In den letzten Jahrzehnten ist die Nachfrage an Trinkwasser durch das stetige Wachstum der Weltbevölkerung, aber auch der Industrialisierung, immer weiter angestiegen. Zudem sind auch der Anstieg von Treibhausgasemissionen und die Limitierung der fossilen Brennstoffe zu globalen Herausforderungen der Zukunft geworden. Abfallströme, wie z.B. Abwasser, könnten als alternative Energiequelle dienen. Im Hinblick auf erneuerbare Energien, haben sog. bioelektrochemische Systeme in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit erlangt. Über solche Systeme kann, mit Hilfe von sog. exoelektrogenen Mikroorganismen, chemische Energie direkt in elektrische Energie umgewandelt werden. Da in Abwasser eine enorme Menge an interner chemischer Energie in Form von organischen Substraten steckt, wäre die Anwendung eines BES-Systems in der Abwasseraufbereitung eine nachhaltige und umweltfreundliche Methode, bei der gleichzeitig Strom produziert werden würde. Ziel dieser Arbeit war es, die große Menge an Substrat, hauptsächlich Acetat, aus einem industriellen Abwasser über ein solches BES-System zu entfernen und dabei Strom zu generieren. In einem ersten Schritt wurden dafür potentielle exoelektrogene Mikroorganismen aus dem Abwasser isoliert und nachfolgend deren Fähigkeit zur Eliminierung der Kohlenstoffverbindungen und der Stromproduktion getestet. ... mehrHierfür wurden verschiedene Ansätze mit den Isolaten und dem exoelektrogenen Laborstamm G. sulfurreducens in einem Batch-Experiment für 21 Tage und einem Durchfluss-Experiment für 92 Tage getestet. In dem Durchfluss-Experiment wurde zudem der Einfluss der Flussrate auf die Leistung des Systems untersucht. Die maximal produzierte Stromdichte mit 1368,25 mA/m², wurde in einem Durchfluss-Experiment mit den Isolaten und G. sulfurreducens erreicht. In dem Batch-Experiment mit gleicher Zusammensetzung der Organismen wurden lediglich 14,89 mA/m² Strom produziert. In einer Versuchsreihe mit den Isolaten alleine zeigte das Durchfluss-System mit 656,97 mA/m² wieder eine bessere Leistung als das Batch-System mit 7,6 mA/m². G. sulfurreducens alleine hingegen produziert 27,78 mA/m² Strom in einem Batch-System. Auch der TOC-Verbrauch und die Coulomb´sche Effizienz (CE) ist in dem Durchfluss-Experiment mit den Isolaten und G. sulfurreducens mit 72,9% (TOC) und 54,98% (CE) am größten. In dem entsprechenden Batch-Experiment wurden lediglich 30,9% TOC verbraucht und die CE beträgt 1,3%. Die Isolate zeigen im Durchfluss-Experiment einen TOC-Verbrauch von 29,93% und eine CE von 23,79% und im Batch-Experiment 15,49% (TOC) und 1,6% (CE). Der Laborstamm alleine zeigt im Batch-Experiment einen TOC-Verbrauch von 16,47% und eine CE von 4,48%. In allen Versuchen konnte immer wieder ein rapider Abfall des pH-Wertes festgestellt werden. Somit wurde eines der Durchfluss-Systeme mit einer automatischen pH-Kontrolle ausgestattet, welche die Leistung des Systems zunehmend steigern konnte. Um den Einfluss des Abwassers auf die Mikroorganismen, besonders auf G. sulfurreducens, zu testen, sollten in Wachstumsversuchen mögliche Störstoffe, wie Phosphat und Ammonium, im Abwasser identifiziert werden und eine Adaptation an das Abwasser durch den Laborstamm herbeigeführt werden. In der ersten Versuchsreihe zeigte der Laborstamm jedoch keine Einschränkungen im Wachstum mit den Phosphat- und Ammoniumkonzentrationen, welche dem des Abwassers entsprachen. Bei der zweiten Versuchsreihe, dem Adaptationsversuch in 75% Abwasser, war die Adaptation nicht in einer gesteigerten Wachstumsrate sichtbar, sondern auf zellulärer Ebene durch erhöhte Expressionslevel an im Energiestoffwechsel (Citratzyklus und Acetat-Oxidation) beteiligter Enzyme und NADH-Dehydrogenasen. Zudem waren einige Transporter, welche Toxine und andere antimikrobielle Stoffe aus der Zelle transportieren ebenfalls verstärkt exprimiert. Eine Transkriptomanalyse brachte ebenfalls Aufschluss über die zellulären Mechanismen in den Zellen auf der Anode des Durchfluss-Experiments mit G. sulfurreducens und den Isolaten. Auch hier zeigte der Laborstamm eine verstärkte Anpassung an das Abwasser, wie zuvor beschrieben. Zudem konnte der Unterschied in der Expression der Gene aufgrund des gewählten Elektronenakzeptors aufgezeigt werden: Bei der Verwendung der Anode als Elektronenakzeptor wurden vermehrt Cytochrome und Pilus-Proteine produziert, um den extrazellulären Elektronentransport zu gewährleisten. Aber auch wichtige Proteine, welche für die Interaktion und die Ausbildung von Biofilmen notwendig sind, wurden hier vermehrt produziert. Über die Metatranskriptomanalyse konnten ebenfalls mögliche Stoffwechselwege, wie zum Beispiel die gemischte Säuregärung oder der Abbau von Cellulose aufgeklärt und damit eine mikrobielle Syntrophie der Isolate und dem Laborstamm G. sulfurreducens identifiziert werden. In einer letzten Versuchsreihe wurde eines der Isolate näher charakterisiert. Clostridium sp. I zeigte die höchste Fe³+-Reduktion innerhalb von 24 h und es konnte zudem gezeigt werden, dass der Stamm möglicherweise Fe³+ als Elektronensenke nutzt, um eine höhere Energieausbeute zu erzielen. Jedoch war dieser in einer M3C mit definiertem Medium nicht in der Lage, Strom zu produzieren.