Abstract:
Der südliche Teil Westafrikas (SWA) ist einer der am dichtesten besiedelten Regionen der Erde und hängt stark vom Niederschlag ab, der vom westafrikanischen Monsun (WAM) kontrolliert wird. Eine Reihe von groß angelegten Feldkampagnen, unter anderem begründet durch die große Dürre in der Sahelregion in den 70er und 80er Jahren, führte zu einer beträchtlichen Verbesserung im Verständnis des WAMs und seine Bedeutung für den Niederschlag im Sahel, während SWA weitestgehend vernachlässigt wurde. Die kürzlich in SWA durchgeführte DACCIWA-Kampagne (Dynamics-Aerosol-Chemistry-Cloud-Interactions in West Africa) im Jahr 2016 gab jedoch das Ziel aus, über die Untersuchung der Prozesskette beginnend bei bodennahen Emissionen und Aerosolen hin zu ihrem Einfluss auf Wolken, Niederschlag und der WAM-Dynamik die Kenntnis über den WAM zu erweitern. ... mehrDie vorliegende Arbeit, die innerhalb des DACCIWA-Projektes im Subprojekt "Niederschlagsprozesse" eingebettet ist, behandelt hierbei die Identifikation von Niederschlagssystemen und die Untersuchung ihrer Bedeutung für den Gesamtniederschlag, der typischen Umgebungsbedingungen und ihrer Abbildung in moderner satellitengestützter Niederschlagsmessung über dem SWA. Die Untersuchung letzterer ist motiviert durch die Tatsache, dass Niederschlagsfernerkundung aufgrund des allmählichen Rückgangs von bodengestützten Messungen, u.a. durch Regensammler, immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Aus klimatologischer Sicht wird der Gesamtniederschlag über dem SWA größtenteils von intensiven und langlebigen, aber auch relativ selten vorkommender organisierter Konvektion beherrscht, auch mesoskalige konvektive Systeme (MCSs) genannt. Jedoch nimmt ihre Bedeutung in Richtung der unmittelbaren Küstenregion ab, in der schwächere und kurzlebigere Konvektion in ihrer Anzahl ansteigen. Alle Typen an Niederschlagssystemen treten typischerweise in Verbindung mit Störungen im Vorticity-Feld in der mittleren Troposphäre auf, von denen manche Wellenstrukturen ähnlich der von sogenannten African easterly waves (AEWs) aufweisen. Die Auswirkung dieser Störungen manifestiert sich insbesondere in der Modifikation der vertikalen Windscherung. Hierbei sind organisierte konvektive Systeme im Bereich einer vorauslaufenden antizyklonalen und einer nachfolgenden zyklonalen Anomalie vorzufinden, also in einer Region, in der die Windscherung durch eine stärkere Nordostströmung in der mittleren Troposphäre und der darunterliegenden südwestlichen Monsunströmung erhöht wird. Im Gegensatz dazu wird konvektive Organisation im Bereich schwächerer Windscherung zwischen einer vorauslaufenden zyklonalen und einer nachfolgenden antizyklonalen Anomalie unterdrückt. In einem weiteren Aspekt gehen allen Niederschlagstypen niedertroposphärische Feuchtekonvergenz voraus, weshalb diese Größe allgemein als Vorhersagegröße für Niederschlag verwendet werden kann.
In einer tiefergehenden Untersuchung werden in dieser Arbeit die Umgebungsbedingungen evaluiert, die zu der Entstehung und der Erhaltung eines langlebigen MCSs führt. Dieses war im SWA vom 10. bis 13. Juni 2016 aktiv. Infolge von tageszeitlicher Aufheizung des Bodens bildete sich das MCS in der semi-ariden Savannenregion im Sudan und entwickelte sich im Verlauf in eine klassische, westafrikanische "Squall line" , während sie südwestlich Richtung Nigeria zog. Die Squall line intensivierte und verlangsamte sich nach Ankunft im feuchteren Regime SWAs und initiierte die Entwicklung eines mittel- bis niedertroposphärischen Vortex. All diese Faktoren führten zu einem der höchsten jemals gemessenen 24-stündigen Niederschlag im SWA mit 223.5 mm. Diesem Ereignis ging eine, durch ein lokales und kurzlebiges Hitzetief gesteuerte, starke niedertroposphärische Feuchtekonvergenz voraus, die eine mit extrem viel Feuchte angereicherte Umgebung verursachte und dadurch die Intensivierung des MCSs und die Formierung des Vortex begünstigte. Im Gegensatz zu der trockeneren Savannenzone, wo sich das MCS sehr wahrscheinlich über die selbst erzeugte bodennahe Dichteströmung aufrechterhielt, ist im SWA anzunehmen, dass der Vortex das MCS durch Feuchtekonvergenz und Hebung instabiler Luftmassen stützte. Die Vermutung liegt daher nahe, dass solche mesoskaligen Wirbel im Strömungsfeld generell eine wichtige Rolle für die MCS-Dynamik im SWA spielen können.
Abschließend wird die Leistungsfähigkeit des häufig verwendeten, satellitengestützten Niederschlagsproduktes IMERG (Integrated Multi-Satellite Retrievals for Global Precipitation Measurement) hinsichtlich von Niederschlagstypen evaluiert und mit einer Zusammenstellung von DACCIWA-Regensammlern mit hoher zeitlicher Auflösung verglichen. Auf einer monatlichen Skala werden Niederschlagssummen von IMERG sehr gut wiedergegeben, jedoch nimmt die Güte hin zu kleineren Zeitskalen ab. Während die Mehrheit der Niederschlagsereignisse von IMERG erfasst wird, besteht Niederschlag in IMERG zum Teil aus Fehlerkompensationen zwischen unterschiedlichen Niederschlagstypen. Konkret werden schwache und kurzlebige Niederschlagsereignisse hauptsächlich überschätzt, wohingegen die Intensität starker Ereignisse wie der von MCSs größtenteils unterschätzt wird. Weiterhin wird eine relativ hohe Anzahl an "false alarms" festgestellt, die etwa ein Viertel des gesamten Niederschlags in IMERG ausmacht. Eine ergänzende Untersuchung satellitengestützter Daten von Charakteristika an der Wolkenoberkante offenbart ein hohe Anfälligkeit für false alarms in Anwesenheit von dünnen Eiswolken, während Niederschlag aus reinen Flüssigwolken, d.h. warmer Regen, häufig nicht erfasst wird.
Die vorliegende Arbeit leistet einen Beitrag zu einem besseren Verständnis von Niederschlagstypen diverser Natur über dem SWA und von Umgebungsbedingungen, die zu ihrer Entwicklung führen. Dies wurde für SWA auf einer regionalen Skala bisher noch nicht durchgeführt und kann für die regionale Wettervorhersage im SWA auf synoptischen Zeitskalen von großer Bedeutung sein. Insbesondere hebt diese Arbeit die Bedeutung von niedertroposphärischen Wirbeln für die Entwicklung von Starkniederschlagsereignissen hervor, die in dieser Region weder dokumentiert, noch untersucht wurde. Des Weiteren wurden die womöglich regionenspezifischen Stärken und Schwächen eines modernen, satellitengestützten Niederschlagsproduktes beleuchtet, das für zukünftige Niederschlagsstudien mit diesem Produkt im SWA als Referenz dienen kann.
Abstract (englisch):
Southern West Africa (SWA) is one of the most densely populated regions on earth and highly depends on rainfall that is controlled by the West African monsoon (WAM). Motivated by the major Sahelian drought event in the 1970s and 1980s, among other things, a series of extensive field campaigns led to a substantial improvement in the understanding of the WAM and its implications for rainfall in the Sahel, while the adjacent more humid SWA to the south has remained understudied. However, the recent project "Dynamics-Aerosol-Chemistry-Cloud-Interactions in West Africa" (DACCIWA) targeted SWA and aimed to extend the knowledge of the WAM by investigating the process and feedback chain ranging from surface emissions and aerosols to their influence on clouds, precipitation and WAM dynamics. ... mehrBeing incorporated in the work package "Precipitation processes" of the DACCIWA project, the present work deals with the identification of rainfall types and the evaluation of their importance, typical environmental conditions as well as their representation in space-borne precipitation retrievals over SWA. The latter is done in anticipation of a growing relevance of satellite rainfall products due to a gradual degradation of ground-based facilities for monitoring rainfall in the region.
From a climatological viewpoint, total rainfall over SWA is mainly controlled by intense and long-lived, but relatively rarely occurring organised convection, termed mesoscale convective systems (MCSs). However, their overall importance gradually decreases closer to the immediate coastal region, where less-intense and shorter-lived diurnal convective systems become more and more numerous. All rainfall types typically occur in conjunction with midlevel disturbances in the vorticity field, some of which exhibit wave structures reminiscent of so-called African easterly waves (AEWs). The major implication of these disturbances is their modification of the strength of the low-level vertical wind shear. Here, organised convection is largely found between a preceding anticyclonic and a succeeding cyclonic anomaly, a region of enhanced wind shear due to stronger midlevel northeasterlies above the prevailing southwesterly monsoon flow. In contrast, convective organisation is suppressed between a preceding cyclonic and a succeeding anticyclonic anomaly, where wind shear is reduced. Furthermore, all rainfall types are preceded by low-level moisture convergence, which can therefore generally be used as a predictor for the occurrence of rainfall events.
In a more detailed manner, the environmental controls leading to the initiation and maintenance of a long-lived MCS, active over SWA between 10-13 June 2016 during the DACCIWA field campaign, is evaluated. As a consequence of diurnal heating, the MCS formed in the semi-arid Savannah zone over Sudan and evolved into a classical, fast-moving West African squall line while propagating to the southwest towards Nigeria. Entering the more humid regime of SWA, the squall line intensified, decelerated and gave rise to the development of a mid- to low-level vortex, all of which caused one of the highest ever recorded daily rainfall amount over SWA with 223.5 mm. Prior to this event, strong low-level moisture convergence due to the formation of a local heat low created an extremely humid environment, which facilitated the intensification of the MCS and the genesis of the vortex. In contrast to the dry Savannah, where the MCS maintained itself possibly through typical coldpool dynamics, the vortex most likely sustained the MCS over SWA through moisture convergence and lifting of unstable airmasses. It gives rise to the assumption that such vortices are a crucial element of MCS dynamics over SWA.
Finally, a rainfall-type based performance evaluation of the widely used space-borne precipitation product "Integrated Multisatellite Retrievals for Global Precipitation Measurement" (IMERG) is conducted by comparing it against a set of high-resolution rain gauges specifically established for DACCIWA. Rainfall on a monthly scale is well captured by IMERG, but its skill decreases gradually towards sub-daily time scales. While the majority of subdaily rainfall events is detected, IMERG rainfall is partly composed by error compensation tendencies between different rainfall types. Specifically, weak and short rainfall events are almost exclusively overestimated, whereas the intensity of strong rainfall events, such as overpassing MCSs, are largely underestimated. Furthermore, a relatively high number of false alarms are identified, which accounts for around a fourth of total IMERG rainfall. Further inspection of satellite-based information of cloud-top properties revealed a high susceptibility to false alarms and general overestimation tendencies due to the presence of thin ice clouds, while rainfall from purely liquid clouds, i.e. warm rain, is frequently missed by IMERG.
The present work contributes to a more detailed understanding of the different nature of rainfall types over SWA and of the environmental factors that lead to them. This has not yet been performed on a regional scale for SWA and can be of high relevance for numerical weather prediction over the region on synoptic time scales. Specifically the importance of low-tropospheric vortices for the development of extreme rainfall events, which has never been documented nor investigated in this region. Furthermore, the evaluation of a state-of-the-art space-borne rainfall product has identified potentially region-specific strengths and deficiencies that may serve as a reference for future rainfall studies with this product over SWA.