Abstract:
In vielen Fällen unterziehen sich Patienten einer Revaskularisationsoperation wenn sie an einer zerebrovaskulären Erkrankung leiden, die eine Hypoperfusion des Gehirns verursacht. Dieser chirurgische Eingriff wird häufig als offene Operation durchgeführt und hat das Ziel, die Gefäßfunktion, insbesondere den Blutfluss, wiederherzustellen. Hierzu wird eine Anastomose (Verbindung von Arterien) angelegt, um den Fluss zu einem hypoperfundierten Gehirnareal zu erhöhen. In ungefähr 10% der Eingriffe treten nach der Operation Komplikationen auf, die zum Teil auf eine unzureichende Durchflusssteigerung zurückgeführt werden. ... mehrDaher sollte der Blutfluss intraoperativ überprüft werden, um die Qualität des Eingriffs im Operationssaal zu beurteilen und schnell eingreifen zu können. Damit könnte ein negativer Ausgang für den Patienten verhindert werden.
Der derzeitige Stand der Technik in der intraoperativen und quantitativen Blutflussmessung ist die Nutzung der Ultraschall-Transitzeit-Durchflusssonde. Sie gibt einen quantitativen Flusswert an, muss jedoch das Gefäß umschließen. Dies ist einerseits umständlich für den Chirurgen und andererseits birgt es das Risiko von Kontaminationen, Gefäßquetschungen und der Gefäßruptur.
Eine alternative Methode ist die Indocyaningrün (ICG) Fluoreszenzangiographie (FA), welche eine kamerabasierte Methode ist. Sie ist der Stand der Technik in der hochauflösenden anatomischen Visualisierung des Situs und kann zusätzlich dem Chirurgen eine qualitative funktionelle Darstellung der Gefäße im Sichtfeld liefern. Der Stand der Wissenschaft zur Quantifizierung des Blutflusses mittels ICG-FA konnten bisher keine verlässlichen Fluss- werte liefern.
Die vorliegende Arbeit analysiert und verbessert die Eignung von ICG FA zu Bereitstellung von verlässlichen und quantitativen Blutflusswerten, indem
1. geklärt wird, wie akkurat die Messung durchgeführt werden kann.
2. Methoden zur Verbesserung der Genauigkeit entwickelt werden.
3. die Existenz eines systematischen Fehlers abgeleitet wird.
4. eine Methode zur Kompensation des systematischen Fehlers entwickelt wird.
5. ein Algorithmus zur Verarbeitung der eingehenden Videodaten für eine Ausgabe eines
Durchflusswertes bereitgestellt wird.
6. die Validierung der vorgeschlagenen Methoden und des Arbeitsablaufs in einer ex vivo
und in vivo Studie durchgeführt wird.
Die in dieser Arbeit vorgeschlagene Messung basiert auf dem systemic mean transit time theorem für Systeme mit einem Eingang und einem Ausgang. Um den Fluss zu berechnen müssen die Transitzeit eines ICG-Bolus für eine zu bestimmenden Strecke und die Querschnittsfläche des Gefäßes ermittelt werden. Es wurden Methoden entwickelt, um den Blutvolumenstrom zu messen und um Fehlerquellen bei dieser Messung der einzelnen Parameter zu identifizieren, quantifizieren und reduzieren.
Die statistischen Fehler bei der Messung der Transitstrecke und der Transitzeit des ICG- Bolus sowie der Querschnittsfläche des Gefäßes werden in der Forschung oft vernachlässigt. In dieser Arbeit wurden die Fehler mit Hilfe von in silico Modellen quantifiziert. Es zeigte sich, dass der Fehler zu groß für eine zuverlässige Blutflussmessung ist und daher Methoden zu seiner Reduzierung benötigt werden.
Um den Fehler bei der Längenmessung deutlich zu reduzieren, wurde eine Methode vorgestellt, welche die diskrete Mittellinie wieder in eine kontinuierliche überführt. Dabei wird der Fehler in der Längenmessung signifikant reduziert und der Fehler von der räumlichen Orientierung der Struktur entkoppelt. In ähnlicher Weise wurde eine Methode vorgestellt, welche die gemessenen diskreten Indikatorverdünnungskurven (IDCs) ebenso in kontinuierliche überführt, um den Fehler in der Laufzeitmessung des ICG-Bolus zu reduzieren. Der propagierte statistische Fehler der Blutflussmessung wurde auf einen akzeptablen und praktikablen Wert von 20 % bis 30 % reduziert.
Die Präsenz eines systematischen Fehlers bei der optischen Messung des Blutflusses wurde identifiziert und aus der Definition des Volumenflusses theoretisch abgeleitet. Folgend wird eine Methode zur Kompensation des Fehlers vorgestellt. Im ersten Schritt wird eine Fluid-Strömungssimulation genutzt, um die räumlich-zeitliche Konzentration des ICG in einem Blutgefäß zu berechnen. Anschließend wird die Konzentration an ein neu entwickeltes Fluoreszenz-Monte-Carlo-Multizylinder (FMCMC) Modell übergeben, das die Ausbreitung von Photonen in einem Gefäß simuliert. Dabei wird der Ort der Fluoreszenzereignisse der emittierten Photonen ermittelt und der systematische Fehler bestimmt. Dies ermöglicht die Kompensation des systematischen Fehlers. Es zeigte sich, dass dieser Fehler unabhängig von dem Volumenfluss ist, solange die Strömung laminar ist, aber abhängig vom Durchmesser des Gefäßes und dem Zeitpunkt der Messung. Die Abhängigkeit vom Durchmesser ist reduziert bei Messungen zu einem früheren Zeitpunkt. Daher ist es vorteilhaft, die erste Ankunft des ICG-Bolus zur Bestimmung der Transitzeit zu verwenden, um den Einfluss des Durchmessers auf den Fehler zu verringern und somit die Messung robuster durchzuführen.
Um die Genauigkeit der Messung in einem Experiment zu beweisen, wurde ein ex vivo Experiment unter Verwendung von Schweineblut und Kaninchen Aorten konzipiert und durchgeführt. Es zeigte sich, dass der durch den vorgeschlagenen Algorithmus ermittelte Fluss mit der Referenzmessung (einem industriellem Durchflussmesser) übereinstimmt. Die statistische Streuung der gemessenen Flussdaten durch den Algorithmus stimmte mit der zuvor ermittelten statistischen Fehlerspanne überein, was den in silico Ansatz validiert.
Es wurde eine retrospektive in vivo Studie an Menschen durchgeführt, die sich einer extrakraniellen-zu-intrakraniellen (EC-IC) Bypass Operation unterzogen hatten. Die Analyse der FA-Daten ergab eine gute Übereinstimmung mit der klinischen Referenzmethode, jedoch mit dem großen Vorteil, dass kein Kontakt zum Gewebe erforderlich war. Zusätzlich wurde gezeigt, dass simultan Flusswerte für mehrere Gefäße im Sichtfeld der Kamera gemessen werden können.
Die vorgestellten Ergebnisse sind ein Proof of Concept für die Eignung der vorgestellten intraoperativen, quantitativen und optischen Messung des Blutvolumenstroms mittels ICG FA. Diese Arbeit ebnet den Weg für den klinischen Einsatz dieser Methode in Ergänzung zum aktuellen klinischen Stand der Technik. Sie könnte zukünftig dem Chirurgen eine neuartige Messung des Blutvolumenstroms zur Verfügung stellen und dabei potentiell das Risiko einer Komplikation reduzieren und damit das Wohl der Patienten verbessern.
Abstract (englisch):
Patients suffering from a cerebrovascular disease, which causes the hypoperfusion of the brain, can undergo revascularization surgery as treatment. It is often performed as an open surgery and its goal is to restore the vascular function, in particular the flow of blood. Therefore, an anastomosis (connection of arteries) is installed to augment flow into a hypoperfused area. Complications occur in approximately 10% of the cases, partly related to an insufficient flow augmentation. Hence, the blood flow should be checked intraoperatively to assess the intervention’s quality and intervene rapidly to prevent a negative patient outcome.
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The current state-of-the-art measurement device is the ultrasonic transit time flow probe. It provides a quantitative flow value but needs to be placed around the vessel. This is cumber- some and holds the risk of contamination, vessel compromise, and rupture.
An alternative method is the indocyanine green (ICG) fluorescence angiography (FA), which is a camera-based method. It is the state-of-the-art method in the high resolution anatomical visualization and it is able to provide the surgeon with a qualitative functional imaging of vessels in the field of view. Approaches to quantify the blood flow via ICG FA failed to obtain trustworthy flow values so far.
This thesis analyzes and improves the capability of ICG FA to provide quantitative values by 1. clarifying on how accurate the measurement can be.
2. proposing methods to improve the accuracy.
3. deriving the existence of a systemic error.
4. proposing a method to compensate for the systemic error.
5. providing an end-to-end workflow from video data input to flow value output.
6. validating the proposed methods and the workflow in an ex vivo and in vivo study.
The proposed measurement in this thesis is based on the systemic mean transit time theorem for single input and single output systems. To calculate the flow, the transit time of a bolus for a certain distance and the cross sectional area of the vessel need to be obtained. Methods were developed to obtain the blood volume flow, and to identify and quantify the sources of errors in this measurement.
The statistical errors in measuring the transit distance and transit time of the ICG bolus as well as the cross sectional area of the vessel are often neglected in research and thus were quantified in this thesis using in silico models. It revealed that the error is too large and requires methods to reduce it.
A method was proposed utilizing the re-continualization of the discrete centerline to significantly reduce the error in the length measurement and decouple its dependency on a structure’s angular orientation. Similarly, a method was proposed which re-continualized the obtained indicator dilution curves (IDCs) to reduce the error in the transit time measurement. The propagated statistical error of the flow measurement was reduced to an acceptable and manageable range of 20% to 30%.
The presence of a systemic error of the optical measurement of the blood flow was identified and theoretically derived from the definition of volume flow.
A method to determine and compensate for the error was proposed. It required a fluid flow simulation to obtain the spatio-temporal dye concentration in a blood vessel. The concen- tration was handed over to a newly developed Fluorescence-Monte-Carlo-Multi-Cylinder (FMCMC) model, which simulated the propagation of photons in a vessel. Thereby, the location of fluorescence events of emitted photons was obtained and the systemic error determined. This enables compensating for the systemic error. It was revealed that the systemic error is independent of the flow as long as the flow is laminar but dependent on the vessel’s diameter and the time point at which the error is extracted. Towards earlier time point of extraction of the error, the dependency on the diameter was smaller. Hence, it is advantageous to use the first arrival of the bolus to determine the transit time to decrease the influence of the diameter on the error.
To prove the accuracy of the measurement in an experiment, an ex vivo experiment using pig blood and rabbit aortas was designed and set up. It revealed that the obtained flow by the proposed end-to-end workflow agrees with the reference measurement, which was an industrial flow meter. The statistical dispersion of measured flow data agreed with the statistical error margin determined beforehand which also validates the in silico approach.
A retrospective in vivo study in humans undergoing an extracranial-to-intracranial (EC-IC) bypass surgery was performed. The analysis of the FA data revealed a good agreement with the clinical gold standard method, but with the major advantage of not requiring contact to the tissue. Additionally, it was proven that it can simultaneously provide flow values for multiple vessels in the field of view of the camera.
The presented results are a proof of concept of the suitability of the presented intraoperative, quantitative, and optical measurement of blood volume flow via ICG FA. This thesis paves the way towards the clinical use of this method complementing the current state of the art. It could provide the surgeon with a novel blood volume flow measurement and potentially reduce the risk of complications and increase the patient outcome.