Abstract:
Krankenhäuser sind hochkomplexe und sehr kostenintensive Systeme. Die Kosten für Krankenhäuser lagen beispielsweise im Jahr 2017 in Deutschland bei 105 Mrd. Euro und bildeten somit einen Anteil von über 20% an den gesamten Gesundheitskosten (Statistisches Bundesamt, 2018). Unterschiedliche Personengruppen, wie ärztlicher Dienst, Pflegedienst, medizinisch-technischer Dienst, Funktionsdienst und Facility-Management-Dienst haben verschiedene Werte und Interessen, aber ein gemeinsames Ziel: „Heilen und Pflegen der Patienten“. Dieses Ziel erfordert eine qualitativ hochwertige Versorgung zu den geringstmöglichen Kosten und alles immer zum richtigen Zeitpunkt. ... mehrAngesichts ständig steigender Ressourceninanspruchnahme wird die Aufrechterhaltung eines stabilen und effektiven Krankenhauses durch die richtige Zuweisung der vorhandenen Ressourcen immer wichtiger, aber auch immer komplexer.
Operationssäle (OPs) sind die kostenintensivsten und anspruchsvollsten Bereiche eines Krankenhauses, aber auch die wesentliche Einnahmequelle, da 60-70% der Krankenhauseinweisungen aufgrund chirurgischer Eingriffe stattfinden und dadurch 40% der Gesamtkosten erzeugt werden (Lin et al., 2013). Vor diesem Hintergrund ist das Krankenhausmanagement und insbesondere das OP-Management stetig an Optimierungsmöglichkeiten der knappen und kostenintensiven Ressource OP-Zeit interessiert. Darüber hinaus sind die OP-Planung und die Zuweisung der Ressourcen komplexe Aufgaben, da aufgrund der vielen Interdependenzen eine hohes Maß an Unsicherheit und Variabilität entsteht.
OP-Planung wird in einem dreistufigen hierarchischen Prozess vorgenommen: strategisch, taktisch und operativ. Auf der strategischen Ebene geht es um die langfristige Planung der Kapazitätendimensionierung sowie die Zeitslotplanung und -verteilung. Auf der taktischen Ebene geht es um die mittelfristige Planung der Kapazitätszuweisung an jeden Chirurgen oder jedes chirurgische Fachgebiet. Auf der operativen oder kurzfristigen Ebene werden die Tagespläne und die konkrete Personalbesetzung vorgenommen. Eine effiziente Planung sollte mit der strategischen Ebene starten und das Ressourcenmanagement sollte die Präferenzen der einzelnen Interessengruppen berücksichtigen.
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Beitrag zur Entwicklung von Methoden für die Zuordnung von OP-Sälen und Kapazitäten auf strategischer und teilweise auch auf taktischer Ebene zu leisten. Hierbei werden die Präferenzen der Chirurgen oder der Fachabteilungen in den Mittelpunkt gestellt. Denn ein stabiler Zustand der Resourcenverteilung wird durch die Kombination von Fairness und Produktivität im Prozess der OP-Saal- und Kapazitätszuordnung erreicht.
Zum Erreichen des oben genannten Ziels werden in dieser Arbeit die folgenden Methoden entwickelt:
- Die OP-Saal- und Kapazitätszuordnung unter Chirurgen/Fachabteilungen wird als Spiel formuliert. Der vorgeschlagene Spielansatz geht davon aus, dass die Fachabteilungen Spieler sind, die die Aufteilung der OP-Kapazität untereinander aushandeln. Das Ziel in diesem Spiel ist es eine kollektive Stabilität zu erreichen und eine für alle Spieler akzeptable Lösung zu finden. Das Konzept bei der Suche nach der stabilen Lösung basiert auf dem Machtindexkonzept aus der ökonomischen Literatur. Die Machtindexmethode misst die Macht der Spieler in einem Spiel unter gegebenen Strategien, auf deren Grundlage die stabilste Lösung vorgeschlagen wird.
- Das Kapazitätsplanungsproblem wird als kooperatives Spiel formuliert und ein auf dem Shapley-Wert basierender Verteilungsmechanismus vorgeschlagen. Der Shapley-Wert schlägt die gerechteste Verteilung als Grundlage für weitere Verteilungsverhandlungen vor. Einzelne Spieler können verschiedene Koalitionen bilden, die jeweils spezifische Werte haben. Beim Shapley-Wert werden die Ressourcen entsprechend dem marginalen Beitrag der einzelnen Spieler zu jeder Koalition aufgeteilt.
- Die Master-Operationsplanung (MSS) auf der taktischen Ebene der OP-Planung wird angewendet, um eine Methode zur Zuweisung von Operationssälen, Tagen und Schichten an Fachabteilungen in einem definierten Planungshorizont zu ermitteln. Zur Lösung des MSS-Problems als Kombinationsoptimierung wird ein hybrider Ansatz entwickelt, der aus einer Verhandlungsmethode namens Fall-back-Bargaining und einem genetischen Algorithmus besteht.
- Eine dynamische Systemperspektive wird angenommen, um das System der Operationssäle zu beschreiben. Bei diesem Ansatz, der von der Kontrolltheorie inspiriert ist, wird die Struktur des Systems modelliert und mit Hilfe von Simulink-Blockdiagrammen analysiert. Dieser Ansatz stellt eine einfache, benutzerfreundliche Simulationsumgebung zur Verfügung, mit der verschiedene Managementstrategien in das System implementiert und analysiert werden können, um die Konsequenzen langfristiger Managemententscheidungen aufzuzeigen.
Die entwickelten Methoden werden mittels realer Daten auf ihre praktische Anwendung evaluiert. Die erhobenen Daten sind die vollständigen Jahre 2015 und 2016 eines deutschen Krankenhauses in Baden-Württemberg. Bei diesen Datensätzen handelt es sich um alle durchgeführten Operationen mit Angaben zu Abteilungen, OP-Ablaufzeiten, OP-Saal, OP-Datum, Operateuren und durchgeführten Prozeduren nach Diagnosis-raleted Groups (DRGs).
Die Ergebnisse liefern aussagekräftige Einblicke in das Problem der OP-Planung und der Terminierung und zeigen Bereiche auf, in denen weitere Verbesserungen und Untersuchungen erforderlich sind. Es ist wünschenswert, dass die vorgeschlagenen Methoden durch die Anwendung weiterer realer Daten und Fallstudien weiterentwickelt werden.
Nichtsdestotrotz bieten die vorgeschlagenen Methoden aufschlussreiche Einsichten, um strategische Pläne zu verstehen und zu verbessern. Die spielbasierten Ansätze bieten Einblicke in die faire und akzeptable Verteilung und Zuweisung von OP-Ressourcen, d.h. OP-Zeit, zwischen Chirurgen und Fachabteilungen. Der systemdynamische Ansatz bietet darüber hinaus die Möglichkeit das Systemverhalten im Operationssaal als Reaktion auf strategische und entscheidungsrelevante Veränderungen zu verstehen.
Abstract (englisch):
Hospitals are highly complex and very cost-intensive systems. In 2017, the costs for hospitals in Germany were 105 billion Euros, and thus, accounted for over 20% of the total health care costs (Statistisches Bundesamt, 2018). Different groups of people, such as medical, nursing, medical-technical, functional and facility management services have different values and interests, but pursuing a common goal: "healing and caring for the patient". This goal necessitates high-quality care at the lowest possible cost and always at the right time. In the light of the ever-increasing resource expenses, maintaining a stable and effective hospital management through a right allocation of resources becomes more and more important, but at the same time always more complex.
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Meanwhile, operating rooms (OR) are one of the most expensive and most demanding areas of hospitals, but also the most important source of revenue. About 60-70% of hospital admissions are due to surgical procedures, generating 40% of the total costs (Lin et al., 2013). On this ground, hospital managers and specially OR managers are interested in optimizing the limited and cost intensive resource of OR time. Moreover, OR planning and resource allocation are difficult tasks, since they are plagued with multiple sources of uncertainty and variability.
OR planning usually takes place in a three level hierarchical process: strategic, tactical and operational. The strategic level is about long-term planning of capacity dimensioning as well as session planning and distribution. The tactical level is mid-term planning of allocation of capacity to each surgeon or medical specialty. The operational or short-term level addresses the daily schedules and staffing. An efficient planning should take place at the strategic level, and the resource management should take the preferences of individual stakeholders into account.
This thesis aims to contribute to the development of methods for session allocation at the strategic level and partially at the tactical level with the focus on surgeons' or specialty departments' preferences. As a result, fairness and productivity will be brought together in the process of OR time distribution and a stable state will be reached.
To realize the above-mentioned aim the following methods are developed in this thesis:
- The OR time allocation among surgeons/wards is formulated as a simple game. The proposed game approach assumes the wards to be players who consider the allocation of operating room sessions among themselves. The goal in this game is reaching a collective stability and finding a solution which is acceptable to all players. The concept in finding the stable solution is based on the power concept from the economic literature. The power index method measures the power of the players in a game under a given set of strategies, based on which the most possible stable solution will be suggested.
- The resource allocation problem is formulated as a cooperative game and a distribution mechanism based on the Shapley value is proposed. The Shaply value suggests the most equitable distribution as a basis for further allocation negotiations. The individual players can form different coalitions each presenting specific values. The Shapley value divides the resources according to the marginal contribution of each player to the possible coalitions.
- The master surgical schedule (MSS) at the tactical level of operating room planning is addressed to develop a method to assign operating rooms, days and shifts to specialty departments in a defined planning horizon. A hybrid approach comprised of a bargaining method called Fall-back bargaining and genetic algorithm is developed to solve the MSS problem as a combination optimization one.
- A dynamic system perspective is adopted to describe the system of operating rooms. In this approach, inspired by the control theory, the structure of the system is modeled and analyzed using Simulink block diagrams. This approach provides a simple and user-friendly simulation environment to implement different management strategies into the system and analyze them to find out about the consequences of managerial decision in long-term.
The developed methods are applied to the real data from a case study in order to evaluate its practical applications. The collected data are from a German hospital in Baden-Württemberg for 24 months from January 2015 to December 2016. These data sets contain all the operations performed with information regarding departments, date, duration, operating room, surgeons and Diagnosis-related Groups (DRGs).
The results provide meaningful measures and insights into the OR planning and scheduling problem and identify areas for further improvement and investigation. It is desirable to further develop the proposed methods through applications to further real data and case studies. Nonetheless, the proposed methods provide suitable means to articulate and comprehend strategic plans. The game based approaches provide insights into the fair and acceptable distribution and allocation of operating room resources, namely OR time, among surgeons and specialty departments. The system dynamics approach provides an understanding about the operating room system behavior as responses to strategic and decisional inputs.