Abstract:
Windstürme in Europa stellen ein erhebliches Risiko für Versicherungsunternehmen dar, da sie weitreichende und kostenintensive Schäden verursachen können. Zur Bestimmung dieser Schäden werden verschiedene Methoden genutzt, von einfachen Schadenindizes bis hin zu komplexen Schadensmodellen der Versicherungswirtschaft. Ein Vergleich dieser Methoden ist unerlässlich, um eine effektive Risikobewertung und Vorhersage der Auswirkungen zu gewährleisten. Darüber hinaus gestaltet es sich schwierig, den Einfluss des Klimawandels auf die von Windstürmen verursachten Schäden abzuschätzen. ... mehrDas liegt zum einen an Unsicherheiten in den Projektionen von globalen und regionalen Klimamodellen, und zum anderen an möglichen Veränderungen in der Bevölkerungs- und Infrastruktur auf der regionalen Skala. Zudem ist das Auftreten mehrerer Stürme innerhalb einer einzigen Saison für Versicherer von großer Bedeutung, da dies zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen kann.
In einem ersten Schritt werden Sturmschäden mit Hilfe des sogenannten Loss Index (LI) analysiert und im Anschluss mit Schäden aus dem europäischen Sturmmodell von Aon Impact Forecasting verglichen. Außerdem wird die Sensitivität des LI gegenüber verschiedener meteorologischer Eingabedaten getestet, indem LI aus Reanalysedaten von ERA5 und dem Vorgänger ERA-Interim berechnet und verglichen wird. Der Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung der Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Datensätzen in Bezug auf Schadenswerte und Sturmranglisten für bestimmte Ereignisse innerhalb des gemeinsamen Reanalysezeitraums in 11 europäischen Ländern. Die Ergebnisse zeigen, dass ERA5 im Vergleich zu ERA-Interim in ganz Europa höhere LI-Werte aufweist, was auf die höhere räumliche Auflösung von ERA5 zurückzuführen ist. Die Rangfolge der Stürme ist in den west- und mitteleuropäischen Ländern für beide Reanalysen vergleichbar. Während LI aus ERA5 die Stürme ähnlich einstuft wie das Impact Forecasting Modell von Aon, zeigen sich gleichzeitig große Schwierigkeiten bei der Unterscheidung zwischen extremen Stürmen mit hohen Schäden und solchen mit moderaten Schäden. Trotz dieser Einschränkung ist LI eine einfache und effektive Methode um die Auswirkungen von Stürmen abzuschätzen und Sturmranglisten zu erstellen.
Im zweiten Teil werden neue Erkenntnisse über die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Sturmschäden in Europa unter Verwendung der LI-Methode vorgestellt. Dazu wird ein umfangreiches EURO-CORDEX-Multimodel-Ensemble mit einer räumlichen Auflösung von 12 km und 20 verschiedenen global-regionalen Modellketten (GCM-RCM) herangezogen, basierend auf dem historischen und dem RCP8.5-Szenario. Die Verwendung dieser Datensätze ermöglicht eine verbesserte Darstellung der regionalen Wetterbedingungen und somit eine genauere Bewertung der Auswirkungen von Stürmen auf der regionalen Skala. Ein Vergleich der 10m Windböen aus den historischen Simulationen mit denen aus ERA5 weist auf erhebliche Modellabweichungen hin. Diese Abweichungen können mithilfe einer Bias-Korrektur reduziert werden. Dazu wird die Empirical Quantile Mapping Methode auf die tägliche maximale Windböengeschwindigkeit angewendet. Für verschiedene globale Erwärmungsniveaus (GWL) zeigen die Ergebnisse eine Zunahme der Sturmintensität für Mittel- und Osteuropa in einer sich erwärmenden Welt und eine allgemeine Abnahme der Sturmhäufigkeit für große Teile Europas. Während die Änderungen im Ensemble- Mittel für eine +2°C-Welt meist moderat ausfallen, sind die Signale für +3°C stärker ausgeprägt. Die projizierten Veränderungen der Sturmschäden sind gering und meist nicht robust, wobei sie im Allgemeinen negative Trends für Mitteleuropa und positive Trends für Osteuropa aufweisen. Für die extremsten Schadensereignisse projiziert das EURO-CORDEX Ensemble, unabhängig vom GWL, kürzere Wiederkehrperioden für Osteuropa, während für Mitteleuropa keine eindeutigen Trends erkennbar sind. Die Ergebnisse zeigen eine große Streuung zwischen den einzelnen Ensemblemitgliedern, ohne dass ein einzelnes GCM oder RCM eindeutig dominiert. Die projizierten Veränderungen der Sturmschäden sind zwar gering, aber dennoch wichtig, insbesondere für Mittel- und Osteuropa, und sollten bei der mittel- und langfristigen Planung der Versicherungswirtschaft berücksichtigt werden.
Im dritten Teil wird schließlich die saisonale Schadenshäufung (das Auftreten mehrerer Sturmschäden in einer Saison) in einem wärmeren Klima untersucht. Die saisonale Schadenshäufung wird durch die Untersuchung des Verhältnisses von Occurrence Exceedance Probability (OEP) zu Annual Exceedance Probability (AEP) ermittelt, welches die Rolle mehrerer Stürme für den gesamten saisonalen Schaden widerspiegelt. Um die saisonale Schadenshäufung für das derzeitige Klima zu untersuchen, werden ERA5-Windböendaten verwendet, während für Veränderungen in einem zukünftigen Klima die zuvor bias-korrigierte EURO-CORDEX-Daten verwendet werden. Saisonale Schadenshäufungen treten in Jahreszeiten mit einem OEP/AEP-Verhältnis unterhalb des ersten Terzils der Klimatologie für Jahre auf, die durch einen hohen AEP-Wert (obere 25%) gekennzeichnet sind. Diese sind in Mitteleuropa verbreiteter als in Osteuropa. In Mitteleuropa sind zudem größere AEP- und OEP-Werte mit kürzeren Wiederkehrperioden als in Osteuropa zu beobachten. Die Auswirkungen des Klimawandels auf das OEP/AEP-Verhältnis sind gering, da die große Streuung im Modell-Ensemble robuste Schlussfolgerungen zu möglichen Veränderungen in der saisonalen Schadenshäufung erschwert. Die Auswirkung der globalen Erwärmung auf AEP und OEP ist für Mitteleuropa nicht eindeutig, während sich für Osteuropa ein höheres Risiko für hohe AEP und OEP mit längeren Wiederkehrperioden zeigt.
Diese Arbeit liefert einen neuartigen und innovativen Beitrag zu einem umfassenderen Verständnis von Sturmschäden in Europa, sowohl unter aktuellen als auch zukünftigen Klimabedingungen. Die Ergebnisse sind dabei insbesondere für Versicherungsunternehmen wertvoll, um Katastrophenmodelle zu evaluieren und sicherzustellen, dass die Prämienwerte mit den Risiken übereinstimmen. Die Arbeit kann aber auch weitere Interessengruppen, wie politische Entscheidungsträger, Stadtplaner und Experten im Bereich der Risikominderung und Klimaanpassung, unterstützen dadurch, dass sie mögliche künftige Veränderungen bei den Auswirkungen von Stürmen besser vorhersehen und so entsprechend reagieren können.
Abstract (englisch):
European windstorms pose a major risk for insurance companies due to their potential for widespread and costly damage. Metrics to quantify these losses range from a simple loss index to complex insurance loss models. Comparing these metrics is crucial for ensuring effective risk assessment and impact forecasting. Furthermore, estimating the losses associated with European windstorms under climate change is challenging due to uncertainties in general circulation model and regional climate model projections, as well as changes at the regional level, such as changes in the structure of population and infrastructure. ... mehrIn addition, the occurrence of multiple storms within a single season is of significant concern to insurers owing to their potential to cause substantial economic losses.
Firstly, windstorm losses are analyzed using the Loss Index (LI) and compared with losses obtained from the European Windstorm Model of Aon Impact Forecasting. To test the sensitivity of LI to different meteorological input data, LI derived from calculations using the ERA5 reanalysis dataset is compared with that derived from its predecessor, ERA-Interim. Focus is given to investigating the similarities and differences between the datasets in terms of loss values and storm rankings for specific storm events within the common reanalysis period across 11 European countries. Findings indicate that ERA5 shows higher LI values compared to ERA-Interim across Europe, attributed to ERA5’s higher spatial resolution. Storm rankings are comparable in Western and Central European countries for both reanalyses. While LI from ERA5 ranks storms similarly to Aon’s Impact Forecasting model, it struggles to differentiate between extreme windstorms with high losses and those with moderate losses. Despite this limitation, LI remains a simple and effective method for estimating impacts and ranking storm events.
Secondly, this study presents novel insights into the potential impacts of climate change on windstorm losses in Europe using the LI method. A large EURO-CORDEX multi-model ensemble at 12 km resolution with 20 different general circulation model to regional climate model (GCM-RCM) chains following the historical plus RCP8.5 scenario is considered. The use of these datasets allows for an enhanced representation of regional weather conditions, enabling a more precise evaluation of the regional impact of windstorms. A comparison between the simulated historical 10 m wind gusts and ERA5 reanalysis reveals substantial model biases. An empirical quantile mapping method is employed to bias-correct the daily maximum wind gust speeds, leading to the effective reduction of these biases. Considering different global warming levels (GWLs), this study shows an increase in windstorm intensity for Central and Eastern Europe in a warming world and a general decrease of windstorm frequency for large parts of Europe. While the ensemble mean changes are mostly moderate for a +2°C world, signals are more pronounced for +3°C. The projected changes in windstorm losses are small and mostly non-robust, generally showing negative trends for Central Europe and positive trends for Eastern Europe. For the most extreme loss events, the EURO-CORDEX ensemble projects shorter return periods for Eastern Europe independent of the GWLs, while no clear trends for Central Europe emerge. The results show a large spread between the individual ensemble members, without a clear dominance of a single GCM or RCM. The projected changes in windstorm losses are subtle but important, particularly for Central and Eastern Europe, which should be considered in the mid- and long-term planning of the insurance industry.
Lastly, seasonal loss clustering (the occurrence of multiple windstorm losses in a season) in a warming climate is investigated. Seasonal loss clustering is identified by examining the Occurrence Exceedance Probability (OEP) to Annual Exceedance Probability (AEP) ratio, which reflects the significant role of multiple storms in contributing to the total seasonal loss. ERA5 wind gust data is used to investigate seasonal loss clustering under the current climate condition, while previously bias-corrected EURO-CORDEX data is employed to examine changes in seasonal loss clustering under GWL2 and GWL3 compared to the historical period. Seasonal loss clustering occurs in seasons with an OEP/AEP ratio below the first tercile of the climatology for years characterised by a high (top 25%) AEP value and is more frequent in Central Europe than in Eastern Europe. Central Europe also shows larger AEP and OEP values with shorter return periods compared to Eastern Europe. The impact of climate change on the overall patterns of the OEP/AEP ratio is small, with a large spread in model ensembles, thereby hampering robust conclusions on the possible changes in seasonal loss clustering. For AEP and OEP, the impact of global warming in Central Europe is unclear, while Eastern Europe consistently faces higher risks of severe AEP and OEP for longer return periods under both GWLs.
This study provides novel and innovative contributions towards attaining a thorough comprehension of European windstorm losses in the context of both current and future climate conditions. While the findings are particularly useful for insurance companies to evaluate catastrophe models and ensure premium values are aligned with the risks, this study also potentially provides significant benefits for a wide range of stakeholders. These include policymakers, urban planners, and other professionals working in risk mitigation and climate adaptation, enabling them to better anticipate and address potential changes in windstorm impacts in the future.