Abstract:
Grundwasser ist eine wichtige Quelle für die Versorgung mit Süßwasser, Trinkwasser sowie mit
Brauchwasser für die Bewässerung, ebensowie für industrielle und geothermische Zwecke. Darüber
hinaus ist das Grundwasser das größte terrestrische Süßwasserbiom derWelt mit einem Ökosystem,
das hauptsächlich mit wirbellosen Tieren (Stygofauna) und Mikroben besiedelt ist, die wichtigen
Aufgaben wie die Wasserreinigung sowie die Erhaltung des Nährstoff- und Kohlenstoffkreislauf
übernehmen. In vielen Regionen der Welt ist dieser Lebensraum jedoch durch natürliche und
anthropogene Einflüsse bedroht. ... mehrDies ist kritisch, da nur gesunde Grundwasserökosysteme zu
wichtigen Ökosystemleistungen beitragen. Zudem fehlt in vielen Teilen der Welt selbst das
grundlegendste Wissen über diese Ökosysteme. Ziel dieser Arbeit ist es daher, die ökologischen
Bedingungen und Prozesse im Grundwasser besser zu verstehen, was in Zeiten konkurrierender
Grundwassernutzungen für ein nachhaltiges Ressourcen- und Umweltmanagement unerlässlich
ist. Im Einzelnen wird die Grundwasserfauna dafür auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen
Skalen erfasst und bewertet.
Die erste Studie dieser kumulativen Dissertation liefert einen globalen Überblick über die
Grundwasserfaunaforschung, einschließlich der historischen Entwicklung der Forschungsinhalte
und der Probenahmeverfahren. Um die globale Verbreitung der Grundwasserfaunaforschung und
die bestehenden Datenlücken zu ermitteln, werden Daten von 859 Studien analysiert. Es zeigt
sich, dass in den letzten zehn Jahrzehnten die Zahl der Studien zur Grundwasserfauna exponentiell
zugenommen hat, was mit einem Paradigmenwechsel bei den Forschungsschwerpunkten einherging.
Außerdem haben sich die Probenahmemethoden von der anfänglichen Verwendung einfacher Netze,
Substratproben und Handpumpen zu neueren molekularen Analysen weiterentwickelt. Zuletzt
zeigt sich, dass Studien zur Grundwasserfauna global ungleichmäßig verteilt sind und von der
Forschung in Australien und Europa dominiert werden, während in Afrika, Asien und Amerika nur
wenige Studien vorhanden sind. Diese einseitige Sichtweise auf die Grundwasserfauna erschwert
die Bestimmung von Biodiversitätsmustern und Ökosystemfunktionen in einem größeren Maßstab. In der zweiten Studie dieser Arbeit werden Langzeitdaten für Grundwasser aus Südwestdeutschland
verwendet, um durch natürliche und/oder anthropogene Einflüsse ausgelöte Veränderungen der
Grundwasserfauna zu identifizieren. Dazu wird eine umfassende räumliche und zeitliche Analyse
der metazoischen Grundwasserfauna und abiotischer Parameter an 16 Messstellen über zwei
Jahrzehnte durchgeführt. Dabei wurden keine großskaligen zeitlichen Trends für die Abundanz
und die biologische Vielfalt der Fauna sowie keine signifikanten großräumigen Trends bei
den abiotischen Parametern festgestellt. Neun der 16 Brunnen zeigen stabile ökologische
und hydrochemische Bedingungen auf lokaler Ebene. Die übrigen Brunnen weisen zwischen
einzelnen Jahren wechselnde oder schwankende Faunenparameter auf, was auf komplexere zeitliche
Zusammenhänge auf lokaler Ebene hinweist. Diese zeitlichen Veränderungen sind zum einen auf
natürliche Ursachen zurückzuführen, wie z. B. abnehmende Gehalte an gelöstem Sauerstoff oder
schwankende Temperaturen. Anhand von Luftbilderanalysen der Umgebung von drei einzelnen
Brunnen wird zudem festgestellt, dass anthropogene Einflüsse, wie z. B. Baustellen, zu erheblichen
Verschiebungen der Grundwasserfaunagemeinschaften und Veränderungen des ökologischen
Zustands führen können.
Besonders in dicht besiedelten städtischen Gebieten kommt es zunehmend zu Veränderungen
der Hydrologie und der Oberflächenbedingungen, weshalb die Untersuchung städtischer Grundwasserleiter
immer wichtiger wird. Daher wird in der dritten Studie der ökologische Zustand eines
anthropogen beeinflussten Grundwasserleiters durch die Analyse der Fauna und hydrogeologischer,
physikalisch-chemischer Parameter in 39 Grundwassermessstellen in einem städtischen Gebiet im
Vergleich zu einemWaldgebiet außerhalb des bebauten Gebietes der Stadt Karlsruhe (Deutschland)
untersucht. Die Analysen bestätigen erkennbare Unterschiede in der räumlichen Verteilung der
abiotischen Grundwassereigenschaften, wie z. B. niedrigere Grundwassertemperaturen und höhere
Konzentrationen an gelöstem Sauerstoff imWaldgebiet, und weisen somit auf einen Zusammenhang
zwischen abiotischen Eigenschaften und der Landnutzung hin. Darüber hinaus sind räumliche
Unterschiede in der Artenverteilung zu erkennen, während bei der Faunendiversität und der
Landnutzung kein klares räumliches Muster erkennbar ist. Zur Klassifizierung des ökologischen
Zustands des Grundwassers wird der "Grundwasserökosystem Status Index" herangezogen, der
keine klaren räumlichen Muster in Bezug auf die Landnutzung und andere anthropogene Einflüsse
erkennen lässt. Eine eindeutige Bewertung des ökologischen Zustands mit den bestehenden
Bewertungsansätzen im urbanen Raum ist daher nicht möglich.
Zusammenfassend zeigt diese Arbeit, dass Grundwasser ein komplexes Ökosystem ist, welches
von zahlreichen Stressfaktoren beeinflusst wird. Selbst auf lokaler Ebene weist das Grundwasser
als Lebensraum heterogene Bedingungen auf. Darüber hinaus beeinflussen Veränderungen der
Hydro(geo)logie und der Oberflächenbedingungen, wie etwa durch Landnutzung, die Grundwasserfauna.
Schlussendlich zeigt diese Arbeit, wie wichtig das Verständnis dieses Ökosystems ist, um
klare Informationen über seinen ökologischen Zustand zu erhalten.
Abstract (englisch):
Groundwater is an important source of freshwater, drinking water, service water for irrigation,
industrial and geothermal uses. Moreover, groundwater is the largest terrestrial freshwater biome
of the world, with ecosystems inhabited mainly by invertebrates (stygofauna) and microbes,
that undertake important services, including water purification, as well as nutrient and carbon
cycling. This habitat is naturally and anthropogenically threatened in many areas, yet only healthy
groundwater ecosystems help to provide these important services. In many parts of the world,
... mehr
even the most basic knowledge of these ecosystems is lacking. Thus, this thesis aims to improve
the understanding of ecological processes and conditions in groundwater, which is essential for
sustainable resource and environmental management in times of competing groundwater uses. To
achieve this groundwater fauna is analysed and assessed in detail on different spatial and temporal
scales.
The first study of this cumulative thesis provides an overview on groundwater fauna (stygofauna)
research, including the historical evolution of research topics and the development of sampling
methods. To investigate the global distribution of groundwater fauna research and identify resulting
data gaps, data from 859 studies is reviewed. From this, it is apparent that there has been an
exponential increase in the number of groundwater fauna studies over the last ten decades, together
with changing paradigms in the research focus. Furthermore, sampling methods have developed
from using simple nets, substrate samples and hand-pumps in the beginning to recent advances
in molecular methods. Finally, studies on groundwater fauna are spatially unevenly distributed
and are dominated by research in Australia and Europe, with few studies in Africa, Asia, and
the Americas. This biased view on groundwater fauna hinders the identification of biodiversity
patterns and ecosystem functions on a global scale.
The second study uses long-term groundwater data from South-West Germany to identify shifts
in groundwater fauna due to natural and/or anthropogenic impacts. Thus, a comprehensive
spatial and temporal analysis of metazoan groundwater fauna and abiotic parameters from 16
monitoring wells over two decades is conducted. No overall temporal trends for fauna abundance and biodiversity and no significant large-scale trends in abiotic parameters are observed. Nine wells
out of 16 show stable ecological and hydro-chemical conditions at a local level. The remaining
wells exhibit shifting or fluctuating faunal parameters between individual years, indicating more
complex temporal behaviours on a local scale. On the one hand, these temporal changes can be
linked to natural causes, such as decreasing dissolved oxygen contents or fluctuating temperatures.
Moreover, by examining aerial images of the surroundings of three individual wells, it is revealed
that anthropogenic impacts, such as construction sites, can cause significant shifts in groundwater
fauna and changes in the ecological status.
Changes in hydrology and surface conditions are increasingly occurring in densely populated
urban areas, which is why investigating urban aquifers becomes increasingly important. Thus,
the ecological status of an anthropogenically influenced aquifer is examined in the third study by
analysing fauna and hydrogeological, physico-chemical parameters in 39 groundwater monitoring
wells in an urban area and compared to a forested area outside the built-up area of the city of
Karlsruhe (Germany). Statistical analyses confirm noticeable differences in the spatial distribution
of abiotic groundwater characteristics, such as lower groundwater temperature and higher dissolved
oxygen content in the forested area, and thus indicate a correlation between abiotic characteristics
and land use. Moreover, spatial differences in the species distribution are visible. However, no
clear spatial pattern is found regarding faunal diversity and land use. The groundwater ecosystem
status index is applied for classification of the ecological status of groundwater, but shows no clear
spatial patterns concerning land use and other anthropogenic impacts. Thus, it is therefore not
possible to obtain a clear result on the ecological status with existing assessment approaches in
urban areas.
This thesis demonstrates that groundwater is a complex ecosystem affected by multiple stressors.
Groundwater shows heterogeneous conditions as a habitat, even at a local scale. Moreover, changes
in hydro(geo)logy and surface conditions, such as land use, influence groundwater fauna. Thus,
this thesis reveals that the understanding of this ecosystem is important to obtain clear information
on its ecological status.