Abstract:
Synthesegas (Syngas), Industrieabgase und andere C1-Moleküle haben sich in den letzten Jahren als interessante Substrate für die biotechnologische Produktion von Kraftstoffen und Plattformchemikalien herauskristallisiert. Syngas ist in diesem Zusammenhang eine Mischung aus Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid, welche über Vergasung von Biomasse und organischen Abfällen (z. B. Kommunalabfälle oder Klärschlamm) hergestellt wird. Organismen, die in der Syngas-Fermentation eingesetzt werden können, gehören zur Klasse der acetogenen Bakterien. Diese nutzen einen einzigartigen Stoffwechselweg zur Kohlenstofffixierung in dem zwei Moleküle CO oder CO2 über sequenzielle Reaktionen zu einem Molekül Acetyl-CoA kondensiert werden. ... mehrDieser wird reduktiver Acetyl-CoA Weg oder Wood-Ljungdahl-Stoffwechselweg (WLS) genannt. Natürliche Produkte die aus dem WLS abgeleitet werden können sind Essigsäure, Ethanol, Buttersäure, n-Butanol oder
2,3‑Butanidol. Clostridium ljungdahlii ist einer der Modelorganismen für acetogene Bakterien. Bisher konzentrieren sich Forschungen der synthetischen Biologie, Gentechnik und Prozessentwicklung hauptsächlich darauf, die Produktion natürlicher C4-Moleküle eines Organismus zu erhöhen oder neue Stoffwechselwege für C4- und C6-Moleküle zu implementieren. Bioenergetische Limitierungen verhindern jedoch die Produktion dieser Zielprodukte mit hohen Ausbeuten. Dies liegt darin begründet, dass acetogene Bakterien bevorzugt Essigsäure oder Ethanol herstellen, da dies einen höheren Energiegewinn für die Zelle bedeutet, als die Produktion von C4- oder C6-Molekülen.
Die Limitierung des Massentransfers von Kohlenmonoxid und Wasserstoff von der Gasphase in die Flüssigphase ist einer der Punkte, die häufig im Zusammenhang mit Limitierungen der Syngas-Fermentation in der Literatur genannt werden. Möglichkeiten den Massentransfer zu verbessern sind zum einen die Vergrößerung der Phasengrenzfläche Gas-Flüssig durch erhöhte Rührerdrehzahl und/oder Begasungsrate und zum andern, die Erhöhung der Sättigungskonzentration von Kohlenmonoxid und Wasserstoff durch das Anheben des Partialdruckes. Sollen allerdings Produkte mit geringer Wertschöpfung produziert werden, so hat sich gezeigt, dass die Verbesserung des Massentransfers über Erhöhung der Rührerdrehzahl nicht wirtschaftlich ist. Während die Verbesserung des Massentransfers über die Steigerung der Begasungsrate den Umsatz beeinträchtigen kann, führen höhere Gelöstkonzentrationen von Wasserstoff und Kohlenmonoxid zu Stoffwechselinhibierungen und dadurch zu einer Reduktion der Effizienz des Prozesses.
Da Roh-Syngas neben den genannten Hauptkomponenten auch Verunreinigungen wie Stickoxide, Schwefelwasserstoff oder Blausäure enthält, arbeiten viele Forschergruppen mit gereinigten oder synthetischen Syngas-Mischungen. Jedoch ist die Reinigung von Gas ein kostenintensiver Schritt. Die Möglichkeit ungereinigtes oder nur Teilgereinigtes Syngas einsetzten zu können, würde die Wirtschaftlichkeit jedes Syngas-Fermentationsprozesses verbessern. Leider sind die meisten, der in Roh-Syngas enthaltenen Stoffe, bekannte Katalysatorgifte. Bakterien sind zwar generell robuster gegenüber Katalysatorgiften als chemische Katalysatoren, aber Studien mit Extrakten aus aufgeschlossenen Zellen oder gereinigten Enzymen zeigen, dass manche der Verunreinigungen die zentralen Enzyme des WLS inhibieren. Daten, die den Effekt von Syngas-Verunreinigungen auf ganze Zellen acetogener Bakterien zeigen, sind dagegen nur wenige in der Literatur zu finden.
Im Zuge dieser Doktorarbeit wurden die folgenden vier Themen untersucht:
• Der Einfluss erhöhten Massentransfers durch gesteigerte Begasungsrate
• Verbesserung des Massentransfers durch erhöhen des Systemdrucks und Partialdrucks der Substrate
• Der Einfluss von Cyanid auf Wachstum und Produktbildung von C. ljungdahlii
• Prozesskopplung über sequentielle Mischkultur zur Produktion von Äpfelsäure
Hinsichtlich der Massentransfereigenschaften wurden zwei Rührerandordnungen mit drei unterschiedlichen Begasungsraten getestet. Eine ermöglichte die Teilweise Rückführung von Gas aus dem Kopfraum des Reaktors. Es zeigte sich für alle Begasungsraten, dass das Maximum des volumenbezogenen Stoffübergangskoeffizienten (kla-Wert) bei einer Rührerdrehzahl von 800 min-1 liegt. Über Batch-Kultivierungen im 1,5 L Maßstab konnte gezeigt werden, dass trotz steigender kla-Werte mit steigender Begasungsrate, die Konversion von Substraten zu Produkten bei höheren Begasungsraten ineffizienter wird. Der Einfluss der Begasungsrate auf den kla-Wert ist klein, verglichen mit dem Einfluss der Begasungsrate. Zudem Verringern steigenden Begasungsraten die Verweilzeit der Gasblasen in der Flüssigkeit. Dadurch wird mit steigender Begasungsrate zunehmend ungenutztes Substrat aus dem Reaktor ausgetragen. In diesem Punkt zeigt sich die Rühreranordnung, die eine Teilrückführung von Gas aus dem Kopfraum des Reaktors gestattet, überlegen und erreicht bessere Konversionseffizienten obwohl der kla-Wert im Vergleich zur anderen Rühreranordnung kleiner ist.
Aufgrund der möglichen Nachteile, die mit einer Steigerung des Massentransfers durch Erhöhung der Begasungsrate verbunden sind, sollen Experimente mit erhöhtem Druck zeigen, ob dies eine Alternative darstellt, um den Massentransfer zu verbessern. Zu diesem Zweck wurden Experimente aus dem 1,5 L Maßstab in den 2,5 L Maßstab hochskaliert und Versuche bei absoluten Systemdrücken von 1 bar, 4 bar und 7 bar, bei ansonsten konstantem volumenbezogenen Massenfluss der Gase und konstanter Gaszusammensetzung, durchgeführt. Um mögliche Inhibierungen durch erhöhte Gelöstkonzentrationen von Kohlenmonoxid zu vermeiden wurde hierfür ein Gasgemisch aus CO2, H2 und N2 verwendet. Für dieses Gasgemisch konnte erstmals gezeigt werden, dass eine direkte Steigerung der Substratpartialdrücke keine Verbesserungen bei Wachstum und Produktbildung zur Folge hat. Im Gegenteil, das Wachstum ging mit steigendem Druck zurück und die Produktbildung stagnierte. Darüber hinaus änderte sich die Produktzusammensetzung von 2,4 % Ameisensäure, 86,5 % Essigsäure und 11,1 % Ethanol bei atmosphärischem Druck zu 82,7 % Ameisensäure, 15,6 % Essigsäure und 1,7 % Ethanol bei einem Systemdruck von 7 bar. Da aber der Massenfluss an Substraten über alle Druckstufen konstant gehalten wurde, war die Produktausbeute und Konversionseffizienz bei 7 bar um den Faktor 7,5 höher, als bisher in der Literatur beschrieben.
Die Literatur betrachtet Cyanid als die kritischste Komponente in Roh-Syngas, die erst aus dem Gasstrom entfernt werden muss, bevor das Gas für die Fermentation eingesetzt werden kann. Die Ergebnisse in dieser Doktorarbeit zeigen jedoch zum ersten mal, dass C. ljungdahlii unter heterotrophen Bedingungen an bis zu 1,0 mM Cyanid adaptiert werden kann. Unter autotrophen Bedingungen ist eine Adaptation bis zu 0,1 mM Cyanid möglich. Nachdem die Zellen an Cyanid adaptiert wurden, werden die maximale Wachstumsrate und Biomasse nichtmehr von Cyanid beeinflusst, bis die oben genannten Grenzwerte erreicht sind. Die Ausbeutekoeffizienten aus Versuchen unter heterotrophen Bedingungen zeigen, dass bei einer Cyanidkonzentration von 1,0 mM die Aktivität der Kohlenmonoxiddehydrogenase (CODH) vollständig inhibiert und der WLS inaktiv ist. Die Ergebnisse unter autotrophen Bedingungen bestätigen dies, hier konnte bei einer Cyanidkonzentration von 1,0 mM weder Wachstum noch Produktbildung beobachtet werden. Im Zusammenhang mit der Inhibierung der CODH konnte zudem erstmals beobachtet werden, dass die Produktzusammensetzung sich mit steigender Cyanidkonzentration ändert und mehr Ethanol gebildet wird. Bei 0 mM Cyanid bestehen die Produkte zu 97 % aus Essigsäure und 3 % aus Ethanol während bei 1,0 mM Cyanid die Produktzusammensetzung 20 % Essigsäure und 80 % Ethanol ist (heterotrophe Kulturen). Unter autotrophen Bedingungen (Wachstum auf Syngas) setzen sich die Produkte in Gegenwart von 0,1 mM Cyanid zu 80 % aus Essigsäure und zu 20 % aus Ethanol zusammen.
Um die Limitierungen bei der Produktion von gewünschten C4 oder C6 Molekülen zu umgehen, wurde zusammen mit Dr.-Ing. Stefan Dörsam ein Prozess zur Produktion von Äpfelsäure (2-Hydroxybernsteinsäure) mit syngas als initiale Kohlenstoffquelle entworfen (vgl. Kapitel vier der Doktorarbeit Evaluation of Renewable Resources as Carbon Sources for Organic Acid Production with Filamentous Fungi). Die Herstellung von Äpfelsäure mit filamentösen Pilzen, wie zum Beispiel Aspergillus oryzae, resultiert in hohen substratbezogenen Ausbeuten. Allerdings sind diese Verfahren bisher auf Zucker als Kohlenstoffquelle limitiert. In Kooperation mit Dr.-Ing. Stefan Dörsam wurde ein zweistufiger Prozess entworfen der es ermöglicht Äpfelsäure aus Syngas herzustellen. Bei dieser sequentiellen Mischkultur ist Essigsäure der Metabolit, der beide Prozessstufen miteinander verbindet. Da die A. oryzae-Stufe dieses Prozesses auf Stickstofflimitierung angewiesen ist, war es zunächst notwendig, die Konzentration an Ammoniumchlorid im Medium für die Syngasfermentation so weit zu reduzieren, dass am Ende der Syngas-Stufe kein Ammonium-Stickstoff mehr enthalten ist. Während der Syngasfermentation wurden Wasserstoff und Kohlenmonoxid zu Essigsäure (88,9 %) und Ethanol (11,1 %) umgewandelt. Die Ausbeute lag bei 0,86 g g-1. Aus dieser Mischung wurde während der A. oryzae-Stufe des Prozesses die Essigsäure in Äpfelsäure umgewandelt. Hierbei lag die Ausbeute bei 0,33 g g-1. Daraus ergab sich eine Gesamtausbeute von 0,28 Gramm Äpfelsäure pro Gramm eingesetztem Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Damit konnte erstmalig gezeigt werden, dass über Verfahrenskopplung höhere Ausbeuten an hochwertigen C4-Molekülen erreicht werden können.
Abstract (englisch):
In recent years, synthesis gas, or syngas, industrial exhaust gases and other C1 molecules came into focus as interesting substrates for the biotechnological production of fuel and bulk chemicals. In this context, syngas is a mixture of hydrogen, carbon monoxide and carbon dioxide, derived from gasification of biomass and organic waste streams, like sewage sludge and municipal waste. Organisms that can be used for syngas fermentation belong to the class of acetogenic bacteria. They have access to a unique pathway of carbon fixation that combines two molecules of CO or CO2 via subsequent reactions into one molecule of acetyl-CoA. ... mehrThis is called reductive acetyl-CoA pathway or Wood-Ljungdahl-Pathway (WLP). Acetic acid, ethanol, butyric acid, n-butanol or 2,3-butandiol are natural products of this metabolic route. One of the model organisms of acetogenic bacteria is Clostridium ljungdahlii. Efforts of synthetic biology, genetic engineering and process development focus mainly on enhancing the production of natural C4 products or introducing new pathways for the production of C4 and C6 chemical. However, bioenergetic constrains prevent higher yields of those products, since acetogenic bacteria gain the most energy from the formation of acetic acid or ethanol, which are the preferred products.
One of the limiting steps in syngas fermentation, that is often mentioned, is mass transfer of hydrogen and carbon monoxide from the gaseous phase into the aqueous culture broth. Possible routes of enhancing mass transfer are the increase of gas-liquid interfacial area by increased stirrer speed and/or increased gas feed rate. For production of low value chemicals from syngas, such as ethanol, the increase of mass transfer by means of increased stirrer speed is uneconomic at larger scales. Another possibility would be, to raise the saturation solubility of hydrogen and carbon monoxide, by increasing the partial pressure of these components. However, higher liquid concentrations of hydrogen or carbon monoxide can lead to inhibitory effects and reduce the process efficiency. Though, crude syngas also contains minor constituents like nitric oxides, hydrogen sulfide or hydrogen cyanide, most research groups work with purified or synthetic mixtures of syngas. Working with crude or partially purified syngas could further increase the economics of syngas fermentation, since gas cleaning and conditioning is expensive. Unfortunately, most of the minor constituents of syngas are known catalyst poisons and even though, microorganisms are in general more robust than chemical catalysts, studies with crude cell extract or purified enzymes showed that some of the impurities in crude syngas inhibit central enzymes of the WLP. Actual data on the effects of gas impurities on whole cells of acetogenic bacteria is scarce.
This thesis investigates the following topics:
• The influence of increasing mass transfer by increasing gas feed rate
• Increased mass transfer by increased system and partial pressure of substrates
• The influence of cyanide on growth and product formation of C. ljungdahlii
• Process link-up via sequential mixed culture for production of malic acid
Since mass transfer is considered a main limiting parameter in syngas fermentation, two stirrer set-ups, with one that allows partial recirculation of the headspace gas, have been tested for their mass transfer properties at different stirrer speeds and gas feed rates. It has been found that a stirrer speed of 800 min-1 provides the highest mass transfer coefficients (kla) for all three gas feed rates. Subsequent batch cultivations in 1.5 L-scale showed, that despite increasing kla-values with increasing gas feed rate, the substrate conversion efficiency is higher at lower gas feed rates. Increasing the gas feed rate does enhance the mass transfer coefficient, though, the effect is small compared to increasing the stirrer speed and does also reduce the bubble residence time. With less time to be completely absorbed from the gaseous phase, unused substrates leave the bioreactor and are wasted. Here, the stirrer set-up with partial recirculation of the headspace gas allows to reintroduce parts of otherwise wasted substrates. This resulted in better conversion efficiencies despite a lower kla-value and stresses the importance of gas recirculation for efficient substrate conversion.
Due to the possible drawbacks of increased mass transfer by increased gas feed rate, experiments at elevated substrate pressure should show if this alternative to increasing mass transfer will enhance substrate conversion efficiency. In cooperation during the PhD thesis of Katharina Stoll from the group of Dr. Boukis at IKFT, KIT Campus North, the 1.5 L-scale has been scaled-up to 2.5 L-scale. Levels of absolute system pressures of 1 bar, 4 bar and 7 bar with a constant volumetric mass-flow rate of substrates and constant gas composition over all pressure levels have been investigated. To avoid inhibitory effects by high CO partial pressures, a gas mixture only consisting of CO2, H2 and N2 as a carrier was used. It was shown for the first time, that with increasing substrate pressure growth of C. ljungdahlii declined and product formation stagnated, although the gas mixture did not contain carbon monoxide. Furthermore, the product composition shifted from 2.4 % formic acid, 86.5 % acetic acid and 11.1 % ethanol at atmospheric conditions towards 82.7 % formic acid, 15.6 % acetic acid and 1.7 % ethanol at a total gas pressure of 7 bar. However, since the amount of substance flow rate was kept constant over all pressure stages instead of the gas volume feed rate, the overall product yield and conversion efficiency of the experiments at 7 bar is 7.5 times higher than previously reported.
Cyanide is considered one of the most critical components of crude syngas that need to be removed from the gas stream prior to fermentation. The results in this thesis are the first to show, that C. ljungdahlii can be adapted to growth in presence of up to 1.0 mM cyanide under heterotrophic conditions and up to 0.1 mM cyanide under autotrophic conditions. After adaption, maximum growth rate and biomass concentration is unaffected by cyanide up to the indicated concentrations. Product yields from heterotrophic conditions indicate that at 1.0 mM cyanide CODH activity is completely inhibited and the WLP is inactive. This is confirmed by results under autotrophic conditions where no growth could be observed at 1.0 mM cyanide. While the difference in growth is an increasing lag- phase with increasing cyanide concentrations, the product spectrum shifts from 97 % acetic acid and 3 % ethanol at 0 mM cyanide to 20 % acetic acid and 80 % ethanol at 1.0 mM cyanide for cultures growing on fructose and 80 % acetic acid and 20 % ethanol at 0.1 mM cyanide (syngas).
To circumvent the limitations of the production of desirable C4 or C6 products from syngas, a process has been developed together with Dr.-Ing. Stefan Dörsam, to produce malic acid from syngas as initial carbon source (see also chapter four of the PhD thesis Evaluation of Renewable Resources as Carbon Sources for Organic Acid Production with Filamentous Fungi). The production of malic acid by filamentous fungi like Aspergillus oryzae has high yields of product per gram substrate but is commonly limited to sugars as substrate. The process developed together with Dr.-Ing. Stefan Dörsam, shows for the first time, that it is possible to produce malic acid from syngas in a two stage process with acetic acid as linking metabolite. Due to the need of nitrogen limitation in the fungal fermentation stage of this sequential mixed culture, it was necessary to reduce the initial ammonia contend of the syngas fermentation medium. During the syngas fermentation stage, hydrogen and carbon monoxide from the gas stream have been converted to acetic acid (88.9 %) and ethanol (11.1 %) with a yield of 0.86 g g-1. In the fungal fermentation stage, the previously formed acetic acid has been converted to malic acid with a yield of 0.33 g g-1. This resulted in an overall yield of 0.28 gram malic acid per gram hydrogen and carbon monoxide fed to the process.