Abstract:
Polymere sind eine wichtige Werkstoffklasse, welche für den Alltag unverzichtbar geworden ist. Von Klebstoffen in der Autoindustrie und elektronischen Geräten, über Schutzausrüstung im Bereich Sport, bis hin zur Zahntechnik, Kunststoffe decken mit ihren zahllosen Eigenschaften ein breites Anwendungsgebiet ab. Ein interessanter Spezialfall unter den Polymeren bilden die sequenzkontrollierten Multiblock-Copolymere, die durch ihre Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit auffallen. Dabei ist jeder Blockteil des Polymers durch ein einziges Monomer aufgebaut, welches bestimmte charakteristischen Eigenschaften mit sich bringt und so die Gesamteigenschaft der Kette beeinflusst. ... mehrDie Merkmale der Kette können dabei die Summe der Eigenschaften der einzelnen Blockteile, oder eine völlig neue sein. Eine mögliche Synthesemethode solcher sequenzkontrollierten Multiblock-Copolymere ist die Reversible Additions-Fragmentierungs Kettenübertragungspolymerisation (engl.: RAFT polymerization), welche eine fortlaufende Polymerisation ermöglicht, sowie Kontrolle über die Kettenlänge und Dispersität erlaubt. Abhängig von den gewünschten Eigenschaften und der Anzahl der Blöcke sind viele verschiedene Monomere notwendig. Dies kann, je nach Komplexität der Monomere, einen zeit- und kostenintensiven Syntheseaufwand bedeuten, falls die Monomere kommerziell nicht erhältlich sind. Neben diesen Punkten spielt die Reaktivität der Monomere bei der Kettenerweiterung ebenfalls eine wichtige Rolle, da Inkompatibilität zwischen Monomer und reaktivem Kettenende zu ungewollten Nebenreaktionen, bis hin zum Scheitern der Reaktion, führen kann.
Diese Dissertation widmet sich unter anderem diesen Themen. So wurde eine neue Technik entwickelt, bei der für die Synthese sequenz-kontrollierter Multiblock-Copolymere nicht wie üblich mehrere verschiedene, sondern nur ein einziges, funktionelles Monomer verwendet wird. Es wurden verschiedene Systeme untersucht, welche alle auf einer Kombination aus Kettenerweiterungsreaktionen via radikalischer Polymerisation mit reversibler Deaktivierung oder lebender ionischer Polymerisation mit Postpolymerisationsmodifikations (PPM) Reaktionen basieren. Die dadurch gewonnenen Multiblock-Systeme sind alle durch das gleiche Monomer aufgebaut, besitzen jedoch unterschiedliche, funktionelle Seitengruppen.
Im ersten Teil der Arbeit geht es dabei um die Suche einer geeigneten Polymerisationstechnik und der Synthese verschiedener funktioneller Monomere. Die ersten Tests fokussierten sich dabei auf radikalische Polymerisationen mit reversibler Deaktivierung wie der RAFT-Polymerisation und der radikalischen Atomtransferpolymerisation (engl.: ATRP) mit den Aktivestermonomeren Pentafluorophenylacrylat (PFPA) und Pentafluorophenylmethacrylat (PFPMA). Nach dem teilweisen Erfolg im Bereich der Polymerisationen und Modifikationen wurden die Tests nach fehlgeschlagenen Kettenerweiterungsreaktionen und unzureichenden Ergebnissen abgebrochen, weshalb der Fokus stattdessen auf ionischen Polymerisationstechniken, wie der kationischen und anionischen ringöffnenden Polymerisation (engl.: CROP und AROP) gelegt wurde. Dabei erzielte Letztere die vielversprechendsten Ergebnisse. Die abwechselnde Polymerisation des funktionellen Epoxids Allylglycidylether (AGE) in Kombination mit darauffolgender PPM durch Thiol-ene Reaktionen verschiedener Thiole, führte zur erfolgreichen Synthese sequenzkontrollierter Multiblock-Copolymeren, basierend auf einem einzelnen Monomer.
Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung der Grenzen des neuentwickelten Systems. Kann die durchschnittliche Wiederholeinheit eines „Blocks“ auf Eins reduziert werden, wäre die Synthese sequenzkontrollierter Makromoleküle möglich, welche der Präzision sequenzdefinierter nahekommt. Um dies zu erreichen, wurden zwei verschiedene Ansätze untersucht, bei der ein Ansatz auf dem lebenden Charakter der Polymerisationstechnik basiert und der andere sich einem geringen Monomerüberschuss zunutze macht. Der erste Ansatz führte dabei zu unpräzisen Wiederholeinheiten. Durch die zweite Methode konnten Makromoleküle mit einer durchschnittlichen Wiederholeinheit von Eins erzielt werden. In Kombination mit darauffolgenden Thiol-ene Reaktionen war die Synthese präziser Polymere mit unterschiedlichen funktionellen Gruppen möglich. Aufgrund des anionisch ringöffnenden Charakters der angewendeten Polymerisationstechnik und der Addition einer einzigen Monomereinheit an die Kette, wurde die Technik anionische ringöffnende Monomeraddition, kurz AROMA, genannt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine neue Methode zur Synthese sequenzkontrollierter Multiblock-Copolymere erfolgreich etabliert wurde, die auf der Kombination von AROP mit PPM basiert. Im Vergleich zu der eher herkömmlichen Methode, bei der mehrere unterschiedliche Monomere nötig sind, verwendet die hier gezeigte Methode nur ein einziges funktionelles Monomer, wodurch die Synthese sequenzkontrollierter Mutliblock-Copolymere vereinfacht und zeit- und kostenintensive Monomersynthesen auf ein Minimum reduziert werden kann. Zusätzlich kann das System dazu verwendet werden, um in einer anionischen ringöffnenden Monomeraddition (AROMA) Makromoleküle herzustellen, welche eine durchschnittliche Wiederholeinheit von Eins besitzen und somit sequenzdefinierten Polymeren ähneln.
Abstract (englisch):
Polymers are an important substance class of materials, which have become an indispensable part of everyday life. From adhesives in automotive industry and electronic devices, via protective gear in sports through to dental technology, polymeric materials cover a broad field of applications with their countless properties. Among this class of material, sequence-controlled multiblock copolymers present a new and interesting special type of polymer, which convinces with its versatility and adaptability. Built from multiple different monomers, each building block contributes with their properties to the overall characteristics of the final structure, resulting in polymeric materials that combine the individual features or create new traits in one chain. ... mehrA traditional way to obtain such sequence-controlled multiblock copolymers is by using polymerization techniques like Reversible Addition−Fragmentation Chain-Transfer (RAFT) polymerization, which allow for multiple polymerization steps in succession, as well as a high degree of control in terms of chain length and dispersity. However, depending on the number of desired building blocks and properties, a large variety of monomers is necessary, which can result in extensive monomer syntheses if not commercially available. Based on the complexity of each monomer molecule, these procedures can be laborious, time consuming and expensive. Additionally, depending on the reactivity of each monomer, complications during the chain extension (CE) process can occur, leading to side reactions or even failure of the synthesis.
In the present thesis, the topic of multiblock copolymers was addressed by developing and investigating a new technique, which only requires a single functional monomer instead of multiple different ones. Therefore, a system containing of CE reactions via Reversible-Deactivation Radical Polymerization (RDRP) as well as living ionic polymerizations and Post-Polymerization Modifications (PPMs) via thiol-ene is established, which resulted in the synthesis of multiblock copolymers with different functional pendant groups, derived from the same monomer.
The first major part of this work deals with the investigation of suitable polymerization techniques and the synthesis of different functional monomers. Thereby, first tests employing RDRP techniques like RAFT polymerization and Atom Transfer Radical Polymerization (ATRP) in combination with the functional active ester monomers pentafluorophenyl acrylate (PFPA) and pentafluorophenyl methacrylate (PFPMA) were conducted. After partially successful polymerizations and modification reactions, these tests were aborted after unsuccessful CE reactions. Consequently, the focus was shifted away from radical polymerization techniques to ionic polymerizations, namely Cationic Ring-Opening Polymerization (CROP) and Anionic Ring-Opening Polymerization (AROP), of which the latter showed the most promising results. The alternating AROP of the functional epoxide allyl glycidyl ether (AGE) in combination with subsequent PPM reactions via thiol-ene reaction using different thiols, resulted in the successful synthesis of sequence-controlled multiblock copolymers based on a single monomer.
The second part of this thesis deals with the investigation of the limits of this newly established method. By reducing the average repeating unit of each added “block” to one, well-defined sequence-controlled macromolecules could be obtained, approaching the precision of sequence-defined polymers. Therefore, two different approaches were tested, one found on a kinetic approach due to the living character of the applied polymerization technique, the other based on a small feed excess of the monomer. While the first approach led to an inaccurate average repeating unit, the second approach was able to achieve the set goal of approximately one. In combination with subsequent thiol-ene reactions, precise macromolecules with different functional groups could be synthesized. Due to the anionic ring-opening character of the applied polymerization technique, as well as the addition of a single monomer, this method was called Anionic Ring-Opening Monomer Addition, short AROMA.
In summary, a new method to synthesize sequence-controlled multiblock copolymers with a single monomer could be successfully established by combining AROP with PPM reactions. In comparison to the more traditional way, in which multiple different monomers are necessary, this system only uses a single functional monomer. Thereby, possible tedious, time consuming and sometimes costly monomer syntheses can be reduced to a minimum, simplifying the synthesis of sequence-controlled multiblock copolymers. In addition, in an anionic ring-opening monomer addition (AROMA), this system is used to generate macromolecules with an average repeating unit of one, making them similar to sequence-defined polymers.