Abstract:
Tiefliegende geologische Formationen haben sich als Hauptkandidat auf der Suche nach einem geeigneten Standort für ein Endlager für hochradioaktiven Abfall zur effektiven Isolierung der hochradioaktiven Materialien von der Biosphäre herausgestellt. Unter diesen Formationen wurde der Opalinuston (OPA) als Wirtsgestein für ein Endlager des radioaktiven Abfalls der Schweiz [1] vorgeschlagen, welcher auch in Deutschland in Frage kommt [2]. Der OPA kann in eine Vielzahl von Fazies unterteilt werden, die durch ihre unterschiedliche Mineral- und Fossilzusammensetzungen gekennzeichnet sind [3]. ... mehrDie sandige Fazies des OPA ist durch einen vergleichsweisen hohen Anteil an Quarz und Carbonaten gekennzeichnet und weist eine ausgeprägte Heterogenität im Milli- bis Dezimeterbereich auf. Diese Heterogenität ist eine Gemeinsamkeit mit norddeutschen Tongesteinsformationen aus der Unterkreide und dem Jura und könnte das Migrationsverhalten von Radionukliden und weitere geochemische Eigenschaften entscheidend beeinflussen. In dieser Studie werden daher umfangreiche Analysen an mehreren Bohrkernen der sandigen Fazies durchgeführt, um den Einfluss der Heterogenität auf die mineralogische Zusammensetzung und weitere geochemische Parameter zu untersuchen. Um diese Heterogenität zu quantifizieren und sie in Modellen und Sicherheitsanalysen berücksichtigen zu können, wird ein repräsentatives Elementarvolumen (REV) für die untersuchten Parameter abgeschätzt. Dabei ist das untere REV definiert als das kleinste Probenvolumen, ab welchem die Datenstreuung eine zuvor aufgestellte Grenze unterschreitet und eine Probe daher als repräsentativ und homogen im Hinblick auf den untersuchten Parameter und die untersuchte Skala angenommen werden kann [4]. Das obere REV ist das größte Probenvolumen, welches nur die untersuchte Skala umschließt und nicht benachbarte Domänen miteinbezieht [5]. Diese beiden Volumina sind wichtige Parameter, um experimentelle Daten zu modellieren. Hierbei gibt das untere REV das minimale Probenvolumen an, welches experimentelle Proben umfassen müssen um als repräsentativ angesehen werden zu können und das obere REV das maximale Probenvolumen an, zu welchem diese Daten jeweils hochskaliert werden können.
Gemäß der aktuellen Klassifizierung der OPA Fazies nach Lauper et al. (2021) [6] konnten die untersuchten Bohrkerne abschnittsweise den Subfazies SF2 und SF3 zugeordnet werden, zu welchen sie eine ausgeprägte visuelle und mineralogische Übereinstimmung aufweisen. Mit unterschiedlichen Methoden konnte eine repräsentative elementare Bohrkernlänge (REL) von ≈30–140 cm und ≈10–100 cm für SF2 und SF3 aufgestellt werden. Unter Anbetracht der Auflösung der zugrundeliegenden Bestimmung sind diese Längen vergleichbar mit Literaturdaten [6].
Eine Untersuchung zur Abhängigkeit der Datenstreuung der mineralogischen Zusammensetzung vom Probenvolumen zeigt das zu erwartende Verhalten, dass kleinere Proben spezifischer sind und eine größere Bandbreite an Werten annehmen. Am Beispiel des Illitgehalts zeigt sich bei abnehmendem Probenvolumen von 2000 cm³ auf 1 cm³ eine Vergrößerung der Streuung von ± 0,75 Gew% auf ± 8,0 Gew%. Als minimales REV für die Mineralogie kann ein Volumen von mindestens 85 cm³ vorgeschlagen werden, ab welchem die mineralogische Zusammensetzung mit der zugeordneten Subfazies übereinstimmt. Es wurden Andeutungen gefunden, dass ein Volumen von ≤2000 cm³ größer als das obere REV sein könnte und sich damit über mehrere Subfazies erstrecken würde. Parallel zur Schichtung des Tongesteins zeigt sich eine ausgeprägte Homogenität auf einer Länge von bis zu 20 m. Innerhalb dieser Reichweite schwankt die mineralogische Zusammensetzung weniger als die analytische Unsicherheit der Bestimmungsmethode. Eine Probe mit einer Dicke von 2 cm (Volumen von 85 cm³) kann daher als repräsentativ für weite laterale Distanzen in diesem vergleichsweise heterogenen Tongestein angesehen werden.
Neben der Auswirkung der Heterogenität auf die mineralogische Komposition des Tongesteins, untersucht diese Studie die Auswirkung auf das Sorptionsverhalten gegenüber Caesium (Cs 137), Cobalt (Co 60) und Europium (Eu 152). Diese Nuklide wurden beispielhaft als ein Spaltprodukt, Aktivierungsprodukt und Homolog dreiwertiger Actinide ausgesucht, um das Verhalten von ein-, zwei, und dreiwertigen Kationen zu untersuchen. In Batch Sorptionsexperimenten werden Verteilungskoeffizienten (log10(Rd) Werte in log10(L/kg)) im Bereich von 2,3–3,1 für Caesium, von 1,8–2,9 für Cobalt und von 4,3–5,5 für Europium bestimmt. Diese Bandbreite stimmt gut mit vorhandenen Daten für die tonige Fazies überein. Bei der Untersuchung der Abhängigkeit der Sorptionsdatenstreuung vom Probenvolumen zeigt sich im Gegensatz zur Mineralogie nur eine sehr geringe Variation der Adsorption von Caesium und Cobalt über alle untersuchen Volumina. Im Vergleich zur durchschnittlichen Verteilung wird eine Streuung der log(Rd) Werte von weniger als ± 0,3 log Einheiten beobachtet. Eine Probe mit einem Volumen von nur 8 cm³ kann daher als repräsentativ für die ganze zugrundeliegende sandige Fazies angesehen werden, sogar über die Subfazies-Klassifizierung hinweg [6]. Ein leicht größeres REV von 27 cm³ wird für die Adsorption von Europium vorgeschlagen, was durch die generell sehr starke Sorption von trivalenten Kationen an OPA bedingt ist.
Die Rückhaltefähigkeit der tonigen Fazies des OPA und anderer Tongesteine lässt sich sehr gut durch Modellrechnungen reproduzieren [7, 8]. Im sogenannten „bottom-up approach“ werden die Sorptionseigenschaften alleinig wenigen Tonmineralen zugeschrieben, um experimentell gewonnene Daten zu simulieren. Um zu überprüfen, ob sich die zugrundeliegenden Annahmen des Modells auch auf die sandige Fazies mit einem geringeren Tonmineralanteil übertragen lassen, wurden geochemische Modelle mit dem Modellierungscode PhreeqC aufgesetzt.
Versionen des „Generalized Cesium" (GCs)- und des „two-site protolysis non-electrostatic surface complexation and cation exchange“-Sorptionsmodells (2SPNE SC/CE), die von Bradbury und Baeyens [8-10] eingeführt wurden, liefern eine vom Illitgehalt abhängige Einschätzung des Sorptionsverhaltens für alle drei untersuchten Kationen. Diese Modellrechnungen beschreiben das Sorptionsverhalten von Caesium gut und weichen nur leicht vom beobachteten Sorptionsverhalten von Cobalt ab. Für die Europium-Sorption unterschätzt das Modell die experimentell bestimmten Sorptionskoeffizienten. Modell- und Laborergebnisse stimmen jedoch darin überein, dass mehr als 99,5 % des Europiums adsorbiert. Die Unterschiede können daher auch durch experimentelle- und Datenunsicherheiten verursacht worden sein.
Zeitaufgelöste Laserfluoreszenzspektroskopie (TRLFS) mit Curium wurde durchgeführt, um die für die Sorption dreiwertiger Kationen relevanten Mineralphasen und Spezies zu überprüfen. Die Ergebnisse deuten auf die Bildung ternärer Oberflächen-Carbonat-Sorptionsspezies auf den reinen Tonmineralen und Calcit hin, charakterisiert durch eine verlängerte Fluoreszenzlebensdauer und einer bathochromen Verschiebung des Spektrums. Die Sorption an natürlichem OPA findet überwiegend an Illit statt. Anzeichen einer gleichzeitigen Sorption an anderen Tonmineralen und Calcit werden aber ebenfalls beobachtet. Die Untersuchung an einem dem natürlichem OPA nachgebildeten Gemisch aus Mineralen zeigt dasselbe Verhalten, aber mit einem stärkeren Einfluss des Calcits, was sich durch eine stärkere Ausprägung von Einbauspezies zeigt. Dies ist erklärbar durch den Einsatz von synthetischem Calciumcarbonat als Ersatz für natürlich gealterten und äquilibrierten Calcit. Durch eine Verlängerung der Sorptionszeit von einem Tag auf dreißig Tage wird eine ausgeprägtere Sorption auf fast allen untersuchten Mineralphasen beobachtet.
Um die Auswirkung der Heterogenität auf einer intakten OPA-Oberfläche mikroskopisch zu untersuchen, wurde diese mit einem Elektronenmikroskop analysiert. Anschließend wurden Autoradiographie-Experimente mit den drei zuvor genannten Kationen durchgeführt. Hier zeigt sich die starke Tonmineralabhängigkeit in der Caesiumsorption, wobei bedingt durch experimentelle Schwierigkeiten bei der Sorption von Cobalt und Europium keine eindeutige Zuordnung zu Mineralphasen möglich war.
Die vorliegende Doktorarbeit wurde im Rahmen des Verbundprojekts iCross durchgeführt, unter Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (02NUK 053 C), sowie durch die Helmholtz-Gemeinschaft (SO-093).
Abstract (englisch):
In the selection process for a disposal site of high-level radioactive waste, deep geological formations have emerged as the most promising candidates for an effective long-term isolation of highly active radionuclides from the biosphere. Of these formations, Opalinus Clay (OPA) has been proposed as the host rock for a nuclear waste repository in Switzerland [1] and is also in discussion for a German repository [2]. OPA may be subdivided into different facies, distinguished by variations in mineral and fossil composition [3]. Of these, the sandy facies is characterized by comparatively higher quartz and carbonate contents and displays a more pronounced heterogeneity at the milli- to decimeter-scale. ... mehrThis heterogeneity is a similarity to the Lower Cretaceous and Jurassic clay rocks from Northern Germany and might play a crucial role in influencing the radionuclide migration potential and other geochemical properties. Therefore, extensive analyses of multiple cores of sandy facies OPA have been performed in this study to gather information on the impact of the heterogeneity on the mineral composition and other important geochemical characteristics. For a concise and quantitative display of this heterogeneity and to be able to take it into account in modeling approaches and safety analyses, a representative elementary volume (REV) is estimated for the investigated properties. The lower REV is defined as the smallest sample volume, from which the data scattering falls below a previously established limit. A sample with such a volume can therefore be considered representative and homogeneous with regard to the parameter and scale under investigation [4]. The upper REV is the largest sample volume that encloses only the investigated scale and does include neighboring domains [5]. Both of these volumes are important parameters for modeling experimental data, since they indicate the minimum volume experimental samples need to encompass in order to be considered representative and the maximum volume to which these representative data can be upscaled at a time.
According to the most recent classification of OPA facies by Lauper et al. (2021) [6], segments of the investigated cores are assigned to the subfacies SF2 and SF3, to which they display a pronounced visual and mineralogical concordance. Utilizing two different methods, a representative elementary core length (REL) of ≈30–140 cm and ≈10–100 cm has been postulated for SF2 and SF3, respectively, depending of the properties taken into account during the determination. Taking into account the resolution of the underlying determination method, these lengths are comparable to literature data [6]. An investigation on the dependence of the data scattering of the mineralogical composition on the sample volume shows the expected behavior that smaller samples are more specific and assume a wider range of values. On the example of the illite content, reducing the sample volume from 2000 cm³ to 1 cm³ induces an increase in data scattering from ± 0.75 wt% to ± 8.0 wt%. A volume of at least 85 cm³ is proposed as the minimum REV, above which the mineral composition corresponds to the assigned subfacies’. Indications have been found that a volume of ≤2000 cm³ could be larger than the maximum REV for the mineralogy, encompassing more than a single subfacies. Parallel to the bedding, a pronounced homogeneity over a length of up to 20 m is observed. Within this range, the mineral composition of the main components varies less than the analytical uncertainty of the determination method. A sample with a thickness of only 2 cm (volume of 85 cm³) can therefore be regarded representative for of wide lateral distances in this comparatively heterogeneous clay rock.
Besides the impact of the heterogeneity on the geological characteristics of the clay rock, this study also explores the impact on the retention behavior towards cesium (Cs-137), cobalt (Co 60) and europium (Eu-152). These nuclides are selected to represent a fission product, an activation product and a homologue to the trivalent actinides to study the behavior of mono-, di-, and trivalent cations. In batch sorption experiments, distribution coefficients (log10(Rd) values in log10(L/kg)) are determined in the range of 2.3–3.1 for cesium, from 1.8–2.9 for cobalt and from 4.3–5.5 for europium. These ranges compare well with existing data on the shaly facies. In contrast to the mineralogy, the investigation on the dependence of the sorption data scattering on the sample volume shows only a very small variation in the adsorption of cesium and cobalt across all investigated volumes. Compared to the average distribution coefficient, a scattering of the log(Rd)-values of less than ± 0.3 log units is observed. A sample with a volume as small as 8 cm³ can be considered representative for its originating sandy facies, even across multiple subfacies [6]. A slightly larger REV of 27 cm³ is proposed for the adsorption of europium, which is caused by the generally very strong sorption of trivalent cations on OPA.
The retention capability of shaly facies OPA and other clay rocks is successfully reproduceable through modeling calculations [7, 8]. In the so-called “bottom up” approach, the sorption properties are assigned solely to a few specific clay minerals in order to simulate experimentally obtained data. To investigate, if the underlying assumptions of this model are transferable to the sandy facies with a lower clay mineral content, geochemical adsorption models with the modeling code PhreeqC are set up. Versions of the “generalized cesium" (GCs) and the „two-site protolysis non-electrostatic surface complexation and cation exchange“ (2SPNE SC/CE) sorption model, introduced by Bradbury and Baeyens [8-10], provide an illite content-dependent estimate of the sorption behavior for all three investigated cations. These model calculations describe the sorption behavior of cesium well and deviate only slightly from the experimentally determined sorption behavior of cobalt. For the adsorption of europium, the model underestimates the experimentally determined sorption coefficients. Still, both model and laboratory data agree, that more than 99.5 % adsorbs. The differences may therefore also have been caused by experimental and data uncertainties.
Time-resolved laser fluorescence spectroscopy (TRLFS) with curium is performed, to verify the mineral phases and sorption species relevant for the sorption of trivalent cations. The results indicate the formation of ternary surface carbonate sorption species on the pure clay minerals and calcite, characterized by a prolonged fluorescence lifetime and a bathochromic shift of the spectrum. The sorption on natural OPA occurs predominantly on illite. However, sings of other clay minerals and calcite partaking in the sorption process are also observed. The investigation on a mixture of minerals imitating natural OPA shows the same behavior, but with a stronger influence of calcite, which is shown by a stronger expression of incorporation species. This may be explained by the usage of synthetic calcium carbonate as a substitute for naturally aged and equilibrated calcite. By extending the sorption time from one to thirty days, a more pronounced sorption is observed on most investigated mineral phases.
To investigate small-scale effects of heterogeneity microscopically, electron microscopy and autoradiography experiments on intact OPA rock surfaces are carried out with all three previously mentioned cations. Here, the strong clay mineral dependence of the cesium sorption is evident, whereby no clear connection to certain mineral phases has been possible for cobalt and europium, due to experimental difficulties caused by clay rock swelling.
This work has been performed in the frame of the iCross project, with partial funding from the German Federal Ministry for Education and Research under grant agreement 02NUK 053 C and from the Helmholtz association under grant agreement SO-093.