Abstract:
Schmierfette bestehen aus einem Grundöl, einem Verdicker und gegebenenfalls Additiven. Sowohl das Grundöl als auch der Verdicker beeinflussen die Fließeigenschaften des daraus hergestellten Schmierfettes. Der Verdicker führt zur Ausbildung einer Struktur im Fett. Oft wird dieser strukturelle Aufbau mit einem Schwamm verglichen, der mit Flüssigkeit vollgesogen ist [5]. Dieser Vergleich ist jedoch nicht immer realistisch [6], was sich auch im Rahmen dieser Arbeit bestätigte: Zumeist kommen in der Industrie Metallseifen als Verdicker zum Einsatz. Metallseifen sind Salze von Fettsäuren mit den Oxiden bzw. ... mehrHydroxiden von Metallen. Die Metallseifen bilden ein Netzwerk, welches das Grundöl einschließt und im Fall der Belastung wieder freisetzt. Auf diese Weise wird die Kontaktstelle geschmiert. Das Verständnis dieser Seifenstruktur und deren Einfluss auf die Wirkung des Schmierfettes ist entscheidend, um den Schmiervorgang zu verstehen und zu optimieren.
Die rheologischen Eigenschaften des Grundöls und des damit hergestellten Schmierfettes geben wichtigen Kennwerte zur Beurteilung der Einsatzfähigkeit von Schmierstoffen. Der erste Kennwert ist die dynamische Viskosität. Diese hängt von der Temperatur ab. Öle sind newtonsche Stoffe, das heißt die Viskosität hängt nicht von der Scherrate ab. Fette hingegen sind strukturviskos, was bedeutet, dass die Viskosität von der Scherrate abhängt. Der zweite Kennwert ist die Fließgrenze. Fette besitzen eine Fließgrenze, diese ist ebenfalls temperaturabhängig. Öle sind im nicht kristallisierten Zustand Flüssigkeiten und besitzen keine Fließgrenze. Als Grundöle wurden im Rahmen dieser Arbeit sowohl ein Mineralöl als auch vier synthetische Öle (alkyliertes Naphthalin, Trimellitsäureester, Poly--olefin, Polypropylenglykol) untersucht. Die damit hergestellten Fette hatten als Verdicker verschiedene Konzentrationen an Lithium-12-Hydroxysterat. Die Viskosität und die Fließgrenze wurde im Bereich von 20 °C bis -40 °C bestimmt. Die Temperaturabhängigkeit beider Größen folgt bei allen untersuchten Schmierfetten einem Arrhenius-Ansatz. Die Temperaturabhängigkeit der Viskosität der Grundöle wird durch eine WLF-Gleichung beschrieben. Die Viskosität der Öle zeigt eine deutlich ausgeprägtere Temperaturabhängigkeit als die der Fette. Bei Raumtemperatur korrelieren die Fließgrenzen der Schmierfette gut mit deren NLGI-Klasse. Dabei handelt es sich um Konsistenz-Klassen, die das National Lubricating Grease Institute definiert und in der DIN 51818 [7] umgesetzt werden. Diese wird anhand der Eindringtiefe eines genormten Kegels innerhalb von 5 s in das Fett bestimmt [8]. Mit dem Kennwert der Eindringtiefe lässt sich feststellen, ob der Schmierstoff im gewünschten Prozess eingesetzt werden kann. Die Bestimmung der Fließgrenzen bis -40 °C und die gefundene Korrelation der Fließgrenze mit der NLGI-Klasse bei Raumtemperatur ermöglicht die Zuordnung eines Fettes zu einer raumtemperaturäquivalenten NLGI-Klasse bei jeder beliebigen Temperatur [3].
Das Einsatzgebiet von Schmierstoffen erstreckt sich zunehmend auf tiefe Temperaturen, z.B. bei Windkraftanlagen. Bisher gibt es jedoch kaum standardisierte Methoden zur Beurteilung der Tieftemperatureignung von Schmierfetten. Für die Tieftemperatureignung von Ölen wird nach DIN 3016 [9] der Stockpunkt (engl. Pourpoint) herangezogen. Der Pourpoint ist die Temperatur, bei der ein Öl durch visuelle Beobachtung gerade noch als fließfähig eingestuft wird. Um die Relevanz der Pourpoint-Messungen für synthetische Schmierstoffe zu bewerten, wurde im Rahmen dieser Arbeit das Kristallisations-, Schmelz- und Tieftemperatur-Fließverhalten von mineralischen und synthetischen Schmierölen und damit hergestellten Schmierfetten untersucht. Dabei enthielten die Fette neben den verschiedenen Grundölen auch neben Lithium-12-Hydroxystearat auch noch weitere Verdicker und Verdickerkonzentrationen. Daraus ergab sich die Einteilung in drei Gruppen:
Die Bildung von Paraffinkristallen in Mineralölen (Gruppe I) unterhalb der Kristallisationstemperatur führt zu scherverdünnendem Verhalten und der Ausbildung einer Fließgrenze. Die in rheologischen und thermoanalytischen Messungen ermittelte Kristallisationstemperatur korreliert gut mit dem Pourpoint [1]. Bei den Fetten auf Mineralölbasis steigt mit zunehmender Verdickerkonzentration die Kristallisationstemperatur TK und sinkt die Schmelztemperatur TS. Der Pourpoint des Mineralöls liegt dann 3 K unter TK und definiert die niedrigste Anwendungstemperatur für Fette auf Mineralölbasis (MOE) nur ungenau [2].
Synthetische Schmieröle, die glasartig erstarren (Gruppe II) (alkyliertes Naphthalin, Poly--olefin, Polypropylenglykol), weisen einen stetigen Viskositätsanstieg mit sinkender Temperatur auf. Für diese Öle stimmt die Temperatur, bei der die Viskosität 1000 Pas erreicht, gut mit dem Pourpoint überein. Der Pourpoint der Grundöle korreliert gut mit dem Beginn des Glasübergangs im entsprechenden Fett, was durch einen starken Anstieg der Fettviskosität angezeigt wird [2].
Synthetische Öle, wie der hier untersuchte Ester, mit komplexem Kristallisationsverhalten (Gruppe III), zeigen eine Unterkühlung in Abhängigkeit von der Scherrate und den Abkühlbedingungen. Für diese Schmieröle gibt der Pourpoint keine Auskunft über die Tieftemperatureignung. Das reine Öl kristallisiert beim Abkühlen nicht aus, sondern zeigt eine nicht wahrnehmbare Unterkühlung und Kaltkristallisation [1]. Mit zunehmender Verdickerkonzentration in den entsprechenden Fetten kristallisiert mehr Öl. Dabei verändert der Verdicker das Kristallisationsverhalten von homogen zu heterogen und wirkt somit als Kristallisationskeim. Der Pourpoint des Grundöls gibt keinen Aufschluss darüber, unterhalb welcher Temperatur die Fette durch Kristallisation deutlich versteifen [2].
Da das Fließverhalten von Schmierfetten sowohl vom Grundöl als auch von Art und Konzentration des gelösten Verdickers abhängen, war es für ein vertieftes Verständnis der rheologischen Eigenschaften nötig, die Struktur der Seife im Schmierfett zu untersuchen [4]. Dabei werden die linearen viskoelastischen Eigenschaften von Schmierfetten durch die Kombination von oszillierender Scher- und Quetschströmung über einen breiten Frequenzbereich (0,1-105 rad s-1) charakterisiert. Mit Hilfe der mikrorheologischen Messmethode Multi-Partikel-Tracking (MPT) wurden kleinste Bereiche in der Struktur des Fettes lokal untersucht. Zudem gab die Rasterelektronenmikroskopie (REM) weitere Einblicke in die Probenstruktur im Submikrometerbereich. Die Art und die Viskosität des Grundöls haben keinen signifikanten Einfluss auf den absoluten Wert der komplexen Viskosität und die von einem bestimmten Verdicker gebildeten Filamentform. Hochfrequenzrheologie-Messungen zeigten jedoch, dass der Verdicker Lithium-12-hydroxystearat in Poly--olefinen steifere Netzwerke/Filamente bildet als in Mineralölen. Wie erwartet steigt die Viskosität mit zunehmender Verdickerkonzentration, aber Mikroskopie und Hochfrequenzrheometrie zeigten, dass sich Dicke, Länge und Steifigkeit der einzelnen Filamente nicht ändern. In Mineralöl ergeben 12-Hydroxystearat-Verdicker eine höhere Viskosität als entsprechende Stearate mit demselben Metallion. Die fadenförmigen Lithium-Verdicker bilden stärkere Netzwerke als die rundlichen Aggregate, die von Magnesium- und Zinkstearat gebildet werden. Die Maschenweite des gebildeten Verdickernetzwerks variiert zwischen etwa 100 nm und 300 nm, wie aus der REM-Bildanalyse und MPT-Experimenten hervorgeht. Die MPT-Experimente zeigten darüber hinaus die Existenz von gelartigen, vernetzten Partikeln mit einer Größe von etwa 130 µm schon bei bei Verdickerkonzentrationen von 0,5 Gew.%, also bei Konzentrationen weit unter dem kritischen Wert von 6 Gew.%, bei dem sich ein probenübergreifendes Netzwerk ausbildet, das für eine Fettstruktur charakteristisch ist. [4]
Diese Dissertation zeigt umfassend, wie man Schmierstoffe anwendungsorientiert rheologisch charakterisiert und zu welchen Aussagen die rheologischen Größen anschließend sinnvoll herangezogen werden können. Dabei wurden auch die Einflüsse der gewählten Versuchsparamater auf die Ergebnisse betrachtet. Aus den rheologischen Messungen ging hervor, dass der Einfluss der Bestandteile des Schmierstoffs auf die Tieftemperatureignung enorm ist. Dabei ist ein bei tiefen Temperaturen ungeeignetes Öl nicht unbedingt auch als Grundöl in einem Fett bei tiefen Temperaturen ungeeignet. Zudem wurde deutlich, dass der gängige Kennwert des Pourpoints keine Sicherheit gibt, vor allem wenn der Pourpoint des Grundöls unmittelbar auf das damit hergestellte Fett übertragen wird.
Aus den Erkenntnissen über den Einfluss der Parameter der rheologischen Messungen und der Schmierstoffzusammensetzung konnte ein robustes rheologisches Messverfahren zur Vorhersage der Tieftemperatureignung von Schmierstoffen erarbeitet werden, wobei die Messprozedur sowohl auf Schmieröle als auch auf Schmierfette anwendbar ist. Dabei wird ein Temperatursweep von 20 °C bis 40 °C und wieder bis 20 °C in unter oszillatorischer Scherung durchgeführt. Zudem wurde deutlich, dass auch rheologische Messungen Informationen über die Struktur, die der Verdicker in Schmierfetten bildet, ergeben.
Abstract (englisch):
Lubricating greases consist of a base oil, a thickener and, if necessary, additives. Both the base oil and the thickener influence the flowability of the grease produced from them. The thickener forms a structure in the grease. This structural buildup is often compared to a sponge that is saturated with liquid [5]. However, this comparison proved to be misleading [6], which was also confirmed within the scope of this work. In most cases, metal soaps are used in industry. Metal soaps are salts of fatty acids with the oxides or hydroxides of metals. The metal soaps used form the network that traps the base oil and releases it when stressed. ... mehrIn this way, the contact point is lubricated. Understanding this soap structure and how it affects the action of the grease is crucial to understand and improve the lubrication process.
The rheological properties of the base oil and the lubricating grease produced with it provide important characteristic values for determining the suitability of lubricants for application. The first characteristic value is the dynamic viscosity. It depends on the temperature. Oils are Newtonian fluids, i.e., the viscosity does not depend on the shear rate. Greases, on the other hand, are pseudoplastic, which means that the viscosity depends on the shear rate. The second characteristic value is the yield stress. Greases have a yield stress, which is also temperature-dependent. Oils are liquids in the non-crystallized state and thus have no yield stress. Both a mineral oil and four synthetic oils (alkylated naphthalene, trimellitic acid ester, poly--olefin, polypropylene glycol) were investigated as base oils. The greases prepared with them had different concentrations of lithium 12-hydroxysterate as thickener. The viscosity and yield stress of greases were studied in the range from 20 °C to -40 °C. The temperature dependence of both quantities (viscosity and yield stress) of the greases follows an Arrhenius approach. The temperature dependence of the viscosity of the base oils is described by a WLF equation. The oils show a much more pronounced temperature dependence than the greases. At room temperature, the yield stresses of the greases clearly correlate with their NLGI class. These are consistency classes defined by the National Lubricating Grease Institute and implemented in DIN 51818 [7]. This determination based on the penetration depth of a standardized cone within 5 s into the grease [8]. The characteristic value of the penetration depth can be used to determine whether the lubricant can be used in the desired process. The determination of the yield stresses down to -40 °C and the found correlation of the yield stress with NLGI class at room temperature, allows a grease to be assigned to a room temperature equivalent NLGI class at any temperature [3].
The area of application of lubricants is increasingly extending to low temperatures, e.g., in wind turbines. To date, however, there are barely any standardized methods for determining the low-temperature suitability of lubricating greases. According to DIN 3016 [9], the pour point is used for the low-temperature suitability of oils. The pour point is the temperature at which an oil is just classified as flowable by visual observation. To evaluate the relevance of pour point measurements for synthetic lubricants, the crystallization, melting and low-temperature flow behavior of mineral and synthetic lubricating oils and lubricating greases produced with them are investigated. In addition to the various base oils, the greases also contain different thickeners and thickener concentrations. This resulted in the classification into three groups:
The formation of paraffin crystals in mineral oils (I) below the crystallization temperature leads to shear-thinning behavior and the formation of a yield point. The crystallization temperature determined in rheological and thermoanalytical measurements correlates well with the pour point [1]. In the case of mineral oil-based greases, the crystallization temperature TK increases, and the melting temperature TS decreases with increasing thickener concentration. The pour point of the mineral oil is then 3 K below TK and does not accurately define the lowest application temperature for mineral oil-based greases [2].
Synthetic lubricating oils that solidify glassy (II) (alkylated naphthalene, poly--olefin, polypropylene glycol) exhibit a steady increase in viscosity with decreasing temperature. For these oils, the temperature at which viscosity reaches 1000 Pas agrees well with the pour point [1]. The pour point of base oils correlates well with the onset of glass transition in the corresponding grease, as indicated by a sharp increase in grease viscosity [2].
Synthetic oils, such as the ester studied here, with complex crystallization behavior (III), show supercooling as a function of shear rate and cooling conditions. For these lubricating oils, the pour point does not provide information on low-temperature suitability. The pure oil does not crystallize on cooling but shows imperceptible supercooling and cold crystallization [1]. With increasing thickener concentration in the corresponding greases, more oil crystallizes. In this process, the thickener changes the crystallization behavior from homogeneous to heterogeneous and thus acts as a crystallization nucleus. The pour point of the base oil does not provide any information on the temperature below which the greases stiffen significantly due to crystallization [2].
Because the flow behavior of greases depends on both the base oil and the type and concentration of the dissolved thickener, it was necessary for an advanced understanding of the rheological properties, to study the structure of the soap in the grease [4]. Here, the linear viscoelastic properties of lubricating greases are characterized by the combination of oscillatory shear and squeeze flow over a wide frequency range (0.1-105 rad s-1). The microrheological measurement method multi-particle tracking (MPT) is used to locally investigate smallest areas in the structure of the grease. In addition, scanning electron microscopy (SEM) provides further insight into the sample structure in the sub micrometer range. The type and viscosity of the base oil have no effect on the absolute value of the complex viscosity and the filament shape formed by a particular thickener. However, high-frequency rheology measurements show that the thickener lithium 12-hydroxystearate forms stiffer networks/filaments in poly--olefins than in mineral oils. As expected, viscosity increases with increasing thickener concentration, but microscopy and high frequency rheometry show that the thickness, length, and stiffness of the individual filaments do not change. In mineral oil, 12-hydroxystearate thickeners give higher viscosity than corresponding stearates with the same metal ion. The filamentary and entangled lithium thickeners form stronger networks than the roundish aggregates formed by magnesium and zinc stearate. The mesh size of the formed thickener-network varies from about 100 nm to 300 nm, as shown by SEM image analysis and MPT experiments. The MPT experiments further show the existence of gel-like precursors with a size of about 130 µm at thickener concentrations well below the critical value of 6 wt-%, at which a cross-sample network characteristic of a grease structure is formed. [4]
This dissertation shows comprehensively how to measure lubricants rheologically correctly and for what purpose these measurements can subsequently be used in a practical way. The influences of the selected experimental parameters on the results become obvious. The rheological measurements show that the influence of the lubricant's ingredients on low-temperature suitability is enormous. An oil that is unsuitable at low temperatures is not necessarily also unsuitable as a base oil in a grease at low temperatures. It also becomes clear that the common characteristic value of the pour point does not provide absolute reliability, especially if the pour point of the base oil is directly transferred to the grease produced with it.
With the knowledge gained about the influence of parameters in rheological measurements and lubricant composition, this work provides a robust rheological measurement method for predicting the low-temperature suitability of lubricants, where the measurement procedure is applicable to both lubricating oils and greases. A temperature sweep from 20 °C to -40 °C and again to 20 °C in oscillatory shear is recommended. In addition, it became clear that rheological measurements also provide information about the structure formed by the thickener in lubricating greases.