Digitaler Wandel der Bildungs- und Arbeitswelten. TAB-Brief Nr. 47
TAB
Abstract:
Die neueste Ausgabe des TAB-Briefs beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit relevanten Aspekten des digitalen Wandels in den diversen Bildungs- und Arbeitskontexten. Anlass sind insbesondere die jüngst abgeschlossenen oder im Abschluss befindlichen TAB-Projekte »Digitale Medien in der Bildung«, »Chancen und Risiken mobiler und digitaler Kommunikation in der Arbeitswelt« sowie »Data-Mining«.
Die »Digitalisierung der Gesellschaft« wirkt überaus dynamisch in nahezu allen lebens- und arbeitsweltlichen Bereichen. War der sogenannte »digitale Wandel« noch vor kurzer Zeit visionär, so ist er heute alltägliche Realität geworden. Fast überall leben die Menschen in einer zunehmend digital vernetzten Welt. Die tiefgreifenden Folgen für Individuen und Gesellschaft zeigen sich unmittelbar – mit allen immanenten Chancen und dauerhaften Herausforderungen – und bestimmen auch die aktuellen einschlägigen politischen Diskussionen. Insgesamt bietet die umfassende Digitalisierung große Potenziale und ermöglicht (neue) Synergien, birgt aber auch enorme Herausforderungen. Der digitale Wandel muss somit zu einer zentralen Gestaltungsaufgabe für Wissenschaft und Wirtschaft, Gesellschaft und Politik werden. ... mehrAufgabe der Politik ist es insbesondere, den Strukturwandel (pro)aktiv zu begleiten und die Rahmenbedingungen für das Leben, Lernen, Arbeiten und Wirtschaften in der digitalen Welt zu setzen, um allen die (positive und nachhaltige) Teilhabe am digitalen Wandel zu ermöglichen.
Dass Bildung bzw. Bildungsprozesse in diesem Kontext in besonderer Weise betroffen bzw. herausgefordert sind, weil die Digitalisierung der Gesellschaft einen erheblichen Einfluss darauf hat, wie gelehrt und gelernt wird, wie mit dem erworbenen und verfügbaren Wissen umgegangen wird bzw. umzugehen ist, thematisieren Steffen Albrecht und Christoph Revermann in ihrem Beitrag. Sie verdeutlichen die Allgegenwärtigkeit der digitalen Medien und ihre Einsatzmöglichkeiten in den verschiedenen Bildungsbereichen und wie sich entsprechend die Formen der Bildung verändern. So zeigt sich etwa, dass wegen der technologischen Charakteristika der digitalen Bildungsmedien – ihre Interaktivität, Konvergenz und Konnektivität – sich prinzipiell Bildungskonzeptionen unterschiedlichster Art (von Lernenden und Lehrenden gemeinsam) erstellen und verwenden lassen. Die resultierenden Bildungsmedien substituieren sich hierbei nicht, sondern können sich ergänzen. Mögliche Synergieeffekte sind jedoch an strukturelle Voraussetzungen gekoppelt – z.B. Fortbildung der Lehrenden, klare rechtliche Regelungen, unterstützende Medienpolitik u.v.a.m. Zugleich bedeutet die technische Zunahme an Interaktivitäts-, Kollaborations- und Partizipationspotenzial für die Lernenden immer auch eine Zunahme an Selbstorganisation und für die Lehrenden konzeptionelle Mehrarbeit.
Welche Auswirkungen der digitalen Technologien auf die Beschäftigung und Arbeitsmärkte sowie die Unternehmensorganisationen zu erwarten sind und wie gemeinsam mit den Sozialpartnern sozial- und wirtschaftsverträgliche Lösungsansätze für das Arbeiten in der digitalisierten Welt (Arbeit 4.0) entwickelt bzw. angewandt werden können, beschreiben Franziska Börner, Linda Nierling und Christoph Kehl in ihrem Beitrag, der auf Inhalten des noch laufenden TAB-Projekts »Chancen und Risiken mobiler und digitaler Kommunikation in der Arbeitswelt« basiert. Dabei werden Digitalisierungsprozesse in den Wirtschaftsbereichen Produktion (Praxisfokus Automobilbranche) und Dienstleistung (Praxisfokus IKT-Dienstleistungsbranche) beispielhaft beleuchtet. Untersucht wird ebenfalls, wo rechtlich Anpassungsbedarf und -möglichkeiten bestehen. Deutlich wird die zukünftig herausragende Bedeutung eines adäquaten Kompetenzprofils von Mitarbeitern, das den technisch-ökonomischen Veränderungen in den Unternehmen gerecht wird. Unter Experten herrscht Übereinstimmung, dass durch die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt insbesondere eine dauerhafte Weiterbildung und ein gutes Qualifikationsniveau für jeden einzelnen Beschäftigten notwendig sind, um sich flexibel auf die technischen Veränderungen, aber auch auf mögliche Verschiebungen in der Beschäftigungsstruktur einstellen zu können.
In zwei Gastbeiträgen der TA-Institutionen aus der Schweiz und Österreich wird ebenfalls der digitale Wandel in Wirtschaft und Industrie analysiert. Mit den resultierenden neuen Entwicklungen in der Arbeitswelt beschäftigt sich das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS schon seit Langem. In einer aktuellen Studie werden nunmehr neben den verschiedenen Formen der Flexibilisierung der Arbeit insbesondere die rechtlichen Implikationen in der Schweiz fokussiert. Christine D’Anna-Huber und Lucienne Rey geben in ihrem Beitrag einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse. Die mit dem Begriff Industrie 4.0 eng verbundene und inhärente Vision ist, dass intelligente Maschinen und Werkstücke untereinander Informationen in Echtzeit austauschen und sich selbstständig steuern; d.h., physische und digitale Systeme verschmelzen zu einem durchgängigen und flexiblen Netzwerk. Von Industrie 4.0 versprechen sich deren Verfechter vor allem eine Steigerung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Der Beitrag von Georg Aichholzer basiert auf Ergebnissen einer Pilotstudie, die vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology für die österreichische Parlamentsdirektion durchgeführt wurde.
Der abschließende Beitrag von Katrin Gerlinger geht unter Bezugnahme auf das laufende TAB-Projekt »Data-Mining – gesellschaftspolitische und rechtliche Herausforderungen« den Fragen nach den mit den neuen Datenanalysetechniken verbundenen gesellschaftlichen Auswirkungen nach. Unter Data-Mining wird im Rahmen dieses Projekts der Prozess der Wissensgenerierung aus vielfältigen Datenbeständen durch Anwendung mathematisch-statistischer Verfahren und Algorithmen verstanden. Ziel ist, bisher unbekannte Muster und Zusammenhänge zu erkennen, daraus verwertbare Informationen abzuleiten und gegebenenfalls prognostische Modelle und sogenannte Expertensysteme zu entwickeln, die auf Basis der Datenbestände Entscheidungshilfen für unterschiedliche Nutzergruppen bieten.