Abstract:
Als relativ junges Forschungsfeld der Biotechnologie erlaubt es die Bioelektrotechnologie, elektrische Energie und biologische Katalyse zu koppeln. Verschiedene Studien konnten bereits mehrere mögliche Anwendungen demonstrieren, wobei die dazu konstruierten bioelektrochemischen Systeme sich noch auf den Labormaßstab beschränkten. Diese Systeme wurden nur in seltenen Fällen einheitlich charakterisiert und eine universelle Angabe der Leistungsparameter konnte sich noch nicht durchsetzen, was dazu führt dass derzeit Vergleiche der unterschiedlichen Reaktoren und Prozesse nur schwer möglich sind. ... mehrDieser Umstand ist ein generelles Hindernis auf dem Weg zur industriellen Anwendung der Bioelektrotechnologie, da durch die fehlende Vergleichbarkeit auch eine rationale Optimierung erschwert wird. Nur wenige Prozesse wurden bisher in größere Maßstäbe übertragen und unter industrienahen Bedingungen über längere Zeit hinweg betrieben.
Ziel dieser Doktorarbeit ist die Konzipierung, Charakterisierung und Maßstabsübertragung eines bioelektrochemischen Systems. Die hauptsächliche Anwendung des Reaktors soll die Bioelektromethanogenese sein. Dieser Prozess soll während der Arbeit optimiert werden. Anaerobe Mikroorganismen wandeln dabei Elektronen von einer Kathode und CO2 zu Methan um. Methan könnte einen Ersatz für Erdöl darstellen, da es sowohl als Brennstoff, zur chemischen Synthese wie auch in biologischen Prozessen als Ausgangsstoff eingesetzte werden kann.
Es wurde ein bioelektrochemisches System konstruiert, dessen Arbeitskammer als Blasensäule gestaltet ist. Das Arbeitsvolumen in dieser Kammer betrug einen Liter, während die Gegenkammer, die die Arbeitskammer umgab, zehn Liter fasste. Die Arbeitselektrode wurde in der Mitte der Arbeitskammer platziert, die Gegenelektrode um die Arbeitskammer gewickelt. Der Reaktor wurde durch verschiedene Methoden abiotisch charakterisiert. Diese umfassten unter anderem Cyclovoltammetrie, Chronoamperometrie und kLa-Messung, wodurch es ermöglicht werden sollte, verschiedene Reaktortypen miteinander zu vergleichen. Die Berechnung der Wagnerzahl konnte beispielsweise zeigen, dass das elektrische Feld im Reaktor gleichmäßig verteilt war, während die resultierenden Reynolds-, Bond- und Weberzahlen belegten, dass sich in der Arbeitskammer eine laminare, homogene Blasenströmung entwickelte.
Anaerobe Methanogene wurden in der Arbeitskammer mit CO2 aus dem sauerstofffreien Eingangsgasstrom und Elektronen von der Arbeitselektrode versorgt, um Methan produzieren zu können. Methanococcus maripaludis wurde als Reinkultur verwendet, da dieser Organismus bereits in der Literatur als elektroaktiv beschrieben wurde und somit Vergleichsdaten vorlagen.
In den ersten Versuchen konnte bereits eine absolute Methanproduktionsrate von 0,23 mmol*d-1 erzielt werden, was einer spezifischen Methanproduktionsrate von 33,8 mmol*d-1*m-² entsprach. Dabei wurde eine Coulombeffizienz von 51,0 % erreicht. Die gemessene Produktionsrate lag damit höher als bislang für Bioelektromethanogenese mit M. mariplauds beschrieben. Die Raum-Zeit-Ausbeute im neu entwickelten Reaktor war vergleichbar mit der, die in den üblicherweise im Labor genutzten H-Zellen ermittelt wurde.
Die Bioelektromethanogenese wurde im Anschluss weiter optimiert, was eine Verbesserung der absoluten Methanproduktionsrate um den Faktor 9,8 auf 2,3 mmol*d-1 (spezifische Methanproduktionsrate: 81,4 mmol*d-1*m-²) einbrachte. Die Coulombeffizienz lag dabei bei 56,4 %. Die erzielte spezifische Methanproduktion lag damit im Bereich von beschriebenen Produktionsraten, die mit Mischkulturen erreicht wurden, welche üblicherweise höhere Ausbeuten erlauben. Die Ergebnisse aus der bioelektrochemischen Blasensäule sind vergleichbar mit Ergebnissen, die in einem bioelektrochemischen Rührkesselreaktor erzielt wurden und höher als in einer H-Zelle unter vergleichbaren Bedingungen (Elektroden- und Membranmaterial, Arbeitspotential, Eingangsgaszusammensetzung).
Die höchste Verbesserung von 143,2 % konnte erreicht werden, indem das Arbeitspotential von -0,9 V vs. Ag/AgCl auf -1,1 V vs. Ag/AgCl herabgesetzt wurde. Ebenfalls sehr effektiv war die Vervierfachung der Elektrodenfläche mit einer um bis zu 139,6 % Steigerung der absoluten Methanproduktionsrate, obwohl die spezifische Methanproduktionsrate durch die Vergrößerung der Elektrodenfläche sank. Auch durch die Veränderung des Arbeitselektrodenmaterials konnte die absolute Methanproduktionsrate um 54,3 % erhöht werden. Bezüglich der Begasung steigerte die Veränderung der Eingangsgaszusammensetzung von 20 % CO2 zu 100 % die Methanproduktionsrate um 83,9 %, gefolgt von einer 35,8 %igen Verbesserung durch die Erhöhung des Eingangsgasstroms von 30 ml*min-1 auf 90 ml*min-1. Diese Ergebnisse lassen folgern, dass die Elektronenverfügbarkeit die größte Limitierung der Bioelektromethanogene darstellt, gefolgt von den CO2 Verfügbarkeit.
Keine signifikante Steigerung der Methanproduktion konnte hingegen bei der Zugabe von 3-(N-morpholino)-Propansulfonsäure Puffer zum Medium beobachtet werden. Auch die Vergrößerung der Anode oder die Veränderung der anfänglichen optischen Dichte im Reaktor konnte die Produktion nicht erhöhen. Das lässt darauf schließen, dass der Biokatalysator den Prozess nicht limitiert. Auch die Verwendung einer Kationenaustauschmembran anstelle einer Protonenaustauschmembran verbesserte die Methanproduktion nicht signifikant. Durch einen weiteren Test konnte bestätigt werden, dass die Elektronenverfügbarkeit tatsächlich die größte Limitierung des Prozesses darstelle: Durch Anlegen eines Stroms von -100 mA statt eines Arbeitspotentials konnte die absolute Methanproduktionsrate bei gleichbleibender Coulombeffizient auf 5,7 mmol*d-1 gesteigert werden. Dies zeigt, dass die Mikroorgansimen auch den zusätzlichen Strom genauso effizient zu Methan umsetzen können, also der Strom die Limitierung darstellt. Der hohe angelegte Strom führte allerdings auch zu einem negativeren Arbeitspotential an der Arbeitselektrode, dass die abiotische Wasserstoffentstehung energieeffizienter erlaubt als die biokatalysierte Methanerzeugung.
Die Energieeffizienz des Prozesses war sehr niedrig (0,002 %), wenn die Heizleistung in die Energieberechnung mit einbezogen wurde. Falls Abwärme aus anderen Prozessen in einem integrierten Wärmekonzept genutzt werden könnte, würde die Energieeffizienz ohne Heizleistung nach der Optimierung 17,7 % betragen.
Bezüglich der industriellen Anwendbarkeit des Prozesses ließ sich zeigen, dass die Bioelektromethanogenese sich nach Störfällen schnell wieder stabilisiert, beispielsweise nach Strom- oder Begasunsgausfällen. Im Gegensatz dazu wurden nach plötzlichen Schwankungen in der Gaszusammensetzung oder Temperaturschwankungen nicht die gleichen Methanproduktionsraten erzielt wie vor der Störung.
Das entwickelte Reaktorkonzept wurde über eine rationale, auf der Ähnlichkeitstheorie beruhende Maßstabsübertragung in den Pilotmaßstab übertragen. Die Pilotanlage fasste ein Arbeitsvolumen von 50 Liter und in der Gegenkammer 150 Liter. Die absolute Methanproduktionsrate betrug 11,7 mmol*d-1 und erzielte somit die höchste bis dahin beschriebene Produktion. Allerdings lag die spezifische Methanproduktionsrate bezogen auf die geometrische Oberfläche der Arbeitselektrode nur bei 10,2 mmol*d-1*m-², obwohl die Energieeffizienz ohne Einberechnung der Heizleistung auf 27,0 % gesteigert werden konnte. Die Coulombeffizeinz lag dabei bei 113,6 %, wobei dieser hohe Wert nicht abschließend erklärt werden konnte. Außerdem wurden verschiedene “Numbering-Up” Ansätze verfolgt, um das Arbeitsvolumen und damit die Methanproduktion zu steigern. Es konnte gezeigt werden, dass eine kaskadenartige Führung des Gasstromes durch drei Reaktoren die spezifische Methanproduktionsrate von 60,4 mmol*d-1*m-² auf 178,5 mmol*d-1*m-² steigerte. Eine zusätzliche elektrische Verbindung der drei Reaktoren konnte dieses Ergebnis nicht signifikant verbessern.
Die bioelektrochemische Blasensäule wurde auch als mikrobielle Brennstoffzelle genutzt um die universelle Einsetzbarkeit des Reaktors zu demonstrieren. Die Versuche erzielten eine Stromproduktion von 627 mA*m-² bei einer Coulombeffizienz von 23,1 %. Die Ergebnisse waren vergleichbar mit Daten aus dem bioelektrochemischen Rührkesselreaktor.
Diese Dissertation stellt einen neuen, flexiblen und skalierbaren bioelektrochemischen Reaktortyp vor. Dieser kann für unterschiedliche bioelektrochemische Prozesse genutzt werden und ist geeignet, um darin Prozessoptimierungen durchzuführen. Vergleiche zu anderen Reaktortypen sind möglich. Das System kann daher als Ausgangspunkt für die Entwicklung industrierelevanter Prozesse dienen und könnte damit den Übergang der Bioelektrotechnologie aus dem Labor hin zu industriellen Anwendungen beschleunigen.
Abstract (englisch):
An upcoming technology in the field of biological research is bioelectrochemistry, which combines electrical energy and biological processes. The proof of concept for several bioelectrochemical processes was shown in lab-scale applications, and a variety of different bioelectrochemical systems were constructed. Since no common characterization strategies were applied to these reactors and no consensual performance parameters were used to show the results of the processes, comparisons are difficult. This was identified as a major drawback on the way to an industrial application of bioelectrochemistry, since rational optimizations are hardly possible. ... mehrOnly few processes were transferred to bigger scales so far, and long term operations under industrial conditions are rare.
The objective of this doctoral thesis was the design, characterization and Scale-Up of a bioelectrochemical system. The main application for this reactor was bioelectromethanogenesis, which was supposed to be continuously optimized during the project. In this technique, anaerobic methanogens are fed with electrons supplied by a cathode and CO2, and convert these substrates to methane. Since fossil fuels are about to be depleted during the next decades, methane could be a substitute fuel, base chemical or substrate for further biological conversions.
A bioelectrochemical system with a bubble column working chamber was designed. The working volume of the device was one liter, with a surrounding counter chamber of 10 liters. The working electrode was placed in the center of the reactor, while the counter electrode was wrapped around the working chamber. The reactor was abiotically characterized using various methods, such as cyclic voltammetry, chronoamperometry and kLa measurements to allow comparability to other set-ups. It could be shown by calculation of the Wagner number, that the electrical field within the system was evenly distributed and by calculation of the Reynolds, Bond and Weber number that a laminar, homogeneous, bubbly flow established itself in the working chamber.
By continuous gassing with oxygen-free in-gas streams, it was possible to host anaerobic methanogenic archaea, to provide them with gaseous CO2 contained in the in-gas and electrons from the working electrode as substrates and to produce methane. A pure culture of Methanococcus maripaludis was used as biocatalyst to allow comparison to published research data.
The first setup already showed a methane production of 0.23 mmol*d-1, which equaled a specific methane production rate of 33.8 mmol*d-1*m-² at a Coulombic efficiency of 51.0 %. This was higher than reported for bioelectromethanogenesis with M. maripaludis before. The space-time-yield was comparable to commonly used H-cell reactors tested for comparison, which contain a working volume of 100 ml. The process of bioelectromethanogenesis was further optimized, leading to a 9.8 fold increase in methane production rate to 2.3 mmol*d-1 at a Coulombic efficiency of 56.4 %. The specific methane production rate in this case was 81.4 mmol*d-1*m-², which was also comparable to data shown for bioelectromethanogenesis with mixed cultures, which do usually result in higher production rates. The results obtained with the bubble column reactor were also comparable to those obtained in a bioelectrochemical stirred tank reactor with similar operating conditions and better than in H-cells under similar conditions, including same electrode material, membrane material and working potential.
The most efficient step of optimization was the shift of the applied working potential from -0.9 V vs. Ag/AgCl to -1.1 V vs. Ag/AgCl, which caused a 143.2 % higher total methane production rate, followed by the quadrupling of the electrode surface area, leading to a 139.6 % improvement of the total methane production rate, although the specific methane production rate based on the geometrical surface area declined. The change of the electrode type caused a 54.3 % improvement. The change of the CO2 content in the in-gas from 20 % to 100 % was increasing the total methane production rate by 83.9 %. The increase of the gassing rate from 30 ml*min-1 to 90 ml*min-1 improved the total methane production rate by 35.8 %. Taking the various influences of the different optimizations into account, it seems likely that the electron availability is the main limitation of the process, followed by the CO2 availability.
No significant improvement of the process was observed when adding 3-(N-morpholino)-propanesulfonic acid buffer to the medium, when increasing the anode area or when changing the initial optical density of the microorganisms. The biological aspect of the system is therefore not limiting the process. Also the change of the membrane type from proton exchange to cation exchange membrane did not lead to a significant increase of the methane production rate. The fact that the main limitation was the electron supply was further confirmed by applying a high current of -100 mA to the system, instead of an applied working potential, which could increase the methane production rate to 5.7 mmol*d-1 at a similar Coulombic efficiency, showing that the biocatalyst still converted the same percentage of electrons supplied to methane and was therefore not limiting. The high current led also to a more negative potential at the working electrode, so that all in all the abiotic hydrogen production was more efficient than the biocatalyzed methane production.
The energy efficiency of the process was extremely low (0.002 %) when taking the heating of the system into account. Assuming that waste energy can be used for heating, the energy efficiency amounted to 17.7 % under optimized conditions. In terms of industrial use, it could be demonstrated that the process recovered quickly after system failures, e.g. a power gap or a breakdown of the gassing. In contrast, bioelectromethanogenesis did not fully recover after a breakdown of the temperature control or sudden changes of the in-gas composition.
The developed concept was transferred into pilot-scale by a rational Scale-Up based on Similarity Theory, which was not shown before for bioelectrochemical systems. The pilot scale reactor had a working volume of 50 liters and a counter volume of 150 liters. The total methane production rate added up to 11.7 mmol*d-1, which was the highest reported for pure culture bioelectromethanogenesis so far. In contrast, the specific methane production rate was low, 10.2 mmol*d-1*m-² only, although the energy efficiency increased to 27.0 % and the Coulombic efficiency reached 113.6 %, which could not conclusively be explained. Apart from Scale-Up, also different Numbering-Up strategies were used to enlarge the working volume. It was demonstrated that by operating three reactors as reactor cascade, the specific methane production rate increased from 60.4 mmol*d-1*m-² to 178.5 mmol*d-1*m-². An additional electrical connection could not further improve the performance of bioelectromethanogenesis significantly.
The developed bioelectrochemical bubble column reactor was also tested as microbial fuel cell, to show the transferability of the reactor to other processes. These experiments revealed that the reactor was capable of producing 627 mA*m-² current at a Coulombic efficiency of 23.1 %. This was comparable to the results obtained in a bioelectrochemical stirred tank reactor.
This work introduces a new, scalable and flexible reactor design to the field of bioelectrochemistry. Due to its flexibility this reactor could be used for various bioelectrochemical processes, process optimization and offers comparability to existing systems. It can therefore serve as a starting point for the development of industrially relevant research and encourage the transfer of bioelectrochemistry from lab-scale to industrial application.