Abstract:
Faser-Verbund-Werkstoffe ermöglichen Leichtbautragstrukturen, welche mit konventionellen Werkstoffen nicht umsetzbar sind. Deren Großserienfertigung ist allerdings auch heute noch eine große Herausforderung. Aufgrund des hohen Kostendrucks gilt dies insbesondere für den Automobilbau. Hinderlich wirken zum einen die hohen Materialkosten bei Verwendung von Kohlenstofffasern, und zum anderen die im Vergleich zu Stahlwerkstoffen lange Zykluszeit in der Bauteilfertigung. Eine Lösung für Letzteres stellen hochreaktive, schnellhärtende Matrixwerkstoffe in Verbindung mit modernen Harzinjektionsprozessen dar. ... mehrDurch die schnelle Aushärtung können Zykluszeiten reduziert und die Wirtschaftlichkeit des Prozesses gesteigert werden. Die Beschleunigung der Prozessabläufe erschwert allerdings die Auslegung des Prozesses, da z.B. das mögliche Zeitfenster für die Realisierung der Formfüllung deutlich verkürzt wird. Die Findung einer optimalen Prozessführung erfordert unter diesen Bedingungen ein großes Erfahrungswissen. Dessen Generierung wird durch das Ablaufen des Prozesses innerhalb des geschlossenen Werkzeugs, und damit im Verborgenen, gehemmt. An dieser Stelle greift die Prozesssimlation an, welche einen detaillierten Einblick in die Abläufe der einzelnen Prozessschritte ermöglicht. In der vorliegenden Arbeit wird daher der Aushärteprozess des Matrixwerkstoffs mithilfe von Strömungs- und Struktursimulationen begleitet. Neben der Entwicklung von geeigneten Materialmodellen, wird auch die Ermittlung von notwendigen Kennwerten vorgestellt.
Der Einfluss der Aushärtung beginnt mit dem Vermischen der Harzkomponenten am Anguss des Injektionswerkzeugs. Von diesem Zeitpunkt an ergibt sich die für das Fließverhalten der Matrix charakteristische Viskosität aus der wirkenden Temperatur und dem erreichten Aushärtegrad. Die akkurate experimentelle Charakterisierung dieses wichtigen Zusammenhangs ist eine Grundvoraussetzung für aussagekräftige Simulationsergebnisse. Die hohe Reaktivität der verwendeten schnellhärtenden Harze fordert allerdings etablierte Methoden heraus. Durch deren Trägheit ist eine zuverlässige Messung der Viskosität während des für die Formfüllung wichtigen Zeitfensters erschwert. Um dieses Problem zu lösen, wird eine automatisierte Lösung zur Herstellung sowie Einbringung von Proben in ein Rheometer entwickelt. Hierdurch kann ein Großteil des prozessrelevanten Zeitfensters in der anschließenden Messung erfasst werden. Da diese Daten für die Parametrierung von Viskositätsmodellen herangezogen werden, ergibt sich ein großes Fehlerpotential, wenn unzureichende Informationen zum Verlauf der Viskosität während der Dauer der Formfüllung vorliegen. Dies wird in der vorliegenden Arbeit mittels Formfüllsimulationen einer komplexen Unterbodenstruktur demonstriert, welche einen signifikanten Einfluss auf den Verlauf und die Höhe des Kavitätsdrucks aufzeigen. Diese Erkenntnis ist daher insbesondere für die Simulation von druckgeregelten Prozessen, wie z.B. Pressure-Controlled Resin Transfer Molding (PC-RTM), von großer Wichtigkeit.
Im weiteren Verlauf der Aushärtung findet ein Übergang der Matrix von einem Fluid zu einem Feststoff statt. Dieser Zeitpunkt wird durch den Gelpunkt definiert. Ist dieser überschritten, ist der Werkstoff in der Lage Kräfte zu ertragen. Daher führen prozessinduzierte Dehnungen, aufgrund von chemischer Schwindung oder Temperaturänderung, ab diesem Zeitpunkt zu Eigenspannungen. Nach Entformung des Bauteils führen diese schließlich zu Gestaltsabweichungen, welche die Maßhaltigkeit negativ beeinflussen und somit zu erhöhtem Ausschuss führen können. Die Vorhersage des Bauteilverzugs mithilfe von Simulation ist daher eine wichtige Voraussetzung, um dies zukünftig, bspw. durch eine Anpassung der Werkzeuggeometrie, zu vermeiden. In der vorliegenden Arbeit werden die zugrundeliegenden Mechanismen und deren Wechselwirkung mit Prozessrandbedingungen analysiert. Für die numerische Berechnung des Verzugs werden zudem elastische sowie viskoelastische Materialmodelle parametriert und in Form von Subroutinen implementiert. Die Ergebnisse werden anhand von L-Winkel-Proben experimentell validiert. Zusätzlich wird auch hier wieder die komplexe Unterbodenstruktur als praxisrelevantes Anwendungsbeispiel herangezogen. Eine gute Übereinstimmung zwischen Versuch und Simulation wird dabei immer dann erzielt, wenn die Entformung der Bauteile ohne das Aufbringen von nennenswerten Kräften möglich ist. Ist dies nicht vermeidbar, ergeben sich zum Teil große Abweichungen, welche zudem vom Laminataufbau abhängen. Hier gilt es zukünftig anzusetzen, um sowohl die Prognosegüte als auch die Zuverlässigkeit der Prozesssimulation weiter zu erhöhen.
Abstract (englisch):
Fiber-reinforced materials offer a huge potential for lightweight design of load-bearing structures. However, high-volume production of such parts is still a challenge in terms of cost efficiency and competitiveness. This is particularly true for the automotive sector because of its enormous cost pressure. Besides high material cost of carbon fiber, cycle times are much longer compared to conventional metal based manufacturing processes. A promising strategy to shorten the cycle time is the combined use of fast-curing resins and advanced injection processes like Pressure-Controlled Resin Transfer Molding (PC-RTM). ... mehrHowever, finding suitable process parameters is often difficult without extensive practical knowledge. Moreover, when using fast-curing resins, the shortened cycle time makes this even more difficult as the fault tolerance decreases. In addition, it is difficult to monitor and analyze the progress of individual process steps as most of them take place hidden in a closed mold. This is where numerical process simulation can help to provide a better insight and to analyze underlying mechanisms. In this study, the curing process of the resin is investigated with regard to its influence on mold filling and process-induced distortion (PID).
Curing starts to influence the process at the time at which resin and hardener are mixed and injected into the mold. From this point on, the viscosity of the resin depends not only on temperature but also on cure degree. As this interrelations affect the progression of the mold filling, proper and accurate experimental characterization is vital to gain reliable results from simulation. However, the time slot, which is relevant to mold filling and therefore is required to be captured by the measurement, depends on the reactivity of the resin. As is shown in this study, fast-curing resins challenge established measurement techniques. Automation of specimen preparation and insertion into the rheometer setup is needed to reduce the lack of viscosity data in the beginning of the measurement to a minimum. Otherwise, the accuracy of the viscosity model and the mold filling simulation will be impaired. The influence on the evolution and level of the cavity pressure is demonstrated using mold filling simulations of a complex car floor structure. The results show a substantial influence on cavity pressure throughout the course of the filling process. Hence, when simulating process variants like PC-RTM, which rely heavily on the predicted pressure, accurate viscosity characterization is vital.
After mold filling has been completed, the resin further cures and transforms from liquid to solid after reaching gelation. From this moment on, residual strains from chemical shrinkage or temperature change will induce stress. As a result, the manufactured part will show process-induced distortion after demolding, which impairs the dimensional stability and can lead to increased scrap volume. Predicting the resulting PID using process simulation can help to prevent this as suitable countermeasures can be derived without the need for expensive trials. In this study, the underlying mechanisms and their interaction with boundary conditions and design variables of the process are examined. Moreover, elastic and viscoelastic material models are derived and implemented in the form of user subroutines. Validation of the results is based on angled brackets and, as a more practical example, a complex car floor structure. Good agreement between experiment and simulation is achieved in cases in which demolding of the part did not require applying noteworthy forces. If this was unavoidable, scatter of measured values greatly increased and significant deviations between experiment and simulation were observed. Moreover, the sensitivity of the specimens to demolding forces is found to depend on laminate layup. Thus, the demolding process needs to be investigated in more detail in the future, in order to gain more knowledge on this specific process step and be able to further increase the reliability of simulation results.