Abstract:
Sonnenkoronale Massenauswürfe können geladene Teilchen, meist Protonen, auf hohe Energien be- schleunigen und so solare Protonenereignisse (SPEs) verursachen. Solche energiereichen Teilchen kön- nen sich in der Erdatmosphäre niederschlagen, vor allem in den Polarregionen aufgrund der geoma- gnetischen Abschirmung. Hier kann es zu einer durch SPE induzierten Chloraktivierung aufgrund der Ionenchemie kommen, und das aktivierte Chlor baut Ozon in der polaren mittleren Atmosphäre ab. Die- se Ereignisse können auch die Dynamik der mittleren Atmosphäre über Skalen hinweg beeinflussen, von Variationen der EUV-Strahlung bis hin zu extremen solaren Teilchenereignissen. ... mehrWir verwenden ein hochmodernes 1D-Stacked-Box-Modell für die Exoplaneten-Terrestrische Ionenchemie (ExoTIC) der atmosphärischen Ionen- und Neutralzusammensetzung, um solche Ereignisse in der nördlichen Hemi- sphäre (NH) zu untersuchen. Das Halloween-SPE, das Ende Oktober 2003 stattfand, dient als Testfeld für unsere Studie. Dieses Ereignis wurde zuvor mithilfe verschiedener 3D-Modelle und Satellitenbeob- achtungen umfassend untersucht. Unser Hauptziel ist es, ein so großes Ereignis, das von MIPAS auf ENVISAT aufgezeichnet wurde, zu nutzen, um die Leistung des Ionenchemiemodells zu bewerten. Es wurden Sensitivitätstests für verschiedene Modelleinstellungen durchgeführt, wobei der Schwerpunkt auf den Chlorspezies HOCl und ClONO2 sowie O3 und reaktivem Stickstoff, NOy, lag. Die Modell- simulationen wurden auf der Nordhalbkugel in einer hohen Breite von 67,5◦N innerhalb der Polkappe durchgeführt. Ein Vergleich der simulierten Effekte mit MIPAS-Beobachtungen für das Halloween-SPE ergab eine recht gute zeitliche Übereinstimmung, auch in Bezug auf den Höhenbereich für HOCl, O3 und NOy. Für ClONO2 wurde eine gute Übereinstimmung in Bezug auf den Höhenbereich festgestellt. Das Modell zeigte ClONO2-Verstärkungen nach dem Höhepunkt des Ereignisses. Die beste Modell- einstellung war die mit vollständiger Ionenchemie, bei der O(1D) auf photochemisches Gleichgewicht eingestellt wurde. HOCl- und Ozonänderungen werden vom Modell sehr gut reproduziert, insbesondere nachts. HOCl erwies sich unter nächtlichen Bedingungen als die wichtigste aktive Chlorspezies, was zu einer Erhöhung um mehr als 0,2 ppbv führte. Darüber hinaus wurden sowohl tagsüber als auch nachts ClONO2-Erhöhungen von 0,2-0,3 ppbv beobachtet. Modelleinstellungen, die am besten mit MIPAS- Beobachtungen übereinstimmten, wurden auf ein extremes Sonnenereignis angewendet, das im Jahr 775 n. Chr. auftrat, vermutlich ein Jahrtausendereignis, und auch auf ein Ereignis mit hochenergetischer Elek- tronenniederschlagung (HEEP), das über der Region Moskau auftrat. Mit dem auf das extreme Szenario angewendeten Modell kann beurteilt werden, was im schlimmsten Fall an Auswirkungen eines SPE auf die mittlere Atmosphäre zu erwarten ist, wobei man sich auf die Auswirkungen der Ionenchemie im Vergleich zu groben Parametrisierungen konzentriert. Hier wird eine systematische Analyse präsentiert, die die Auswirkungen des Halloween-SPE und des Extremereignisses auf die mittlere Erdatmosphäre vergleicht. Wie aus den Modellsimulationen hervorgeht, konnten beide Ereignisse die polare Stratosphä- re und Mesosphäre stören, mit einer hohen Produktion von NOy und HOx. Beim Extremereignis wurde ein länger anhaltender und stärkerer stratosphärischer Ozonverlust beobachtet. Es wurden qualitative Unterschiede zwischen den beiden Ereignissen und eine lang anhaltende Auswirkung des Extremereig- nisses auf HOCl und HCl festgestellt. Die Chlorionenchemie trug während des Halloween-SPE zu einem stratosphärischen Ozonverlust von 2.4% tagsüber und 10% nachts bei, wie anhand der auf das Modell angewendeten zeitabhängigen Ionisationsraten zu sehen ist. Beim Vergleich des Halloween-SPE und des Extremszenarios mit Ionisationsratenprofilen, die nur für den Ereignistag angewendet wurden, führ- te die Einbeziehung der Chlorionenchemie außerdem zu einem Ozonverlust von 10% bzw. 20%. Mit dem 3D-Klimachemiemodell EMAC wurden Studien durchgeführt, um die Auswirkungen von Partikel- und EUV-Antrieben (extrem ultravioletter Sonnenfluss) während plötzlicher Stratosphärenerwärmungen (SSWs) zu bewerten und die Reaktion der Kopplung aus der oberen Atmosphäre zu untersuchen. Der EUV und damit die Photoionisation wurden variiert, was die Veränderungen während hoher Sonnenak- tivität dominiert. Bei EUV-Antrieben sanken bei den Simulationen mit auf NOx basierender Parametri- sierung die Ozonwerte in der Stratosphäre mit sich ändernden EUV-Antrieben um 15%, was bis in die Troposphäre vordrang. Der Verlust war bei höheren EUV- und Partikelantrieben stärker. Unter Berück- sichtigung der fünf Ionenchemie-Reaktionen in der oberen Atmosphäre gibt es in der Stratosphäre und darunter keinen Ozonverlust. Stattdessen gibt es eine geringe Ozonbildung von 5-10%. Bei den Tempe- raturen zeigten die Ergebnisse auch einen signifikanten Anstieg von 10-20 K nach dem Ereignis mit sich ändernden EUV im Höhenbereich von 50-100 km, der zeitlich konsistenter mit höheren Partikelantrie- ben war. Bei fünf Ionenchemie-Reaktionen gab es direkt nach dem Ereignis zwischen 50-100 km einen Temperaturabfall und bei etwa 100 km einen Anstieg, der sich zeitlich fortsetzt. Der zonale Mittelwert des zonalen Windes zeigt nach dem Ereignis einen Anstieg, der bei höheren Partikelantrieben stark ist und sich auch zeitlich um 50 km fortsetzt. Bei 100 km zeigt der zonale mittlere Wind eine Abnahme, die bei EUV/2 stärker ist. Bei der Fünf-Ionen-Chemie gibt es eine Beschleunigung bei 100 km und ei- ne Verzögerung darüber, bei 150 km. Und eine Verzögerung bei 50 km. Die Verstärkung des zonalen mittleren Windes in der Stratosphäre bei sich änderndem EUV ist auf dynamische Rückkopplung von Ozon zurückzuführen. Die Veränderungen in der mittleren Atmosphäre erwiesen sich insgesamt als recht signifikant.
Abstract (englisch):
Solar coronal mass ejections can accelerate charged particles, mostly protons, to high energies, causing Solar Proton Events (SPEs). Such energetic particles can precipitate upon the Earth’s atmosphere, mostly in polar regions because of the geomagnetic shielding. Here, SPE induced chlorine activation due to ion- chemistry can occur and the activated chlorine depletes ozone in the polar middle atmosphere. These events can also influence the dynamics of the middle atmosphere across scales from variations in the EUV radiation to extreme solar particle events. We use the state of the art 1D stacked-box Exoplanetary Terrestrial Ion Chemistry model (ExoTIC), of atmospheric ion and neutral composition to investigate such events in the Northern Hemisphere (NH). ... mehrThe Halloween SPE that occurred in late October 2003 is used as a test case for our study. This event has been extensively studied before using different 3D models and satellite observations. Our main purpose is to use such a large event that has been well observed by MIPAS on ENVISAT to evaluate the performance of the ion-chemistry model. Sensitivity tests were carried out for different model settings with a focus on the chlorine species of HOCl and ClONO2 as well as O3 and reactive nitrogen, NOy. The model simulations were performed in the Northern Hemisphere at a high latitude of 67.5◦N, inside the polar cap. Comparison of the simulated effects against MIPAS observations for the Halloween SPE revealed a rather good temporal agreement, also in terms of altitude range for HOCl, O3 and NOy. For ClONO2, a good agreement was found in terms of altitude range. The model showed ClONO2 enhancements after the peak of the event. The best model setting was the one with full ion-chemistry where O(1D) was set to photo-chemical equilibrium. HOCl and ozone changes are very well reproduced by the model, specially for night-time. HOCl was found to be the main active chlorine species under night-time conditions resulting in an increase of more than 0.2 ppbv. Further, ClONO2 enhancements of 0.2-0.3 ppbv have been observed both during daytime and nighttime. Model settings that compared best with MIPAS observations were applied to an extreme solar event that occurred in 775 A.D., presumably a once in a 1000 year event and also to a high energetic electron precipitation (HEEP) event that occurred over the Moscow region. With the model applied to the extreme scenario, an assessment can be made what is to be expected at worst for effects of a SPE on the middle atmosphere concentrating on effects of ion-chemistry compared to crude parameterisations. Here, a systematic analysis comparing the impact of the Halloween SPE and the extreme event on the Earth’s middle atmosphere is presented. As seen from the model simulations, both events were able to perturb the polar stratosphere and mesosphere, with a high production of NOy and HOx. Longer lasting and stronger stratospheric ozone loss was seen for the extreme event. Qualitative difference between the two events and a long lasting impact on HOCl and HCl for the extreme event was found. Chlorine ion-chemistry contributed to a stratospheric ozone loss of 2.4% for daytime and 10% for nighttime during the Halloween SPE as seen with time dependent ionisation rates applied to the model. Furthermore, while comparing the Halloween SPE and the extreme scenario, with ionisation rate profiles applied just for the event day, the inclusion of chlorine ion-chemistry added an ozone loss of 10% and 20% respectively. Studies were performed with the 3D chemistry climate model EMAC to assess the impact of particle forcings and EUV (extreme ultra violet solar flux) forcings during sudden stratospheric warmings (SSWs) to look at the response of coupling from the upper atmosphere. The EUV and thereby the photo-ionisation was varied, that dominates the changes during high solar activity. With EUV forcings, for the simulations with NOx based parameterisation, ozone levels decrease by 15% in the stratosphere with changing EUV, which went down to the troposphere. The loss was more for higher EUV and higher particle forcing. With the five ion-chemistry reactions in the upper atmosphere included, there is no ozone loss in the stratosphere and below. Instead there is a small ozone formation of 5-10%. In case of the temperatures, the results also showed significant increase of 10-20 K after the event with changing EUV in the altitude range of 50-100 km, which was more consistent in time with higher particle forcing. With five ion- chemistry, there is a decrease in temperature just after the event between 50-100 km and an increase around 100 km, which continues in time. The zonal mean zonal wind shows an increase after the event, which is strong with higher particle forcing and is also continuous in time around 50 km. At 100 km, the zonal mean zonal wind shows a decrease which is stronger for EUV/2. With the five ion-chemistry, there is an acceleration at 100 km and deceleration above, at 150 km. And deceleration at 50 km. The strengthening of the zonal mean zonal wind in the stratosphere with changing EUV is due to dynamical feedback from ozone. The changes in the middle atmosphere overall were found to be quite significant.