Abstract:
In dieser Arbeit wurden die Substrate zweier Intramembranproteasen untersucht. Beim
ersten Substrat handelte es sich um die Transmembrandomäne des Amyloid Precursor Protein
(APP), ein Substrat der γ-Sekretase. Es ist im Zusammenhang mit Morbus Alzheimer
bekannt. Das zweite Substrat war die Transmembrandomäne der Serin/Threonin-Protein
Phosphatase PGAM5, die von PARL prozessiert und mit Morbus Parkinson in Verbindung
gebracht wird.
Intramembranproteasen, die an einer Vielzahl biologischer Prozesse beteiligt sind,
schneiden ihre Substrate in der Ebene der Membran. Bisher wurden die Spaltungsprozesse
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selbst noch nicht auf struktureller Ebene untersucht, aber man geht davon aus, dass die
Struktur und die Dynamik ihrer Substrate von entscheidender Bedeutung sind. Im Gegensatz
zu löslichen Proteasen wird in Intramembranproteasen keine Konsensussequenz
erkannt, trotzdem reagieren sie empfindlich auf Punktmutationen in der Substratsequenz.
APP, das erste untersuchte Substrat, wird von der γ-Sekretase zunächst an der ε-
Schnittstelle geschnitten und dann in mehreren Schritten weiter verkürzt, bis ein kurzes
Fragment entsteht, das Aβ genannt wird. Dabei sind verschiedene Prozessierungswege
möglich, die zu unterschiedlichen Produkten führen. Die zwei Hauptprodukte sind
Aβ40 und Aβ42, wobei letzteres die im Zusammenhang mit Morbus Alzheimer bekannten
Amyloid-Plaques im Gehirn bildet. Bei den beiden in dieser Arbeit untersuchten FAD
Mutationen wurde festgestellt, dass der Anteil von Aβ42 im Vergleich zu Aβ40 zunimmt.
Da beide Mutationen bei Patienten mit erblichem Morbus Alzheimer gefunden wurden,
wird die Veränderung dieses Gleichgewichts als einer der Gründe für die früh einsetzende
und schnell zum Tod führende Krankheit vermutet.
Mit hochaufgelöster Kernresonanzspektroskopie wurden der Wildtyp der APP Transmembrandomäne
sowie vier Punktmutationen intensiv untersucht. Dabei handelte es sich
einerseits um die zwei FAD Mutanten nahe der ε-Schnittstelle (V44M und I45T), andererseits
um zwei Mutationen am zentralen G37G38-Motiv. Eine Prolinmutante (G38P) wurde
eingeführt, um die Transmembrandomäne an dieser Stelle zu destabilisieren. Zur Stabilisierung
wurde das gleiche Glycin gegen Leucin (G38L) ausgetauscht. Es wurden verschiedene
NMR Spektren aufgenommen, aus denen Strukturparameter abgeleitet werden konnten.
Zum einen waren dies sekundäre chemische Verschiebungen, die die Sekundärstruktur
beschreiben. Zum anderen konnten dreidimensionale Strukturen auf Basis der NMR Daten
errechnet werden. Zusätzlich wurde der Wasserstoff-Deuterium Austausch gemessen, der
Rückschlüsse auf die Stabilität von Wasserstoffbrücken zulässt.
Die Analysen wurden in TFE/H2O durchgeführt, da das aktive Zentrum des Enzyms mit
Wasser gefüllt ist. TFE/H2O ist deshalb besonders gut geeignet, um die Bedingungen im
Inneren des Enzyms abzubilden. Die vier Mutanten unterscheiden sich in ihrer Struktur
kaum vom Wildtyp. An der ε-Schnittstelle waren keine Unterschiede zu erkennen, die
die unterschiedliche Spaltung erklären könnten. Auffällig war, dass es sich zwar in allen
Fällen um durchgehende α-Helices handelte, diese aber aus zwei Bereichen bestanden.
Dabei bildete das G37G38-Motiv eine Art Scharnier zwischen beiden Abschnitten, sodass
die Gesamtstruktur nicht gerade, sondern geknickt war. Der Winkel zwischen den beiden
Segmenten war dabei auf einen bestimmten Bereich beschränkt. Auch die relative
Orientierung, also die Richtung des Knicks, war eingeschränkt. Sowohl die Stärke des
Knicks, als auch die Vorzugsrichtungen wurden von jeder Mutation anders beeinflusst.
Auf der Grundlage von MD-Simulationen von M. Hitzenberger wurde daraufhin postuliert,
dass das Substrat an diesem G37G38-Scharnier knicken muss, um das aktive Zentrum der
γ-Sekretase erreichen zu können. Hitzenberger hatte den initialen Komplex von Enzymen
und Substrat untersucht. Die NMR Strukturen des APP TMD Wildtyp passten gut zu
diesem Modell, wohingegen die Strukturen der Mutanten mit den TMDs der γ-Sekretase
kollidierten.
Für PARL, eine Rhomboid Protease, wird angenommen, dass es Substrate ebenfalls
anhand ihrer Struktur und Dynamik erkennt, da hier ebenfalls keine Konsensussequenz
erkannt wird. Die Transmembrandomäne des PARL Substrats PGAM5 WT und vier Punktmutationen
wurden ebenfalls mittels NMR untersucht. Im Falle von PGAM5 wurden drei
Reste mutiert, die zwischen verschiedenen Organismen konserviert sind, da angenommen
wurde, dass diese eine essentielle Funktion erfüllen. Alle drei Aminosäuren wurden gegen
Leucin ausgetauscht (C12L, G17L, G18L). Als vierte Mutation wurde eine Serin-Mutante
untersucht (C12S).
Auch hier wurden verschiedene sekundäre chemische Verschiebungen ermittelt und
die dreidimensionalen Strukturen berechnet. Zusätzlich wurde ebenfalls der Wasserstoff-
Deuterium Austausch gemessen. Dabei zeigte sich, dass die TMD von PGAM5 genauso
wie die von APP aus zwei helikalen Bereichen bestand. Bei PGAM5 waren diese allerdings
durch einen unstrukturierten Bereich verbunden. Deshalb ergab sich aus dem Vergleich der
fünf Peptide, anders als bei APP, keine klar definierte Vorzugsrichtung. Allerdings waren
Präferenzen zu erkennen. Mittels Röntgenstrukturanalyse war für ein anderes Rhomboid,
GlpG gezeigt worden, dass der Bereich um die Schnittstelle hoch dynamisch sein muss,
sobald er die Membran verlässt. Das in der Literatur postulierte Modell geht davon aus,
dass sich der entsprechende Bereich der Helix vollständig entwinden muss, bevor er ins
aktive Zentrum gelangen kann. Die berechneten Strukturen von PGAM5 lassen vermuten,
dass in diesem Falle ein ähnlicher Mechanismus zugrunde liegt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Transmembrandomänen sowohl von APP als
Substrat der γ-Sekretase als auch von PGAM5 aus zwei Segmenten bestanden. Im Falle von
APP TMD war deren relative Anordnung vergleichsweise stark eingeschränkt, während
sich für PGAM5 hingegen keine klare Präferenz ergab. Basierend auf diesen Ergebnissen
konnte anhand der NMR Daten eine Hypothese für Substrate der γ-Sekretase formuliert
werden: Nur die Struktur des kann in die von der MD Simulation vorgegebene Richtung
abknicken, wohingegen die Strukturen der vier Mutanten gedreht werden müssen, um
mit dem Enzym interagieren zu können. Diese Drehung könnte dann dazu führen, dass
das Substrat anders prozessiert wird.
Abstract (englisch):
In this thesis, the substrates of two intramembrane proteases were investigated. The
transmembrane domain of the amyloid precursor protein (APP) is a substrate of γ-secretase
that is related to Alzheimer’s disease. The other substrate was the transmembrane domain
of the serine/threonine-protein phosphatase PGAM5, which is cleaved by the Rhomboid
PARL that is associated with Parkinson’s disease.
Intramembrane proteases cleave their substrates at the membrane level. These unusual
enzymes are involved in a large variety of biological processes. The cleavage mechanism
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of these proteases has not been studied on the structural level so far, however, the structure
and dynamics of their substrates are thought to be decisive features. Unlike soluble
proteases, intramembrane proteases do not recognise a consensus sequence, but are
nevertheless sensitive to point mutations in the substrate sequence.
APP, the first substrate studied, is cut by γ-secretase at the ε-cleavage site and then
successively processed until a short fragment is released, called Aβ. Different processing
routes are possible, leading to different products. The two main products are Aβ40 and
Aβ42, the latter forming the amyloid plaques that are found in the brains of patients with
Alzheimer’s disease. In the two FAD mutations studied in this thesis, the level of Aβ42 was
found to increase compared to Aβ40. Since both mutations were found in patients with
familial Alzheimer’s disease, the shift of this ratio is suspected to be one of the reasons for
the early onset and lethality of the disease.
With nuclear magnetic resonance spectroscopy, the wild type of the APP transmembrane
domain and four single-point mutations were thoroughly investigated. These were the two
FAD mutants near the ε-cleavage site (V44M and I45T) and two mutations at the central
G37G38-motif. The proline mutant (G38P) was introduced to destabilise the transmembrane
domain at this site. For stabilisation, the same glycine was exchanged for leucine (G38L).
A set of NMR spectra was recorded from which structural parameters were derived.
Secondary chemical shifts were determined that report on the secondary structure at each
amino acid site. Based on restraints derived from NMR data, three-dimensional structures
were calculated. In addition, the hydrogen-deuterium exchange was measured, which
reports on the structural flexibility of the peptide.
The peptides were analysed in TFE/H2O, as this solvent mimics the properties of the
water-filled cavity at the active site of the enzymes. The four mutants showed only slight
deviations from the wild type. No structural differenceswere observed at the ε-cleavage site
that could explain the altered processing. All peptides, wild type and mutants, consisted
of two α-helical regions separated by the G37G38-motif. Strikingly, the overall structures
were not straight but bent. The G37G38-motif acted as a hinge, with the angle between
the two parts limited to a certain range. Furthermore, the relative rotation of the two
regions with respect to each other was also restricted. Both the strength of the kink and
the preferred directions were affected differently by each mutation.
Based on MD simulations of substrate entry into γ-secretase by M. Hitzenberger, it was
postulated that the substrate must kink at this G37G38-hinge in order to enter into the
active site of γ-secretase. The WT structure fitted nicely into this model whereas mutant
structures collided with the TMDs of the enzyme.
PARL, a rhomboid protease, does not recognise a consensus sequence either. Thus, it
is assumed that it selects its substrates based on their structure and dynamics as well.
The transmembrane domain of the PARL substrate PGAM5 WT and four single-point
mutations were also analysed with NMR spectroscopy. Here, three residues were mutated
that are conserved between different organisms, as these were assumed to fulfil essential
functions. All three amino acids were exchanged for leucine (C12L, G17L, G18L) and
additionally a serine mutant was investigated (C12S).
As for APP TMD, secondary chemical shifts were determined and the three-dimensional
structures calculated. Furthermore, hydrogen-deuterium exchange was measured. This
showed that the TMD of PGAM5, like that of APP, consisted of two helical regions. In
PGAM5, however, they were connected by a longer unstructured stretch of amino acids.
Therefore, in contrast to APP, the comparison of the five peptides did not result in a clearly
defined preferred direction of the WT. However, tendencies were visible. By means of
X-ray structural analysis, it had been shown for another rhomboid, GlpG, that the region
around the scissile bond must be highly dynamic as soon as it leaves the membrane. The
model postulated in literature suggests that the region around the scissile bond must
completely unwind before it can enter the active site. The calculated structures of PGAM5
suggest that substrate selection is based on a similar mechanism.
In summary, the transmembrane domains of both APP as a substrate of γ-secretase and
PGAM5, consisted of two segments. In the case of APP TMD, their relative orientation
was comparatively strongly restricted, whereas no clear preference emerged for PGAM5.
Based on these results, a hypothesis for γ-secretase substrates could be proposed using the
NMR data: Only the structure of the wild type can bend in the direction adopted in the
MD simulation, whereas the structures of the four mutants have to be rotated to interact
with the enzyme. This rotation could then lead to altered substrate processing.