Abstract:
Der ökonomische Wandel weg von einer erdölbasierten Gesellschaft und Industrie hin zu einer Bioökonomie betrifft nicht nur den Energie- und Verkehrssektor, sondern alle Industriezweige und Bereiche des täglichen Lebens. So stellen auch nachhaltige Produktionswege für umweltverträgliche Tenside einen wichtigen Forschungsbereich dar. Biotenside umfassen ein breites Spektrum verschiedener Substanzen. Hierzu zählen auch Glycolipide, die sowohl chemisch als auch mikrobiell oder enzymatisch hergestellt werden können. Die enzymatische Synthese bietet den Vorteil, dass durch die Kombination unterschiedlicher Zucker(derivate) und Fettsäuren oder Fettalkoholen eine nahezu endlose Vielfalt an Glycolipiden produziert werden kann. ... mehrHierdurch wird die Herstellung von maßgeschneiderten Glycolipiden für die verschiedensten Anwendungen ermöglicht. Die Verwendung von stark eutektischen Lösungsmitteln (deep eutectic solvents, DES) als Reaktionsmedium ermöglicht eine enzymatische Glycolipid-Synthese vollständig auf Basis nachwachsender Rohstoffe.
Diese Arbeit befasst sich mit der quantitativen Analyse der enzymatischen Glycolipid-Herstellung in hydrophilen DES, woraus limitierende Faktoren identifiziert und eine Optimierungsstrategie abgeleitet wurden (Kapitel 2). Darüber hinaus wurden erstmals hydrophobe DES als Reaktionsmedien für die enzymatische Glycolipidsynthese eingesetzt und der Einfluss von verschiedenen Reaktionsparametern analysiert (Kapitel 3). In einem weiteren Schritt wurde die Struktur-Funktions-Beziehung von Glycolipiden in Bezug auf Schaumeigenschaften evaluiert, wobei Glycolipide mit unterschiedlichen Zucker(derivaten) als Kopfgruppe und Fettsäuren mit verschiedenen funktionellen Gruppen als Schwanzgruppe untersucht wurden (Kapitel 4).
Zur quantitativen Analyse der Reaktionsraten und –ausbeuten wurde in einem ersten Schritt eine HPLC-Methode mit ELS-Detektion entwickelt. Diese ermöglicht die direkte Produktquantifizierung, dadurch wird eine indirekte Analyse über den Verbrauch an Fettsäure unnötig. Die direkte Quantifizierung bietet zudem den Vorteil, dass zwischen Mono- und Di-Estern unterschieden werden kann, während dies bei der indirekten Methode nicht möglich ist. Die entwickelte HPLC-ELSD-Methode erwies sich als sehr sensitiv, da bis zu einer Glycolipid-Konzentration von 1,4 µM quantifiziert werden kann.
DES weisen im Vergleich zu Wasser und organischen Lösungsmitteln hohe Viskositäten auf. So hat das untersuchte Cholinchlorid: Harnstoff-DES (ChCl:U) bei 20 °C eine Viskosität von 0,28 Pa.s und das Cholinchlorid: Glucose-DES (ChCl:Glc) 1,41 Pa.s, während die Viskosität von Wasser bei nur 0,001 Pa.s liegt. Daher wurde ein externer Massentransferlimitierungstest durchgeführt, um zu untersuchen, ob die hohe Viskosität der DES einen limitierenden Faktor für die enzymatische Glycolipid-Synthese darstellt. Bei einer Schüttlergeschwindigkeit von mindestens 60 rpm konnte eine Massentransferlimitierung ausgeschlossen werden. Eine Fettsäurekonzentration von 0,5 mM erwies sich als geeignet für die Synthese, während höhere Fettsäurekonzentrationen zu einer Inhibierung der Lipase führten. Die mikroskopische und Laserbeugungs-Tropfengrößen-Analyse der Fettsäure-DES-Emulsionen zeigten eine bimodale Größenverteilung der Fettsäuretropfen in den hydrophilen DES-Systemen. Eine Ultraschallbehandlung der Fettsäure-DES-Emulsionen führte zu kleineren Tropfengrößen und einer monomodalen Verteilung. Durch die verbesserte Verfügbarkeit der Fettsäure für die enzymatische Synthese konnte die Glycolipid-Ausbeute nach Ultraschallbehandlung in ChCl:U um das 4fache gesteigert werden. Somit wurde die Fettsäureverteilung als ein limitierender Faktor für die enzymatische Glycolipid-Synthese identifiziert.
Um das Problem der Fettsäureverfügbarkeit zu lösen, wurde erstmals die enzymatische Glycolipid-Synthese in einem hydrophoben DES evaluiert. Dazu wurde ein ( ) Menthol: Decansäure DES gewählt, da dieses DES das Fettsäuresubstrat bereits enthält. Die Glycolipid-Synthese war in diesem hydrophoben DES sowohl als Veresterung mit freien Fettsäuren möglich als auch als thermodynamisch begünstigte Umesterung mit aktivierten, vinylierten Fettsäuren. Die Veresterungsreaktion hatte geringere Ausbeuten im Vergleich zur Umesterungsreaktion, da das gebildete Nebenprodukt Wasser zur Einstellung eines Reaktionsgleichgewichtes zwischen Veresterung und der Rückreaktion, einer Hydrolyse, führte. Verschiedene Reaktionsparameter wurden untersucht, um die Synthese weiter zu optimieren. 20 mg/ mL Lipase und 0,5 M Glucose ergaben die höchste anfängliche Reaktionsgeschwindigkeit für die Veresterungsreaktion, während die höchste anfängliche Reaktionsgeschwindigkeit in der Umesterungsreaktion mit 1,5 M Glucose erreicht wurde. Die Glycolipid-Ausbeuten in ( ) Menthol: Decansäure-DES waren um das 20-1000fache höher als in den untersuchten hydrophilen DES. Dieser Produktivitätsunterschied ist auf die unterschiedliche Polarität des hydrophoben DES und der hydrophilen DES zurückzuführen. Die eingesetzte Lipase war nachweislich mindestens fünf Zyklen lang ohne signifikanten Aktivitätsverlust wiederverwendbar. Somit konnten hydrophobe DES als vielversprechende Alternative zu hydrophilen DES für die Glycolipid-Synthese identifiziert werden.
Für die Auswahl von maßgeschneiderten Glycolipiden für unterschiedliche Anwendungen ist die Struktur-Funktionsbeziehung entscheidend. Daher wurden die Grenzflächeneigenschaften und die Schaumeigenschaften von sieben enzymatisch synthetisierten Glycolipiden, anhand des Gasvolumenanteil, der Blasengrößenverteilung und der Schaumstabilität, sowie der Textur erstmals analysiert. Die Schaumstabilität wurde mittels transienter Schaumhöhe charakterisiert. Hierzu wurden Glycolipide bestehend aus verschiedenen Kopfgruppen, nämlich Glucose, Sorbit, Glucuronsäure und Sorbose, kombiniert mit verschiedenen C10-Acylketten, nämlich Decanoat, Dec-9-Enoat und 4-Methyl-Nonanoat untersucht. Die Gleichgewichts-Grenzflächenspannung variierte zwischen 24,3 und 29,6 mN/m und die kritische Mizellenkonzentration zwischen 0,7 und 3,0 mM. In beiden Fällen wurden die höchsten Werte für diejenigen Glycolipide mit ungesättigten oder verzweigten Schwanzgruppen ermittelt. Grenzflächenelastizität und Viskosität waren in diesen Fällen signifikant reduziert.
Die Schaumstabilität wird sowohl durch die Kopfgruppe als auch durch die Schwanzgruppe des jeweiligen Tensides beeinflusst. Schäume aus Glycolipiden mit Sorbose- und Glucuronsäure-Kopfgruppen zeigten eine höhere Stabilität als die Schäume aus Glycolipiden mit Glucose-Kopfgruppe, wobei Sorbitol-basierte Glycolipide die niedrigste Schaumstabilität lieferten. Dies ist auf eine unterschiedliche Hydratation der Kopfgruppen zurückzuführen, welche sich auch bei den Grenzflächenspannungsmessungen in der Absorptionsgeschwindigkeit der Glycolipide an der Grenzfläche zeigte. Ungesättigte Schwanzgruppen verringerten die Schaumstabilität, während eine Verzweigung in der Alkylkette die Schaumstabilität im Vergleich zu den Systemen mit linearen, gesättigten Alkylketten erhöhte.
Darüber hinaus beeinflusst die Schwanzgruppe die Schaumtextur stark. Glycolipide mit ungesättigten Schwanzgruppen erzeugten Schäume, die selbst bei kleinsten Scherbelastungen schnell kollabierten, während die verzweigte Schwanzgruppe ein höheres Schermodul als die linearen Schwänze ergab. Die normalisierten Schermodule für die Systeme mit verschiedenen Kopfgruppen variierten in einem engen Bereich, wobei der höchste Wert für Decylglucuronat gemessen wurde.
Abstract (englisch):
Growing environmental awareness is leading to a quest for sustainable processes and sustainable products. Glycolipids are considered an alternative to petrochemically based surfactants because they are non-toxic, biodegradable, and less harmful to the environment while having comparable surface-active properties. They can be produced by microbial fermentation, as well as chemically or enzymatically in organic solvents or in deep eutectic solvents (DES) from renewable resources. Enzymatic synthesis enables the production of tailor-made glycolipids as a nearly unlimited number of glycolipids can be produced by combining different head and tail groups. ... mehrEnvironmentally friendly and biodegradable reaction media are an important part of a sustainable glycolipid production in the transition to green chemistry. DES are an eco-friendly alternative to organic solvents, as DES are non-flammable, non-volatile, biodegradable, and almost non-toxic. Unlike organic solvents, sugars are readily soluble in hydrophilic DES. However, DES are highly viscous systems and restricted mass transfer is likely to be a major limiting factor for their application. Limiting factors for glycolipid synthesis in DES are generally not well understood.
Therefore, this thesis provides a quantitative analysis of glycolipid synthesis in hydrophilic DES whereby limiting factors are identified and an optimization strategy is derived (Chapter 2). Furthermore, hydrophobic DES are introduced as reaction media for enzymatic glycolipid production for the first time (Chapter 3). In a further step, the structure-function relationship of glycolipids for foaming applications was investigated in order to provide the basis for tailor-made production (Chapter 4).
In a first step, an HPLC method with ELS detection for quantitative analysis of reaction rates and yields was developed. This method allows for direct product quantification, so that indirect analysis via the consumption of fatty acid becomes unnecessary. Direct quantification offers the advantage that mono- and diesters can be distinguished, whereas this is not possible using the indirect method. The developed HPLC ELSD-method proved to be very sensitive, since the quantification limit was at a glycolipid concentration of 1.4 µM.
DES exhibit high viscosities compared to water and organic solvents. The investigated choline chloride:urea DES, for example, has a viscosity of 0.28 Pa.s at 20 °C and the choline chloride:glucose DES 1.41 Pa.s, while the viscosity of water is only 0.001 Pa.s. Thus, the influence of external mass transfer, fatty acid concentration, and distribution on initial reaction velocity in two hydrophilic DES was investigated. At agitation speeds of and higher than 60 rpm, the viscosity of both DES did not limit external mass transfer. Fatty acid concentration of 0.5 M resulted in highest initial reaction velocity while higher concentrations had negative effects. Fatty acid accessibility was identified as a limiting factor for glycolipid synthesis in hydrophilic DES. Mean droplet sizes of fatty acid-DES emulsions can be significantly decreased by ultrasonic treatment resulting in significantly increased initial reaction velocity and yield (from 0.15 ± 0.03 mmol glucose monodecanoate/g DES to 0.57 ± 0.03 mmol/g) in the choline chloride: urea DES. Physical pretreatment of fatty acid-DES emulsions proved to be suitable to improve the availability of fatty acids.
In order to eliminate the problem of limited fatty acid accessibility, the applicability of a hydrophobic DES was investigated. So far, only hydrophilic DESs were considered for enzymatic glycolipid synthesis. In this thesis, a hydrophobic DES consisting of ( ) menthol and decanoic acid is presented for the first time as an alternative to hydrophilic DES. The yields in the newly introduced hydrophobic DES are significantly higher than in hydrophilic DES. Furthermore, both esterification and transesterification are possible in the (-)-menthol: decanoic acid-DES, thus the additional reaction step for activation of the fatty acid is no longer obligatory. Different reaction parameters were investigated to further optimize the synthesis. 20 mg/mL of lipase (Novozym 435) and 0.5 M glucose resulted in the highest initial reaction velocity for the esterification reaction, while the highest initial reaction velocity was achieved with 1.5 M glucose in the transesterification reaction. The enzyme was proven to be reusable for at least five cycles without significant loss of activity.
In a further step, investigations on the structure-function relationship of glycolipids were performed, as these analyses represent an essential step on the path to tailor-made glycolipid production. Interfacial and foaming properties of seven enzymatically synthesized surfactants were evaluated for the first time. Therefore, gas volume fraction, bubble size distribution and foam stability, characterized in terms of transient foam height, as well as texture were analyzed. Glycolipids consisting of different head groups, namely glucose, sorbitol, glucuronic acid and sorbose, combined with different C10 acyl chains, namely decanoate, dec-9-enoate and 4-methyl-nonanoate were compared. Equilibrium interfacial tension values varied between 24.3 and 29.6 mN/m, critical micelle concentration varied between 0.7 and 3.0 mM. In both cases highest values were found for the surfactants with unsaturated or branched tail groups. Interfacial elasticity and viscosity, however, were significantly reduced in these cases.
Head and tail group both affect foam stability. Foams from glycolipids with sorbose and glucuronic acid derived head groups were more stable than those from surfactants with glucose head group, whereas sorbitol provided lowest foam stability. This was attributed to different head group hydration which was also reflected by the time necessary to reach equilibrium interfacial adsorption. Unsaturated tail groups reduced whereas branching enhanced foam stability compared to the systems with linear, saturated tail.
Moreover, the tail group strongly influences foam texture. Glycolipids with unsaturated tail groups produced foams quickly collapsing even at smallest shear loads, whereas the branched tail group yielded a higher modulus than the linear tails. Normalized shear moduli for the systems with different head groups varied in a narrow range, with the highest value found for decylglucuronate.