Abstract:
Im Rahmen der hier beschriebenen Arbeiten wurde das am Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)) entwickelte Grundkonzept eines mikrostrukturierten Membranreaktors für die Direktsynthese von Wasserstoffperoxid umgesetzt. Das Konzept grenzt sich von der Literatur bzw. konventionellen Technik insbesondere durch die folgenden drei Eigenschaften ab. Erstens: In dem Reaktor werden die gasförmigen Edukte über eine oder mehrere Membranen einzeln dem flüssigen, kontinuierlich fließenden Reaktionsmedium zugeführt. Zweitens: Das an die Membran(en) angrenzende flüssige Reaktionsmedium fließt durch einen mikrostrukturierten Kanal. ... mehrDrittens: Die Edukte werden dem flüssigen Reaktionsmedium alternierend bzw. abwechselnd zugeführt.
Im Vordergrund der Arbeit stand daher von Anfang an die Entwicklung des mikrostrukturierten Membranreaktors. Zur Beschreibung der wesentlichen Vorgänge wurde daher zunächst ein mathematisches Modell erarbeitet und in eine CFD(Computational Fluid Dynamics)-Simulation eingebettet. In dieser Arbeit wurde dafür die kommerzielle Software ANSYS Fluent verwendet. Zur Verifikation der zur Simulation verwendeten mathematischen Modelle wurde ein bereits experimentell untersuchter Membranreaktor aus der Literatur herangezogen. Durch Simulation dieses Systems konnte das verwendete Modell bestätigt werden und ein guter Einblick in die komplexen Stofftransportvorgänge in derartigen Systemen geschaffen werden.
Im nächsten Schritt auf dem Weg zum realen Reaktor wurde das Konzept der alternierenden Dosierung und dessen theoretische Untersuchung betrachtet. Dadurch konnte für das Konzept eine passende Geometrie und geeignete Dimensionen entwickelt werden. über zwei- und dreidimensionale Simulationen konnten die Möglichkeiten, aber auch Grenzen eines mikrostrukturierten Membran-Laborreaktors aufgezeigt werden. Der Laborreaktor wurde entwickelt, um das Konzept der alternierenden Dosierung zu untersuchen und zu validieren. über die theoretischen Arbeiten hinaus wurde eine Anlage zum kontinuierlichen und autarken Betrieb des entwickelten Reaktors entworfen und das Reaktordesign wurde in die Realität umgesetzt.
Die experimentellen Untersuchungen mit dem mikrostrukturierten Membranreaktor mit Wasser als Lösemittel haben gezeigt, dass die Ausbeute von hauptsächlich zwei Faktoren abhängt: Stabilisatoren und das O$_2$/H$_2$-Verhältnis. Eine Kombination aus NaBr, H$_{2}$SO$_{4}$ und H$_{3}$PO$_{4}$, welche auch in der Literatur verwendet wurden, kann die Ausbeute stark erhöhen. Durch Variation des Eduktverhältnisses konnte zudem gezeigt werden, dass die Ausbeute bei einem Partialdruckverhältnis von O$_2$ zu H$_2$ von 5 bis 10 stark zunimmt.
Auch wenn Stabilisatoren verwendet wurden, konnte ohne Erhöhung des Eduktverhältnisses eine Ausbeute von 20 % nicht überschritten werden. Durch Sauerstoffüberschuss konnte hingegen die Ausbeute in einem Experiment mit dem Reaktor im Sättiger-Modus auf 80 % erhöht werden. In Experimenten mit einem Mikrokanalfestbett konnten Produktausbeuten oberhalb der Sättigungskonzentration von Wasserstoff erzielt werden. Dies bestätigte die Fähigkeit des Konzepts, die Edukte über die Länge des Mikrokanals kontinuierlich zu- und nachzuführen. Abschließend konnte gezeigt werden, dass eine lineare Abhängigkeit der Produktivität vom Druck, die Einstellbarkeit des Eduktverhältnisses, die Freiheitsgrade im Mikrokanaldesign und der Betrieb bei hohen Drücken die Eignung des Reaktorkonzepts bestätigen. Die wesentlichen Annahmen des Konzeptes konnten in dieser Arbeit gezeigt und bestätigt werden.
Die Nafion-Membranen, welche in dieser Arbeit verwendet wurden, haben einen Stofftransportwiderstand zwischen Gas- und Flüssigphase eingefügt. Dies konnte durch Variation der Membrandicke gezeigt werden. Eine 30 $\mu$m dicke gewebeverstärkte Membran hat sich als geeignet herausgestellt. Aus der Literatur geht hervor, dass ab Drücken von ca. 100 bar keine Limitierung durch die Membran mehr vorliegen sollte, da ab diesem Punkt die Diffusion der Gase durch die Membran schneller ist als die Diffusion in der Flüssigphase. Aufgrund dessen und der ansonsten guten Eigenschaften bei der Einstellung der Phasengrenzfläche und der technischen Integration in den Reaktor wurden Nafion-Membranen als eine geeignete Lösung für das System identifiziert.
Für die Entwicklung und Untersuchung des mikrostrukturierten Membranreaktors ist der Mechanismus und die Kinetik der Reaktion, sowie die von den Versuchsbedingungen abhängige Aktivität und Selektivität sehr wichtig. Daher wurde im Rahmen der Arbeit ein mobiler Teststand für die Direktsynthese von Wasserstoffperoxid in Festbetten für ein Experiment in Kooperation mit dem Institut für Technische Chemie und Polymerchemie (ITCP, KIT) an dem Synchrotron DESY in Hamburg und eine mobile Analytik zur Detektion von Wasserstoffperoxid in der Flüssigphase aufgebaut. Die Ergebnisse haben die Interpretation der reaktionstechnischen Messungen mit dem mikrostrukturierten Membranreaktor ergänzt und damit die Grundlage für dessen Bewertung verbreitert.
Mit dem mobilen Teststand wurde in einem ersten Experiment seiner Art die Direktsynthese von Wasserstoffperoxid in kontinuierlichem Fluss bei erhöhtem Druck mittels einer Studie über eine operando Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) am Synchrotron in Hamburg untersucht. Dadurch konnten bisher unbekannte Phänomene des Reaktionsmechanismus experimentell nachgewiesen werden, indem die reaktionstechnischen Messungen der mobilen Analytik mit den Röntgenmessungen verbunden werden konnten. XANES (Röntgen-Nahkanten-Absorptions-Spektroskopie) und EXAFS (kantennahe Feinstruktur eines Röntgenspektrums, aus dem Englischen extended X-ray absorption fine structure) haben gezeigt, dass unter Reaktionsbedingungen und unter der Bildung von Wasserstoffperoxid Sauerstoff chemisorbiert an der Oberfläche vorliegt, während der Wasserstoff im Pd-Gitter gelöst gefunden wurde. Die Ergebnisse sind daher der Beweis, dass Sauerstoff von der Oberfläche mit Wasserstoff aus dem Pd-Gitter zu Wasserstoffperoxid reagiert.
Die Analytik wurde basierend auf einem System aus der Literatur aufgebaut. Durch den Einsatz von unterschiedlichen Lösungsmitteln konnte die Genauigkeit des Systems erheblich verbessert werden, indem die Interferenz von TiOSO$_4$ und der Probenlösung bei der Messung der Absorption im UV-Licht ausgeschaltet wurde. Neben der Erhöhung der Genauigkeit wurde auch die Messzeit für eine einzelne Messung um den Faktor fünf bis zehn reduziert, wodurch die Auflösung gestiegen ist und der Einsatz an Chemikalien reduziert wurde. Darüber hinaus wurden Methoden vorgeschlagen, um den Bereich der messbaren Konzentrationen einzustellen.
Abstract (englisch):
In the frame of this work, the concept of a microstructured membrane reactor for direct synthesis of hydrogen peroxide, developed at the Institute for Micro Process Engineering (IMVT, KIT), was realized. The concept is unique because of the following three reasons. Firstly, the gaseous reactants are fed separately through one or several membranes to the continuously flowing liquid reaction medium. Secondly, the liquid reaction medium is flowing through a microchannel. Thirdly, the reactants are fed to the reaction medium separately and in an alternating fashion.
The main topic of this work was therefore the development of the microstructured membrane reactor. ... mehrA mathematical model was derived and implemented into a CFD (Computational Fluid Dynamics) simulation in order to describe the prevailing phenomena in the system. For this, the commercial software ANSYS Fluent was used. By simulation of a membrane reactor that was reported in the literature, the model and the simulation were verified. Furthermore, detailed information regarding the mass transfer phenomena within such systems were revealed.
In the next step towards the microstructured membrane reactor, the concept of alternating reactant dosage was elaborated theoretically. By doing this, the geometry and the dimensions of the reactor were defined. The possibilities but also the limitations of a laboratory reactor were then evaluated by applying two- and three-dimensional simulations. The laboratory reactor was designed specifically in order to study the concept of the alternating dosage. Besides the theoretical work, a test rig to perform the direct synthesis of hydrogen peroxide using the microstructured membrane reactor was designed and the reactor concept was realized.
The experimental evaluation of the microstructured membrane reactor using water as solvent has shown that the product yield is mainly dependefnt on two factors, stabilizers and the reactant ratio. A combination of NaBr, H$_{2}$SO$_{4}$ and H$_{3}$PO$_{4}$, which was also reported in the literature, led to the highest product yield in this work. By variation of the reactant ratio, it was found that the yield is strongly increasing at a reactant ratio of O$_2$ to H$_2$ between 5 and 10.
Without an increased O$_2$/H$_2$-ratio, the product yield did not exceed 20 %, even when stabilizers were used. However, by increasing the O$_2$/H$_2$-ratio, it was possible to achieve a yield of 80 %, when the reactor was used as a saturator and the catalyst was implemented in a fixed bed downstream. In experiments where the catalyst was integrated into the microchannel, a yield exceeding saturation concentration was observed, which proved the ability of the system to continuously refeed reactants to the liquid reaction medium. Finally, the reactor concept was found to be validated since the productivity is linearly dependent on the system pressure, the reactant ratio can be tuned at will, the degrees of freedom regarding microchannel design were shown, and operation at elevated pressure was feasible. The main ideas of the concept were therefore successfully brought to reality.
The Nafion membrane used in this work did introduce a mass transfer resistance between gas and liquid phase. This was shown by applying membranes with varying thicknesses. A reinforced membrane with a thickness of 30 $\mu$m was found to be optimal. From the literature it was extracted that at pressures exceeding 100 bar the system is no longer limited by the transport through the membrane since permeability should become faster than the liquid phase diffusivity. Therefore Nafion was found to be a suitable membrane, especially because of the technical advantages regarding the positioning of the phase boundary and technical integration into the system.
Besides the development and the evaluation of the microstructured membrane reactor, a mobile test rig for direct synthesis of hydrogen peroxide in fixed bed reactors was built for an experiment at the synchrotron in Hamburg (DESY) in cooperation with ITCP (Institute for Chemical Technology and Polymer Chemistry, Karlsruhe Institute of Technology). Furthermore, an automated and mobile flow injection analysis for the detection of hydrogen peroxide in the liquid phase was built.
The mobile test rig for H$_2$O$_2$ synthesis was applied in a first-of-its-kind experiment, where hydrogen peroxide was synthesized continuously at elevated pressures during XAS (x-ray adsorption spectroscopy) measurements at the synchrotron in Hamburg. Thereby, it was possible to reveal yet unknown phenomena of the reaction mechanism by combination of catalytic performance measurements with operando XAS (x-ray absorption spectroscopy). XANES (x-ray absorption near edge structure) and EXAFS (extended X-ray absorption fine structure) observed Pd nanoparticles with a metallic core. Under reaction conditions chemisorbed oxygen was found on the catalyst surface, while hydrogen dissolved in the Pd lattice was deduced from the formation of palladium hydride. The XAS results serve as evidence for a reaction of oxygen chemisorbed on the surface with hydrogen dissolved in the palladium lattice.
The analysis system was built based on a system reported in the literature. By using different solvent solutions, it was possible to increase the accuracy of the analysis by shuting off the interference of TiOSO$_4$ and the sample solution. The measurement time was reduced by a factor of 5 to 10, which led to an increase in resolution and decrease in usage of chemicals. Furthermore, different methods were shown to adapt the detectable concentration range.