Abstract:
Landnutzungs- und Bodenbedeckungsänderungen haben große Auswirkungen auf das Klima. Die kumulativen Landnutzungsemissionen zwischen 1750 und heute entsprechen etwa einem Drittel der gesamten menschlichen CO2-Emissionen in diesem Zeitraum und trugen somit erheblich zum Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um etwa 1°C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter bei. Das Land stellt insgesamt jedoch momentan eine Netto-Kohlenstoffsenke dar und besitzt die Möglichkeit zusätzlichen Kohlenstoff zu speichern, falls eine entsprechende Nutzung erfolgt. Tatsächlich wird die Kohlenstoffentnahme aus der Atmosphäre („negative Emissionen“) durch landbasierte Klimaschutztechnologien mehr und mehr als notwendig erachtet, um die globale Erwärmung auf unter 2°C zu begrenzen. ... mehrJedoch ist die potentielle Kohlenstoffentnahme unter Berücksichtigung der begrenzten Landverfügbarkeit und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt sehr unsicher. In dieser Doktorarbeit nutze ich jüngste Fortschritte bezüglich der Darstellung von Landnutzungs- und Boden-bedeckungsänderungen in dynamischen globalen Vegetationsmodellen (insbesondere mit Hilfe des Models LPJ-GUESS), um die längerfristigen Auswirkungen von Landnutzungswandel auf die Regeneration von Ökosystemen zu erforschen. Außerdem untersuche ich das Kohlenstoffentnahmepotential durch landbasierte Klimawandelminderungsstrategien, sowie die damit verbundenen Nebeneffekte auf eine Reihe weiterer Indikatoren von Ökosystemdienstleistungen über die Kohlenstoffspeicherung hinaus.
Idealisierte Landnutzungsszenarien werden benutzt, um den Einfluss der Landnutzungsgeschichte (bezüglich der landwirtschaftlichen Nutzungsart und Zeitdauer) auf die Regeneration von Kohlenstoff in Ökosystemen nach Beendigung der landwirtschaftlichen Nutzung zu erforschen. Simulationen mit dem LPJ-GUESS Modell zeigen, dass nahezu alle globalen Ökosysteme Jahrzehnte oder Jahrhunderte benötigen, um zu ihrem ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Die Art und Zeitdauer der früheren Landnutzung ist besonders wichtig für die Regeneration des Bodenkohlenstoffs, für den sich die Regenerationszeiten oftmals um Jahrhunderte innerhalb der Szenarien unterscheiden. Die Landnutzungsgeschichte ist jedoch auch für die Regeneration des Vegetationskohlenstoffs und der Vegetationszusammensetzung von Bedeutung, für die sich Unterschiede von mehreren Jahrzehnten innerhalb der Szenarien ergeben. Räumlich betrachtet findet man den größten Einfluss der früheren Landnutzung in borealen Wäldern und subtropischen Grasländern. Die Simulationen zeigen, dass die Landnut-zungsgeschichte bei der Bewertung von Landnutzungs- und Bodenbedeckungsänderungen als Möglichkeit zur Kohlenstoffentnahme aus der Atmosphäre berücksichtigt werden sollte.
Landbasierte Kohlenstoffentnahmeoptionen werden dann auf der Grundlage von Landnutzungsprojektionen zukünftiger Klimawandelminderungsstrategien (der Erhalt und die Ausweitung von Wäldern, Bioenergie kombiniert mit Kohlenstoffabscheidung und Speicherung oder eine Kombination beider Ansätze) zweier Landnutzungsmodelle weiter erforscht, um die voraussichtliche Wirksamkeit und die Umweltrisiken von Landbewirtschaftung zur Kohlenstoffspeicherung zu ermitteln. Die Landnutzungsszenarien dienen als Eingabedaten für vier dynamische globale Vegetationsmodelle, um die Kohlenstoffentnahme aus der Atmosphäre durch landbasierte Klimawandelminderungsstrategien in einem RCP2.6 Klima zu simulieren. Die Kohlenstoffentnahme, die am Ende des Jahrhunderts in den dynamischen Vegetationsmodellen erreicht wird, ist normalerweise geringer (19-130 GtC) als die Kohlenstoffentnahme, die ursprünglich in den Landnutzungsmodellen realisiert wurde (86-141 GtC). Die Unterschiede in der Kohlenstoffentnahme zwischen den Modellen sind vermutlich vor allem den Modellannahmen über die Erträge von Bioenergiepflanzen zuzuschreiben und wie Änderungen im Bodenkohlenstoff durch Landnutzungsänderungen simuliert werden. Ein geringer Anteil wird auch durch Unterschiede in der Waldbiomasse und der Waldwachstumsrate erklärt. Bezüglich der Auswirkungen auf weitere Indikatoren von Ökosystemdienstleistungen zeigt sich, dass der Schutz und die Ausweitung der Wälder allgemein größere Effekte als der Anbau von Bioenergiepflanzen hervorrufen. Dies hängt mit dem unterschiedlichen Flächenbedarf beider Ansätze zusammen. Aufforstung führt im Vergleich zu einem Referenzszenario zu einer 1.3-2.1% höheren Verdunstung und Transpiration und zu 15.7-24.1% höheren Emissionen von flüchtigen organischen Verbindungen, wobei sich die Spannweite aus den Simulationen ergibt die auf den beiden unterschiedlichen Landnutzungsmodellen basieren. Außerdem kommt es zu einer um 0.8-1.3% verringerten Albedo, einem um 0.7-2.2% verringerten Abfluss, einer um 3.5-35.1% verringerten landwirtschaftlichen Produktion und einer Verringerung der Stickstoffverluste um 6.7-13.2%. In den Bioenergiesimulationen kommt es zu einer Abnahme der landwirtschaftlichen Produktion um 6.6-9.7%, der Stickstoffverluste um 7.6-10.3% und der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen um 2.2-8.2%, während die Albedo, die Verdunstung und Transpiration, sowie der Abfluss kaum beeinflusst werden.
Zusammengefasst sind eine angemessene Darstellung von Landnutzungs- und Bodenbedeckungs-änderungen in Vegetationsmodellen, sowie eine detaillierte Auswertung der direkten und indirekten Effekte entscheidend, um robustere Aussagen darüber treffen zu können, wie sich landbasierte Klimawandelminderungsstrategien auf den Kohlenstoffkreislauf auswirken. Außerdem können so die Folgen für Ökosystemfunktionen, die weiteren Ökosystemdienstleistungen unterliegen, besser abgeschätzt werden, sowohl hinsichtlich von Zusatznutzen als auch von Einbußen. Die Ergebnisse der vorliegenden Doktorarbeit weisen darauf hin, dass die Kohlenstoffentnahme, die üblicherweise in ambitionierten Klimaschutzszenarien als realisierbar erachtet wird, deutlich zu hoch angesetzt sein könnte. Wenn zusätzlich die damit verbundenen Auswirkungen auf weitere Ökosystemdienstleistungen, sowie die technologischen Herausforderungen berücksichtigt werden, so erscheint die stetig wachsende Abhängigkeit von negativen Emissionen, um das 2°C Ziel zu erreichen, als eine höchst riskante Strategie.
Abstract (englisch):
Land-use and land-cover changes (LULCC) have large impacts on climate. Cumulative LULCC emissions between 1750 and today were responsible for about one third of total anthropogenic CO2 emissions during this time, thereby making a large contribution to the increase in global mean surface temperature of around 1°C relative to the pre-industrial era. However, the land as a whole currently represents a net carbon sink, with the capacity to store additional carbon if managed properly. In fact, the removal of carbon from the atmosphere (“negative emissions”) via land-based climate change mitigation technologies is increasingly regarded as a necessary option to limit global warming below 2°C. ... mehrHowever, the potential carbon removal under the consideration of limited land availability and associated impacts on the environment are highly uncertain. In this thesis I make use of recent progress with respect to the representation of LULCC in dynamic global vegetation models (DGVMs), in particular the LPJ-GUESS model, to explore long-term effects of land-use change on the recovery of ecosystems, carbon removal potential from land-based mitigation, and associated side effects on a range of other ecosystem service indicators beyond carbon storage.
Idealised land-use scenarios are used to study the effects of land-use history (in terms of agricultural type and duration) on the recovery of carbon in ecosystems following agricultural abandonment. Simulations with LPJ-GUESS show that nearly all global ecosystems require decades or centuries to regenerate to the pre-disturbed state. The type and duration of former land use is particularly important for the recovery of soil carbon, with recovery times often differing by centuries across scenarios, but is also significant for vegetation carbon and composition recovery which typically show differences of several decades. Spatially, the greatest sensitivity to prior land use is found in boreal forests and sub-tropical grasslands. The simulations show that land-use history is an important consideration when assessing LULCC as an option to remove carbon from the atmosphere.
Land-based carbon removal options are then explored further based on land-use projections of future mitigation strategies (forest maintenance and expansion, bioenergy combined with carbon capture and storage, or a combination of both approaches) from two land-use models, with the aim to study the likely efficacy and the environmental risks of land management for carbon storage. The land-use scenarios are used as input to four DGVMs to simulate carbon removal from the atmosphere via land-based mitigation in an RCP2.6 climate. The carbon removal achieved in the DGVMs by the end of the century is typically lower (19-130 GtC) than originally implemented in the land-use models (86-141 GtC). Differences in carbon removal between the models are mainly due to model assumptions regarding bioenergy crop yields, and how the soil carbon response to LULCC is simulated, with smaller contributions from differences in forest biomass and the rate of forest regrowth. With respect to impacts on other ecosystem service indicators, avoided deforestation and afforestation generally induces larger changes than bioenergy cultivation, which is related to the different land demand of both ap-proaches. Afforestation results in an increase, compared to a baseline scenario, in evapotranspiration of 1.3-2.1%, and of 15.7-24.1% for emissions of biogenic volatile organic compounds, the ranges resulting from simulations based on the two different land-use models. In contrast, decreases of 0.8-1.3% in albedo, 0.7-2.2% in runoff, 3.5-35.1% in crop production, and 6.7-13.2% in nitrogen loss occur. In the bioenergy simulations, there is a decrease in crop production of 6.6-9.7%, in N loss of 7.6-10.3%, and of 2.2-8.2% for emissions of biogenic organic compounds, but only minor changes in albedo, evapotranspiration, and runoff.
In conclusion, an adequate representation of LULCC in vegetation models in combination with a detailed analysis of direct and indirect effects is critical to draw more robust conclusions about the impacts of land-based mitigation on the carbon cycle and the impacts (both from a co-benefit and trade-off perspective) it has on ecosystem functioning underlying other ecosystem services. Nevertheless, the results of this thesis suggest that the amount of carbon removal typically assumed to be achievable in ambitious climate mitigation scenarios might well be overoptimistic. Furthermore, when associated impacts on other ecosystem services and technological challenges are also considered, relying on an ever increasing amount of negative emissions to achieve the 2°C target appears a very high-risk strategy.