Abstract:
Die Optimierung von mechanischen, chemischen und biologischen Systemen stellt eine essenzielle Aufgabe für Ingenieure dar. Um diese Systeme zu verbessern, sind effiziente Methoden und ein tiefes Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse erforderlich, da sie wesentlich zur Funktionalität und Effizienz beitragen. Die modellhafte Darstellung und Berechnung solcher Systeme wecken großes Interesse in Wissenschaft und Wirtschaft. Die Anwendung von computerbasierten Optimierungsmethoden ermöglicht eine wirtschaftliche und effiziente Verbesserung dieser Systeme durch Variation der Parameter. ... mehrDie Gestaltung von produktiven und ressourcenschonenden Prozessen kann in verschiedenen Größenordnungen erfolgen. Neben den üblichen makroskopischen Größen, wie beispielsweise den Reaktordimensionen, können auch mikroskopische Größen (wie Partikelgröße und -anordnung) sowie Nanostrukturen (wie Molekülanordnung) optimiert werden. Um die Optimierung auf verschiedenen Größenebenen durchzuführen, sind verschiedene Modelle erforderlich, die die Abläufe von Strömungskräften bis hin zu elementaren Reaktionsvorgängen beschreiben.
Die Bionik, also die technische Anpassung natürlicher Phänomene, wird seit Jahrhunderten zur Entwicklung neuer Technologien und Systeme genutzt. Ein komplexes Beispiel für Optimierung ist die menschliche Zelle. Durch Evolution wurde eine selektive und effiziente Methode zur Regulation komplexer Prozesse in der menschlichen Zelle ermöglicht. Die Kompartimentierung in der Zelle ermöglicht die Anordnung von Enzymen in Reaktionsnetzwerken in Volumina oder auf Oberflächen, wodurch die Selektivität und Produktivität des gesamten Reaktionsnetzwerks erhöhten und unerwünschte Nebenprodukte vermieden werden können. Dieses Prinzip wird in der Technik mit der DNA-Origami-Technologie adaptiert. Mit Hilfe der japanischen Faltkunst können DNA-Stränge synthetisiert und funktionalisiert werden, um automatisch eine bestimmte Geometrie zu bilden. Durch genetische Manipulation können Enzyme spezifisch markiert und auf den DNA-Nanostrukturen immobilisiert werden, um sie in technischen Prozessen zu nutzen.
Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, ein biochemisches Reaktorsystem auf verschiedenen Größenordnungen modellhaft zu betrachten. Das untersuchte Reaktorsystem ist ein Mikroreaktor mit einem überströmten Partikelbett am Boden, wobei die Partikel einen Durchmesser von 2,8 µm haben. Die Partikel sind superparamagnetisch und werden mittels acht alternierenden Neodym-Magneten im Reaktor gehalten. Als biologisches Beispiel wird die zweistufige Reduktion von 5-Nitrononan-2,8-Dion mit einer Ketoreduktase untersucht. Ein zusätzliches Regenerationssystem mit einer Dehydrogenase wird verwendet, um den teuren Kofaktor NADPH für diese Reduktionen zu regenerieren. Neben der Entwicklung einzelner Modelle untersucht diese Arbeit auch die Übertragbarkeit von Ergebnissen zwischen den verschiedenen Ebenen und resultiert schließlich in einer makroskopischen Systemoptimierung unter Berücksichtigung ökonomischer Aspekte. Die untersuchten Modelle auf den unterschiedlichen Skalenebenen sind wie folgt: Auf makroskopischer Ebene werden mehrdimensionale Berechnungen des Reaktorumsatzes durchgeführt, auf mikroskopischer Ebene wird die Bildung des Partikelbetts und die Partikelanordnung betrachtet, und auf molekularer Ebene werden Diffusionsprozesse von Substraten und die Auswirkungen der Enzymanordnung analysiert.
Auf molekularer Ebene wird eine Brown‘sche Dynamik-Modellierung (GeomBD) eingesetzt, um die Auswirkungen der Enzymkonfiguration (Abstand und Orientierung) sowie das Vorhandensein einer flachen DON (5-Nitrononan-2,8-Dion) zu untersuchen. Geringe Abstände und die Beeinträchtigung der Molekülbewegung durch die DON führen zu Verbesserungen der Assoziationsgeschwindigkeiten und somit zu einer Erhöhung des Umsatzes. Dies zeigt das Potenzial der DNA-Nanotechnologie.
Die optische Analyse und Partikelsimulationen mit der Lattice-Boltzmann-Software OpenLB liefern charakteristische Größen des Partikelbetts, wie die durchschnittliche Höhe und Porosität, die für die makroskopische Simulation benötigt werden. Durch die Verwendung von Magneten unter dem Reaktorchip werden die Partikel im Reaktorkanal gehalten und bilden ein Partikelbett mit Erhebungen an den Enden und Anfängen der Magneten. Untersuchungen des Anfangs und der Mitte des Partikelbetts ergaben eine durchschnittliche Partikelbetthöhe von 94,8 µm und eine durchschnittliche Porosität von 0,309.
Die makroskopische Betrachtung des Reaktors wurde in verschiedenen Modellen umgesetzt. Diese Arbeit vergleicht ein pseudo2D-Modell in Matlab mit Strömungssimulationen in Fluent für den 2D- und 3D-Fall hinsichtlich ihrer Ergebnisse, Genauigkeit und des numerischen Aufwands. Das pseudo2D-Modell erwies sich als effizienteste Methode und wurde anschließend im Rahmen einer systematischen Optimierung nach der Multi-Level-Reactor-Design-Methode angewendet. Dafür wurde die Techno-ökonomische Leistung (engl.: Techno-Economic Performance, TEP), eine Kombination aus Raumzeitausbeute, Produktivität der Reduktionsenzyme sowie einmaligen und laufenden Kosten, definiert und mit Hilfe eines genetischen Algorithmus optimiert. Im Vergleich zum Ausgangsfall konnte die Raumzeitausbeute verdoppelt und die Produktivität um den Faktor 3,5 verbessert werden. Gleichzeitig ergab sich bei der Optimierungsmethode eine Reduktion der Kosten und letztlich eine Verbesserung der TEP auf einen Faktor von 15.
Diese Arbeit verdeutlicht die Möglichkeiten und Herausforderungen der computergestützten Optimierung. Insbesondere für komplexe Reaktorsysteme können dabei erstaunliche und unvorhergesehene Optimierungsmöglichkeiten aufgedeckt werden, die mit herkömmlichen Methoden nicht realisierbar sind.
Abstract (englisch):
The optimization of mechanical, chemical, and biological systems is a central task for engineers. Improving these systems requires not only an efficient methodology but also a deep understanding of the underlying processes that significantly contribute to the functionality and efficiency of the sys-tem. The modeling and calculation of such systems are of great interest to science and industry. Determining the theoretical behavior through parameter variations enables cost-effective and effi-cient computer-assisted system optimization. Adapting the design of productive and resource-efficient processes can be conducted on different scales. ... mehrIn addition to the usual macroscopic scale (e.g., reactor dimensions), it is also possible to optimize on a microscopic scale (e.g., particle size and arrangement) and even down on the nanometer scale (e.g., molecular arrangements). Applying com-puter-assisted methods for optimization across multiple scales requires different models, which serve to describe the processes involved, from fluid dynamics to elementary reaction processes.
The method of bionics, which involves the technical adaptation of naturally occurring phenomena, has been used for centuries to develop innovative technologies and systems. One of the most com-plex and interesting biological system is the mammal cell. Evolution has enabled a selective and efficient method of regulating complex processes within the cell. The principle of compartmentaliza-tion can be observed in these cells, which results in arranging enzymes, which are dependent on each other in reaction networks, within volumes or on surfaces. This increases the selectivity and produc-tivity of the entire reaction network and avoids unwanted by-products. The adaptation of this princi-ple in technology is achieved through DNA origami technology. Inspired by the Japanese art of paper folding, DNA strands can be synthesized and functionalized to automatically form a tailored geome-try. By genetically manipulating enzymes, they can be specifically labeled and immobilized on DNA nanostructures for use in technical processes.
This goal of this work is to investigate a biochemical reactor system at different scales with computa-tional methods, elaborate on fundamental behavior and improve it with regards to these. The investi-gated reactor system is a microreactor with a stationary bed of particles with a diameter of 2.8 µm at the bottom of the reactor. The particles are superparamagnetic and are held in the reactor by eight alternating neodymium magnets. As an exemplary reaction system, the two-stage reduction of 5-nitrononan-2,8-dione with a ketoreductase is studied. An additional regeneration system with a dehydrogenase is used to regenerate the expensive cofactor (NADPH) for these reductions. Besides the definition and application of the individual models, this work also addresses the transfer of essential results between the different scales, resulting in a macroscopic system optimization regard-ing performance and economic considerations. The investigated models on different scales are as follows: macroscopic scale – overall reactor conversion and behavior; microscopic scale - formation of the particle bed and particle arrangement; molecular scale – reaction kinetics and diffusion processes of substrates and the influence of enzyme arrangements.
At the molecular scale, a Brownian dynamics software (GeomBD) is used to investigate the effects of enzyme configuration (distance and orientation) as well as the presence of a flat DON. Small distances and the hindrance of molecular movement by the DON show improvements in association rates and thus an increase in conversion, demonstrating the potential of DNA nanotechnology.
Optical analysis and particle simulations using the Lattice-Boltzmann software OpenLB provide char-acteristic parameters of the particle bed, such as average height and porosity. These are essential for the macroscopic simulation. The magnets underneath the reactor chip hold the particles in the reac-tor channel and form a particle bed with elevations at the ends and beginnings of the magnets. Investigations of the distinct parts of the particle bed (beginning and middle) concluded in an average particle bed height of 94.8 μm, corresponding to an average porosity of 0,309.
The macroscopic consideration of the reactor was implemented in different models. This work com-pares a pseudo-2D model in Matlab with numerical fluid dynamics simulations in Fluent in 2D and 3D regarding their accuracy and numerical efficiency. The pseudo-2D model proves to be the most effi-cient and is subsequently applied in a systematic optimization using the Multi-Level Reactor Design method (MLRD). For this purpose, the Techno-Economic Performance (TEP), a combination of space-time yield, productivity of the reduction enzymes, capital and operation costs, is introduced and calculated and optimized with a genetic algorithm. Compared to the initial case, the space-time yield was doubled and the productivity improved by a factor of 3.5. With lower costs the optimized reactor design results in a 15-fold improvement in TEP.
This work demonstrates the possibilities and challenges of computer-assisted optimization. Especially for complex reactor systems, it reveals remarkable and unforeseen optimization opportunities that are not achievable with conventional methods.