Abstract:
Biopharmazeutische Produkte (wie rekombinante Proteine und Impfstoffe) spielen eine zentrale Rolle in der modernen Medizin. Der Herstellungsprozess solch großer Biomoleküle umfasst mehrere vor- und nachgelagerte Verarbeitungsschritte. Das Rohmaterial wird durch sogenannte Upstream-Prozesse in Zwischenprodukte umgewandelt und die Endprodukte werden durch mehrere sequenzielle Downstream-Prozessschritte, wie z. B. Isolierung und Konzentration der Ziel-Biomoleküle, gewonnen. Vor allem aufgrund ihrer einfachen Bedienung und Flexibilität sind membranbasierte Verfahren in diesen Downstream-Prozess-Schemata weit verbreitet. ... mehrTrotz der im Grunde einfachen physikalischen Zusammenhänge stoßen membranbasierte Technologien jedoch auf eine Reihe von Herausforderungen und Hindernisse, wenn sie auf biologische Ausgangs-Lösungen angewendet werden. Im Falle der Ultrafiltration sind Konzentrationspolarisation (CP) und Fouling-Phänomene von akkumulierten Proteinen an der Membranoberfläche eine große Hürde für die Systemleistung. Eine gängige Methode, die Akkumulation von Proteinen zu reduzieren, ist die sogenannte Tangentialflussfiltration (TFF), bei der das Retentat mit hohen Geschwindigkeiten parallel zur Membranoberfläche gepumpt wird. Die daraus resultierenden kurzen Verweilzeiten innerhalb des Membranmoduls erfordern jedoch, dass das Retentat in einem Kreislauf geführt wird und Pumpe und Membran mehrfach passiert, was zu einem chargenweisen Prozess führt. Als Alternative zum traditionellen chargenweisen Betrieb finden Prozesse mit kontinuierlicher Betriebsweise aufgrund ihrer Vorteile, wie z. B. der Reduzierung der Anlagengröße und einer konstanten und verbesserten Produktqualität, n den letzten Jahren immer mehr Beachtung.
Im Falle der Ultra- und Diafiltration wird eine kontinuierlicher Betriebsweise durch die sogenannte Single-Pass-Tangential-Flow-Filtration (SPTFF) und Single-Pass-Diafiltration (SPDF) erreicht. Aufgrund der begrenzten Konzentrationsfaktoren, die in konventionellen SPTFF-Einheiten erreicht werden, erfordert die Herstellung von hochkonzentrierten Proteinlösungen jedoch ein Kaskadensystem, das mehrere dieser Filtereinheiten sowie die entsprechenden Pumpen, Vorratstanks, Ventile und Schläuche umfasst. Aktuelle Systeme zur kontinuierlichen UF/DF sind daher durch erhöhte Komplexität, hohe Investitionskosten und den Bedarf an anspruchsvoller Mess- und Regeltechnik gekennzeichnet.
In dieser Arbeit wird ein neuartiges Single-Unit-Membranfiltrationssystem für kontinuierliche UF/DF vorgestellt. Der 3D-gedruckte Prototyp des Filtrationsmoduls besteht aus zwei Seitenteilen und einem zentralen Mittelteil, wobei zwei kommerzielle UF-Membranen zwischen den seitlichen und dem zentralen Teil eingespannt sind. Alle drei Teile enthalten eine Hohlgitterstruktur, die Strömungskanäle schafft und die Membranen mechanisch stützt. Die Kombination aus drei Kanälen und zwei Membranen ermöglicht es, Permeat abzuziehen und gleichzeitig frischen Diafiltrationspuffer in den zentralen Retentatkanal zu liefern. Um die volle Kontrolle über die verschiedenen Zu- und Ablaufströme des Moduls zu erhalten, wird das System im mit konstanten Volumenströmen aber transienten Drücken betrieben. Dies wird durch die Verbindung des Moduls mit drei Hochleistungskolbenpumpen und Mehrwegeventilen erreicht, die von einem kommerziellen ÄKTA Explorer FPLC-System bereitgestellt werden. Obwohl diese Systeme ursprünglich für Anwendungen in der Chromatographie vorgesehen sind, ermöglichen sie auch eine komfortable Online-Überwachung von UV- und Leitfähigkeitssignalen bei Diafiltrationsversuchen. Darüber hinaus ermöglichen die integrierten Multiport-Ventile und die programmierbare Steuerungssoftware neue Betriebsmodi des Filtrationsmoduls, wie z.B. ein zyklischer Wechsel der Flussrichtung des Diafiltrationspuffers durch die Membranen.
Zu Beginn wurde das Filtrationsmodul durch die Bestimmung des Wasserflusses durch die Membranen bei verschiedenen anliegenden Transmembrandrücken und durch die Dauer, die zum Erreichen eines quasistationären Betriebs für beide Aufgaben, Aufkonzentrierung eines Proteinlösung und Pufferaustausch, benötigt wird, charakterisiert. Im ersten, kleinen Prototyp mit einer Strömungspfadlänge von nur 47 mm konnten Konzentrationsfaktoren von fünf erreicht werden, die erzielte Pufferaustausch-Effizienz betrug jedoch nur 46%. Daher wurde ein zweites Prototypmodul mit vergrößerter Strömungspfadlänge und optimierter Hydrodynamik entworfen und hergestellt.
In anschließenden Experimenten wurde die reine Diafiltration mit wechselnder Flussrichtung des Diafiltrationspuffers bei gleicher Flussrate des Feed- und Retentatstroms untersucht. Der Einfluss verschiedener Parameter, darunter die Dauer der Umschaltintervalle zwischen den DF-Strömungsrichtungen, der Strömungsmodus zwischen Feed-Lösung und DF-Puffer (Gleichstrom und Gegenstrom), die Anzahl der aufgegebenen Diavolumina und der Volumenstrom der Feed-Lösung, auf die Diafiltrationseffizienz wurde umfassend untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Diafiltrationseffizienz von anfänglichen 46% im kleinen Prototyp auf 99,3% bei 7,2 Diavolumina und einem Schaltintervall von 3 min gesteigert werden konnte. Diese Ergebnisse bestätigen, dass die Schaltvorgänge der Flussrichtung des DF-Puffers durch die Membranen wie eine zyklische inhärente Rückspülung wirken und die Konzentrationspolarisation und den entsprechenden Druckaufbau stark reduzieren.
Um die komplexen Hydrodynamik- und Stofftransportphänomene in dem neuartigen Membranmodul zu verstehen, wurde ein 2D-Finite-Elemente-Modell (FEM) mit COMSOL Multiphysics entwickelt. Unter Berücksichtigung der porösen Gitterstruktur, die in jedem Strömungskanal des Moduls vorhanden ist, wurde eine dynamische Version der Brinkman-Gleichung für die Simulation der Hydrodynamik verwendet, einschließlich zeitlich variierender lokaler Drücke und Geschwindigkeiten. Die Modellierung des Transports der gelösten Spezies wurde durch übliche Massenbilanzen erreicht, die den konvektiven Fluss tangential und senkrecht zur Membran, die Rückdiffusion in die Bulk-Lösung und die durch die Strömung durch das grobe Gitter verursachte Dispersion beinhalten. Die simulierten Ergebnisse sind in guter Übereinstimmung mit den experimentellen Daten. Auf der Suche nach optimalen Parametereinstellungen für höhere Diafiltrationseffizienzen wurden mit dem entwickelten Modell Schlüsselfaktoren wie Drücke, Geschwindigkeiten und lokale Konzentrationen von Protein und Salz innerhalb des Moduls vorhergesagt. In einer Parameterstudie zeigte sich, dass die unidirektionale Betriebsweise im Vergleich zur Methode mit einem Wechsel der Strömungsrichtung des DF-Puffers zu einer besseren Diafiltrationseffizienz führt. Allerdings ist in dieser Betriebsart nur eine vergleichsweise geringe, maximal zulässige Flächenbelastung (spezifischer Filtratfluss) zu erreichen, da der maximale Druck im Modul das Drucklimit des Systems nicht überschreiten darf. Wenn eine höhere Flächenbelastung erforderlich ist, kann die Methode der alternierenden Strömungsrichtung des DF-Puffers angewendet werden, um den Druckaufbau zu reduzieren. Dies geschieht allerdings zu dem Preis verstärkter Mischeffekte im Modul und einer entsprechend reduzierten Diafiltrationsleistung.
Zusammenfassend wird in dieser Arbeit eine gründliche experimentelle und theoretische Untersuchung eines neuartigen, kontinuierlich betriebenen, Tangentialfluss Filtrationssystems vorgestellt. Das entworfene Modul ist in der Lage eine Diafiltrationseffizienz von bis zu 99,9% (99,3% bei 7,2 Diavolumen) in einer einzigen Filtrationseinheit zu erreichen. Damit ist seine Leistung vergleichbar mit komplexeren dreistufigen Gegenstrom-SPTFF-Systemen, die bisher in der Literatur für die kontinuierliche Diafiltration beschrieben wurden.
Abstract (englisch):
Biopharmaceutical products (such as recombinant proteins and vaccines) play a central role in modern medicine. The manufacturing process of such large biomolecules includes multiple upstream and downstream processing steps. The raw material is being transformed into crude intermediate products by upstream processing, and the final products are gained by several sequential downstream processing steps, such as isolation and concentration of the target biomolecules, intermediate purification, and polishing. Especially because of their ease of operation and flexibility, membrane-based unit operations are widely used in these downstream processing schemes. ... mehrHowever, despite the basically simple underlying physical principles, membrane-based technologies encounter diverse challenges and obstacles when applied to biological feed solutions. In the case of ultrafiltration, concentration polarization (CP) and fouling phenomena of accumulated proteins at membrane surfaces are a major hurdle for system performance. A common way to reduce the degree of accumulation is so-called tangential flow filtration (TFF) in which the retentate is pumped at high velocities parallel to the membrane surface. However, the resulting short residence times within the membrane module require that the retentate is guided in a loop and passes the pump and membrane several times, resulting in a batchwise process. As an alternative to the traditional batchwise operation, continuous processing gets more and more attention over the past years due to its distinguished advantages, such as the reduction of the equipment footprint and a constant and improved product quality.
In case of ultra- and diafiltration, continuous processing is achieved by so-called single pass tangential flow filtration (SPTFF) and single pass diafiltration (SPDF). However, because of the limited concentration factors achieved within conventional SPTFF units, the formulation of highly concentrated protein solutions requires cascades including several of these filter units as well as the respective pumps, reservoir tanks, valves and tubings. In consequence, current systems for continuous UF/DF are characterized by increased complexity, high capital costs, and the demand for sophisticated measurement and control technology.
In this work, a novel single-unit membrane filtration system for continuous UF/DF is presented. The 3D-printed prototype of the filtration module is composed of two lateral compartments and one central middle part, clamping two commercial UF membranes between the lateral and the central parts. All three parts contain a hollow-grid structure creating flow channels and mechanically supporting the membranes. The combination of three channels and two membranes allows to withdraw permeate and simultaneously deliver fresh diafiltration buffer into the central retentate channel. In order to have full control over the different feed and effluent streams of the module, the system is operated in constant flow mode with transient pressures. This is achieved by connecting the module with three high performance piston pumps and multi-port valves provided by a commercial ÄKTA Explorer FPLC system. Although these systems are originally intended for applications in chromatography, they also allow a convenient online monitoring of UV and conductivity signals in case of diafiltration experiments. In addition, the integrated multiport valves and the programmable control software enable new operation modes of filtration module, such as a cyclically alternating for direction of diafiltration buffer through the membranes.
In the beginning the filtration module was characterized by the determination of the water flux through the membranes under different transmembrane pressures applied, and of the duration needed to reach quasi-stationary operation for both tasks, concentrating of a protein feed and buffer exchange of the original feed solution. In the first small prototype having a flow path length of only 47 mm, concentration factors of five could be achieved, however, the obtained buffer exchange efficiency was only 46%. Thus, a second prototype module with increased flow path length and optimized hydrodynamics was designed and fabricated.
In subsequent experiments, pure diafiltration with alternating flow direction of the diafiltration buffer was investigated by applying the same flow rate in the feed and retentate stream. The influence of various parameters, including the duration of the switching intervals between the DF flow direction, the flow mode between the feed solution and DF buffer (co-current and counter-current), the number of diavolumes applied, and the volumetric flowrate of the feed solution, on the DF efficiency was investigated comprehensively. The results show, that the DF efficiency could be increased from the initial 46% in the small prototype up to 99.3% at 7.2 diavolumes and a switching interval of 3 min. Those findings approve that the switching events of the flow direction of DF buffer through the membranes works like a cyclic inherent backflush and reduces concentration polarization and the corresponding pressure build-up strongly.
To understand the complex hydrodynamics and mass transport phenomena in the designed novel membrane module, a 2D finite element (FEM) model has been developed using COMSOL Multiphysics. Considering the porous grid-structure present in each flow channel of the module, a dynamic version of the Brinkman equation was used for the simulation of the hydrodynamics, including time varying local pressures and velocities. The modeling of the transport of dissolved species was achieved by common mass balances including convective flux tangential and perpendicular to the membrane, back diffusion into the bulk solution and eddy dispersion caused by the flow through the coarse grid. The simulated results are in good agreement with the experimental data. Seeking optimal parameter settings for higher diafiltration efficiencies, key factors such as pressures, velocities, and local concentrations of protein and salt within the module were predicted using the developed model. In a parameter study it showed, that compared to the method applying switching events, the unidirectional operation manner results in better diafiltration efficiency. However, in this operation mode there exists a comparably low, maximum allowable feed load to guarantee that the maximum pressure within the module will not exceed the pressure limit of the system. When a higher feed load is required, the method of alternating DF buffer flow can be applied to reduce the pressure built-up, but at the expensive of intensified mixing effects in the module and correspondingly a reduced diafiltration performance.
In summary, this thesis presents a thorough experimental and theoretical study of a novel type of continuously operated, single pass tangential flow filtration system. The designed module is able to achieve up to 99.9% diafiltration efficiency (99.3% at 7.2 diavolumes) within a single filtration unit. By this its performance is comparable to more complex three-stage counter-current SPTFF systems, described so far in literature for continuous diafiltration.