Abstract:
Das Metall Chrom ist ubiquitär in der Umwelt vorhanden und wird vielfältig industriell eingesetzt, weshalb vor allem Beschäftigte in der Chrom be– und verarbeitenden Industrie gegenüber dem Metall exponiert sind. Die sechswertige Form des Chroms liegt bei neutralem pH-Wert als Chromat vor, wodurch es membrangängig ist. Durch die intrazelluläre Reduktion des Chromats kommt es zu zahlreichen Schädigungen in der Zelle, zu welchen eine kanzerogene Wirkung gehört. Der Mechanismus der Krebsentstehung durch Chromat ist noch nicht vollständig aufgeklärt. In den letzten Jahren wird eine Beteiligung von epigenetischen Mechanismen in der Kanzerogenese diskutiert. ... mehrDie Epigenetik befasst sich mit stabilen, dynamischen, vererbbaren Faktoren, durch welche die Expression eines Gens reguliert wird. In früheren Studien zeigte Chromat bereits einen Einfluss auf die Hauptmechanismen der epigenetischen Regulation, wozu die DNA Methylierung, posttranslationale Histonmodifika¬tionen und RNA-Interferenzen zählen. Die Untersuchung dieser Mechanismen erfolgt häufig durch in vitro Studien. Zellkulturen sind jedoch meistens frei von Ascorbinsäure, welche als Kofaktor von Enzymen der epigenetischen Regulation und Hauptreduktionsmittel im Chromatmetabolismus fungiert. Eine Zugabe von Ascorbinsäure bei der Untersuchung der Chromattoxizität ist daher erforderlich. Ebenso wichtig bei der Betrachtung kanzerogener Mechanismen ist die Inkubation von niedrigen Chromatkonzentrationen über einen längeren Zeitraum.
Im ersten Teil dieser Arbeit wurde der Einfluss von Ascorbinsäure auf die Auswirkungen von Chromat in den Lungenepithelzelllinien A549 und BEAS-2B untersucht. Hierfür wurden die Zellen vor der Chromatinkubation mit Dehydroascorbinsäure vorbehandelt, sodass sie intrazelluläre Gehalte an Ascorbinsäure im physiologischen Bereich erreichten. Die vorbehandelten und Ascorbinsäure-defizienten Zellen wurden bezüglich der Auswirkungen von Chromat auf die Zytotoxizität, Aufnahme, Zellzyklusverteilung, globale Methylierung und Genexpression verglichen. Die Behandlung mit Chromat ohne Ascorbinsäure resultierte in einer konzentrationsabhängigen, zytotoxischen Wirkung, welche mit einem steigenden Chromgehalt korrelierte. Während durch Chromat ein G2-Arrest induziert wurde, zeigte sich keine Veränderung in der globalen Methylierung. Die Auswirkungen von Chromat auf die Genexpression äußerten sich in einer Induktion von DNA-Schadensmarkern (DDIT3, GADD45A), Genen der oxidativen Stressantwort (GPX1, HMOX1, TXN), Interleukinen (IL1a, IL6, IL8) und Regulatoren der Apoptose und des Zellzyklus (CDKN1A, JUN, PMAIP). Eine Repression erfuhren Gene der DNA-Reparatur und der epigenetischen Regulation, ebenso Gene aus dem Bereich der oxidativen Stressantwort (MAP3K5, NFKB1). Die Veränderung in der Genexpression deutet verschiedene Signalwege in der Schadensantwort sowie eine durch Chromat verursachte Dysregulation epigenetischer Mechanismen an. In A549 Zellen bewirkte die Vorbehandlung mit DHA eine geringere Aufnahme von Chromat und damit einhergehende geringere Zytotoxizität. Die niedrigere intrazelluläre Chromkonzentration führte zu einer geringeren Effektstärke der Auswirkungen auf die Genexpression. Im Gegensatz dazu verstärkte sich der durch Chromat ausgelöste G2-Arrest. In BEAS-2B Zellen blieb die Zytotoxizität durch die Präinkubation mit DHA in einem ähnlichen Bereich, wobei die Chromataufnahme verringert war. Analog zu den A549 Zellen verstärkte sich der G2-Arrest. Diese Effekte können auf die erhöhte Bildung mutagener ternärer DNA-Addukte mit Ascorbat und damit einhergehende vermehrte Bildung von Doppelstrangbrüchen zurückgeführt werden. Die Effekte auf die Genexpression änderten sich nur in ihrer Effektstärke, welche in den meisten Genen abgeschwächt wurde. Verstärkt wurde die Repression epigenetischer Gene (DNMT3a, TET1), wodurch eine stärkere Dysregulation der epigenetischen Regulation angedeutet wurde. Aufgrund der Induktion von HSPA1A und IL8 in Folge der Präinkubation wird eine verstärkte oxidative Stressantwort und Inflammation angenommen, welche auf eine erhöhte Reduktion von Chromat durch die zugefügte Ascorbinsäure zurückzuführen sein könnte.
Des Weiteren wurde die Beständigkeit der durch Chromat verursachten zellulären Veränderungen untersucht. Hierfür wurde an die 24 stündige Behandlung eine 72 stündige Nachinkubationszeit angeschlossen und anschließend erneut die Zytotoxizität, Zellzyklusverteilung, globale Methylierung und Genexpression analysiert. Die zytotoxische Wirkung von Chromat verstärkte sich während der weiteren Kultivierung, wohingegen sich die Zellzyklusverteilung wieder der unbehandelten Kontrolle anglich. In beiden Zelllinien entstand eine globale Hypomethylierung, welche aufgrund des zeitlich verzögerten Auftretens durch die Verminderung der Aktivität der Methyltransferasen DNMTs auf passivem Weg verursacht wurde. Wahrscheinlichste Ursache hierfür ist eine Interaktion von oxidativem Stress mit den DNMTs oder deren Kofaktor SAM. Die Genexpressionsprofile wandelten sich in der 72 stündigen Nachinkubation ebenfalls ab. Repressive Effekte konnten nicht mehr beobachtet werden. Die Induktion von inflammatorischen Genen (IL1a, IL1b, IL6, IL8) spricht für eine anhaltende, entzündliche Reaktion in den Zellen. In A549 Zellen wurden zudem Gene der oxidativen Stressantwort (GPX1, NFKB2) und der Regulation von Zellzyklus und Apoptose (CDKN1A, JUN) vermehrt transkribiert. Eine Induktion in BEAS-2B Zellen konnte für CDKN1A und Gene der DNA-Schadensantwort (DDB2, DDIT3, GADD45A) detektiert werden.
Schließlich wurden die Auswirkungen einer mehrwöchigen Inkubation mit niedrigeren Chromatkonzentrationen mit den Effekten der 24 stündigen Behandlung verglichen. Nach Inkubationen von einer bis fünf Wochen wurden die Zytotoxizität, Chromataufnahme, Zellzyklusverteilung, globale Methylierung, genspezifische Methylierung der Promotorbereiche von MLH1 und MSH2 sowie die Genexpression analysiert. Die Zytotoxizität verstärkte sich nach der einwöchigen Inkubation im Vergleich zur Kurzzeitinkubation und nahm bis Woche 2 weiter zu. Der intrazelluläre Chromgehalt war nach der einwöchigen Behandlung niedriger als nach 24 h, blieb danach bis Woche 5 in einem konstanten Bereich. Effekte der Langzeitversuche sind daher auf den längeren Kontakt mit dem Metall und nicht auf eine erhöhte Chromkonzentration zurückzuführen. Während der Zellzyklus zu allen untersuchten Zeitpunkten unverändert blieb, konnte im Langzeitversuch eine globale Hypomethylierung festgestellt werden. Die Analyse des betrachteten Abschnitts innerhalb der Promotorregionen von MLH1 und MSH2 zeigte, dass diese unmethyliert vorlagen und durch Chromat nicht verändert wurden. Somit konnte keine genspezifische Hypermethylierung ermittelt werden. Die Genexpression wurde nach der 24 stündigen Inkubation nicht beeinflusst, wohingegen sich Effekte durch die verlängerte Behandlung zeigten. Besonders beeinflusst wurden Gene der Inflammation, CCL22 nach einer Woche, IL1a, IL1b und IL6 nach drei bis vier Wochen. Bei der Aktivierung dieser Gene könnte der NFκB-Signalweg eine Rolle spielen. Des Weiteren erfuhren Gene der oxidativen Stressantwort eine Induktion. Regulatoren des Zellzyklus und der Apoptose wurden zum Teil vermehrt transkribiert (CDKN1A, E2F1) und teilweise reprimiert (JUN, VEGFA). Während Marker der DNA-Schadensantwort vermindert wurden (DDIT3, GADD45A), erhöhte sich die Transkriptmenge in Genen der DNA-Reparatur (LIG1, RAD51).
Zusammenfassend zeigte sich in den analysierten toxikologischen Endpunkten ein Einfluss von Ascorbinsäure und der Inkubationsdauer. Eine Präinkubation mit DHA führte zu einer veränderten Schadensantwort in BEAS-2B-Zellen. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit dieses Aspektes, welcher in zukünftigen Untersuchungen von Chromat beachtet werden sollte. Sowohl die Nachinkubation als auch die verlängerte Inkubationsdauer beeinflussten ebenfalls die Auswirkungen von Chromat. Aufgrund des passiven Mechanismus konnte die globale Hypomethylierung erst mit zeitlicher Verzögerung detektiert werden. Die vorliegende Arbeit zeigt die Relevanz von längeren Inkubationszeiträumen zur Analyse der kanzerogenen Mechanismen von Chromat, insbesondere in Hinblick auf die Beteiligung epigenetischer Mechanismen.
Abstract (englisch):
Chromium is abundant in the environment and is widely used in industrial applications, making employees in the chromium processing industry in particular exposed to the metal. The hexavalent form of the metal occurs as chromate at neutral pH, which allows its penetration through membranes. The intracellular reduction of chromate causes plenty of damage to the cell, which include a carcinogenic effect. The mechanism behind the carcinogenesis caused by chromate has not yet been fully understood. In recent years, an involvement of epigenetic mechanisms in carcinogenesis has been discussed. ... mehrEpigenetics is concerned with stable, dynamic, heritable factors through which the gene expression is regulated. In previous studies, chromate has been shown to influence the major mechanisms of epigenetic regulation, DNA methylation, post-translational histone modifications, and RNA interference. The investigation of these mechanisms is often performed by in vitro studies. However, cell cultures usually lack ascorbic acid, which acts as a cofactor of enzymes involved in epigenetic regulation and as a major reducing agent in chromate metabolism. Therefore, addition of ascorbic acid is important in chromate toxicity studies. When considering carcinogenic mechanisms, it is also important to incubate with low concentrations of chromate for a period longer than the usual 24 hours.
Within the first part of this thesis, the influence of ascorbic acid on the effects of chromate in the lung epithelial cell lines A549 and BEAS-2B was investigated. For this purpose, cells were pretreated with dehydroascorbic acid prior to chromate incubation in order to achieve intracellular levels of ascorbic acid in the physiological range. Both the pretreated and ascorbic acid-deficient cells were compared with respect to the effects of chromate on cytotoxicity, uptake, cell cycle distribution, global methylation, and gene expression. Chromate treatment without ascorbic acid resulted in a concentration-dependent cytotoxic effect that correlated with increasing chromium content. While chromate induced a G2 arrest, global methylation remained unchanged. The effects of chromate on gene expression were manifested by induction of DNA damage markers (DDIT3, GADD45A), oxidative stress response genes (GPX1, HMOX1, TXN), interleukins (IL1a, IL6, IL8), and regulators of apoptosis and cell cycle (CDKN1A, JUN, PMAIP). Genes involved in DNA repair and epigenetic regulation were repressed, likewise the genes involved in the oxidative stress response (MAP3K5, NFKB1). The change in gene expression suggests different signaling pathways in the damage response as well as chromate-induced dysregulation of epigenetic mechanisms. In A549 cells, pretreatment with DHA caused lower uptake of chromate, accompanied by lower cytotoxicity. Reduced intracellular chromium concentration resulted in a decreased effect intensity of the impacts on gene expression. In contrast, the G2 arrest triggered by chromate increased. In BEAS-2B cells, preincubation with DHA had a more pronounced cytotoxic effect with respect to lower chromate uptake. Similarly, to A549 cells, the G2 arrest increased. These effects can be attributed to the enhanced formation of mutagenic ternary DNA adducts with ascorbate and associated increased formation of double-strand breaks. The effects on gene expression changed only in their effect strength, which was attenuated in most genes. The repression of epigenetic genes (DNMT3a, TET1) was enhanced, suggesting greater dysregulation of epigenetic regulation. Due to the induction of HSPA1A and IL8 as a result of preincubation, an increase in the oxidative stress response and inflammation is postulated, which is due to an increased reduction of chromate by the addition of ascorbic acid.
Furthermore, the durability of the cellular changes induced by chromate was investigated. For this purpose, the 24-hour treatment was followed by a 72-hour post incubation period, after which cytotoxicity, cell cycle distribution, global methylation and gene expression were again analyzed. The cytotoxic effect of chromate increased during further cultivation, whereas cell cycle distribution returned to the untreated control. Global hypomethylation occurred in both cell lines, which, due to the delayed onset, was caused by the decrease in the activity of methyltransferases DNMTs via passive pathways. Most likely, the underlying mechanism includes the interaction of oxidative stress with DNMTs or their cofactor SAM. Gene expression profiles also transformed during the 72-hour post incubation period. However, repressive effects could not be observed anymore. The induction of inflammatory genes (IL1a, IL1b, IL6, IL8) strongly suggests a persistent inflammatory response in the cells. In A549 cells, oxidative stress response genes (GPX1, NFKB2) and cell cycle and apoptosis regulation genes (CDKN1A, JUN) were also transcribed more frequently. Induction in BEAS-2B cells was detected in CDKN1A and DNA damage response genes (DDB2, DDIT3, GADD45A).
Finally, the effects of incubation for multiple weeks with lower chromate concentrations were compared with the results of 24 hours of treatment. After incubations of one to five weeks, cytotoxicity, chromate uptake, cell cycle distribution, global methylation, gene-specific methylation of promoter regions of MLH1 and MSH2, and gene expression were analyzed. Cytotoxicity increased after the one-week incubation compared with the short-term incubation and continued to increase until week 2. Intracellular chromium levels were reduced after the one-week treatment compared with 24 h, but remained in the same range until week 5 afterwards. Effects of the long-term experiments can therefore be attributed to prolonged contact with the metal and not to increased chromium concentration. While the cell cycle remained unchanged at all time, global hypomethylation was detected in the long-term experiment. Analysis of the considered section in the promoter region of MLH1 and MSH2 revealed that it was unmethylated and not altered by chromate. Thus, no gene-specific hypermethylation could be determined. Gene expression was not affected after the 24-hour incubation, whereas effects were observed with the prolonged treatment. Particularly affected were genes of inflammation, CCL22 after one week, IL1a, IL1b and IL6 after three to four weeks. The NFκB signaling pathway might play a role in the activation of these genes. Furthermore, oxidative stress response genes underwent induction. Regulators of cell cycle and apoptosis were partially induced (CDKN1A, E2F1) and partially repressed (JUN, VEGFA). While markers of DNA damage response were decreased (DDIT3, GADD45A), transcript levels increased in genes of DNA repair (LIG1, RAD51).
In summary, the analysis of these toxicological endpoints demonstrated an influence of ascorbic acid and the incubation time. Pre-incubation with DHA resulted in an altered damage response in BEAS-2B cells. This highlights the importance of this aspect, which should be considered in future studies of chromate. Both post-incubation and prolonged incubation time also affected the impact of chromate. Due to the passive mechanism, global hypomethylation could only be detected with a delay. In the present thesis, the relevance of prolonged incubation periods in the analysis of the carcinogenic mechanisms of chromate, especially with regard to the involvement of epigenetic mechanisms, could be elucidated.