Abstract:
Komplexe Strömungsphänomene machen es schwierig Ingenieursanwendungen so detailliert und genau zu simulieren, dass eine Charakterisierung und Verbesserung ihres Funktionsprinzips möglich ist. Diese Arbeit zeigt, dass die Lattice-Boltzmann-Methode (LBM) sehr gut für diesen Zweck geeignet ist. Im Vordergrund stehen hierbei die Simulation und Modellierung von turbulenten Strömungen. Diese lassen sich auf Grund der hervorragenden Parallelisierbarkeit der LBM mit Large-eddy Simulationen an Stelle von Reynolds-gemittelten Navier--Stokes Modellen, die im industriellen Umfeld üblich sind, berechnen. ... mehrSomit können komplexe transiente turbulente Strömungen simulativ untersucht werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen insbesondere der Auslegung und Optimierung von Bauteilen und Prozessen.
Alle beschriebenen LBM Simulationen werden mit der Open Source Software OpenLB durchgeführt. Dazu wird OpenLB erweitert, um eine Validierung von implementierten Turbulenzmodellen mittels kanonischer Strömungsformen zu ermöglichen. Des Weiteren wird ein Framework für die Simulation von Fluid-Struktur Interaktion (FSI) geschaffen.
Anfangs werden die Kollisionsoperatoren Bhatnagar--Gross--Krook (BGK), Entropic Lattice Boltzmann (ELB), Two-Relaxation-Time (TRT), Regularized Lattice Boltzmann (RLB) und Multiple-Relaxation-Time (MRT) in der Taylor-Green Vortex Strömung, einem klassischen Beispiel für abklingende homogene isotrope Turbulenz (DHIT), untersucht. Hierbei liegt der Fokus auf Stabilität, Konsistenz und Genauigkeit der verwendeten Schemata. Die Studie beinhaltet den Vergleich der turbulenten kinetischen Energie, der Dissipationsrate der Energie und dem Energiespektrum zu einer Referenzlösung. Drei unterschiedliche Reynoldszahlen, $\mathrm{Re}=800$, $\mathrm{Re}=1600$ und $\mathrm{Re}=3000$, werden sowohl unter Verwendung einer akustischen als auch einer diffusiven Skalierung betrachtet, um den Einfluss der Lattice Machzahl zu charakterisieren. In stark unteraufgelösten Gitterkonfigurationen zeigt das BGK Schema ein instabiles Verhalten. Divergierende Simulationen unter der Verwendung des MRT Schemas sind auf eine starke Abhängigkeit von der Lattice Machzahl zurückzuführen. Obwohl ELB die Viskosität verändert, kann kein Verhalten, das einem Wirbelviskositätsmodell entspricht, gefunden werden. Bei geringen Lattice Machzahlen zeigt das RLB Schema sehr geringe Energielevel bei hohen Wellenzahlen. Der ,,magic parameter" des TRT Schemas wird bestimmt im Hinblick auf den Energieeintrag. Trotzdem wird keine erhöhte Stabilität im Vergleich zum BGK Schema festgestellt. Insgesamt sollte die Lattice Machzahl bezüglich des verwendeten Kollisonsschemas gewählt werden, um die Stabilität zu gewährleisten und die Genauigkeit zu verbessern.
Für die Realisierung eines wandmodellierten Large-Eddy Simulation (NWM-LES) Ansatzes wird der BGK Kollisionsoperator ausgewählt. Das Smagorinsky Wirbelviskositätsmodell kommt hierbei zum Einsatz und wird in der turbulenten Grenzschicht mit der van Driest'schen Dämpfungsfunktion verwendet. Der Einfluss verschiedener Implementierungen von Geschwindigkeitsrandbedingungen und Wandfunktionen wird in einer biperiodischen, voll ausgebildeten turbulenten Kanalströmung für Schubspannungs-Reynoldszahlen von $\mathrm{Re}_\tau=1000$, $\mathrm{Re}_\tau=2000$ und $\mathrm{Re}_\tau=5200$ untersucht. Die Validierung erfolgt mittels Daten einer direkten numerischen Simulation (DNS) für Turbulenzstatistiken erster und zweiter Ordnung. Die Anwendung dieses Ansatzes auf einen Coriolis Massendurchflussmesser (CMF) zeigt, dass der Druckverlust bis zu einer Reynoldszahl $\mathrm{Re}=127800$ beschrieben werden kann.
Des Weiteren wird der entwickelte NWM-LES LBM Ansatz mit OpenFOAM, einer Open Source Implementierung der finititen Volumen Methode (FVM) für komplexe turbulente Strömungen, die relevant für Verbrennungsmotoren sind, verglichen. Der zuvor entwickelte und validierte LBM Ansatz wird mit einer Geschwindigkeitsrandbedingung für gekrümmte Ränder erweitert. Die Ergebnisse beider Strömungslöser werden mit Daten eines Particle Image Velocimetry (PIV) Experiments verglichen. Die Validierung umfasst sowohl die zeitgemittelten als auch die quadratisch gemittelten (RMS) Geschwindigkeitsfelder. Zusätzlich wird sowohl die Laufzeit der Simulation als auch die Dauer der unterschiedlichen Gittergenerierungsprozesse bestimmt. Die Performanceanalyse der getesteten Konfiguration zeigt, dass OpenLB 32-mal schneller ist als OpenFOAM. Folglich ist der entwickelte NWM-LES LBM Ansatz dazu in der Lage, komplexe turbulente Strömungen in einer Ingenieursanwendung akkurat und mit einem verringerten Rechenaufwand zu beschreiben.
Wirbel induzierte Vibrationen (VIV) sind ein weiterer wichtiger Anwendungsfall für Ingenieursapplikationen. Für die Untersuchung dieser werden verschiedene Fluid-Struktur Ansätze für LBM implementiert, verglichen und evaluiert. Die zwei untersuchten Klassen sind die Moving Boundary Methods (MBM) und die Partially Saturated Methods (PSM). Als erstes wird die Galiläische Invarianz von aerodynamischen Koeffizienten für die einzelnen Schemata untersucht. Dazu wird das BGK Schema verwendet, um einen exzentrisch positionierten Zylinder in einer Couette Strömung zu simulieren. Überdies werden verschiedene Volumenapproximationsmethoden für PSM und Auffüllmechanismen für MBM verglichen. Sowohl die Gitterkonvergenz als auch die Konvergenz der Galiläischen Invarianz werden betrachtet. Die Studie der VIV-Phänomene umfasst einen transvers oszillierenden Zylinder in einem Freistrom bei einer Reynoldszahl von $\mathrm{Re}=100$. Dabei werden freie und erzwungene Oszillation betrachtet, um bekannte Phänomene, wie Lock-in und Lock-out Zonen, zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl MBM als auch PSM eine gute Übereinstimmung zu Literaturdaten aufweisen, womit die Eignung für VIV-Simulationen bestätigt werden kann.
Schließlich wird ein Fluid-Struktur Interaktionsansatz unter der Verwendung eines MBM Ansatzes für die Simulation eines CMFs realisiert. Hierbei wird OpenLB mit Elmer, einer Open Source Implementierung der Finite-Elemente-Methode, gekoppelt, um auch die Strukturdynamik zu beschreiben. Ein gestaffelter Kopplungsansatz zwischen den beiden Softwarepaketen wird präsentiert. Das Finite-Elemente-Gitter wird durch das Gittergenerierungstool Gmsh erstellt, um einen kompletten Open Source Workflow zu garantieren. Zunächst werden die Eigenmoden des CMFs berechnet und mit Messdaten verglichen. Die daraus bestimmte Anregungsfrequenz wird zur Bestimmung des Phasenshifts in einer partitionierten voll gekoppelten FSI Simulation verwendet. Der berechnete Phasenshift zeigt eine gute Übereinstimmung mit den Messdaten und bestätigt, dass dieses Modell in der Lage ist, das Funktionsprinzip eines CMFs zu beschreiben.
Die durchgeführten Studien zeigen das große Potential der LBM für die Simulation von Ingenieursapplikationen, insbesondere wenn turbulente Strömungen betrachtet werden.
Abstract (englisch):
Complex flow phenomena make it difficult to simulate engineering applications at a level of detail and accuracy that allows a characterization and improvement of their working principle. This thesis shows that the lattice Boltzmann method (LBM) is very well suited for this purpose. The focus is on the simulation and modeling of turbulent flows. Due to the excellent parallelizability of the LBM, turbulent flows are calculated with large-eddy simulations instead of Reynolds-averaged Navier--Stokes models, which are common for industrial applications. Thus, transient complex turbulent flows can be investigated simulatively. ... mehrThe knowledge gained from these simulations is particularly useful for the design and optimization of devices and processes.
All described LBM simulations are performed with the open source software OpenLB. For this purpose, OpenLB is extended to allow a validation of implemented turbulence models by means of canonical flow types. Furthermore, a framework for the simulation of fluid-structure interaction (FSI) is created.
Initially, the collision operators Bhatnagar--Gross--Krook (BGK), entropic lattice Boltzmann (ELB), two-relaxation-time (TRT), regularized lattice Boltzann (RLB) and multiple-relaxation-time (MRT) are investigated in the Taylor-Green vortex flow, a paragon of decaying homogeneous isotropic turbulence (DHIT). The focus is on stability, consistency and accuracy of the used schemes. The study includes the comparison of the turbulent kinetic energy, the energy dissipation rate and the energy spectrum to a reference solution. Three different Reynolds numbers $\mathrm{Re}=800$, $\mathrm{Re}=1600$ and $\mathrm{Re}=3000$ are considered using both acoustic and diffusive scaling to characterize the influence of the lattice Mach number. In highly underresolved grid configurations the BGK scheme shows unstable behaviour. Diverging simulations using the MRT scheme are due to a strong dependence on the lattice Mach number. Although ELB changes the viscosity, no behaviour corresponding to a eddy viscosity model can be found. At low lattice Mach numbers, the RLB scheme shows very low energy levels at high wave numbers. The ''magic parameter'' of the TRT scheme is determined in terms of energy contribution. Nevertheless, no increased stability compared to the BGK scheme is found. Overall, the lattice Mach number should be chosen with respect to the collision scheme to ensure stability and improve accuracy.
For the realization of a near-wall-modeled large-eddy simulation (NWM-LES) approach the BGK collision operator is selected. The Smagorinsky eddy viscosity model with the van Driest damping function is used in the turbulent boundary layer. The influence of different velocity boundary implementations and wall functions is investigated in a bi-periodic, fully developed turbulent channel flow for friction Reynolds numbers of $\mathrm{Re}_\tau=1000$, $\mathrm{Re}_\tau=2000$ and $\mathrm{Re}_\tau=5200$. The validation is carried out using direct numerical simulation (DNS) data for first and second order turbulence statistics. Applying this approach to a Coriolis mass flowmeter (CMF) shows that the pressure drop can be described up to a Reynolds number of $\mathrm{Re}=127800$.
Furthermore, the developed NWM-LES LBM approach is compared with OpenFOAM, an open source implementation of the finite volume method (FVM), for complex turbulent flows relevant for internal combustion engines. The previously developed and validated LBM approach is extended with a curved boundary scheme for set velocity. The results of both flow solvers are compared with data from a particle image velocimetry (PIV) experiment. The validation includes both time-averaged and root mean square (RMS) velocity fields. In addition, both the run-time of the simulation and the duration of the different grid generation processes are determined. The performance analysis shows that OpenLB is 32 times faster than OpenFOAM for the tested configuration. Consequently, the developed NWM-LES LBM approach is able to describe complex turbulent flows in an engineering application accurately while simultaneously reducing the required computational effort.
Vortex induced vibrations (VIV) also play an important role in many engineering applications. For the investigation of these, different fluid structure approaches for LBM are implemented, compared and evaluated. The two investigated classes are the moving boundary methods (MBM) and the partially saturated methods (PSM). First, the Galilean invariance of aerodynamic coefficients for the individual schemes is investigated. The BGK scheme is used to simulate an eccentrically positioned cylinder in a Couette flow. Furthermore, different volume approximation methods for PSM and refill algorithms for MBM are compared. Both, the grid convergence and the Galilean invariance convergence, are considered. The study of VIV phenomena includes a transversely oscillating cylinder in a free stream at a Reynolds number of $\mathrm{Re}=100$. Free and forced oscillation are examined to investigate known phenomena such as lock-in and lock-out zones. The results show that both, MBM and PSM, are in good agreement with literature data, which confirms their suitability for VIV simulations.
Finally, a fluid-structure interaction approach is realized using an MBM approach for the simulation of a CMF. Here, OpenLB is coupled with Elmer, an open source implementation of the finite element method, to describe the structural dynamics. A staggered coupling approach between the two software packages is presented. The finite element mesh is created by the grid generation tool Gmsh to ensure a complete open source workflow. First, the Eigenmodes of the CMF are calculated and compared with measurement data. The resulting excitation frequency is used to determine the phase shift in a partitioned fully coupled FSI simulation. The calculated phase shift is in good agreement with measured data and confirms that this model is able to describe the working principle of a CMF.
The conducted studies demonstrate the great potential of the LBM for the simulation of engineering applications, especially when turbulent flows are considered.