden Thrombozyten-Konzentrate in handelsüblichen Plastikbeuteln aufbewahrt, die eine große Menge an Weichmachern enthalten, um die Flexibilität des Beutels zu erhöhen und die Möglichkeit eines Bruchs während der Handhabung und des Transports zu vermeiden. ... mehrBei längerer Exposition können die giftigen Weichmacher in das Thrombozyten-Konzentrat entweichen.
Aktivierte Thrombozyten setzen eine Vielzahl von Proteinen frei, die den Prozess der oberflächeninduzierten Thrombozytenaktivierung (SIPA) weiter unterstützen. SIPA ist eines der Hauptprobleme von Medizinprodukten mit Blutkontakt und Transfusionsgeräten, und ein entscheidender Faktor für die verkürzte Haltbarkeit gelagerter Thrombozyten. Um SIPA zu vermeiden, werden den Thrombozyten-Konzentraten Antikoagulantien zugesetzt, so dass sie bis zu 5 Tage gelagert werden können. Diese Antikoagulantien greifen in die Aktivierungswege der Thrombozyten ein und beeinträchtigen so ihre Funktionalität. Das häufigste Problem bei der Lagerung von Thrombozyten ist schließlich die Gefahr einer bakteriellen Kontamination. Um dieses Problem zu lösen, werden verschiedene UV-Behandlungen eingesetzt, um das Risiko einer Kontamination mit Krankheitserregern zu minimieren. Studien zeigen jedoch, dass diese Strahlung mit kurzer Wellenlänge die Bestandteile der Thrombozytenmembran zerstören und zu einer Aktivierung der Thrombozyten führen kann. Diese zahlreichen, oft miteinander verknüpften Probleme verdeutlichen den dringenden Bedarf an einer effizienten Lösung zur Optimierung der Lagerungsbedingungen für Thrombozyten und zur Maximierung ihrer Lagerfähigkeit.
Ziel dieser Doktorarbeit ist es, Oberflächen zu entwickeln, die die Adhäsion von Thrombozyten hemmen und somit ihre Aktivierung und Aggregation verhindern - ohne dass der Zusatz von Antikoagulantien erforderlich ist. Für die Veränderung der Oberflächeneigenschaften stehen drei verschiedene Ansätze zur Verfügung: Biophysikalische, physikochemische oder biochemische Strategien können Verwendet werden, um eine plättchenfreundliche Oberfläche zu gestalten. In der ersten Phase dieses Projekts wurde eine Kombination aus physikochemischen und biophysikalischen Ansätzen angewandt, um Hydrogele aus Gelatine und Agarose herzustellen, die anschließend durch Integration von Eisennanopartikeln zu Nanokompositen verarbeitet wurden. Agarose-basierte Hydrogel-Filme erwiesen sich dabei durch die Kombination von Oberflächenbenetzbarkeit und besseren mechanischen Eigenschaften als ideale Oberflächen. Mikroskopaufnahmen zeigten, dass die Anzahl der Blutplättchen, die an solchen Oberflächen adhärieren, deutlich reduziert und die Ausbreitung der Blutplättchen verhindert wurde. Hergestellte Agarose-Filme und ihre Nanokomposite konnten darüber hinaus bakterielles Wachstum erfolgreich hemmen: Von allen getesteten Proben wurde der höchste Prozentsatz an toten Bakterien auf den Nanokomposit-Filmen gemessen.
Die Topographie des Substrats spielt eine entscheidende Rolle für das Verhalten der Zellen und die Kontrolle ihrer Physiologie und Morphologie. Für die Veränderung der Oberflächentopografie stehen zahlreiche komplexe Techniken zur Verfügung. In dieser Arbeit wurden zwei Techniken mit individuellen Vorteilen zur Herstellung von Nanostrukturen eingesetzt.
Bei der ersten handelt es sich um ein auf der Rasterkraftmikroskopie (AFM) basierendes Fluidiksystem namens FluidFM, bei dem eine Monomere enthaltende Tinte aus der Öffnung des Cantilever Spitze auf die Oberfläche extrudiert wird. Nach dem Druckvorgang wird die Tinte polymerisiert, um 3D-Strukturen zu erhalten. Mit Hilfe von kontinuierlichen und diskontinuierlichen Topografien wurden hexagonale Bienenstock- bzw. halbkugelförmige Gitterstrukturen hergestellt. Dabei zeigte sich, dass die Thrombozyten diese Strukturierung mechanisch wahrnehmen und ihr Zytoskelett umorganisieren, was zu einer geringeren Ausbreitung der Blutplättchen führt. Darüber hinaus wurde die Technik zum Drucken einer modifizierten biofunktionalisierten Tinte verwendet, die so modifiziert wurde, dass Moleküle mit unterschiedlichen funktionellen Gruppen in die Basistinte integriert wurden. Diese Modifikation führte nur zu einer geringfügigen Veränderung der mechanischen Eigenschaften der gedruckten Strukturen, während ihre Funktionalität erhalten blieb. Die Möglichkeit, Bindungsmotive für spezifische Wechselwirkungen zu integrieren, demonstriert die Vielseitigkeit der FluidFM und ebnet den Weg für die weitere Erforschung des biochemischen/topographischen Ansatzes im Bereich der Entwicklung plättchenfreundlicher Oberflächen. Das Drucken von Mikro- und Nanostrukturen stellt eine schnelle, kostengünstige und effiziente Methode zur Herstellung verschiedener geometrischer Prototypen dar und kann nicht nur zur Untersuchung verschiedener Strukturformen, sondern auch ihrer Größe und anderer topografischer Parameter eingesetzt werden.
Die zweite verwendete Technik war die thermische Nanoimprint-Lithografie (T-NIL), mit der ein breiteres Spektrum an Oberflächentopologien untersucht werden konnte, einschließlich Punkt, Kette, Pille und Quadrat-förmiger. Diese Nanomuster wurden auf Siliziumscheiben geätzt und auf einen PDMS-basierten Stempel übertragen, der so zum Prägen von Hydrogelen verwendet werden konnte. Verschiedene Topologien wurden auf die Oberfläche von Agarosegelen geprägt, um ihre zuvor beobachtete, hemmende Wirkung auf die Thrombozytenadhäsion zu verbessern. Das pillenförmige Nanomuster war dabei am besten geeignet, um die Thrombozytenadhäsion zu hemmen, was auf die Höhe der Struktur zurückgeführt werden kann.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in diesem Projekt Hydrogelfilme auf Agarosebasis, insbesondere in Form von Nanokompositen mit integrierten antibakteriellen Eisennanopartikeln, entwickelt wurden, die Lagerungsbedingungen für Thrombozyten deutlich verbessern, indem sie die SIPA und das Risiko einer bakteriellen Kontamination verringern. UV-Behandlungen von Thrombozyten-Konzentraten werden dadurch überflüssig. Durch die Einführung verschiedener Oberflächentopologien kann die Adhäsion von Thrombozyten gehemmt werden: Das FluidFM-basierte vielseitig einsetybare Nanodrucksystem wurde für die Erforschung und Entwicklung von Prototypen effektiver Geometrien eingesetzt, während T-NIL für die Prägung ausgewählter Strukturen auf die Oberfläche von Agarose-Filmen verwendet werden kann, um eine einheitliche Oberflächentopographie zu schaffen.
Abstract (englisch):
Platelets, also known as thrombocytes, are an essential component of the human blood coagulation system. Inside the body, the primary role of platelets is hemostasis. However, platelets have a tendency to activate immediately after brief contact with synthetic, non-physiological surfaces, which can be undesirable for many applications, including platelet storage and research of platelet-drug interactions. Usually, platelet concentrates are stored in commercial plastic bags, which use an excessive amount of plasticizers to increase the flexibility of the bag and avoid any possibility of breakage during its handling and transport. ... mehrLong term exposure can lead to leaching of the toxic plasticizers into the platelet concentrates.
A plethora of proteins are released by activated platelets, which further assist in the process known as surface-induced platelet activation (SIPA). SIPA is a major concern when dealing with blood-contact medical devices and transfusion apparatus. It is also one of the key factors responsible for the reduced shelf life of stored platelets. To avoid SIPA, anticoagulants are added to the stored platelet concentrates, allowing them to be stored for a maximum of 5 days. These anticoagulants interfere with the activation pathways of the platelets, thereby affecting their functionality. Lastly, the most common problem with platelet storage is the possibility of bacterial contamination. To address the problem, a number of UV treatments are employed to minimize the risk associated with pathogen contamination. However, studies show that exposure to this low wavelength radiation can disrupt the components of the platelet membrane and result in platelet activation. These numerous, oftentimes interconnected problems illustrate the pressing need for an effective solution to optimize platelet storage conditions and maximize their shelf life.
The aim of this work was to engineer surfaces that inhibit platelet adhesion and therefore prevent their activation and aggregation – without the need for anticoagulants. For the modification of surface properties, three different approaches can be employed: Biophysical, physicochemical, or biochemical strategies are availabe to design a platelet friendly surface. In the first phase of this project, a combination of physicochemical and biophysical approaches was applied to prepare hydrogels from gelatin and agarose, which were subsequently fabricated into nanocomposites by integrating iron nanoparticles. Agarose-based hydrogel films are thereby convinced by the combination of favourable surface wettability and mechanical properties. Microscopic images revealed that the number of platelets adhering to such surfaces was significantly reduced and platelet spreading was prevented. The fabricated agarose and its nanocomposites furthermore were found to successfully inhibit bacterial fouling. In addition, the highest percentage of dead bacteria was quantified over the nanocomposite films.
The topography of the substrate plays a crucial role in dictating the cell's behavior and controlling their physiology and morphology. Numerous sophisticated techniques are available to tune the topology of a surface in order to enhance the desired cellular functions. In this work, two techniques with individual advantages were applied to fabricate nanopatterns. The first was an atomic force microscopy (AFM)-based fluidic system called FluidFM, where a liquid-phase monomer based ink is extruded out from a cantilever with an aperture on the tip. Post-printing, the ink is polymerized to obtain 3D structures. Continuous and discontinuous topographies were employed to fabricate hexagonal hive and hemispherical grid structures, respectively, which revealed that the platelets mechanosense these physical cues and reorganize their cytoskeleton, resulting in lower spreading of platelets on the patterned surfaces as compared to the non patterned. Further, the technique was applied to print a modified biofunctional ink customized to integrate molecules with different functional groups into the base ink. This modification caused only a minor change in the mechanical properties of the printed structures while retaining their functionality. The ability to incorporate binding motifs to achieve specific interactions demonstrated FluidFM's versatility, which further paves the way to explore the biochemical/topographical approach in the domain of engineering platelet friendly surfaces. The printing device serves as a fast, cheap, and effective way to produce different geometrical prototypes of nanostructures and can be employed to survey not only distinct shapes but also their size and other topographical parameters.
The second technique used was thermal nanoimprint lithography(T-NIL), where a broader range of surface topologies could be investigated, including dot, chain, pill, and square. These nanopatterns were etched on silicon wafers and transferred to a PDMS-based stamp, which was then used to imprint hydrogels. Agarose gels were used to improve the observed inhibitory effect on platelet adhesion by integrating different topologys on the surface via imprinting The pill-shaped nanopattern demonstrated its superior ability to inihibit platelet adhesion, which can be attributed to the structure's height.
To conclude, in this project, agarose-based hydrogel films, especially in the form of nanocomposites with antibacterial iron nanoparticles, were found to significantly improve platelet storage conditions by reducing SIPA and the risk of bacterial contamination. UV treatments of platelet concentrates are thereby rendered unnecessary. By introducing different surface topologies, platelet adhesion can be inhibited: The FluidFM based multifaceted nanoprinting system was employed to explore and develop prototypes of effective geometries, while T-NIL demonstrated how a distinct patterns can be transferred onto the malleable agarose based gel surfaces to create a uniform surface topographies.