Modellbasierte Applikation von Verbrennungsmotoren unter Berücksichtigung von Bauteiltoleranzen

Als Konsequenz der negativen Umweltauswirkungen des Verkehrssektors und eines stetig wachsenden Umweltbewusstseins in der Bevölkerung und Politik fordern Gesetzgeber und Öffentlichkeit immer strengere Richtlinien zur Regulierung von Kraftfahrzeugen [97]. Für die Fahrzeughersteller bedeutet dies die Verpflichtung, klimaschädliche Treibhausgase und gesundheitsschädliche Schadstoffe zu reduzieren. Den größten Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt hat Kohlendioxid. Bei den gesundheitsschädlichen Emissionen stehen insbesondere Stickoxide, Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe und Partikel im Fokus. ... mehrGleichzeitig sollen natürlich Fahrleistung und Fahrkomfort weiterhin im Vordergrund stehen [69]. Um die Emissionen des Straßenverkehrs zu reduzieren, wurden die Emissionsgrenzwerte in der Vergangenheit kontinuierlich verschärft. Die Einführung des Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure, der Euro-6d-Norm und Maßnahmen wie In-Service-Conformity und Fuel Consumption Monitoring sind weitere Schritte in die richtige Richtung. Trotz dieser Restriktionen hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Kohlenstoffdioxid- und Schadstoffvorgaben im realen Fahrbetrieb teilweise nicht eingehalten werden. Seit der Einführung des Prüfverfahrens Real Driving Emissions (RDE) wird die Einhaltung der Grenzwerte auch in der Praxis überprüft, und zwar in Form von stichprobenartigen Tests an Flottenfahrzeugen von Fahrzeugkunden [37]. Die Einführung der RDE-Tests hat die Fahrzeughersteller dazu veranlasst, ihre Fahrzeugflotten zu überwachen und zu optimieren. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Emissionen der Fahrzeugflotte und stellt höhere Anforderungen an deren Robustheit. Je mehr sich die Grenzwerte der Nullemission annähern, desto schwieriger wird es, sie einzuhalten, da der Emissionsspielraum immer kleiner wird. Berücksichtigt man Effekte wie Fahrstil, Wetter und andere Faktoren, die Toleranzen unterliegen, wird die Einhaltung der Grenzwerte noch schwieriger. Zumal es für die Gesetzgebung nicht ausreicht, die Emissionen im Durchschnitt einzuhalten. Die Emissionen müssen unter realen Bedingungen in verschiedenen Szenarien eingehalten werden. Die Streuung der Emissionen muss so gering wie möglich sein. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen die Fahrzeughersteller nicht nur ihre Hard- und Software kontinuierlich verbessern. Von besonderer Bedeutung ist hier auch der Einsatz neuer Methoden, die eine robuste Applikation von Verbrennungsmotoren aktiv unterstützen.

Die vorliegende Arbeit widmet sich der Entwicklung einer neuartigen Applikationsmethodik namens Stochastic Engine Modeling and Optimization (SEMO), die eine robuste Applikation von Verbrennungsmotoren unterstützt. SEMO ermöglicht es, die Auswirkungen von Toleranzeinflüssen auf den Verbrennungsmotor zu quantifizieren und mittels stochastischer Optimierungsverfahren zu minimieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Einfluss von Bauteiltoleranzen und deren Auswirkungen auf die Emissionen. Der Hauptbeitrag dieser Arbeit ist die Entwicklung der SEMO-Methode. Teil der Methode ist eine Versuchsmethodik zur Generieren von Daten für das Training von stochastischen Modellen. Ein weiterer Teil ist ein speziell entwickeltes stochastisches Modell zur Quantifizierung der Toleranzeinflüsse auf einen Verbrennungsmotor. Letzter wesentlicher Bestandteil der Methode ist ein stochastisches Optimierungsverfahren, das unter Verwendung des stochastischen Modells eine Minimierung der Emissionen unter Berücksichtigung der gegebenen Toleranzen gewährleistet. Weiterhin wird untersucht, ob SEMO eine robuste Applikation von Verbrennungsmotoren ermöglicht und damit die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten in der Praxis unterstützt.

As a consequence of the negative environmental impacts of the transportation sector and a steadily growing environmental awareness among the public and policymakers, legislators and the general public are demanding increasingly strict regulations for motor vehicles [97]. For vehicle manufacturers, this means an obligation to reduce climate-damaging greenhouse gases and health-threatening pollutants. Carbon dioxide accounts for the largest share of the anthropogenic greenhouse effect. Among harmful emissions affecting human health, particular attention is given to nitrogen oxides, carbon monoxide, hydrocarbons, and particulate matter. ... mehrAt the same time, vehicle performance and driving comfort are still expected to remain a priority [69]. To reduce emissions from road traffic, emission limits have been continuously tightened in the past. The introduction of the Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure (WLTP), the Euro 6d standard, and measures such as In-Service Conformity and Fuel Consumption Monitoring are further steps in the right direction. Despite these restrictions, it has been shown in the past that carbon dioxide and pollutant regulations are not always met under real driving conditions. Since the introduction of the Real Driving Emissions (RDE) test procedure, compliance with emission limits has also been monitored in practice, through random tests on fleet vehicles from actual customers [37]. The implementation of RDE tests has prompted vehicle manufacturers to monitor and optimize their vehicle fleets. This directly impacts fleet emissions and places greater demands on their robustness. The closer emission limits get to zero emissions, the more difficult they become to meet, as the margin for emissions decreases. When accounting for effects such as driving style, weather, and other factors subject to tolerances, compliance becomes even more challenging. Moreover, from a regulatory perspective, it is not sufficient to meet emission targets on average. Emissions must be kept within limits under real-world conditions and across various scenarios. The variability of emissions must be minimized as much as possible. To meet these demands, vehicle manufacturers must continuously improve both hardware and software. Of particular importance is the use of new methods that actively support robust calibration of internal combustion engines.

This thesis focuses on the development of a novel calibration methodology called Stochastic Engine Modeling and Optimization (SEMO), which supports the robust calibration of internal combustion engines. SEMO enables the quantification of tolerance-related influences on the engine and their minimization using stochastic optimization methods. The focus lies on the impact of component tolerances and their effects on emissions. The main contribution of this work is the development of the SEMO methodology. A key part of the method is an experimental approach for generating data to train stochastic models. Another component is a specifically developed stochastic model to quantify tolerance effects on an internal combustion engine. The final essential component is a stochastic optimization procedure that, using the stochastic model, ensures emission minimization while accounting for given tolerances. Furthermore, it is examined whether SEMO enables a robust engine calibration and thereby supports compliance with emission limits in real-world conditions.