Abstract:
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der multiskaligen Modellierung und Optimierung von Flow-Batterien. Konkret umfasst dies die Entwicklung eines dreidimensional aufgelösten Mikrostrukturmodells der Flow-Batterie-Elektrode sowie die Entwicklung eines Frameworks zur Topologie- und Formoptimierung auf der zweidimensionalen Zellebene. Zusätzlich wurde ein Multiskalenansatz erarbeitet, der die verschiedenskaligen Modelle mithilfe des Massentransferkoeffizienten miteinander koppelt.
Das Mikrostrukturmodell wurde entwickelt, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen der Elektrodenstruktur, der Elektrolytströmung und der elektrochemischen Reaktion besser zu verstehen.
... mehr
Die Berechnungsdomäne bildet einen Ausschnitt der Flow-Batterie-Halbzelle im Mikrometermaßstab nach. Dort werden die reale Mikrostruktur der Graphitfilzelektrode und der Elektrolytbereich separat aufgelöst und die dort stattfindenden physikalischen und elektrochemischen Prozesse mit unterschiedlichen Gleichungen gelöst. Zusätzlich wird der Stromabnehmer mit aufgelöst, wohingegen die Membran als Randbedingung berücksichtigt wird.
Zur Beschreibung der Elektrolytströmung werden die Navier-Stokes-Gleichungen genutzt und die Gleichung für den Massentransport berücksichtigt Konvektion, Diffusion und Migration der chemischen Spezies. Der Erhalt und Transport von Ladung wird in den festen und flüssigen Regionen des Modells gleichermaßen berechnet.
An der Grenzfläche wird die elektrochemische Reaktion mittels der Butler-Volmer-Gleichung beschrieben, die außerdem zur Kopplung der Regionen dient.
Die numerische Lösung der Modellgleichungen basiert auf der Finite-Volumen-Methode.
Das Modell kann auf verschiedene Stoffsysteme angepasst werden. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem Vanadium- und dem neuartigen, organischen MV/TEMPOL-System.
Es liefert eine detaillierte Verteilung von Stromdichte, Spannung, Elektrolytgeschwindigkeit und Spezieskonzentration in beiden Regionen und deren Übergangsfläche, sowie ein generelles Halbzellenpotenzial am Stromabnehmer.
Ein Rekonstruktionsprozess wurde entwickelt, um die reale Mikrostruktur der Graphitfilzelektrode in einem digitalen Zwilling präzise abzubilden.
In diesem wurden Aufnahmen des Filzes mit Mikro-Computertomographie getätigt und diese in ein für die Simulation geeignetes Rechengitter transferiert.
Das Modell wurde zudem erfolgreich mit Polarisationskurven validiert, wobei sowohl verschiedene Flow-Batterie-Modelle als auch experimentelle Daten des organischen MV/TEMPOL-Systems herangezogen wurden.
Das entwickelte Rechenmodell wurde zunächst mit vereinfachten, zylinderförmigen Elektrodendesigns und dem TEMPOL-System getestet, um die Auswirkungen verschiedener aktiver Elektrodenoberflächen und Konzentrationen auf das Halbzellenpotenzial zu untersuchen.
Designs mit größerer aktiver Oberfläche zeigten bei gleicher Stromdichte ein höheres Halbzellenpotenzial aufgrund geringerer Überpotenziale.
Gleichzeitig führte die größere Oberfläche jedoch zu einem erhöhten Druckverlust infolge des höheren Strömungswiderstands.
Zudem führten höhere Konzentrationen von Aktivmaterial im Elektrolyten zu geringeren Überpotenzialen, da die verbesserte Leitfähigkeit die elektrochemischen Prozesse begünstigte.
Untersuchungen mit dem digitalen Zwilling der Mikrostruktur fokussierten sich auf das TEMPOL-System und analysierten die Verteilung von Aktivmaterial, Stromdichte und Potentialen in Abhängigkeit von unterschiedlichen Volumenströmen.
Eine optimale Reynolds-Zahl von etwa $10^{-2}$ wurde identifiziert, die unabhängig vom Ladungszustand den geringstmöglichen Volumenstrom für eine ausreichende Halbzellenspannung gewährleistet.
Bei niedrigen Elektrolytkonzentrationen ($0.1 \small M$ $\text{TEMPOL}$ in $1 \small M$ $\text{NaCl}$) und hohen Stromdichten ($80\, \text{mA cm}^{-2}$) wurden Massentransportlimitierungen beobachtet, die zu einer Leistungsabnahme führten.
Im Gegensatz dazu zeigte sich bei niedrigen Stromdichten ($20\, \text{mA cm}^{-2}$) kein signifikanter Einfluss von Anfangskonzentration und Volumenstrom auf die Leistungsdichte.
Ein strukturiertes, zylinderförmiges Elektrodendesign mit gleicher Größe und aktiver Oberfläche wie der digitale Zwilling wies leichte Unterschiede in den Geschwindigkeits- und Konzentrationsprofilen auf.
Dank der regelmäßigen Struktur zeigte diese Domäne jedoch bessere Massentransporteigenschaften und eine höhere Performance unter gleichen Betriebsbedingungen.
Um die Lücke zwischen der Mikroskala- und der homogenisierten Zellskala-Modellierung zu schließen, wurde ein innovativer Multiskalenmodellierungsansatz entwickelt, der auf der Verwendung von Massentransferkoeffizienten basiert.
Hierzu wurde ein 2D-Halbzellmodell mit homogenisierten Eigenschaften entwickelt, das die Brinkmann-Typ Navier-Stokes Gleichungen sowie eine Transportgleichung für eine einzelne Spezies in porösen Medien integriert.
Der Reaktionsterm basiert auf einem vereinfachten Ansatz, der den aus dem Mikroskalenmodell extrahierten Massentransferkoeffizienten verwendet.
Die Parametrisierung erfolgte unter Betriebsbedingungen mit $0.1 \small M$ $\text{TEMPOL}$ in $1 \small M$ $\text{NaCl}$ und einer Entladestromdichte von ($80\, \text{mA cm}^{-2}$) bei verschiedenen Geschwindigkeiten.
Der Ansatz ermöglicht eine genauere Vorhersage der Speziesumwandlung und zeigt im Vergleich zu empirischen Korrelationen aus der Literatur eine deutlich schnellere Umwandlung.
Basierend auf den Ergebnissen empfiehlt sich eine Reduzierung der Zellhöhe sowie eine intensivere Nutzung zusätzlicher Informationen aus dem Mikroskalenmodell, um die Zellleistung weiter zu optimieren.
Zusätzlich wurde ein Optimierungsframework für die Topologie- und Formoptimierung auf der Zellskala entwickelt und erfolgreich mit dem beschriebenen 2D Zellskala-Modell kombiniert.
Das zugrunde liegende Optimierungsproblem basiert auf einer zweiteiligen Zielfunktion, die darauf abzielt, den Druckabfall innerhalb der Zelle zu minimieren und gleichzeitig die Reaktionsrate in der Elektrode zu maximieren.
Die Topologieoptimierung wurde eingesetzt, um eine optimale Porositätsverteilung innerhalb der Elektrode zu ermitteln.
Dabei wurden verschiedene Porositätsintervalle untersucht, wobei eine linear inverse Beziehung zwischen Porosität und aktiver Oberfläche definiert wurde. Die Ergebnisse zeigten, dass unter bestimmten Betriebsparametern eine gezielte Porositätsverteilung effektiver ist als eine homogene Porosität.
Die Optimierung bevorzugte eine Struktur mit niedrigen Porositätswerten und erhöhten Oberflächenbereichen unmittelbar hinter den Einlassbereichen der Elektrode, während der Übergang zu höheren Werten abrupt im unteren Drittel der Elektrode erfolgte. Das resultierende Design mit einer zweiteiligen Porositätsverteilung wurde mit Elektroden mit homogener Porosität verglichen und zeigte unter bestimmten Betriebsbedingungen eine überlegene Performance.
Darüber hinaus wurde die Topologieoptimierung auf neuartige Zelldesigns aus der Literatur angewendet. Dabei bestätigte sich die Tendenz zu einer ähnlichen Porositätsverteilung wie bei dem Standarddesign, was die Robustheit und Übertragbarkeit des Ansatzes unterstreicht.
Die Formoptimierung untersuchte die geometrischen Parameter des Zelldesigns unter Berücksichtigung der Zielfunktion, wobei die Porosität der Elektrode einheitlich blieb. Bei rechteckigen und trapezförmigen Zelldesigns mit einer Porosität von unter 0.9 zeigte die Optimierung eine Präferenz für ein Design im Querformat aufgrund des geringeren Druckverlusts.
Für das radiale Zelldesign identifizierte die Optimierung stets den maximal möglichen Winkel als Optimum, da dies den Druckverlust durch die Erweiterung des Strömungsquerschnitts am effektivsten reduzierte.
Abstract (englisch):
This dissertation focuses on the multiscale modeling and optimization of flow batteries.
Specifically, it includes the development of a three-dimensionally resolved microstructural model of the flow battery electrode and the creation of a framework for topology and shape optimization at the two-dimensional cell level.
In addition, a multiscale modeling approach was developed to couple the models at different scales using the mass transfer coefficient.
The microstructural model was developed to improve the understanding of the complex interactions between electrode structure, electrolyte flow, and electrochemical reactions. ... mehr
The computational domain represents an excerpt of the flow battery half-cell at the micrometer scale.
The model resolves the real microstructure of the graphite felt electrode and the electrolyte region separately, solving the physical and electrochemical processes in these regions using distinct equations.
Additionally, the current collector is explicitly modeled, while the membrane is incorporated as a boundary condition.
Electrolyte flow is described using the Navier-Stokes equations, and the mass transport equation accounts for the convection, diffusion, and migration of chemical species.
Charge conservation and transport are computed in both the solid and liquid regions of the model. At the interface, the electrochemical reaction is described using the Butler-Volmer equation, which also serves to couple the regions.
The numerical solution of the model equations is based on the finite-volume method.
The model can be adapted to various material systems. In this study, the focus is on the vanadium system and the novel organic MV/TEMPOL system.
It provides detailed distributions of current density, voltage, electrolyte velocity, and species concentration within both regions and their interface, as well as the overall half-cell potential at the current collector.
A reconstruction process was developed to accurately represent the real microstructure of the graphite felt electrode in a digital twin.
Micro-computed tomography images of the felt were captured and subsequently converted into a computational grid suitable for simulations. The model was successfully validated using polarization curves, employing various flow battery models and experimental data from the MV/TEMPOL system.
The developed computational model was initially tested with simplified cylindrical electrode designs and the TEMPOL system to investigate the effects of varying active electrode surface areas and concentrations on the half-cell potential.
Designs with larger active surface areas exhibited higher half-cell potentials at the same current density because of reduced overpotentials.
However, the increased surface area also resulted in higher pressure losses due to increased flow resistance.
Furthermore, higher concentrations of active material in the electrolyte led to lower overpotentials, as improved conductivity facilitated electrochemical processes.
Investigations using the digital twin of the microstructure were focused on the TEMPOL system, analyzing the distribution of active material, current density, and potentials as a function of different flow rates.
An optimal Reynolds number of approximately $10^{-2}$ was identified, ensuring the minimum flow rate necessary to maintain a sufficient half-cell potential, regardless of the state of charge.
At low electrolyte concentrations ($0.1 \small M$ $\text{TEMPOL}$ in $1 \small M$ $\text{NaCl}$) and high current densities ($80\, \text{mA cm}^{-2}$), mass transport limitations were observed, leading to a decline in performance.
In contrast, at low current densities ($20\, \text{mA cm}^{-2}$), the initial concentration and flow rate did not have a significant impact on the power density.
A structured cylindrical fiber electrode design of the same size and active surface area as the digital twin exhibited slight differences in velocity and concentration profiles.
However, because of its regular structure, this domain demonstrated superior mass transport properties and higher performance under identical operating conditions.
To bridge the gap between microscale and homogenized cell-scale modeling, an innovative multiscale modeling approach was developed, utilizing mass transfer coefficients. A 2D half-cell model with homogenized properties was created, incorporating Brinkman-type Navier-Stokes equations and a transport equation for a single species in porous media. The reaction term is based on a simplified approach that employs mass transfer coefficients extracted from the microscale model.
Parameterization was carried out under operating conditions of $0.1 \small M$ $\text{TEMPOL}$ in $1 \small M$ $\text{NaCl}$ and a discharge current density of $80\, \text{mA cm}^{-2}$ at various velocities.
This approach enables a more accurate prediction of species conversion and reveals significantly faster conversion rates compared to empirical correlations from the literature.
The results suggest reducing cell height and using additional information from the microscale model to further optimize cell performance.
In addition, an optimization framework for topology and shape optimization at the cell-scale was developed and successfully integrated with the described 2D cell-scale model.
The underlying optimization problem is based on a multi-objective functional aimed at minimizing the pressure drop within the cell while maximizing the reaction rate in the electrode.
Topology optimization was employed to determine an optimal porosity distribution within the electrode.
Various porosity intervals were investigated, with a linear inverse relationship defined between porosity and active surface area.
The results demonstrated that, under certain operating parameters, a distinct porosity distribution is more effective than a homogeneous porosity.
The optimization favored a structure with low porosity values and increased surface area immediately behind the inlet regions of the electrode, while the transition to higher porosity values occurred abruptly in the lower third of the electrode.
The resulting design with a two-part porosity distribution was compared to electrodes with homogeneous porosity and showed superior performance under specific operating conditions.
Furthermore, topology optimization was applied to novel cell designs from the literature.
These studies confirmed a tendency towards a porosity distribution similar to that of the standard design.
Shape optimization focused on investigating the optimal geometric parameters of the cell design in line with the objective function, while maintaining uniform electrode porosity.
For rectangular and trapezoidal cell designs with porosities below 0.9, the optimization showed a preference for a horizontal orientation due to the lower pressure drop.
For radial cell designs, optimization consistently identified the maximum possible angle as optimal, as it most effectively reduced the pressure drop by expanding the flow cross section.